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Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 30.10.2008
Aktenzeichen: 5 W 164/08
Rechtsgebiete: BGB, RVG, ZPO, RpflG


Vorschriften:

BGB § 247
RVG § 7 Abs. 2
RVG § 11
ZPO § 91 Abs. 1 S. 1
ZPO § 104 Abs. 3
ZPO § 104 Abs. 3 S. 1
ZPO § 577 Abs. 1
RpflG § 11
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock Beschluss

5 W 164/08

In dem Kostenfestsetzungsverfahren

hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock am 30.10.2008 beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichtes Neubrandenburg vom 22.05.2008 teilweise zu Ziff. 1. des Beschlusses geändert und wie folgt gefasst:

Die von der Klägerin an den Beklagten zu 2.) zu erstattenden Kosten der ersten Instanz werden auf 148,32 EUR (i.B.: Einhundertachtundvierzig 62/100 Cent) nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 17.09.2007 festgesetzt.

Im Übrigen wird der Kostenausgleichungsantrag des Beklagten zu 2.) vom 14.09.2007 zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Beklagten zu 2.) auferlegt.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 1.536,89 EUR. Gründe:

I.

Die Klägerin erhob gegen die Beklagten als Gesamtschuldner Zahlungsklage, gerichtet auf Verurteilung i. H. v. 13.377,16 EUR nebst Zinsen. Die Beklagten beantragten mit Schriftsatz vom 28.03.2006, die Klage abzuweisen. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten legte nach der mündlichen Verhandlung vom 13.04.2007, in der streitig zur Sache verhandelt wurde, das Mandat bezüglich des Beklagten zu 1.) nieder und vertrat fortan nur den Beklagten zu 2.). Mit Schriftsatz vom 03.05.2007 erweiterte die Klägerin die Klage auf gesamtschuldnerische Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 500,- EUR nebst Zinsen, Verurteilung des Beklagten zu 1.) zur Zahlung von weiteren 12.877,16 EUR nebst Zinsen sowie Verurteilung des Beklagten zu 2.) zur Zahlung von weiteren 1.380,40 EUR nebst Zinsen. Das Landgericht Neubrandenburg verurteilte die Beklagten auf die mündliche Verhandlung vom 17.08.2007 im Wege des Anerkenntnisteilurteiles, Versäumnis- u. Schlussurteiles entsprechend dem Antrag vom 03.05.2007 zur Zahlung. Die Kosten erlegte das Landgericht der Klägerin zu 45 %, dem Beklagten zu 1.) zu 50 % und dem Beklagten zu 2.) zu 5 % auf. Die Klägerin trägt danach 45 % ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten und 95 % außergerichtliche Kosten des Beklagten zu 2.). Der Beklagte zu 1.) trägt seine außergerichtlichen Kosten und 50 % der außergerichtlichen Kosten der Klägerin. Der Beklagte zu 2.) trägt 5 % seiner außergerichtlichen Kosten und 5 % der außergerichtlichen Kosten der Klägerin. Das Landgericht setzte den Streitwert auf 13.377,16 EUR fest.

Mit Kostenausgleichungsantrag vom 14.09.2007 meldete der Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu 2.) für diesen eine Verfahrensgebühr nach dem Wert von 14.757,56 EUR i. H. v. 735,80 EUR, eine Terminsgebühr nach dem gleichen Wert i. H. v. 679,20 EUR, eine Post- u. Telekommunikationspauschale i. H. v. 20,- EUR sowie Mehrwertsteuer, insgesamt 1.707.65 EUR an.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin meldete für diese ebenfalls Kosten i. H. v. 1.707,65 EUR zur Kostenausgleichung an. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten erklärte mit Schriftsatz vom 03.03.2008 ausdrücklich, dass er nur die Kosten des Beklagten zu 2.) geltend mache. Er ließ gegen den Beklagten zu 2.) mit Beschluss vom 22.05.08 seine außergerichtlichen Kosten gem. § 11 RVG i. H. v. 1.707,75 EUR festsetzen. Die Rechtspflegerin des Landgerichtes Neubrandenburg setzte mit dem angefochtenen Beschluss vom gleichen Tage die von der Klägerin an den Beklagten zu 2.) zu erstattenden Kosten auf 1.536,89 EUR nebst Zinsen fest. Hiergegen richtet sich die Erinnerung der Klägerin vom 04.07.2008, mit der sie geltend macht, beide Beklagte seien durch einen Verfahrensbevollmächtigten vertreten gewesen, so dass hinsichtlich des Beklagten zu 2.) nur eine Erhöhungsgebühr angefallen sei.

Die Rechtspflegerin half der Erinnerung nicht ab und führte zur Begründung aus, der Beschwerdewert (Erhöhungsgebühr von 169,80 EUR zzgl. Mehrwertsteuer i. H. v. 32.062 EUR = 202,06 EUR) sei erreicht. Da der Beklagtenvertreter zunächst 2 Beklagte vertreten und danach das Mandat hinsichtlich des Beklagten zu 1.) niedergelegt habe, seien die vollen Gebühren gegenüber dem Beklagten zu 2.) entstanden und gem. der Kostenentscheidung ausgekehrt worden.

II.

Auf die gem. den §§ 104 Abs. 3, S. 1, 577 Abs. 1 ZPO, 11 RpflG zulässige, als sofortige Beschwerde geltende Erinnerung der Klägerin war der Beschluss des Landgerichtes Neubrandenburg vom 22.05.2008 teilweise zu ändern. Die Beschwerde der Klägerin ist begründet, da die angefochtene Entscheidung an einer Rechtsverletzung leidet. Das Landgericht durfte im Kostenfestsetzungsverfahren nicht die vollen von dem Beklagten zu 2.) angemeldeten Kosten berücksichtigen. Vorliegend waren beide Beklagte zunächst durch einen gemeinschaftlichen Anwalt vertreten. Die Beklagten sind letztlich in unterschiedlicher Höhe unterlegen, der Beklagte zu 1.) i. H. v. 13.377,16 EUR, der Beklagte zu 2.) nur i. H. v. 1.880,40 EUR. Der Gesamtstreitwert beträgt nicht nur 13.377,16 EUR, sondern insgesamt 14.757,56 EUR, da der Beklagte zu 2.) gegenüber dem ursprünglichen Klageantrag zusätzlich zur Zahlung von 1.380,40 EUR verurteilt wurde. Dies ist für das Kostenfestsetzungsverfahren ohne Belang, da kein Gebührensprung eintritt. Waren Streitgenossen in einem Prozess, in welchem ein Streitgenosse obsiegt hat und ein anderer unterlegen ist, durch einen gemeinschaftlichen Anwalt vertreten, so kann der obsiegende Streitgenosse grundsätzlich nur den seiner Beteiligung am Rechtsstreit entsprechenden Bruchteil der Anwaltskosten von dem Prozessgegner erstattet verlangen (BGH, Beschl. v. 30.04.2003, VII ZB 100/02 = NJW-RR 2003, 1217). Mit diesem Beschluss gab der BGH seine bisherige Rechtsprechung auf, die dahin ging, dass der Auftraggeber stets dasjenige, was er dem Rechtsanwalt nach § 7 Abs. 2 RVG schuldet, nach Maßgabe der Kostengrundentscheidung von dem unterlegenen Gegner erstattet verlangen kann, ohne Rücksicht darauf, ob er diesen Betrag auch tatsächlich gezahlt hat oder zwangsläufig wird zahlen müssen (vgl. dazu Gerold/Schmidt, RVG, 18. Aufl., Rdn. 283, 284, 287 zu VV 1008). Nach der Entscheidung vom 30.04.2003, der sich der Senat anschließt, kann der obsiegende Streitgenosse nur den seiner Beteiligung entsprechenden Bruchteil der Anwaltskosten erstattet verlangen. Entsprechendes gilt, wenn nur ein teilweises Obsiegen vorliegt. Der Begriff der erwachsenen Kosten i. S. v. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO muss im Zusammenhang mit der Einschränkung auf die Notwendigkeit der erstattungsfähigen Kosten einer Partei in § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO gesehen werden. Notwendig in diesem Sinne sind nur die Kosten, mit denen der Streitgenosse auf Dauer in seinem Vermögen belastet wird. Eine dauerhafte Vermögensbelastung liegt nur vor, wenn feststeht, dass die Partei diese Kosten tatsächlich bezahlen muss oder, dass sie, wenn sie über ihren Anteil hinaus gezahlt hat, von ihrem Streitgenossen den an sich zustehenden Ausgleich nicht erhalten kann. Im Innenverhältnis mit dem Beklagten zu 1.) schuldet der Beklagte zu 2.) nur 12,5 % der Kosten. Dass er von dem Beklagten zu 1.) den ihm zustehenden Ausgleich nicht erhalten kann, steht nicht fest. Der Beklagte zu 2.) hat nicht glaubhaft gemacht, dass er im Innenverhältnis wegen Zahlungsunfähigkeit seines Streitgenossen, des Beklagten zu 1.), keinen Ausgleich zu erlangen vermag. Nur dann könnte ein Erstattungsanspruch in voller Höhe gegen den Prozessgegner bestehen (vgl. BGH, a. a. O.; Gerold/Schmidt aaO, Rdn. 292).

Danach ergibt sich folgender Erstattungsanspruch:

Den Beklagten sind folgende Kosten entstanden:

Wert bis 16.000,- EUR

 3 Verfahrensgeb. gem. Nr. 3100 VV zum RVG 735,80 EUR
30 % Erhöhung gem. Nr. 1008 VV zum RVG 220,80 EUR
2 Terminsgeb. gem. Nr. 3104 VV zum RVG 679,20 EUR
Post- u. Telekommunikationspauschale 20,00 EUR
% Umsatzsteuer 314,64 EUR
Summe: 1.970,44 EUR
Hiervon entfallen auf den Beklagten zu 2.) 246,25 EUR
95 % hiervon sind233,70 EUR
Der Beklagte hat an die Klägerin zu erstatten 85,38 EUR
Es verbleiben 148,32 EUR

III.

Die Kostenentscheidung ergeht gem. § 91 ZPO analog.

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