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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 29.10.2004
Aktenzeichen: 6 U 212/03
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, VVG, AKB


Vorschriften:

ZPO § 522 Abs. 2
BGB § 280
BGB § 823
VVG § 67
AKB § 15 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock Beschluss

6 U 212/03

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht B., die Richterin am Oberlandesgericht B. und den Richter am Amtsgericht M.

am 29.10.2004 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Rostock vom 30.10.2003 - Az.: 9 O 249/03 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Streitwert wird auf 28.706,89 € festgesetzt.

Gründe:

Die Berufung war gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Sie hat keine Aussicht auf Erfolg. I.

Der Senat hat bereits mit Beschluss vom 14.09.2004 folgende Hinweise erteilt:

Zu Recht hat das Landgericht der Klage auf Zahlung von 28.706,89 € aus §§ 280, 823 Abs. BGB i.V.m. § 67 VVG stattgegeben. Zutreffend rügt der Beklagte allerdings, dass die Haftung des Beklagten nach § 15 Abs. 2 AKB auf grobe Fahrlässigkeit beschränkt war. Der Berufung bleibt gleichwohl der Erfolg versagt, weil das Landgericht mit zutreffender Begründung - der sich der Senat vollen Umfangs anschließt und die er sich zu eigen macht - eine grobe Fahrlässigkeit des Beklagten bei der Obhut über das ihm anvertraute Fahrzeug bejaht hat. 1.

Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders hohem Maße außer acht lässt und schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt und das nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss. Dabei ist das Verstauen des Schlüssels in der Jacke als solche nicht zu beanstanden. Vorzuwerfen ist dem Beklagten vielmehr, dass er die Jacke unbeaufsichtigt in der Diskothek hat liegen lassen. Soweit der Beklagte behauptet, die Jacke "versteckt" zu haben, genügt dies den Anforderungen nicht.

Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass insbesondere in Diskotheken aufgrund der einfachen Zugriffsmöglichkeiten, der Anonymität der Besucher und der fehlenden Übersichtlichkeit regelmäßig mit Diebstählen von herumliegenden Kleidungsgegenständen gerechnet werden muss; auch ist damit zu rechnen, dass die Räumlichkeiten unauffällig abgesucht werden; ein Verstauen von Kleidungsstücken unter oder in einer Sitzecke ist nicht geeignet, diese Möglichkeit zu unterbinden, da die Jacke auch dann dem Zugriff unberechtigter Dritter ausgesetzt ist (vgl. OLG Düsseldorf, NZV 2004, 411, zu einem abgestellten Rucksack). Der Beklagte geht in seiner Auffassung fehl, wenn er meint, dass sich Diebstähle allein auf die Kleidungsgegenstände und Wertgegenstände, nicht aber auf Schlüssel beziehen. Insbesondere werden Diskotheken, weil sie regelmäßig spätabends aufgesucht werden, mit Fahrzeugen angefahren. Dementsprechend liegt es für - potentielle - Diebe nahe, in aufgefundenen Kleidungsstücken nach Schlüsseln zu suchen (vgl. HansOLG Hamburg, VersR 1995,1347 (Belassen einer Lederjacke im Umkleideraum eines Fitnessstudios); OLG Karlsruhe, Schaden-Praxis 2002, 394 m.w.N.). Nachdem die Schlüssel aufgrund der technischen Entwicklung bei neueren Fahrzeugen regelmäßig mit elektronischen Schließmechanismen - wie auch vorliegend - ausgestattet sind, ist auch das Auffinden dieser Fahrzeuge für den Dieb erheblich erleichtert, da ein umständliches und auffälliges Aufschließen mehrerer möglicher Fahrzeuge entfällt, das konkrete Fahrzeug vielmehr durch bloßes Abgehen unter unauffälligem Bedienen des Türöffnungsmechanismusses am Schlüssel leicht gefunden werden kann. Auch ist es nicht unüblich, dass bei dem Auffinden von Schlüsseln hochwertiger Fahrzeuge nach diesen gesucht wird. Dieses Umstandes hätte sich der Beklagte bewusst sein müssen (vgl. LG Offenburg, Urteil vom 28.05.2003, NJOZ 2003,2357 m.w.N.).

Es kann dementsprechend dahinstehen, ob der Beklagte tatsächlich damit rechnen musste, von einem zu einem Diebstahl bereiten Täter bereits beim Abstellen des Fahrzeuges beobachtet worden zu sein; der Senat teilt aber auch insoweit die Auffassung des Landgerichts, dass dies angesichts des hochwertigen Fahrzeuges in die Sicherungsüberlegungen des Beklagten hätte einbezogen werden müssen.

2.

Zu Recht auch hat das Landgericht den Vortrag des Beklagten, er habe den Zeugen Burmeister mit der Aufsicht über die Jacke betraut, wegen der Widersprüchlichkeit seiner einzelnen Darstellungen unberücksichtigt gelassen; dementsprechend war eine Beweiserhebung nicht veranlasst. Vielmehr ist anzunehmen, dass der Beklagte die Jacke tatsächlich unbeaufsichtigt gelassen hat. Hinsichtlich der Einzelheiten der Würdigung des Vortrages nimmt der Senat ausdrücklich Bezug auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des landgerichtlichen Urteils. Nach der Lebenserfahrung ist nicht nachvollziehbar, dass der Beklagte der Versicherung nicht mitgeteilt hätte, einen Dritten mit der Aufsicht betraut zu haben, sondern sich statt dessen darauf beschränkte zu erklären, er habe die Jacke in einer Sitzecke versteckt; dem Beklagten musste klar gewesen sein, dass ihm Sorgfaltspflichtverletzungen vorgeworfen werden könnten. Hätte er dem Zeugen tatsächlich die Beaufsichtigung übertragen, so wäre zu erwarten gewesen, dass er dies gegenüber der Versicherung von sich aus angegeben hätte. Soweit der Beklagte in der Berufungsbegründung darauf abstellt, er habe der Versicherung gegenüber den Sachverhalt nur kurz schildern wollen, um Eckdaten zu übermitteln, vermag auch dies nicht zu erklären, weshalb der Sachverhalt anders dargestellt worden sein soll.

Auf das Belassen des Fahrzeugscheines im Fahrzeug kommt es dementsprechend nicht an; dieses dürfte zudem für den Diebstahlsentschluss nicht kausal gewesen sein, wie bereits das Landgericht ausgeführt hat (vgl. auch BGH, NJW-RR 1996,735).

II.

Die weiteren Ausführungen des Beklagten geben dem Senat keine Veranlassung, von dieser geäußerten Rechtsauffassung abzuweichen. Soweit der Beklagte darauf hinweist, dass er gegenüber der Polizei angegeben habe, einen Dritten mit der Aufsicht über die Jacke betraut zu haben (Seite 5 des Schriftsatzes vom 22.10.2004), und auf die ihm äußerst peinliche Situation, vermag dies die unterschiedlichen Sachverhaltsschilderungen des Beklagten gegenüber Versicherung und Polizei nicht zu begründen. Auch die schriftliche Erklärung gegenüber der Polizei ist nicht eindeutig, da der Beklagte bekundete, er habe jemanden gebeten, auf die Jacke aufzupassen, bzw. die Jacke in die Ecke getan, so dass man sie nicht sehen konnte. Bereits diese Erklärung ist zweideutig und lässt den zugrundeliegenden Sachverhalt nicht klar erkennen. Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass zu erwarten war, dass der Beklagte den Sachverhalt auch gegenüber der Versicherung eindeutig beschreibt, zumal diese Schilderung zeitnah am Tag nach dem Abhandenkommen des Fahrzeuges abgegeben wurde, während die Schilderung gegenüber der Polizei erst am 27.09.2002 erfolgte. Darüber hinaus vermag der Senat nicht zu erkennen, weshalb die Bitte an den Dritten, die Jacke zu beaufsichtigen, wegen der Peinlichkeit der Angelegenheit verschwiegen werden sollte. Auch hat der Beklagte nicht lediglich "vergessen", den Namen des Dritten zu nennen, sondern den Sachverhalt anders geschildert.

III.

Der vorliegende Rechtsstreit ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung. Zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist ein Urteil des Berufungsgerichts nicht erforderlich.

Ende der Entscheidung

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