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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 25.01.2008
Aktenzeichen: 6 W 3/08
Rechtsgebiete: KostO, BGB, FGG, PStG


Vorschriften:

KostO § 30 Abs. 3
KostO § 131 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
KostO § 131 Abs. 1 Satz 2
BGB § 1592 Nr. 1
BGB § 1594 Abs. 2
BGB § 1598 Abs. 2
FGG § 29 Abs. 2
PStG § 47 Abs. 1 Satz 1
PStG § 49 Abs. 1
PStG § 49 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Az.: 6 W 3/08

Beschluss

In der Personenstandssache

wegen der Berichtigung des Geburtseintrages Nr. /2000 des Standesamtes R. betreffend das Kind J. A., geb. am .......,

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock am 25.1.2008 beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige weitere Beschwerde der Verfahrensbeteiligten zu 2 wird der Beschluss des Landgerichts Rostock vom 14.3.2007, Az.: 2 T 116/06, abgeändert und die sofortige Beschwerde der Verfahrensbeteiligten zu 3 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Rostock vom 26.4.2006, Az.: 6 III 84/05, zurückgewiesen.

Der Verfahrensbeteiligten zu 3 wird Prozesskostenhilfe für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde unter Beiordnung von Rechtsanwalt T. bewilligt (§ 119 ZPO).

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens vor dem Landgericht trägt die Verfahrensbeteiligte zu 3. Für die sofortige weitere Beschwerde werden Gebühren nicht erhoben.

Der Wert für die sofortige weitere Beschwerde beträgt gemäß § 30 Abs. 3 KostO 3.000 Euro.

Gründe:

I.

Am 14.4.1996 schlossen die Verfahrensbeteiligte zu 3 und der Verfahrensbeteiligte zu 5 die Ehe in Nepal. Im Sommer 2000 erwartete die Verfahrensbeteiligte ein Kind. Am 24.8.2000 erkannte der Verfahrensbeteiligte zu 4 die Vaterschaft des noch nicht geborenen Kindes an. Am 29.8.2000 gebar die Verfahrensbeteiligte zu 3 das Kind J.. Sowohl in der Zustimmungsurkunde über die Anerkennung der Vaterschaft als auch in der Geburtsanzeige bezeichnete sich die Verfahrensbeteiligte zu 3 fälschlich als ledig. In der Geburtsurkunde vom 31. August 2000 betreffend J. findet sich daher folgender Eintrag: "Vater des Kindes ist O. N., Zeitsoldat" (Verfahrensbeteiligter zu 4). Seit dem 7.6.2003 sind die Verfahrensbeteiligte zu 3 und der Verfahrensbeteiligte zu 5 rechtskräftig geschieden.

Am 27.10.2005 beantragte die Beteiligte zu 1 die Löschung der Angaben über den Vater im streitgegenständlichen Geburtenbuch. Diesem Antrag ist die Verfahrensbeteiligte zu 3 entgegengetreten. Sie hat vorgetragen, dass eine Berichtigung gemäß § 1598 Abs. 2 BGB ausgeschlossen sei, weil seit der Eintragung in das Geburtenbuch fünf Jahre verstrichen seien. Mit Beschluss vom 10.11.2005 hat das Amtsgericht dem Antrag der Verfahrensbeteiligten zu 1 entsprochen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Anerkennung der Vaterschaft des Verfahrensbeteiligten zu 4 gemäß § 1594 Abs. 2 BGB unwirksam sei. Eine Heilung gemäß § 1598 Abs. 2 BGB durch Zeitablauf sei nicht eingetreten, weil diese Vorschrift nicht auf die Anerkennungssperre des § 1594 Abs. 2 BGB anwendbar sei. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 3 hat das Landgericht für begründet erachtet. Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes und der Gründe wird auf den angefochtenen Beschluss des Landgerichts Rostock vom 14.3.2007 verwiesen.

Mit ihrer weiteren sofortigen Beschwerde will die Beteiligte zu 2 die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Beschlusses erreichen. Die Rechtsansicht des Landgerichts führe dazu, dass im Geburtenbuch zwei Väter zu verzeichnen seien. Denn eine im Zeitpunkt der Geburt bestandene Ehe habe der Standesbeamte im Geburtseintrag auch dann zu vermerken, wenn er erst später von der Ehe erfahre. Das sei nicht hinnehmbar. Mit der absolut herrschenden Meinung in der Literatur finde eine Heilung gemäß § 1598 Abs. 2 BGB dann nicht statt, wenn bei der Eintragung die Anerkennungssperre des § 1594 Abs. 2 BGB verletzt sei.

Die Verfahrensbeteiligte zu 2 beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses des Landgerichts Rostock vom 14.3.2007, Az.: 2 T 116/06, die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 3 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Rostock vom 26.4.2006, Az.: 6 III 84/05, zurückzuweisen.

Die Verfahrensbevollmächtigte zu 3 beantragt,

die sofortige weitere Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt den angegriffenen Beschluss.

II.

Die gemäß § 29 Abs. 2 FGG i. V. m. § 49 Abs. 1 und 2 PStG zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte sofortige weitere Beschwerde ist begründet. Der Eintrag über die Vaterschaft des Verfahrensbeteiligten zu 4 ist gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 PStG auf Antrag der Verfahrensbeteiligten zu 1 zu löschen. Das Geburtenbuch ist insoweit unrichtig. Denn die Anerkennung der Vaterschaft durch den Verfahrensbeteiligten zu 4 ist gemäß § 1594 Abs. 2 BGB unwirksam. Danach ist eine Anerkennung der Vaterschaft nicht wirksam, solange die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht. So liegt es hier. Im Zeitpunkt der Geburt war die Verfahrensbeteiligte zu 3 noch mit dem Verfahrensbeteiligten zu 5 verheiratet. Letzterer ist daher gemäß § 1592 Nr. 1 BGB Vater des Kindes.

Anders als das Landgericht vertritt der Senat nicht die Auffassung, dass der Verstoß gegen § 1594 Abs. 2 BGB gemäß § 1598 Abs. 2 BGB geheilt ist. Sind seit der Eintragung in ein deutsches Personenstandsbuch fünf Jahre verstrichen, so ist diese Anerkennung nach § 1598 Abs. 2 BGB wirksam, auch wenn sie den Erfordernissen der vorstehenden Vorschriften nicht genügt. Zu diesen Vorschriften - das ist dem Landgericht zuzugeben - zählt zunächst auch § 1594 Abs. 2 BGB. Dennoch ist § 1598 Abs. 2 BGB nicht auf die Anerkennungssperre des § 1594 Abs. 2 BGB anzuwenden (Rausch in jurisPK-BGB, 3. Aufl. 2006, § 1598 Rn. 11; RGRK/Böckermann, BGB, 12. Aufl., § 1600 f a. F. Rn. 9; Staudinger/Rauscher [2000], BGB, § 1598 Rn. 18). Das ergibt eine teleologische Auslegung von § 1598 Abs. 2 BGB. Nach ihrem Zweck soll die Heilungsvorschrift des § 1598 Abs. 2 BGB zur Befriedung von Unklarheiten über die Wirksamkeit der Anerkennung führen (Staudinger/Rauscher [2000], BGB, § 1598 Rn. 18). Die Anwendung des § 1598 Abs. 2 BGB verursachte jedoch eine nicht denkbare Doppelvaterschaft (RGRK/Böckermann, BGB, 12. Aufl., § 1600 f a. F. Rn. 8), was nicht zur Beseitigung von Unklarheiten beiträgt. Denn der Beteiligte zu 5 ist Vater gemäß § 1592 Nr. 1 BGB. Der Senat teilt hier nicht die Auffassung des Landgerichts, dass der Verfahrensbeteiligte zu 5 seine Vaterschaft durch eine etwaige Heilung gemäß § 1598 Abs. 2 BGB verlöre. § 1598 Abs. 2 BGB ordnet allein die Wirksamkeit einer unrichtigen Eintragung in ein deutsches Personenstandsbuch an. Die Vaterschaft des Verfahrensbeteiligten zu 5 ist jedoch im Geburtenbuch nicht eingetragen; § 1598 Abs. 2 BGB kann daher nicht einen Verlust der Vaterschaft des Verfahrensbeteiligten zu 5 bewirken.

Das Verfahren über die weitere Beschwerde ist gemäß § 131 Abs. 1 Satz 2 KostO gebührenfrei. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens vor dem Landgericht hat die Verfahrensbeteiligte zu 3 gemäß § 131 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KostO zu tragen.

Ende der Entscheidung

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