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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Urteil verkündet am 25.06.2003
Aktenzeichen: 6 U 175/00
Rechtsgebiete: InVorG, AGBG, GmbHG, BGB, HGB


Vorschriften:

InVorG § 14 Abs. 3
InVorG § 25 Abs. 1
AGBG § 9
AGBG § 9 Abs. 1 a.F.
AGBG § 9 Abs. 2 Nr. 1 a.F.
AGBG § 23 a.F.
GmbHG § 16
BGB § 138 Abs. 2
BGB § 138
BGB § 184
BGB § 242
BGB § 282
BGB § 285
BGB § 339 a.F.
HGB § 267 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 U 175/00

Verkündet am: 25.06.2003

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock durch

den Richter am Oberlandesgericht Dr. ter Veen, den Richter am Oberlandesgericht Hanenkamp und die Richterin am Amtsgericht Paulmann

auf die mündliche Verhandlung vom 30.04.2003

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 15.06.2000 verkündete Urteil des Landgerichts Stralsund - 6 O 6/98 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin DM 755.441,44 (= 386.251,07 €) zzgl. 4 % Zinsen über dem jeweiligen Bundesbankdiskontsatz auf DM 576.000,00 (= 294.504,12 €) vom 13. Februar 1997 bis 04. April 1997 und auf 755.441,44 (= 386,251,07 €) ab dem 05. April 1997 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen und die weitergehende Klage abgewiesen.

Die Gerichtskosten beider Instanzen tragen die Klägerin zu 35 % und die Beklagten zu 65 % als Gesamtschuldner. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt diese zu 35 % selber, im Übrigen tragen sie die Beklagten als Gesamtschuldner.

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen diese jeweils selber zu 65 %. Die Klägerin trägt jeweils von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten 35 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten wie auch die Klägerin (diese wegen einer Vollstreckung der Kosten durch die Beklagten) können die Vollstreckung jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenpartei vor einer Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 1.163.441,40 DM = 594.858,14 €.

Tatbestand:

Die Klägerin macht gegen die Beklagte eine Vertragsstrafe wegen der in einem Geschäftsanteilskauf- und Übertragungsvertrag (vom 30.12.1994) von den Beklagten zugesicherten Arbeitsplatz- und Investitionsgarantie geltend.

Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der Firma T. Gebäudeausrüstung Holding Gesellschaft GmbH i. L., die ein Treuhandunternehmen im Sinne des § 25 Abs. 1 Investitionsvorranggesetzes war. Am 30.12.1994 schlossen die Rechtsvorgängerin der Klägerin und die Beklagten einen Geschäftsanteilskauf- und Übertragungsvertrag über den Erwerb aller Geschäftsanteile der Firma TGA S. GmbH zu einem Kaufpreis von 1.050.000,00 DM.

Der Vertrag enthält auszugsweise folgende Regelungen:

"XIV.

ARBEITSPLÄTZE UND INVESTITIONEN

1. Die Käufer verpflichten sich, dafür Sorge zu tragen dass im Unternehmen der Gesellschaft im Jahresdurchschnitt (§ 267 Abs. 5 HGB) bis zum 31.12.1996 ununterbrochen 130 Vollzeitarbeitsplätze aufgrund entsprechender Arbeitsverträge besetzt werden. Die Käufer verpflichten sich ferner, sicherzustellen, dass die Ausbildung der derzeit in dem Unternehmen der Gesellschaft aufgrund von Ausbildungsverträgen tätigen Auszubildenden bis zum Abschluss der Ausbildung fortgeführt wird. Die Gesellschaft kann bestehende Ausbildungsverhältnisse lediglich aus wichtigem Grunde beenden. Selbstverständlich können die Käufer nicht dafür einstehen, dass Auszubildende von sich aus die Ausbildung bis zum Ende durchführen.

2. Die Gesellschaft hat die Einhaltung der vorstehenenden Verpflichtungen bezüglich der Aufrechterhaltung von Vollarbeitsplätzen jeweils binnen sechs Wochen nach Ablauf eines jeden Kalenderjahres, erstmals nach Ablauf des Jahres 1994 und zwar unabhängig von dem Eintritt der Wirksamkeit des Vertrages, durch Vorlage geeigneter Belege (z. B. Lohn- und Gehaltslisten u.s.w.) gegenüber der Treuhandanstalt in nachvollziehbarer Form unaufgefordert darzulegen.

3. Hält die Gesellschaft die Beschäftigungszusage nicht ein, so haben sie Käufer an die Verkäuferin für jeden nicht unterhaltenen Vollarbeitsplatz pro Arbeitsplatz und Monat jeweils eine Vertragsstrafe in Höhe von DM 2.000,00 zu zahlen. Angebrochene Monate zählen als volle Monate. Zahlungen sind jeweils nach Ablauf der jährlichen Nachweisfrist fällig.

4. Die Käufer verpflichten sich, dafür Sorge zu tragen, dass längstens innerhalb von zwei Jahren nach Wirksamwerden dieses Vertrages Erweiterungs- und Neuinvestitionen in das Unternehmen in der Größenordnung von mindestens DM 1.360.000,00 netto getätigt werden. Das Investitionsvorhaben ist sachlich näher in der Anlage 5 spezifiziert.

Als Investitionen gelten Anschaffungs- und Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern, soweit diese Kosten nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung aktiviert werden müssen oder können. Als Investitionen zählen nicht die Kaufpreise für die in diesem Vertrag genannten Kaufgegenstände, die Anschaffungskosten für den Erwerb von Wertpapieren, Beteiligungen und Finanzanlagen, gleichgültig ob diese im Anlage- oder Umlaufvermögen bilanziert werden. Nicht zu den Investitionen im Sinne des Absatzes zählen die Kosten für die Beseitigung von Altlasten.

5. Die aufgrund der Investitionsverpflichtung von der Gesellschaft anzuschaffenden Gegenstände müssen längstens innerhalb von zwei Jahren nach Wirksamwerden dieses Vertrages im Besitz der Gesellschaft sein. Bis zu dem vorgenannten Zeitpunkt hat die Gesellschaft auch die betreffenden nichtkörperlichen Leistungen entgegenzunehmen.

6. Falls die zur Ausfüllung der Investitionsverpflichtung getätigten Lieferungen und Leistungen bis zum vorgenannten Zeitpunkt im Besitz der Gesellschaft sind, hat die Gesellschaft dies durch eine testierende Bescheinigung des Wirtschaftsprüfers der Gesellschaft, der mit der Prüfung des Jahresabschlusses auf den 31.12.1995 beauftragt bewesen ist, unverzüglich und unaufgefordert und in nachprüfbarer Form gegenüber der Treuhandanstalt nachzuweisen.

7. Die Käufer verpflichten sich persönlich, dafür Sorge zu tragen, dass die Gesellschaft wie vorgesehen ihre Verpflichtungen aus der Investitionszusage erfüllt. Erfüllt die Gesellschaft ihre Verpflichtung aus der Investitionszusage nicht, so sind die Käufer verpflichtet, an die Verkäuferin eine Vertragsstrafe zu zahlen. Zum Zwecke der Ermittlung dieser Vertragsstrafe ist festzustellen, in welchem Umfang die Gesellschaft bis zum Fristablauf die Investitionsverpflichtung nicht erfüllt hat. Die Vertragsstrafe beträgt sodann 80 % der nichterfüllten Investitionsverpflichtung.

8. Alle in diesem Abschnitt XIV. genannten Vertragsstrafen sind von der Fälligkeit an mit 4 % über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank zu verzinsen."

Dem Kaufvertrag lag ein Investitionsvorrangbescheid der BvS-Investitionsvorrangstelle zugrunde.

Die TGA S. GmbH erwarb am 23.09.1991 in A. ein Grundstück und verpflichtete sich in diesem Zusammenhang gegenüber der Geschäftsstelle N. der damaligen Treuhandanstalt, bis zum 31.12.1994 in A. 11 Arbeitsplätze vorzuhalten. Am 01. Juli 1996 verkaufte die TGA S. GmbH die Abteilung Service der TGA S. GmbH an die TGA S. Service GmbH. Unter dem gleichen Datum verkaufte die TGA S. GmbH ihre bisherige Niederlassung in A. an die Technische Gebäudeausrüstung A. GmbH. Gesellschafter der TGA S. Service GmbH und T. Gebäudeausrüstung A. GmbH waren die Beklagten. Die TGA Service GmbH S. wurde umfirmiert in MSG Montage- und Service GmbH S.. Die Beklagten zu 1) und 2) verkauften ihre Geschäftsanteile hieran am 20.11.1997 an ihre jeweiligen Ehefrauen.

Die TGA S. GmbH vermietete Teile ihrer Räumlichkeiten an Firmen, u. a. an die "H.-P. Sanitär, Heizung, Stahlhandel-GmbH". Zwischen den Parteien ist - insofern - streitig, ob die von dieser Firma getätigten Investitionen, die nach Beendigung des Mietverhältnisses im Gebäude verblieben sind, auf die Investitionsverpflichtung der Beklagten angerechnet werden können.

Dass von diesem Mieter teilweise genutzte Grundstück wurde am 27.06.1996 von der TGA S. GmbH für 3.639.130,43 an die Beklagten verkauft. Die Parteien führten nach der Veräußerung Gespräche über eine Herabsetzung der Arbeitsplatzgarantie und Investitionsverpflichtung wegen der entstandenen wirtschaftlichen Bedingungen. In diesem Zusammenhang kam es (u.a.) am 30.05.1995 bei der BvS in Berlin zu einem Gespräch. Streitig ist dabei insbesondere, ob den Beklagten eine Reduzierung der Arbeitsplatzgarantie und Investitionsverpflichtung zugesichert worden ist.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Beklagten hätten ihre Verpflichtungen aus der Arbeitsplatzgarantie und Investitionszusage nicht erfüllt.

Der Kaufvertrag sei betreffend die Vertragsstrafenklausel wirksam. Es handele sich nicht um allgemeine Geschäftsbedingungen, weil die Klausel zwischen den Parteien ausgehandelt worden seien. Im Übrigen verstoße die Klausel aber auch nicht gegen § 9 AGB-Gesetz alter Fassung (fortan: a.F.).

Die Klägerin habe der Berechnung ihres Anspruches die Angaben der Beklagten zugrundegelegt, wobei sie jedoch die bei der TGA S. Service GmbH und der TGA A. GmbH beschäftigten Mitarbeiter nicht mitgerechnet habe. Bei diesen Gesellschaften handele es sich um andere Firmen. Deren Mitarbeiter dürften daher nicht bei der Verpflichtung der TGA S. GmbH berücksichtigt werden. Im Übrigen habe sich die TGA S. GmbH bei dem Grundstückskauf in A dazu verpflichtet, dort 11 Mitarbeiter zu beschäftigen. Aus diesem Grunde dürften auch diese 11 weiteren Mitarbeiter bei der Erfüllung der Arbeitsplatzgarantie keine Berücksichtigung finden.

Für die Investitionsverpflichtung sei der Zeitraum vom 04.04.1995 bis 04.04.1997 zugrunde zu legen. Der Vertrag sei am 04.04.1995 wirksam geworden. Die Erteilung der Genehmigung durch die BvS führe nicht zu einer Vorverlegung des Investitionszeitraumes, denn der Geschäftsanteilskauf- und Übertragungsvertrag habe unter der aufschiebenden Bedingung der Bestandskräftigkeit des von der BvS-Stelle für Investitionsvorrangentscheidungen am 01.09.1994 erlassenen Investitionsvorrangbescheides gestanden. Die Bestandskräftigkeit des Bescheides sei am 15.03.1995 durch die BvS mitgeteilt worden. Die notarielle Beglaubigung, sowohl der Genehmigungserklärung der BvS als auch des Investitionsvorrangbescheides, sei am 31.03.1995 erfolgt. Der beurkundende Notar habe gem. Ziff. XVIII. Abs. 2 des Geschäftsanteilskauf- und Übertragungsvertrages mit Schreiben vom 03.04.1995 den Erwerb der Geschäftsanteile durch die Beklagten nach § 16 GmbH-Gesetz angezeigt. Die Verkäuferin der Geschäftsanteile habe daraufhin die Wirksamkeit des Vertrages auf den 04.04.1995 festgesetzt.

Der Berechnung ihres Anspruchs lege sie, die Klägerin, mangels anderer Anhaltspunkte die Angaben der Beklagten nach den Berichtsblättern zugrunde. Daraus ergebe sich für die Zeit vom 01.01. - 31.12.1995 eine Investition in Höhe von DM 312.633,85. Da der Vertrag in den ersten drei Monaten noch nicht wirksam gewesen sei, setzte die Klägerin hiervon 3/4 dieser Summe an, also DM 234.475,38.

Für das Jahr 1996 hätten die Beklagten nach ihren Berichtsblättern eine Investition von DM 382.328,39 angegeben, im Zeitraum vom 01.01.1997 - 04.04.1997 seien weitere DM 8.894,50 zu berücksichtigen. Danach errechne die Klägerin DM 625.698,27 als Investitionsbetrag. Weil in dem fraglichen Zeitraum DM 1,36 Millionen hätten investiert werden müssen, sei die Investitionsverpflichtung in einer Höhe von DM 734.301,80 nicht erfüllt worden. Davon 80 % ergäbe eine Vertragsstrafe von DM 587.441,44.

Hinzuzusetzen seien für die Nichteinhaltung der Arbeitsplatzgarantie DM 576.000,00, basierend auf einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigung von 106 Mitarbeitern. Das ergäbe eine Gesamtforderung von DM 1.163.441,40 (rechnerisch richtig allerdings: 1.163.441,44 DM), die mit der Klage geltend gemacht werde.

Mit der Verwendung der Angaben der Beklagten nach den Berichtsblättern (für die Anspruchsberechnung) würden diese Angaben ausdrücklich nicht anerkannt. Zu einer anderen Anspruchsbegründung sei sie, die Klägerin, nur nicht in der Lage, da die Beklagten weder die Erfüllung der Arbeitsplatzgarantie, noch der Investitionszusagen durch geeignete, nach dem Vertrag vorgesehenen Unterlagen, belegt hätten. Bereits aus diesem Grunde, nämlich weil die Erfüllung der Verpflichtungen von den Beklagten nicht nach dem Vertrag dargelegt worden sei, müsse der Klage stattgegeben werden.

Die Arbeitsplatzgarantie und die Investitionsverpflichtung seien auch nicht nachträglich reduziert worden. Eine solche Vereinbarung sei insbesondere nicht in dem Gespräch am 30.05.1995 in Berlin bei der BvS geschlossen worden. Eine Abänderung wäre nur dann in Betracht gekommen, wenn zuvor der Investitionsvorrangbescheid abgeändert worden wäre. Aus dem von den Beklagten vorgelegten Gesprächsprotokoll ergebe sich, dass keine Kompromissbereitschaft zur Anpassung des Vertrages seitens der BvS bestanden habe. Ferner ergebe sich aus dem Schreiben der BvS vom 09.06.1997 (Bl.104 d. A.), dass keine Zustimmung zur Änderung der streitigen vertraglichen Verpflichtungen vorgelegen habe. Etwas anderes folge auch nicht aus dem von den Beklagten vorgelegten Vergleich in dem Verfahren zwischen der Klägerin und der TGA S. GmbH (Landgericht Stralsund, Az.: 3 O 88/95). Die Klägerin habe der TGA Stralsund GmbH in dem Vergleich lediglich zugesagt, keine Einwände zu erheben, wenn die Beklagten bei der Investitionsvorrangstelle vorstellig würden. Auf die bisherigen Ansprüche gegen die Beklagten habe die Klägerin indes zu keiner Zeit verzichtet. Es sei auch nicht zutreffend, dass ein angeblicher Verzicht der Klägerin, den es nicht gebe, lediglich unter die Bedingung gestellt worden sei, dass die Investitionsvorrangstelle diesem zustimme. Eine Zustimmung der Investitionsvorrangstelle läge auch nachwievor nicht vor.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 1.163.441,40 DM zzgl. 4 % Zinsen über dem jeweiligen Bundesbankdiskontsatz auf 576.000,00 DM vom 13.02.1997 bis 04.04.1997 und auf 1.163.441,40 DM am dem 05.04.1997 zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben die Ansicht vertreten, die streitigen Vertragsstrafenregelungen seien allgemeine Geschäftsbedingungen. Diese seien gem. § 9 AGB-Gesetz unwirksam, weil die nunmehr geltend gemachte Vertragsstrafe in Höhe von 1.163.441,40 DM gegenüber dem vereinbarten Kaufpreis in Höhe von 1.050.000,00 DM unangemessen hoch sei. Im Übrigen hätten die Beklagten ihre Verpflichtungen nach dieser Klausel ganz überwiegend erfüllt.

Im Einzelnen seien bezüglich der Arbeitsplätze folgende Angaben zugrunde zu legen:

 VollzeitarbeitnehmerTeilzeitarbeitnehmerAuszubildendeKurzarbeiter
Januar 1995150425--
Februar 1995149425--
März 1995149422--
April 1995148422--
Mai 1995146422--
Juni 1995146422--
Juli 1995144421--
August 1995145429--
September 1995145428--
Oktober142428--
November140428--
Dezember 1995138428--
Januar 1996137428--
Februar 1996137427--
März 19961344261
April 19961284268
Mai 19961194258
Juni 19961254253
Juli 1996130424--
August 1996126427--
September 1996125427--
Oktober 19961184276
November 19961194273
Dezember 19961084261

Diese Angaben seien auch nachgewiesen durch die Berichtsblätter für 1995 und 1996 des Steuerberaters Willi P.. Es sei unbillig, wenn sich die Klägerin bzgl. der Arbeitsplatzgarantie bei einer nur geringfügigen Unterschreitung auf die Vertragsstrafe berufe, § 242 BGB.

Investitionen seien im Zeitraum vom 01.01.1995 bis 31.12.1995 in Höhe von DM 312.633,85 und im Zeitraum vom 01.01.1996 bis 31.12.1996 in Höhe von 386.905,96 getätigt worden. Desweiteren seien in diesem Zeitraum durch Dritte im Rahmen von Mietverträgen mit der TGA S. GmbH Investitionen in Höhe von DM 458.133,88 vorgenommen worden. Diese Investitionen seien durch die Firma H.-P. Sanitär, Heizung, S. GmbH erfolgt und bei der TGA S. GmbH verblieben. Ein Beitrag der TGA S. GmbH hierzu sei nicht geleistet worden. Vielmehr habe die TGA S. GmbH im Gegenzug auf Ansprüche wegen vorzeitiger Beendigung des Mietverhältnisses verzichtet. Die Beklagten hätten sich nach dem Vertrag auch nicht dazu verpflichtet, selbst zu investieren, sondern lediglich die Verpflichtung übernommen, dafür Sorge zu tragen, dass entsprechende Investitionen vorgenommen würden.

Aus der Addition der vorgenannten Beträge ergebe sich ein Gesamtinvestitionsvolumen von 1.158.073,60 DM. Dabei sei als maßgeblicher Investitionszeitraum derjenige vom 01.01.1995 bis 31.12.1996 anzusehen. Ausweislich der Vereinbarung im Abschnitt III. Ziff. 1 des Geschäftsanteilskauf- und Übertragungsvertrages wirke die Erteilung der Genehmigung auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurück. Dies entspreche der Regelung des § 184 BGB.

Schließlich seien die streitigen Verpflichtungen in einem am 30.05.1995 bei der BvS in Berlin geführten Gespräch herabgesetzt worden. Hintergrund dafür sei gewesen, dass sich die TGA S. GmbH damals in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden habe. In den hierüber geführten Verhandlungen habe sowohl die BvS als auch die Klägerin den Beklagten wiederholt deutlich gemacht, dass eine Anpassung des Kaufpreises nicht in Frage komme, jedoch hinsichtlich der Verpflichtung zur Vorhaltung von Arbeitsplätzen ebenso wie bei der Investitionsverpflichtung im Interesse der Erhaltung des Unternehmens Erleichterungen in der Art geschaffen werden könnten, dass die Erfüllung dieser Verpflichtungen seitens der BvS nicht konsequent verfolgt würde. In der Besprechung am 30.05.1995 sei den Beklagten dann zugesichert worden, dass gegen eine Verringerung der Anzahl der zugesicherten Arbeitsplätze und eine Verlängerung des Investitionszeitraumes keine Bedenken bestünden. Diese Bereitschaft habe auch in dem Vergleich zwischen den Parteien im Rechtsstreit Landgericht Stralsund - 3 O 88/95 - Niederschlag gefunden.

Der sowohl von der BvS als auch von der Klägerin angebotene Verzicht auf die Durchsetzung der von den Beklagten übernommenen Investitions- und Arbeitsplatzverpflichtungen sei dabei regelmäßig unter die Bedingung gestellt worden, dass die Investitionsvorrangstelle bei der BvS diesem Verzicht zustimme. Mit Schreiben vom 28.10.1996 habe die Investitionsvorrangstelle hierzu erklärt, dass eine Zustimmung wegen fehlender Zuständigkeit des Bereiches Investitionsvorrangstelle nicht geboten sei. Danach sei davon auszugehen, dass eine Zustimmung vorläge.

Jedenfalls sei durch diese Gespräche ein Vertrauenstatbestand begründet worden, weshalb die Klägerin gehindert sei, jetzt Ansprüche aus der Arbeitsplatzgarantie und Investitionsverpflichtung geltend zu machen.

Schließlich habe die Klägerin den Beklagten ein völlig marodes Unternehmen verkauft. Der Kaufpreis sei unter Berücksichtigung der übernommenen Verpflichtungen aus der Arbeitsplatzgarantie und der Investitionszusage im Hinblick auf den objektiven Wert des Unternehmens völlig überhöht gewesen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Begründend hat es ausgeführt, es handele sich bei der Vertragsstrafenvereinbarung um eine allgemeine Geschäftsbedingungen, die gem. § 9 AGBG a.F. unwirksam sei.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie beanstandet, das Landgericht habe einen Verstoss gegen § 9 AGBG a.F. angenommen, der im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stehe. Die Verpflichtungen nach der Vertragsstrafenklausel seien kaufpreisähnlich ausgestaltet; der Kaufpreis sei nicht überhöht. Dieser sei nämlich ausweislich der Regelungen in Ziff. V. Abs. 3 des Kaufvertrages allein nach dem Substanzwert des Unternehmens auf der Grundlage der Bilanz auf den 31. Dezember 1992 ermittelt worden.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des am 15. Juni 2000 verkündeten Urteils des Landgerichts Stralsund - 6 O 6/98 - die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 1.163.441,40 DM zzgl. 4 % Zinsen über dem jeweiligen Bundesbankdiskontsatz auf 576.000,00 vom 13. Februar 1997 bis zum 04. April 1997 und auf 1.163.441,40 DM ab dem 5. April 1997 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten halten ihre Auffassung aufrecht, dass die Klägerin unter Berücksichtigung der im Vertrag übernommenen Verpflichtung einen weit überhöhten Kaufpreis verlangt habe. Die damalige schlechte wirtschaftliche Situation der TGA S. GmbH ergebe sich bereits daraus, dass noch unmittelbar vor Veräußerung der Geschäftsanteile an die Beklagten das Stammkapital von 3,5 Millionen auf 2,0 Millionen herabgesetzt worden sei und dann - eine Woche vor Vertragsabschluss - unter Aufhebung der vorherigen Gesellschafterbeschlüsse auf letztendlich DM 100.000,00. Bezüglich der beschäftigten Mitarbeiter nähmen die Beklagten Bezug auf ihren erstinstanzlichen Sachvortrag. Eine Reduzierung um 11 Mitarbeiter entspreche nicht dem Vertrag. Verpflichtungen der TGA S. GmbH aus dem am 23.09.1991 geschlossenen Grundstückskaufvertrag wirkten sich auf den hier zu beurteilenden Vertrag nicht aus. Die Arbeitsplatzzusage der Beklagten habe sich auf die Gesellschaft und die zu ihr gehörenden Unternehmen bezogen, also auch auf verbundene Unternehmen im Sinne der Aktienrechts.

Die Beklagten meinen, zusätzlich zu den vom Landgericht in dem streitgegenständlichen Urteil benannten Gründen, ergebe sich eine Unwirksamkeit der Vertragsstrafenklausel nach dem AGBG a.F. auch daraus, dass der Vertrag eine Ermittlung der im Unternehmen besetzten Vollzeitarbeitsplätze nach § 267 Abs. 5 HGB vorschreibe. Die Berechnung nach dieser Vorschrift sei unangemessen.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Parteischriftsätze sowie auf den Akteninhalt im übrigen ausdrücklich Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin ist überwiegend begründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagten als Gesamtschuldner aus Ziff. XIV. des Unternehmenskaufvertrages vom 30. Dezember 1994 ein Gesamtbetrag in Höhe von 755.441,44 DM zu. Die persönliche Haftung der Beklagten für die Erfüllung der Pflichten aus dem Unternehmenskaufvertrag folgt aus Ziff. XIV. Abs. 3 u. 7 dieses Vertrages.

I.

Der Unternehmenskaufvertrag ist wirksam; er ist nicht gemäß § 138 Abs. 2 BGB nichtig.

1.

Nach § 138 Abs. 2 BGB nichtig ist ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Unerfahrenheit eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zur Leistung stehen. "Auffällig" ist ein Missverhältnis in der Regel, wenn die vom Schuldner zu erbringende Leistung um 100% oder mehr über dem Marktpreis liegt (allgem. Meinung, vgl. Palandt/Heinrichs, 62. Aufl., § 138 BGB Rn. 67 m.w.N.).

2.

Die Erfüllung dieser Tatbestandsvoraussetzung ist nicht feststellbar.

Dass die Klägerin den Beklagten ein derart "marodes" Unternehmen veräußert hätte, dass es auch durch Investitionen in der von den Beklagten zugesagten Größenordnung nicht vor dem wirtschaftlichen Untergang hätte bewahrt werden können (vgl. BGH, WM 2000, 922 [924]), haben die Beklagten nicht schlüssig dargelegt. Der Wert eines Unternehmens richtet sich u. a. nach dem Betriebsvermögen und der Ertragsfähigkeit des Unternehmens. Unstreitig ist an die Beklagten am 27.06.1996 für DM 3.639.130,43 ein Betriebsgrundstück veräußert worden. Bereits hieraus ergibt sich, dass das Unternehmen auch unter Berücksichtigung der übernommenen Investitions- und Arbeitsplatzgarantien nicht von so geringem Werte gewesen ist, dass sich bezogen auf den Kaufpreis ein auffälliges Missverhältnis zur Leistung ergibt.

Daneben ist zu berücksichtigen, dass die von den Beklagten übernommenen Verpflichtungen hinsichtlich der Investitions- und Arbeitsplatzzusagen keine echte Gegenleistung im Sinne des § 138 BGB darstellen. Denn die hierfür aufzuwendenden Mittel wären bei vertragsgemäßer Erfüllung nicht der Verkäuferseite zugeflossen, sondern dem eigenen Unternehmen zugute gekommen, indem sie die Substanz des Unternehmens in ihrem Wert unmittelbar gesteigert hätten. Dass diese Leistungen - teilweise - auch dem Verkäufer zuflössen, trifft nur für den Fall zu, dass der Käufer seine eigenen Verpflichtungen nicht erfüllt und hat daher bei der Betrachtung unberücksichtigt zu bleiben (vgl. OLG Stuttgart, VGZ 1999, 751 [752]; anderer Ansicht wohl OLG Düsseldorf, VGZ 1997, 437 [439]).

3.

Auch der Vortrag der Beklagten hinsichtlich der subjektiven Voraussetzungen des § 138 Abs. 2 BGB ist nicht ausreichend konkret. Dies insbesondere deshalb, weil nicht festgestellt werden kann, dass die Beklagten im Hinblick auf ihr Urteilsvermögen oder ihre Erfahrenheit gegenüber der Klägerin im Nachteil gewesen wären und die Klägerin dies zu ihren Gunsten ausgenutzt hätte. Denn die Beklagten waren in dem zur Veräußerung stehenden Unternehmen bereits zu DDR-Zeiten beschäftigt und damit genau über den Verkaufsgegenstand informiert.

II.

Der Unternehmenskaufvertrag verstößt nicht gegen § 9 AGBG a.F..

1.

Das AGB-Gesetz ist anwendbar.

Nach § 23 AGBG a.F. werden zwar Verträge auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts von der Anwendung des AGBG a.F. ausgeschlossen. Von diesem Ausschluss nicht betroffen sind indessen - wie hier - Veräußerungsverträge, weil sie in ihrem Kern schuldrechtliche Austauschbeziehungen betreffen, die das Rechtsverhältnis der Anteilserwerber zu der Gesellschaft oder den übrigen Gesellschaftern nicht regeln (vgl. Wolf u. a. - Horn, AGBG, 9. Aufl. § 23 Rdz. 74).

2.

Es kann dahinstehen, ob die zwischen den Parteien vereinbarten Vertragsregelungen, insbesondere unter Ziff. XIV. des Geschäftsanteils- und Übertragungsvertrages, allgemeine Geschäftsbedingungen sind. Denn diese stellen sich auch bei Anwendung des AGBG a.F. als wirksam dar.

Der Senat schließt sich in dieser Frage, entgegen der Rechtsmeinung des Landgerichts, in nunmehr ständiger Rechtsprechung der Auffassung des Bundesgerichtshofs an . Der vorliegende Rechtsstreit gibt keine Veranlassung, von dieser Judikatur abzuweichen.

a)

Es entspricht der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass auch ein formularmäßiges Vertragsstrafenversprechen in einem Unternehmenskaufvertrag oder einem ähnlichen Vertrag unter Beteiligung der ehemaligen Treuhandanstalt grundsätzlich dann nicht gegen § 9 Abs. 1 AGBG a.F. verstösst, wenn die Strafe ihrer Höhe nach in einem angemessenen Verhältnis zum Gewicht des Verstoßes und dessen Folgen für den Vertragspartner steht (vgl. BGH, WM 1998, 1289ff.; NJW 1999, 2662ff.; WM 2000, 922ff.; siehe auch OLG Rostock, Urteil vom 28.11.2001, 6 U 37/00). Dieses Verhältnis bleibt insbesondere unter Berücksichtigung der von der Treuhandanstalt zu ihrer Aufgabenerfüllung verfolgten Zwecke gewahrt, wenn die Höhe der Strafe an den Umfang der geschuldeten Leistung, deren Erfüllung sie sichern soll, anknüpft und durch ihn nach oben begrenzt wird (vgl. BGH, jeweils a.a.O.).

b)

Selbst verschuldensunabhängige Vertragsstrafenversprechen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGH, NJW 1999, 2662ff = BGHZ 141, 391ff.; NJW 1998, 2600ff. = ZIP 1998, 1049ff.; siehe auch OLG Rostock, a.a.O.) für zulässig erachtet worden, wenn gewichtige Umstände vorliegen, welche die Vertragsstrafenregelung trotz der Abweichung von dem Verschuldenserfordernis des § 339 BGB a.F. mit Recht und Billigkeit noch vereinbar erscheinen lassen, die verschuldensunabhängige Haftung des Vertragspartners also durch sachliche, die Unwirksamkeitsvermutung des § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG a.F. ausräumende Gründe gerechtfertigt ist. Derart gewichtige Gründe können - auch bei der hier zu beurteilenden Fallgestaltung - nicht verneint werden, wenn man die öffentliche und gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Unternehmensprivatisierung der Treuhandanstalt, die notwendige Abschreckungswirkung der Vertragsstrafen sowie die - trotz der aus den §§ 282, 285 BGB herzuleitenden Beweislastumkehr - bestehenden Schwierigkeiten einer Klärung der Verschuldensfrage berücksichtigt. Die mit der Treuhandanstalt vereinbarten Beschäftigungs- und Investitionszusagen stellten regelmäßig Hauptleistungspflichten des Käufers dar, die neben die Zahlungspflicht traten und bei der Bemessung des Kaufpreises berücksichtigt wurden, mithin im weiteren Sinne kaufpreisersetzende Funktion hatten. Es war der erkennbare Sinn und Zweck derartiger Vereinbarungen, die von der Treuhandanstalt im Rahmen ihrer Unternehmensprivatisierung verfolgten sogen. "weichen" Ziele volkswirtschaftlicher, sozial- und strukturpolitischer Art soweit wie möglich auch bei dem Weiterverkauf ehemaliger staatlicher Unternehmen sicherzustellen. Das rechtfertigt grundsätzlich auch die formularmäßige Vereinbarung einer verschuldensunabhängigen Vertragsstrafe.

c)

Für den vorliegenden Fall kann - gemessen an diesen Maßstäben - nichts anderes gelten. Denn die von den Parteien gewählten Vertragsbedingungen zur Arbeitsplatzgarantie- und Investitionszusage gehen ihrer Höhe nach nicht über den Umfang der von den Beklagten geschuldeten Leistung hinaus und finden eine Begrenzung nach oben.

aa)

Bei der Beurteilung kann hierbei dahingestellt bleiben, ob die Vertragsstrafenregelung als verschuldensabhängig oder verschuldensunabhängig ausgestaltet anzusehen ist. Wäre in der Regelung eine verschuldensabhängige Vertragsstrafe zu erkennen, so läge ein Verschulden der Beklagte darin, dass sich das wirtschaftliche Risiko, welches sie mit dem Vertrag übernommen haben, verwirklicht hat. Dass hier besondere Umstände vorlägen, die ausnahmsweise zu einer anderen Bewertung führen könnten, haben die Beklagten nicht dargelegt.

bb)

Soweit die Klausel als verschuldensunabhängige Vertragsstrafe anzusehen ist, hat auch dies keine unangemessene Benachteiligung der anderen Seite zur Folge.

aaa)

Hinsichtlich der Arbeitsplatzzusagen ist die Vertragsstrafe auf einen überschaubaren Zeitraum von zwei Jahren und im Umfang (130 Arbeitsplätze) auf einen ersichtlich das Arbeitsentgelt nicht übersteigenden Betrag von 2.000,00 DM je nicht beschäftigten Arbeitnehmer pro Monat, bezogen auf das Jahr also auf einen maßvollen Betrag von DM 24.000,00 pro Arbeitsplatz beschränkt (vgl. insoweit ebenso BGH, WM 2000, 922).

bbb)

Auch die im Rahmen der Arbeitsplatzgarantie getroffene Vereinbarung, dass 130 Arbeitsplätze im Jahresdurchschnitt vorgehalten werden mussten, wobei für den Jahresdurchschnitt § 267 Abs. 5 HGB als Bemessungsgrundlage herangezogen worden ist, begegnet keinen Bedenken. Denn es lässt sich nicht feststellen, dass die Berechnung nach § 267 Abs. 5 HGB von vornherein für die Beklagten nachteilig und deshalb unangemessen erscheint.

Es kann unterstellt werden, dass es der Treuhandanstalt bei der Verfolgung ihrer wirtschafts- und beschäftigungspolitischen Ziele auf eine gleichmäßige jährliche Beschäftigung von 130 Mitarbeitern angekommen ist. Deshalb erscheint eine Berechnung nach § 267 Abs. 5 HGB nicht nachteilig. Danach musste die Beschäftigungszahl nur an vier Stichtagen im Jahr erfüllt sein. Dass diese Klausel sich auch zum Nachteil der Beklagten auswirken konnte - soweit an den Stichtagen weniger Mitarbeiter als zugesagt beschäftigt waren - , reicht für sich genommen nicht zur Begründung einer Unangemessenheit aus. Denn genauso wie diese Regelung Nachteile für die Beklagten und Vorteile für die Klägerin haben konnte, gilt das auch umgekehrt.

Insgesamt ist in der Vereinbarung zur Bemessung nach § 267 Abs. 5 HGB daher jedenfalls keine unangemessene Berechnungsgrundlage zu sehen. Insbesondere auch steht die so vorzunehmende Bemessung nicht im Widerspruch zu gesetzlichen Vorschriften.

ccc)

Maßvoll ist auch, dass bei Nichteinhaltung der Investitionsverpflichtung innerhalb der als angemessen anzusehenden Dauer von 2 Jahren lediglich 80% der Differenz zwischen den getätigten und unterlassenen Investitionen zu zahlen sind (vgl. ebenso BGH, a.a.O. m.w.N.).

ddd)

Eine unangemessene Benachtigung im Sinne vom § 9 Abs. 1 AGBG a.F. wird auch nicht durch den sogen. "Summierungseffekt" herbeigeführt, der dadurch entsteht, dass die Unterlassung der Investitionen mit der Nichteinhaltung der Verpflichtung zur Erhaltung oder Schaffung der Voraussetzungen für die Einhaltung der Arbeitsplatzzusagen zusammentreffen. Denn die Strafen hängen, auch wenn sie nebeneinander verwirkt werden, von dem Gewicht der jeweiligen Vertragsverstösse ab (vgl. BGH, a.a.O. m.w.N.)

III.

Der Klägerin steht gegen die Beklagten aus der Arbeitsplatzgarantie gem. Ziff. XIV. des Unternehmenskaufvertrages ein Zahlungsanspruch in Höhe von 168.000,00 DM zu.

1.

Der Senat legt dabei der Berechnung des Anspruchs die Angaben der Beklagten ausweislich der Berichtsblätter ihres Steuerberaters Willi P. zugrunde.

a)

Diese muss auch die Klägerin ob ihrer prozessualen Einlassung, mit der sie sich - mangels anderer Anhaltspunkte - für die Bemessung auf diese bezogen hat, gegen sich gelten lassen. Denn es verstösst gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium) (vgl. hierzu Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 242 BGB Rn. 55ff.), wollte sich die Klägerin auf der einen Seite zur Begründung ihres Anspruchs auf die von den Beklagten vorgelegten Berichtsblätter berufen und zugleich deren Unwirksamkeit und Unanwendbarkeit zur Bemessung behaupten. Für den Fall, dass die Klägerin davon ausgegangen wäre, mit den Berichtsblättern sei durch die Beklagten kein vertragsgemäßer Nachweis über die von ihnen zu erfüllende Arbeitsplatzzusage erbracht worden, hätte sie - vor Anhängigmachen des vorliegenden Rechtsstreits - den Weg einer darauf gerichteten Auskunftsklage (§§ 259ff. BGB) wählen müssen. Solches hat sie jedoch nicht getan, und bleibt von daher an die von ihr selbst herangezogene Berechnungsgrundlage gebunden.

b)

Im übrigen greift der von der Klägerin vorgetragene Einwand, die Beklagten hätten die Erfüllung der Arbeitsplatzgarantie nicht in der nach dem Unternehmenskaufvertrag vereinbarten Form nachgewiesen, auch aus sonstigen Gründen nicht durch.

Zwar sollte die Einhaltung der Arbeitsplatzgarantie durch geeignete Belege, z. B. Lohn- und Gehaltslisten, nachgewiesen werden. Dieser Vereinbarung ist bei der Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) jedoch lediglich die Bedeutung beizumessen, dass die Einhaltung der Arbeitsplatzgarantie mit geeigneten Belegen nachgewiesen werden sollte. Um einen in diesem Sinne geeigneten Beleg handelt es sich auch bei der von den Beklagten vorgelegten Bestätigung durch den Steuerberater des Unternehmens.

c)

Den insofern durch die Beklagten erbrachten Nachweis über die Erfüllung der Arbeitsplatzzusage (in dem noch näher zu bezeichnenden Umfang) hat die Klägerin nicht erheblich bestritten, so dass durch den Senat weiterer Beweis in dieser Frage nicht zu erheben war.

d)

Aus der vom Senat verwerteten Bemessungsgrundlage ergibt sich eine Gesamtbeschäftigungszahl zu den jeweiligen Quartalsstichtagen von 492 Vollzeitarbeitsplätzen und damit ein Jahresdurchschnitt gem. § 267 Abs. 5 HGB von 123 Vollzeitarbeitsplätzen. Die Arbeitsplatzgarantie ist danachbei im Jahre 1996 im Jahresdurchschnitt um 7 Arbeitsplätze unterschritten worden, was unter Berücksichtigung einer monatlichen Vertragsstrafe von 2.000,00 DM (= 14.000,00 DM p.m.) bezogen auf das Jahr 1996 den zuerkannten Gesamtbetrag von 168.000,00 DM (12 x 14.000,00 DM) ergibt.

aa)

Hierbei hat der Senat seiner Berechnung die Gesamtmitarbeiterzahl bei der TGA S. GmbH, TGA S.-Service GmbH und TGA A. GmbH zugrundegelegt.

Zwar trifft der Vertrag keine ausdrückliche Regelung dazu, ob auch Mitarbeiter ausgegliederter oder abgespaltener Unternehmensteile bei der Berechnung der Gesamtmitarbeiterzahl Berücksichtigung finden dürfen. Indes ist die entsprechende Klausel zur Arbeitsplatzgarantie - im Zusammenhang mit weiteren Klauseln des Vertragswerkes - in diesem Sinne auszulegen (§§ 133, 157 BGB).

bb)

Dabei hat der Senat insbesondere die Regelungen unter X. des Unternehmenskaufvertrages bei seiner Auslegung berücksichtigt. Aus ihnen ist zu entnehmen, dass die Beklagten berechtigt sein sollten, die übernommenen Unternehmen im Rahmen von Ausgliederung und Aufspaltung umzustrukturieren. Ferner ergibt sich hieraus, dass in diesem Falle auch für die ausgegliederten bzw. aufgespaltenen Unternehmensteile die Regelung des Vertrages weiterhin Bestand haben sollten. Aus diesem Regelungsgehalt ist deshalb darauf zu schließen, dass die Beklagten bei einer Veränderung des Unternehmens - etwa durch "Ausgliederung" von Betriebsteilen - weiterhin verpflichtet sein sollten, auch bezogen auf diese Betriebsteile die vertraglichen Vereinbarungen zu erfüllen. Das muss im Umkehrschluss dann aber dazu führen, dass die Beklagten bei dem Nachweis zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen nach dem Vertrag auch die in den abgespaltenen Betriebsteilen beschäftigten Mitarbeiter in die Berechnung einbeziehen durften.

cc)

Diese Auslegung entspricht auch dem Sinn und Zweck des Vertrages. Danach sollten insgesamt 130 Mitarbeiter beschäftigt werden. Dafür hat es keine Bedeutung, in welcher Form dies geschieht, also ob durch verbundene bzw. abgespaltene oder ausgegliederte weitere Gesellschaften, oder allein in dem Verkaufsunternehmen. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil sich durch die Ausgliederungen die regionale Struktur des Gesamtunternehmens nicht geändert hat.

Die Klägerin hat keine hinreichenden Tatsachen vorgetragen, die zu einer anderen Auslegung des Unternehmenskaufvertrages in diesem Punkte hätten führen können oder müssen.

e)

Von den so ermittelten Arbeitnehmerzahlen sind die vom Grundstückskaufvertrag vom 23.09.1991 erfassten 11 Arbeitplätze nicht abzuziehen. Bei dieser eingegangenen Verpflichtung handelt es sich um keine Verpflichtung der Beklagten, sondern um eine der TGA S. GmbH. Ferner macht die Klägerin streitgegenständlich Ansprüche aus der Arbeitsplatzgarantie für das Jahr 1996 geltend, also für einen Zeitraum, zu dem die Verpflichtung nach dem Grundstückskaufvertrag vom 23.09.1991 schon nicht mehr bestand.

f)

Der von den Beklagten erhobene Einwand, die Arbeitsplatzverpflichtung sei aufgrund des Gespräches am 30.05.1995 bei der BvS sowie mit dem Vergleich im Verfahren 3 U 88/95 Landgericht Stralsund zu ihren Gunsten herabgesetzt worden, greift nicht durch.

aa)

Weder aus der Notiz bezogen über das Gespräch vom 30.05.1995, noch aus dem Vergleichsinhalt oder dem Vergleichsentwurf ergibt sich, dass damit definitiv eine Abänderung der Arbeitsplatzgarantie für das Jahr 1996 erfolgt ist. Zwar kann unterstellt werden, dass die Treuhandanstalt grundsätzlich bereit war, die entsprechende Klausel abzuändern. Dieses ist von ihr aber abhängig gemacht worden von einer Änderung des Investitionsvorrangbescheides. Der von den Beklagten erwirkte Investitionsvorrangbescheid ist indessen unstreitig zu keinem Zeitpunkt abgeändert worden. Dementsprechend hat die Treuhandanstalt in ihrem Schreiben vom 09.06.1997 ausgeführt, dass kein Einverständnis mit einer Änderung der Klausel besteht.

bb)

Etwas Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem Schreiben vom 28.10.1996 der Stelle für Investitionsvorrangentscheidungen. Diese hat sich in dem Schreiben für unzuständig erklärt und auf das Verfahren nach § 14 Abs. 3 Investitionsvorranggesetz hingewiesen. Im übrigen bezieht sich das Schreiben nicht auf die Arbeitsplatzgarantie, sondern lediglich auf die Investitionsverpflichtungen. Dem Schreiben kann auch keine generelle Zustimmung zu einer Vertragsänderung entnommen werden, weil sich die Aussage des Schreibens auf einen Hinweis auf das einzuhaltende Verfahren beschränkt.

IV.

Der Klägerin steht gegen die Beklagten aus der Investitionsgarantie in Ziff. XIV. des Unternehmenskaufvertrages ein Zahlungsanspruch in Höhe von DM 587.441,44 zu.

1.

Maßgeblicher Investitionszeitraum ist die Zeit vom 04.04.1995 bis 04.04.1997. Ausweislich des Unternehmenskaufvertrages sollte der Vertrag mit dem Eingang der Genehmigungen wirksam werden. Die Genehmigungsurkunden gingen dem Notar in der letzten Märzwoche des Jahres 1995 zu. Der Senat legt ferner Ziff. XVII. Abs. 6 des Unternehmenskaufvertrages dahingehend aus, dass der für die Wirksamkeit des Vertrages entscheidende Zeitpunkt der des Eingangs der Genehmigungen war. Eine Rückwirkung ist dieser Vereinbarung nicht zu entnehmen. Ferner spricht Ziff. XVII. Abs. 2 des Unternehmenskaufvertrages für diese Auslegung.

2.

Der zuerkannte Investitionsbetrag ergibt sich unter Zugrundelegung der Berechnung der Klägerin. Danach hat die Klägerin gestützt auf die von den Beklagten vorgelegten Berichtsblätter Gesamtinvestitionen in Höhe von 625.698,27 DM für den streitigen Zeitraum errechnet. Unter Berücksichtigung eines vereinbarten Gesamtinvestitionsvolumens von 1,36 Mio. DM ist somit ein Fehlbetrag von 734.301,80 DM festzustellen. Hiervon sind 80 % als Vertragsstrafe vereinbart, was einen Betrag von 587.441,44 DM ergibt.

3.

Die entgegenstehenden Behauptungen der Beklagten zu den von ihnen getätigten Investitionen sind in sich widersprüchlich und damit nicht erheblich.

a)

Auf Bl. 71 d. A. haben die Beklagten ein Investitionsvolumen von 1.242.600,00 behauptet. Ausweislich Bl. 130 d. A. ist eine Investition vom 01.01.1995 bis 31.12.1995 von 312.633,85 und vom 01.01.1996 bis 31.12.1996 in Höhe von DM 386.905,96 vorgetragen worden. Zudem sollen von den Mietern jeweils 350.000,00 DM investiert worden seien. Auf Bl. 143 d. A. wird eine Gesamtinvestition von DM 1.158.073,60 angesetzt. Hierbei sind von den Beklagten Investitionen des Mieters H.-P.-Sanitär-Heizung-Stahlhandels GmbH in Höhe von angeblich 458.533,88 DM auf die Investitionsverpflichtung angerechnet worden.

b)

Neben diesen bereits augenscheinlich zu Tage tretenden rechnerischen Widersprüchen im Sachvortrag der Beklagten haben diese aber auch nicht dargelegt, welche konkreten Investitionen von ihnen vorgenommen worden sind. Dieses indes wäre erforderlich gewesen, da ausweislich der Regelung unter Ziff. XIV. des Vertrages ausdrücklich auf einen bestimmten Vorhabenplan als Anlage 5 für die Investitionen Bezug genommen worden ist. Zwischen den von den Beklagten dargelegten Investitionen und den nach dem Vorhabenplan durzuführenden Investitionen lässt sich für den Senats kein Zusammenhang erkennen.

c)

Zu den nach Auffassung der Beklagten anzurechnenden Investitionen durch die Mieter ist festzustellen, dass zum einen der Betrag der Investitionen widersprüchlich vorgetragen ist. Zum anderen ergibt sich aber aus dem Sachvortrag der Beklagten auch nicht, welche konkreten Investitionen getätigt worden sind und ob diese zum Zeitpunkt des Übergangs in das Eigentum der TGA Stralsund GmbH noch in Höhe des behaupteten Betrages werthaltig waren. Nicht dargelegt worden ist schließlich auch, zu welchem genauen Zeitpunkt diese in das Eigentum der Beklagten übergegangen sind, so dass offen bleibt, ob der vereinbarte Investitionszeitraum eingehalten worden ist.

V.

Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt eine Abänderung der Investitions- und Arbeitsplatzverpflichtung gemäß § 242 BGB nicht in Betracht. Wie bereits dargelegt, ist eine Einigung zwischen den Parteien zu einer betragsmäßigen Herabsetzung der Verpflichtungen nicht herbeigeführt worden; insbesondere wegen des Entgegenstehens eines anders lautenden Investitionsvorrangbescheides. Die Klägerin verhält sich deshalb auch nicht treuwidrig, wenn sie an dem Vertrag festhält und ihre Ansprüche geltend macht.

VI.

Insgesamt steht der Klägerin nach den vorstehenden Ausführungen gegen die Beklagten ein Zahlungsanspruch in Höhe von 755.441,44 DM = 386.251,07 € (168.000,00 DM für die nicht (vollständig) eingehaltene Arbeitsplatzzusage zzgl. 587.441,44 DM für die verfehlte Investitionsgarantie) zu. Die weitergehende Klage war aus den bereits benannten Gründen abzuweisen.

VII.

Die Zinsentscheidung beruht auf Ziff. XIV. Abs. 8 des Unternehmenskaufvertrages.

VIII.

1.

Die Nebenentscheidungen haben ihre Rechtsgrundlage in §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

2.

Anlass, die Revision zuzulassen, ist nicht gegeben. Weder kommt der Sache grundsätzliche Bedeutung zu, noch erfordern die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Ende der Entscheidung

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