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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 12.10.2005
Aktenzeichen: 6 W 53/05
Rechtsgebiete: InsO, ZPO, BGB, GKG


Vorschriften:

InsO § 89
ZPO § 3
ZPO § 240
ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 569 Abs. 1
ZPO § 569 Abs. 2
ZPO § 739
ZPO § 887 oder
ZPO § 888
ZPO § 888 Abs. 1 Satz 2
ZPO § 888 Abs. 1 Satz 3
ZPO § 888 Abs. 3
ZPO §§ 904 - 913
BGB § 666
GKG § 48
GKG § 63 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
6 W 53/05

Beschluss

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock durch

den Richter am Oberlandesgericht Dr. ter V. den Richter am Oberlandesgericht H. und die Richterin am Oberlandesgericht B.

am 12.10.2005 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin vom 31.05.2005 - 10 O 311/03 - wird zurückgewiesen.

Die Schuldnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Wert des Beschwerdegegenstandes: 1.000,00 EUR.

Gründe:

I.

Die Schuldnerin ist durch Urteil des Landgerichts Rostock vom 26.11.2003 rechtskräftig zur Auskunftserteilung und Vorlage diesbetreffender Unterlagen verurteilt worden. Am 01.04.2003 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin beim Amtsgericht Rostock eröffnet. Am 04.03.2004 hat die Vollstreckungsgläubigerin zur Erzwingung der im Urteil auferlegten Handlungen die Festsetzung eines Zwangsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Anordnung von Zwangshaft begehrt. Sie hat hierzu im Wesentlichen vorgebracht, dass die Vollstreckungsschuldnerin ihre Auskunftspflicht trotz Aufforderung mit Fristsetzung nicht erfüllt habe.

Mit Beschluss vom 25.05.2004 hat das Landgericht dem Antrag stattgegeben. Es hat ein Zwangsgeld von 1.000,00 EUR festgesetzt und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, ersatzweise Zwangshaft angeordnet und zwar für für je 200,00 EUR einen Tag gegen den Geschäftsführer der Vollstreckungsschuldnerin.

Mit Antrag vom 18.10.2004 hat die Vollstreckungsgläubigerin beim Landgericht Rostock den Erlass eines Haftbefehls begehrt. Die Vollstreckungsgläubigerin hat ihren Antrag damit begründet, dass das Zwangsgeld wegen der Regelungen in § 89 InsO nicht beigetrieben werden könne. Die Vollstreckungsschuldnerin ist dem Antrag entgegengetreten. Dazu hat sie ausgeführt, dass der jetzige Geschäftsführer zum Zeitpunkt der Vorbereitung und Durchführung der Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten an den Gebäuden der Vollstreckungsgläubigerin nicht mit dieser Angelegenheit befasst gewesen sei. Die damaligen Geschäftsführer A. K. und D. T. seien aus dem Unternehmen im September 1995 bzw. März 1996 ausgeschieden. Im Oktober 2003 habe der Prozessbevollmächtigte der Vollstreckungsschuldnerin Kontakt zu den ehemaligen Geschäftsführern aufgenommen. Diese hätten sich aufgrund des lange zurückliegenden Zeitpunktes nicht mehr an die dem Auskunftsbegehren zugrunde liegenden Vorgänge erinnern können, wobei zu berücksichtigen sei, dass die Vollstreckungsschuldnerin zu diesem Zeitpunkt 7.000 Verwaltungsobjekte für mehr als 100 verschiedene Eigentümer verwaltet habe. Der von März 1996 bis Juli 1999 tätige Geschäftsführer L. B. H. Brennführer sei im September 2003 durch den Prozessbevollmächtigten der Vollstreckungsschuldnerin zu dem Sachverhalt befragt worden. Auch dieser habe sich nicht mehr an den Vorgang erinnern können und habe erklärt, dass er wegen seines angeschlagenen gesundheitlichen Zustandes in Ruhe gelassen werden möchte. Der jetzige Geschäftsführer H. habe lediglich den Verwaltungsvertrag abgewickelt und besitze keine eigenen Kenntnisse. Zudem verfüge die Vollstreckungsschuldnerin durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über keine Mitarbeiter mehr. Die Bestimmung des § 888 ZPO greife nicht ein, weil gem. § 888 Abs. 3 ZPO ein Vollstreckungsverbot vorliege.

Mit dem angefochtenen Beschluss und Haftbefehl hat das Landgericht gegen die Vollstreckungsschuldnerin einen Haftbefehl erlassen. Begründend hat es ausgeführt, die angeordnete Ersatzzwangshaft habe zu erfolgen, weil die Nichtbeitreibbarkeit des festgesetzten Zwangsgeldes feststehe. Dem stehe nämlich das Vollstreckungsverbot des § 89 InsO entgegen. Die Ersatzhaft sei gegen den Geschäftsführer der Vollstreckungsschuldnerin festzusetzen, weil es sich bei der Vollstreckungsschuldnerin um eine juristische Person handele.

Gegen diesen Beschluss und Haftbefehl richtet sich die sofortige Beschwerde der Vollstreckungsschuldnerin. Zur Begründung wiederholt sie im Wesentlichen ihr Vorbringen, mit welchem sie bereits dem Antrag auf Erlass eines Haftbefehls entgegengetreten ist. Sie vertieft ihre Bedenken dahingehend, dass die Einordnung der Handlung als unvertretbar im Sinne von § 888 ZPO falsch erfolgt sei. Zudem sei sie ihrer Verpflichtung durch die Abrechnungen von Januar 1996, Juli 1996 und Juni 1998 nachgekommen.

Die Vollstreckungsgläubigerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Der Beschwerde fehle bereits das Rechtsschutzbedürfnis, weil lediglich der Geschäftsführer der Vollstreckungsschuldnerin beschwert sei.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Beschwerdeverfahren nimmt der Senat im Übrigen Bezug auf die beiderseitigen Schriftsätze.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Insbesondere ist sie statthaft, §§ 888 Abs. 1 Satz 3, 739, 569 Abs. 1 uns 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

Ein Rechtsschutzbedürfnis liegt vor. Die Vollstreckungsschuldnerin ist durch den angefochtenen Beschluss und Haftbefehl beschwert. Bei der Vollstreckungsschuldnerin handelt es sich um eine juristische Person, so dass die Ersatzhaft gegen den Geschäftsführer festzusetzen ist (Kandelhart in Both, Praxis der Zwangsvollstreckung, 2005, Teil 8 Rn. 61; MüKo-ZPO/Schilken, 2. Aufl., § 880 Rn. 12). Auch wenn die Ersatzhaft letztlich gegenüber dem Geschäftsführer vollzogen wird, ist Adressat des Haftbefehls und damit beschwert die Vollstreckungsschuldnerin.

In der Sache führt das Rechtsmittel nicht zum Erfolg, weil das Landgericht zu Recht den Haftbefehl erlassen hat.

Das im Beschluss vom 25.05.2004 verhängte Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 EUR konnte nicht vollstreckt werden, so dass auf Antrag der Vollstreckungsgläubigerin die Vollstreckung der bereits ersatzweise verhängten Zwangshaft zu erfolgen hatte (vgl. OLG Zweibrücken, JurBüro 2003, 494; OLG Düsseldorf JurBüro 1989, 277).

Die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung liegen vor. Das inzwischen rechtskräftige Urteil des Landgerichts Rostock ist dem Prozessbevollmächtigten der Vollstreckungsschuldnerin am 02.12.2003 zugestellt worden. Am 25. Januar 2004 wurde dem Gläubigervertreter eine vollstreckbare Ausfertigung erteilt.

Die von der Schuldnerin gegen den angefochtenen Beschluss erhobenen Einwendungen greifen nicht durch.

1.

Der Auskunftsanspruch hat eine unvertretbare Handlung zum Gegenstand, die im Verfahren nach § 888 ZPO zu vollstrecken ist.

Ob die Zwangsvollstreckung zur Erzwingung der Vornahme einer Handlung nach § 887 oder § 888 ZPO erfolgt, richtet sich danach, ob der Vollstreckungsschuldner eine vertretbare oder eine unvertretbare Handlung vorzunehmen hat. Entscheidend dafür ist allein der Inhalt des Vollstreckungstitels, der erforderlichenfalls durch Auslegung der Entscheidungsformel unter Berücksichtigung der Gründe der im Erkenntnisverfahren ergangenen Entscheidung und gegebenenfalls auch der Gründe der sie bestätigenden oder modifizierenden Entscheidungen der Rechtsmittelinstanzen zu ermitteln ist (vgl. OLG Köln WuM 1998, 375; OLG Stuttgart OLGZ 1990, 354).

Die titulierte Verpflichtung besteht darin, Auskunft über die konkrete Verwendung von DM 76.388,18 Reparaturkosten lt. Halbjahresabrechnungen der Beklagten (Vollstreckungsschuldnerin) vom 31.01.1996, DM 479.032,97 Reparaturkosten lt. Halbjahresrechnung der Beklagten (Vollstreckungsschuldnerin) vom 31.07.1996 und DM 85.146,11 Reparaturkosten lt. Jahresabrechnung der Beklagten (Vollstreckungsschuldnerin) vom 11.06.1998 zu erteilen und die betreffenden Rechnungen, Überweisungsträger, Belege und sonstige Nachweise für die Verwendung der Kosten vorzulegen.

Die von der Vollstreckungsschuldnerin nach dem Vollstreckungstitel geschuldete Auskunft über die konkrete Verwendung der Gelder für Reparaturen ist eine Handlung, die durch einen Dritten nicht vorgenommen werden kann, und damit eine unvertretbare Handlung im Sinne von § 888 ZPO. Es entspricht allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, dass die Verpflichtung zur Auskunftserteilung regelmäßig als unvertretbare Handlung nach § 888 ZPO zu vollstrecken ist (vgl. OLG Köln, WuM 1998, 375; BayObLGZ 1988, 413, 415; OLG Frankfurt NJW-RR 1992, 171, 172; Zöller/Stöber, 25. Aufl., § 888 Rn. 3; Musielak/Lackmann, 4. Aufl., § 888 Rn. 5; MüKo/Schilken, 2. Aufl., § 880 Rn. 4; Stein/Jonas/Brehm, 22. Aufl., § 888 Rn. 5). Auch die Vorlage von Belegen als Teil des Auskunftsanspruchs ist dann als unvertretbare Handlung einzustufen (Zöller/Stöber, 25. Aufl., § 888 Rn. 3; Stein/Jonas/Brehm, 22. Aufl., § 888 Rn. 5).

Vertretbar ist eine Handlung hingegen nur, wenn sie von einem Dritten vorgenommen werden kann, ohne dass sich dadurch aus der Sicht des Gläubigers am wirtschaftlichen Erfolg und am Charakter der Leistung etwas ändert, wenn also das Erfüllungsinteresse des Gläubigers nicht dadurch berührt wird, dass die Handlung von eine Dritten statt von dem Schuldner selbst vorgenommen wird (OLG Köln, a. a. O., Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, 63. Aufl., § 887 Rn. 6; MüKo/Schilken, 2. Aufl., § 888 Rn. 4; Stein/Jonas/Brehm, 22. Aufl., § 887 Rn. 6).

Das ist hier nicht der Fall.

Der zu vollstreckende Anspruch geht nicht bloß auf Feststellung einer Abrechnung, die auch von einer dritten Person erstellt werden könnte, sondern auf Auskunftserteilung über die konkrete Verwendung der Reparaturkosten in den Abrechnungszeiträumen. Der zu vollsteckende Anspruch auf Erteilung der Auskunft verpflichtet die Vollstreckungsschuldnerin zu einer Handlung, die ausschließlich von ihrem Willen abhängig ist und durch einen Dritten nicht vorgenommen werden kann. Denn die Auskunft beinhaltet über die bloße Auswertung vorhandener Rechnungen und Belege hinaus gleichfalls die Verpflichtung, im Rahmen der Darlegung für die Vollständigkeit und Richtigkeit einzustehen. Diese Erklärung kann regelmäßig nur der Schuldner selbst, nicht aber ein vom Gläubiger beauftragter Dritter abgeben.

Dass die Erfüllung der titulierten Verpflichtung auch Handlungen einschließen kann, die, wie zum Beispiel die Auswertung von Rechnungen und Belegen, von einem Dritten vorgenommen werden könnten, führt nicht zur Anwendung des § 887 ZPO. Denn fast jede unvertretbare Handlung schließt Handlungsteile ein, bei denen sich der Schuldner der Hilfe eines Dritten bedienen könnte, die also nicht wesensnotwendig vom Schuldner vorgenommen werden müssen (OLG Köln a. a. O.). Die Vollstreckungsgläubigerin kann dann, wenn die Vornahme der Handlung durch einen Dritten der Erfüllung durch den Vollstreckungsschuldner wirtschaftlich nicht in jeder Hinsicht gleichsteht, nicht auf den Weg des § 887 ZPO verwiesen werden. Für die Vollstreckungsgläubigerin ist es in der Regel - wie auch hier - wirtschaftlich nicht gleichgültig, wer die im Vollstreckungstitel bezeichnete Abrechnung erstellt.

Ein mit der Abrechnung der Bauarbeiten beauftragter Dritter könnte zwar die ihm vorgelegten Belege auswerten, er könnte jedoch nicht versichern, dass die Ausgaben und ihre Verwendung vollständig und richtig und zutreffend veranlasst sind. Diese Erklärung kann regelmäßig nur der Schuldner selbst, nicht aber ein vom Gläubiger beauftragter Dritter abgeben. Die auf möglicherweise unvollständiger Tatsachengrundlage beruhende Auskunft eines beauftragten Dritten über die verwendeten Mittel für Reparaturarbeiten genügt zur Erfüllung des titulierten Anspruchs der Vollstreckungsgläubigerin, wegen des nicht möglichen Einstehens für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskunft, deshalb nicht.

2.

Der Erlass eines Haftbefehls ist nicht unverhältnismäßig. Der Haftbefehl stellt im Verfahren nach § 888 ZPO nur noch die Vollziehung des Zwangsmittelbeschlusses in Bezug auf die Ersatzhaft dar. Zu prüfen ist deshalb grundsätzlich allein, ob das Zwangsgeld nicht beigetrieben werden konnte. Daneben ist bei Erlass des Haftbefehls auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten, auch wenn in diesem späten Stadium der Zwangsvollstreckung strenge Maßstäbe für einen Verstoß gegen diesen Grundsatz anzulegen sind.

a)

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet es, trotz der dem Gericht zustehenden Wahl zwischen den beiden Zwangsmitteln des § 888 ZPO, die Haft solange nicht als Zwangsmittel zu verhängen, wie noch ein Zwangsgeld ausreichend erscheint, um den Willen des Vollstreckungsschuldners zu beugen. Im vorliegenden Fall wurde gegen die Vollstreckungsschuldnerin mit Beschluss vom 25.05.2005 ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 EUR und ersatzweise Zwangshaft verhängt, ohne dass diese ihrer Verpflichtung zur Auskunftserteilung nachgekommen wäre. Eine weitere Verhängung von Zwangsgeld kann nicht zum gewünschten Erfolg führen, denn das Zwangsgeld kann wegen der Insolvenz der Vollstreckungsschuldnerin nicht beigetrieben werden. Aus § 89 InsO folgt insoweit ein Vollstreckungsverbot in die Insolvenzmasse und in das sonstige Vermögen der Vollstreckungsschuldnerin.

b)

Der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses steht die Erfüllung des titulierten Anspruches nicht entgegen. Es ist zwar in jeder Lage des Vollstreckungsverfahrens zu prüfen, ob die Zwangsvollstreckung noch notwendig ist. Diese Prüfung, die im Verfahren des § 888 ZPO vorzunehmen ist, schließt zwangsläufig auch die Frage der Erfüllung mit ein (OLG Zweibrücken, JurBüro 2003, 94; OLG Bamberg FamRZ 1993, 581; OLG Hamm, NJW-RR 1987, 765, 766; OLG Stuttgart NJW-RR 1986, 1501; Bischof, NJW 1988, 1957, 1958).

Hier kommt indessen die Erfüllung des titulierten Auskunftsanspruchs bereits nach dem eigenen Vorbringen der Vollstreckungsschuldnerin im Beschwerdeverfahren nicht in Betracht. Die Vollstreckungsschuldnerin trägt nicht vor, dass sie nach Erlass der Urteils Auskunft darüber gegeben habe, wie die in den Abrechnungen genannten Mittel konkret verwendet worden seien. Eine Berufung darauf, dass die Abrechnungen vom 31.01.1996, am 31.07.1996 und am 11.06.1998 eine Erfüllung des Anspruchs aus § 666 BGB und damit auch eine Erfüllung des Auskunftsanpruches darstellten, ist nicht zulässig. Denn das Landgericht hat dies in seinem Urteil ausdrücklich verneint. Eine Überprüfung, ob die Entscheidung des Landgerichts zutreffend ist oder nicht, kann indessen im Beschwerdeverfahren nicht erfolgen.

c)

Der Erlass des Haftbefehls ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil der Vollstreckungsschuldnerin die Erteilung der Auskunft unmöglich ist. Zwar darf ein Zwangsmittel nicht angeordnet werden, wenn die Erfüllung der titulierten Verpflichtung nicht möglich ist (Thüringer OLG, OLG-NL 2002, 116; OLG Düsseldorf FamRZ 2000, 1168; OLG Hamm NJW-RR 1988, 1087, 1088; Musielak/Lackmann, 4. Aufl., § 888 Rn. 9; Thomas/Putzo, 26. Aufl., § 888 Rn. 7). Der Wortlaut der Norm "ausschließlich vom Willen des Schuldners abhängt" (§ 888 Abs. 1 Satz 1 ZPO) spricht dafür, den grundsätzlich mit der Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) geltend zu machenden Einwand der nachträglichen Unmöglichkeit im Verfahren nach § 888 ZPO zuzulassen (vgl. Musielak/Lackmann a. a. O. § 888 Rn. 9 m. w. N.). Dies muss grundsätzlich auch im Rahmen der hier gem. § 888 Abs. 1 Satz 2 ZPO auf der Grundlage der §§ 904 - 913 ZPO vorzunehmenden Vollstreckung gelten. Denn die Beschränkung der Zwangsvollstreckung auf dem Schuldner mögliche Handlungen ist auch aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten. Es wäre mit der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) unvereinbar, den Einsatz staatlicher Zwangsmittel um seiner selbst willen zuzulassen, mithin dort, wo von vornherein feststeht, dass mit dem Zwangsmittel ein irgendwie außerhalb des öffentlichen Zwangs verbleibender Erfolg nicht erreichbar ist (vgl. Thüringer OLG OLG-NL 2002, 116).

Es trifft zwar grundsätzlich zu, dass im Vollstreckungsverfahren keine Korrektur des Vollstreckungstitels hinsichtlich der ihn tragenden materiell-rechtlichen Erfordernisse vorgenommen werden kann. Dies kann aber nicht bedeuten, dass die Zwangsvollstreckung ungeachtet geänderter Tatsachengrundlagen stattfindet. Grundsätzlich sind diese zwar im Rahmen der Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) geltend zu machen, doch für den Einwand der Erfüllung und den Einwand der Unmöglichkeit der Vornahme der titulierten Handlung folgt aus dem oben Dargestellten, dass diese auch im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen des § 888 ZPO gelten.

Die Vollstreckungsschuldnerin hat vorliegend nicht ausreichend dargetan, dass ihr die Erbringung der Auskunft unmöglich sei. Ihr obliegt insoweit die Beweislast. Dabei hat der Vollstreckungsschuldner die Tatsachen, aus denen sich die Unmöglichkeit der Handlung ergibt, substantiiert und für den Vollstreckungsgläubiger nachvollziehbar darzulegen. Die Verteilung von Darlegungs- und gegebenenfalls Beweislast folgt daraus, dass der Vollstreckungsschuldner auch im Erkenntnisverfahren und bei einer Vollstreckungsabwehrklage die Darlegungslast seiner Einwendungen hätte. Etwas anderes kann auch im Rahmen des § 888 ZPO nicht gelten (vgl. OLG Hamm NJW-RR 1988, 1087).

Hinsichtlich einer nachträglichen Unmöglichkeit trägt die Vollstreckungsschuldnerin lediglich vor, dass sie über keine Mitarbeiter verfüge und sie keinerlei Erkenntnisquellen besitze. Diese pauschale Berufung auf die Unmöglichkeit ist nicht ausreichend. Die Vollstreckungsschuldnerin hat nicht im Einzelnen dargelegt, in welcher Art und Weise sie sich um die Erfüllung des Auskunftsanspruchs bemüht hat. Insbesondere hat sie nicht dargelegt, dass wegen etwaiger Unterlagen oder Kenntnisse mit dem Insolvenzverwalter oder früheren Mitarbeitern Kontakt aufgenommen worden sei. Die Kontaktaufnahme bzgl. der früheren Geschäftsführer kann nicht zu einer nachträglichen Unmöglichkeit führen, da sie nach dem Vortrag der Vollstreckungsschuldnerin vor Erlass des Urteils stattgefunden hat. Aber selbst dies außer Betracht lassend, genügt der Vortrag nicht, um sich auf die Unmöglichkeit zu berufen. Es wurde weder ein Beweis für die Angaben angeboten, noch wurden Ort und Zeit näher dargelegt. Beruft sich der zur Auskunftserteilung verurteilte Vollstreckungsschuldner aber darauf, er könne die Auskunft nur mit Hilfe eines Dritten erfüllen, dieser lasse es jedoch an der erforderlichen Mitwirkung fehlen und sei dazu weder bereit noch verpflichtet, hat der Vollstreckungsschuldner substantiiert darzulegen, welche Bemühungen er unternommen hat, um die Mitwirkung des Dritten zu erlangen (OLG Köln OLGR Köln 1995, 29; OLG Köln WuM 1998, 375; OLG Frankfurt NJW-RR 1992, 171, 172). Allein ein Anruf bei den früheren Geschäftsführern kann dafür nicht ausreichen. Vielmehr hätte die Vollstreckungsschuldnerin weitere Anstrengungen unternehmen müssen. Ein nochmaliges Herantreten an die ehemaligen Geschäftsführer K., T. und B. wäre gerade im Hinblick auf die Verurteilung notwendig gewesen. Gegebenenfalls muss der Auskunftspflichtige auch Klage gegen den Dritten einreichen (Zöller/Stöber, a. a. O., § 888 Rn. 2).

Die Vollstreckungsschuldnerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass der jetzige Geschäftsführer H. nicht den Vertrag in seiner Mitarbeiterzeit betreut habe und diesen 2002 quasi nur noch abgewickelt habe. Ein Geschäftsführer hat auch über vor seiner Bestellung geschehene Vorgänge Auskunft zu erteilen. Zumindest kann er sich nicht pauschal darauf berufen, dass er keine eigenen Kenntnisse besitzte. Denn es ist ihm unschwer durch Einblick in Unterlagen oder Befragung von Mitarbeitern, auch ehemaligen Mitarbeitern, möglich und zumutbar, sich diese Kenntnisse zu verschaffen. Die Vollstreckungsschuldnerin hat auch zumindest nicht bewiesen, dass die Unterlagen bereits 2002 vollständig an die Vollstreckungsgläubigerin übergeben worden sind. Auch im Übrigen wurde nicht dargelegt, welche Bemühungen im Hinblick auf die aufgezeigten Erkenntnisquellen durch die Vollstreckungsschuldnerin vorgenommen wurden.

d)

Schließlich unterliegt auch die Dauer der angeordneten Haft im Hinblick auf die von der Vollstreckungsschuldnerin gezeigte Hartnäckigkeit bzgl. der Verweigerung der Erfüllung des titulierten Anspruchs der Vollstreckungsgläubigerin keinen Bedenken.

3.

Der Zwangsvollstreckung steht auch nicht entgegen, dass das Erkenntnisverfahren fehlerhaft nicht gem. § 240 ZPO unterbrochen worden ist und deshalb eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil nicht statthaft wäre (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 63. Aufl., § 240 Rz. 14). Zwar ist die Insolvenzmasse auch betroffen bei Prozessen über nur vorbereitende Ansprüche (Auskunft, Rechnungslegung), falls der im Hintergrund stehende Geldanspruch zur Masse gehört (MüKo-ZPO, Feiber, 2. Aufl., § 240 ZPO Rz. 11; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 240 Rz. 12).

Das lässt sich indessen hier nicht feststellen. Es liegen keinerlei Hinweise darauf vor, dass die Klägerin beabsichtigt, die insolvente Beklagte in Anspruch zu nehmen. Es erscheint auch nachvollziehbar, dass die Klägerin - als Gemeinde - über bloße Regressansprüche hinaus ein Interesses an der Aufklärung der Verwendung von Geldern hat.

4.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beruht auf der Grundlage des geschätzten Interesses der Vollstreckungsschuldnerin an der Aufhebung der Haft , §§ 63 Abs. 2 GKG, 48 GKG, 3 ZPO. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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