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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Urteil verkündet am 20.07.2006
Aktenzeichen: 7 U 117/04
Rechtsgebiete: DÜG, BGB, ZPO


Vorschriften:

DÜG § 1
BGB § 249 Abs. 1
BGB § 252
BGB § 252 S. 1
BGB § 252 S. 2
BGB § 254 Abs. 1
BGB § 254 Abs. 2
BGB § 286 Abs. 2 Nr. 1 n.F.
BGB § 286 Abs. 2 Nr. 2 n.F.
BGB § 288 Abs. 1 S. 1
BGB § 288 Abs. 2
BGB § 823
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 831 Abs. 1
BGB § 906
BGB § 906 Abs. 1
BGB § 906 Abs. 2
BGB § 906 Abs. 2 S. 1
ZPO §§ 91 f.
ZPO §§ 103 f.
ZPO § 287
ZPO § 522 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

7 U 117/04

Verkündet am: 20.07.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. J., die Richterin am Oberlandesgericht E. und den Richter am Amtsgericht Dr. W.

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27.04.2006

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Landgerichts Stralsund vom 22.09.2004 abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit 5.768,23 EUR nebst 8 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 1 des DÜG seit dem 08.01.2002 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben zu tragen die Beklagte 1/3, die Kläger 2/3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Kläger nehmen als Betreiber von ökologischem Landbau die Beklagte, die in konventioneller Weise Ackerflächen bewirtschaftet, auf Ausgleich von Schäden in Anspruch, die ihnen durch die Feststellung von Rückständen ausgebrachter Herbizide entstanden sein sollen. Den Klägern war im Herbst 2001 für die Dauer ca. eines Monats ein Vermarktungsverbot für Bio-Produkte erteilt worden. Sie beanspruchen den Ausgleich entgangenen Gewinns, der Kosten für Probenanalysen und der Anschaffung neutraler Tüten sowie die Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren.

Die Kläger hatten auf von ihnen bewirtschafteten Flächen im Sommer 2001 Gemüse und Kartoffeln angebaut; die Beklagte auf ihren benachbarten Feldern Raps. Auf diesen Feldern brachte die Beklagte am 25./26.08.2001 die Pflanzenschutzmittel Nimbus und Brasan aus; diese enthalten den Wirkstoff Clomazone. Die Herstellerfirma von Brasan hatte Hinweise für den sicheren Umgang mit dem Pflanzenschutzmittel am 29.06.2001 auf der Grundlage von Festlegungen der biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft herausgegeben.

Die Kläger beobachteten um den 20.09.2001 auf von ihnen bewirtschafteten Flächen Verfärbungen bei Indikatorpflanzen den sog. "Bleaching Effect".

Anlässlich einer am 20.09.2001 mit Mitarbeitern des Landespflanzenschutzamtes durchgeführten Begehung wurde vermutet, dass es sich bei den gelb bis weißen Pflanzenverfärbungen um einen Clomazoneschaden handeln könne. In einem Begehungsprotokoll - Anlage K4 - wurde festgestellt, dass ein Verstoß der Beklagten gegen die Anwendungsbestimmungen und die gute fachliche Praxis nicht festzustellen sei. In einem Schreiben des Landespflanzenschutzamtes vom 29.10.2001 - Anlage K5 - wurde als Ursache für den festgestellten "Bleaching Effect" eine "mögliche Verfrachtung" aus der Behandlung von Rapsschlägen durch die Beklagte "vermutet".

Ab dem 20.09.2001 stoppten die Kläger wegen des Kontaminationsverdachtes ihrer Produkte den Verkauf im ... Naturkostladen und verkauften ab dem 21.09.2001 auch auf dem ökologischen Bauernmarkt in ... keine Produkte mehr. Nachdem sie den Kontrollverband ... GmbH von dem Vorfall unterrichtet hatten und dieser am 26.09.2001 je 5 Boden- und Pflanzenproben entnommen hatte, untersagte dieser am 28.09.2001 schriftlich die ökologische Vermarktung der Produkte der Kläger unter Bezugnahme auf ein Schreiben des Landwirtschaftsministeriums Mecklenburg-Vorpommern an das Amt für Landwirtschaft ... vom 27.09.2001. Mit Schreiben vom 02.10.2001 begrenzte der Kontrollverband das Vermarktungsverbot auf im Zeitraum zwischen dem 25.08. bis 30.11.2001 geerntete Produkte. Das Vermarktungsverbot wurde am 30.10.2001 ganz aufgehoben; am 05.10.2001 und 08.12.2001 teilte der Kontrollverband mit, dass in 5 Bodenproben sowie einer Pflanzenprobe der Wirkstoff Clomazone nicht bestimmbar, d.h., über der Bestimmungsgrenze von 0,01 mg/kg nicht feststellbar sei.

Die Kläger haben die Beklagte unter Fristsetzung zum 07.01.2001 vergeblich aufgefordert, an sie 26.338,46 DM zu zahlen. Sie haben vorgetragen, die Beklagte habe die auf dem Wirkstoff Clomazone beruhenden Verfärbungen an den Indikatorpflanzen verursacht, weil sie Aufbringungshinweise nicht beachtet habe. Nur die Beklagte habe im Umkreis von mehreren Kilometern Clomazone enthaltende Herbizide verwendet. Sie haben die Ansicht vertreten, bereits der Verdacht einer Kontamination reiche aus, einen Schadensersatzanspruch gem. § 823 BGB zu begründen. Das Bestehen dieses Verdachtes führe zu einer Beweislastumkehr. Die Beklagte habe daher das Fehlen eines Verschuldens nachzuweisen.

Die Kläger haben beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger in ihrer gesamthänderischen Verbundenschaft 17.399,69 EUR nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 08.01.2002 zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Sie hat vorgetragen, eine mögliche Abdrift des Wirkstoffs Clomazone könne auch von anderen Rapsfeldern erfolgt sein. Die Schadensersatzforderung hat sie dem Grunde und der Höhe nach bestritten.

Das Landgericht hat mit am 22.09.2004 verkündetem Urteil die Klage abgewiesen. Schadensersatzansprüche bestünden weder aus § 823 Abs. 1 BGB noch aus § 906 BGB. Eine tatsächliche Kontamination von Nutzpflanzen sei durch die Kläger nicht dargelegt worden. Die Bodenproben hätten einen über der Bestimmungsgrenze liegenden Wert nicht ergeben. Auf die bloße Vermutung einer Kontamination könne eine Rechtsgutverletzung i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB nicht gestützt werden. Soweit eine Eigentumsverletzung angenommen werden könne, weil die bestimmungsgemäße Verwertung der im Eigentum der Kläger stehenden Pflanzen beeinträchtigt gewesen sei, fehle es an einer der Beklagten zurechenbaren Verletzungshandlung. Es hätte den Klägern oblegen, Sorgfaltspflichtverstöße der Beklagten darzulegen. Eine Beweislastumkehr käme bereits mangels Feststellung einer objektiv tatsächlich vorhandenen Kontamination nicht in Betracht. Ein Anspruch gem. § 906 Abs. 2 BGB analog bestehe nicht, weil mangels Nachweises des Wirkstoffes Clomazone in einer der Pflanzen- oder Bodenproben nicht von einer wesentlichen Beeinträchtigung ausgegangen werden könne. Auch in diesem Zusammenhang könne der bloße Verdacht einer Kontamination nicht genügen. Im Übrigen handele es sich bei dem durch den Kontrollverband ausgesprochenen Verwertungsverbot um einen mittelbaren, durch § 906 Abs. 2 BGB nicht erfassten Schaden.

Gegen das ihnen am 22.09.2004 zugestellte Urteil haben die Kläger am 28.09.2004 Berufung eingelegt und diese am Montag, den 29.11.2004, fristgerecht begründet.

Die Kläger tragen vor, dass entgegen der Ansicht des Landgerichtes § 823 Abs. 1 BGB keine Substanzverletzung voraussetze, sondern dass eine sonstige Beeinträchtigung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs einer Sache zur Verwirklichung des Tatbestandes ausreiche. Auch wenn die dem Rechtsstreit zugrunde liegende Problematik höchstrichterlich noch nicht entschieden sei, könne der Rechtsprechung des BGH eine Tendenz entnommen werden, nach der der auf konkrete Anhaltspunkte gestützte Verdacht einer Substanzverletzung einer tatsächlichen Substanzverletzung gleichgesetzt werden könne. Zum Vorliegen eines konkreten Anhaltspunktes für eine Kontamination ihrer Flächen durch die auf den benachbarten Flächen aufgebrachten Herbizide hätten sie hinreichend konkret vorgetragen. Die Bodenprobe 6 des Gutachtens des Institutes Fresenius (Anlage B 2) sei auf der Gemüsefläche der Kläger - gem. Anlage K 1 "1" gekennzeichnet - gezogen worden, die von den von der Beklagten behandelten Flächen "2" und "3" eingegrenzt werde. Hinsichtlich des Verschuldens der Beklagten fordere das Landgericht bei Annahme einer bei ihnen liegenden Darlegungs- und Beweislast Unmögliches. Bereits erstinstanzlich hätten sie dargelegt, dass sie faktisch rechtlos gestellt würden, wenn nicht eine Beweislastumkehr zu ihren Gunsten angenommen werde.

Auch für die Frage der "wesentlichen Beeinträchtigung" gem. § 906 Abs. 2 BGB analog reiche die von der Beklagten ausgehende tatsächliche - unter dem Grenzwert liegende - Kontamination bzw. der konkrete Verdacht einer solchen aus. Das Verwertungsverbot, beruhend auf den strengen Richtlinien des ökologischen Landbaus, sei adäquat - kausale Folge der Kontamination bzw. des Verdachts derselben.

Die Kläger beantragen unter Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung gemäß dem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen.

Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil und verweist nochmals darauf, dass die für die Ausbringung der Herbizide geltenden Anwendungsbestimmungen und die gute fachliche Praxis eingehalten worden seien, so dass es an der Kausalität zwischen Handlung und eingetretener Rechtsgutverletzung fehle. Auch seien nur sogenannte Indikatorpflanzen, nicht jedoch das angebaute Gemüse belastet gewesen. Unstreitig seien in keiner Probe Schadstoffe oberhalb der zulässigen Grenzwerte festgestellt worden.

Der Senat hat aufgrund der Stellungnahme der Kläger zu seinem gem. § 522 Abs. 2 ZPO ergangenem Hinweisschreiben vom 10.02.2005 die Sache terminiert und aufgrund des auf die mündliche Verhandlung vom 19.07.2005 verkündeten Hinweis- und Beweisbeschlusses ein Gutachten des Sachverständigen ... eingeholt, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird. Der Sachverständige hat sein Gutachten in der mündlichen Verhandlung vom 27.04.2006 erläutert und ergänzt. Ferner hat der Senat ergänzend Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen ... und ....

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst der darin bezeichneten Anlagen Bezug genommen, im Übrigen auf die Terminsprotokolle der mündlichen Verhandlungen.

II.

Die zulässige Berufung hat zum Teil Erfolg; die Kläger können von der Beklagten teilweise Ersatz des von ihnen geltend gemachten Schadens verlangen.

1.

Der Schadensersatzanspruch steht den Klägern nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme dem Grunde nach aus § 823 Abs. 1 BGB, aber auch subsidiär aus § 906 Abs. 2 BGB analog zu.

a.

Der Senat bejaht eine Eigentumsverletzung i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB. Eigentumsverletzung i.S.d. Vorschrift bedeutet eine derartige Einwirkung auf die Sache, dass ein adäquater Schaden eintritt, insbesondere durch Substanzverletzung, aber auch durch Entziehung der Sache, gleichgültig, ob durch tatsächliche Einwirkung oder rechtliche Verfügung, insbesondere, wenn die Sache ihrem bestimmungsgemäßen Gebrauch entzogen wird (vgl. Palandt/Sprau BGB, 65. Aufl., § 823 Rn. 7 m.w.N.; BGH, Urt. v. 18.11.2003, VI ZR 385/02, NJW 2004, 356 m.w.N.). Hier sind unstreitig die sog. Indikatorpflanzen - Vogelmiere, Taubnessel und Ampfer - in ihrem natürlichen Wachstum nachteilig beeinflusst worden dadurch, dass sie auf den Wirkstoff Clomazone mit einer Chlorophyllaufhellung, dem sog. "Bleaching Effect" reagiert haben. Dass es sich bei den an den Indikatorpflanzen festgestellten Verfärbungen um einen auf der Einwirkung von Clomazone beruhenden "Bleaching Effect" handelt, hält der Senat aufgrund der Aussage des sachverständigen Zeugen ..., der die Anbauflächen des Klägers am 20.09.2001 begutachtete und das Ergebnis seiner Feststellungen im Protokoll vom 20.09.2001 festhielt, und der Angaben des Sachverständigen ... für erwiesen. Zum einen verfügt der Zeuge ... aufgrund seiner Tätigkeit beim Landespflanzenschutzamt Mecklenburg-Vorpommern über die nötige Sachkunde, die von ihm festgestellten Verfärbungen einordnen und als deren Ursache einen Clomazoneschaden vermuten zu können. Zum anderen hat der Sachverständige ... bereits in seinem schriftlichen Gutachten nachvollziehbar ausgeführt, dass besonders empfindliche Pflanzen auch bei Verlagerungen von Clomazonemengen in molekularen Bereichen mit der beobachteten Chlorophyllaufhellung reagieren, auch wenn ein analytischer Nachweis in Boden- und Pflanzenproben - wie hier - nicht möglich ist. Die festgestellten Störungen des organischen Wachstums der Indikatorpflanzen stellen somit eine Eigentumsverletzung dar (vgl. BGH, Beschluss v. 16.02.1993 - VI ZR 252/92 - NJW-RR 1993, 793).

Darüber hinaus nimmt der Senat trotz der negativen Analysewerte der von den Klägern gezogenen Nutzpflanzen auch insoweit eine Verletzung des Eigentums aus § 823 Abs. 1 BGB an. Die Verletzung des Eigentums an einer Sache kann nach der Rechtsprechung des BGH nicht nur durch eine Beeinträchtigung der Sachsubstanz, sondern auch durch eine Einwirkung auf die Nutzungs- und Verkaufsfähigkeit der Sache erfolgen. So hat der BGH eine Eigentumsverletzung darin gesehen, dass mit Antibiotikum kontaminiertes Fischfutter geliefert und verfüttert wurde und daraufhin gegen den Fischzüchter ein behördliches Verkaufsverbot auch für diejenigen Fische verhängt wurde, an die das kontaminierte Fischfutter nicht verfüttert wurde (BGH, Urt. v. 25.10.1988, VI ZR 344/97, BGHZ 105, 346). Auch hat er es als ausreichend für eine Eigentumsverletzung angesehen, wenn Wein durch einen Korkenmangel in seiner Beschaffenheit nachteilig beeinflusst worden ist, wobei es nicht erforderlich sei, dass der Wein ungenießbar geworden sei (BGH, Urt. v. 21.11.1989, VI ZR 350/88, NJW 1990, 908). Der Senat sieht im Hinblick auf die heutige Bedeutung des ökologischen Landbaus und der Verbrauchererwartungen betreffend sog. "Bio"-Produkte und insbesondere aufgrund der Erläuterungen des Sachverständigen ... den Klägervortrag für erwiesen an, wonach bereits eine mögliche Verunreinigung der gezogenen Gemüsepflanzen mit im Öko-Anbau nicht zugelassenen Pflanzenschutzmitteln ausreicht, der Ware das BIO-Siegel abzuerkennen und bis zur Klärung des Befundes ein Verbot der Vermarktung durch die Kontrollstelle, hier des Kontrollverbandes für den ökologischen Landbau, der ... GmbH, ..., auszulösen. Der Senat sieht es aufgrund der nachvollziehbaren und durch den Sachverständigen bestätigten Angaben des Klägers auch für erwiesen an, dass die unter dem Verdacht einer Kontamination stehenden landwirtschaftlichen Erzeugnisse nicht anderweitig vermarktet werden konnten. Bereits der Verlust des BIO-Siegels für diese Produkte stellt eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung dar, wodurch das Eigentumsrecht der Kläger nicht lediglich unwesentlich gestört ist (vgl. Staudinger BGB 1999, § 823 Abschnitt B, B 97 m.w.N.).

b.

Die festgestellten Verfärbungen der Indikatorpflanzen und damit die Eigentumsverletzung i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB sind nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme darauf zurückzuführen , dass die Beklagte am 25./26.08.2001 den zur Bekämpfung von Ungräsern und Unkräutern in Winterraps zugelassenen Wirkstoff Clomazone mit 33,3 g/l bzw. 40 g/l der Herbizide NIMBUS bzw. BRASAN, wie vom Sachverständigen angegeben, auf ihren Rapsschlägen ausgebracht hat.

Die Beklagte hat zugestanden, auf den dem Feld 1 der Kläger benachbarten Flächen 2 u. 3 sowie auf dem dem mit 2 Gewächshäusern bebauten Feld 4 der Kläger benachbarten Feld 5 (Bezeichnung gem. Anlage K1) am 25./26.08.2001 die Pflanzenschutzmittel NIMBUS und BRASAN gespritzt zu haben. Soweit sie pauschal vorgetragen hat, die an den Pflanzen der Kläger festgestellten Verfärbungen könnten auch durch die Bearbeitung anderer Flächen mit den genannten Herbiziden durch Dritte verursacht worden sein, hält dies der Senat aufgrund der Bekundungen des Sachverständigen mit der für eine sichere Überzeugungsbildung hinreichenden sehr hohen Wahrscheinlichkeit für ausgeschlossen. Der Sachverständige hat bereits in seinem schriftlichen Gutachten ausgeführt, dass für das Sichtbarwerden des sog. "Bleaching Effects" gewisse Konzentrationen erforderlich seien, die mit zunehmenden Abstand durch den Verdünnungseffekt immer geringer würden. Da Symptome lediglich bis zu einer Entfernung von 200 m bekannt seien, könne mit Sicherheit anzunehmen sein, dass der Wirkstoff Clomazone nicht von weit entfernten Feldern stamme, wo u.U. Dritte Herbizide ausgebracht haben könnten. Dies hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung dahingehend erläutert, dass Syptome auch noch in einer größeren Entfernung auftreten könnten, dass jedoch die Wahrscheinlichkeit, dass der Schaden von der nächstliegenden Fläche komme, umso größer einzuschätzen sei, je größer der Schaden sei. Für ihn sei es daher ziemlich klar, dass es keine alternativen Schadensquellen für den streitgegenständlichen Clomazoneschaden gegeben habe. Dass die Spritzarbeiten der Beklagten allein schadensursächlich waren, nimmt der Senat insbesondere auch deshalb an, weil die beieinander liegenden Flächen 1 der Kläger und 2 und 3 der Beklagten teilweise von Wald und auch der Ortschaft begrenzt werden, so dass weitere Ackerflächen erst in größerer Entfernung liegen. Zudem hat die Beklagte lediglich pauschal darauf verwiesen, dass in der Umgebung weitere Flächen mit Raps bestellt gewesen seien.

Angesichts der aufgezeigten, für ein schadensursächliches Verhalten der Beklagten sprechenden Umstände, ist der lediglich pauschale Hinweis auf eine mögliche Verursachung durch Dritte nicht ausreichend. Der Senat verkennt insoweit nicht, dass ein substantiiertes Bestreiten vom Prozessgegner nur gefordert werden kann, wenn der Beweis dem Behauptenden nicht möglich oder nicht zumutbar ist, während der Bestreitende alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm zumutbar ist, nähere Angaben zu machen, was insbesondere dann anzunehmen ist, wenn eine darlegungspflichtige Partei außerhalb des von ihr vorzutragenden Geschehensablaufes steht und keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen besitzt (vgl. BGH, Urt. v. 19.04.1999, II ZR 331/97, NJW-RR 1999, 1152; BGH, Urt. v. 07.12.1998, II ZR 266/97, BGHZ 140, 156 f. jeweils m.w.N.). Darum geht es hier aber angesichts der festgestellten Indizien nicht. Es wäre daher Sache der Beklagten gewesen, durch konkrete Bezeichnung anderer, fremder Rapsschläge alternative Schadensquellen aufzuzeigen.

c.

Die Beklagte hat auch widerrechtlich i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB gehandelt. Die Verletzung eines nach § 823 BGB geschützten Rechtsgutes ist grundsätzlich rechtswidrig, wenn nicht ein Rechtfertigungsgrund besteht. Geht es - wie hier - um das Verhältnis zwischen Grundstücksnachbarn, so sind die nachbarrechtlichen Sonderbestimmungen der §§ 906 f. BGB in dem davon erfassten Regelungsbereich maßgebend dafür, ob die von dem einen auf das andere Grundstück ausgehenden Einwirkungen rechtswidrig sind; diese Bestimmungen entscheiden darüber, ob eine widerrechtliche deliktische Handlung gemäß § 823 BGB vorliegt oder nicht (vgl. BGH, Urt. v. 02.03.1984, V ZR 54/83, BGHZ 90, 255; BGH, Urt. v. 18.09.1984, VI ZR 223/82, BGHZ 92, 143, jeweils m.w.N.). Beurteilungsmaßstab ist daher hier § 906 BGB, der die Voraussetzungen regelt, unter denen ein Grundstückseigentümer die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen oder "ähnlichen Einwirkungen" dulden muss. "Ähnliche Einwirkungen" sind nach der Rechtsprechung des BGH solche, die den in dieser Vorschrift genannten Beispielen vergleichbar sind, also unwägbare, im Allgemeinen sinnlich wahrnehmbare Immissionen, welche auf natürlichem Wege zugeleitet werden, wozu insbesondere auch chemische Pflanzenschutzmittel gehören, die auf einem Grundstück versprüht werden und dann durch den Wind oder durch ähnliche Ursachen auf das Nachbargrundstück gelangen. Dabei ist die Art der Zuführung auf das Nachbargrundstück für die Anwendung des § 906 BGB bedeutungslos. Die Anwendung des § 906 BGB kommt hier auch insbesondere deshalb in Betracht, weil die Bestimmung voraussetzt, dass naturgegebene Vorgänge die Zuführung bewirken, es sich insbesondere um Immissionen handelt, die sich durch die Luft - wie u.a. Gase u. Dämpfe - oder als Folge physikalischer Wirkungen - wie Wärme - verbreiten (vgl. BGH, Urt. v. 02.03.1984, V ZR 54/83, BGHZ 90, 255).

Wird daher durch den Gebrauch eines chemischen Unkrautvernichtungsmittels ein Nachbargrundstück kontaminiert, so beurteilt sich nach § 906 BGB, ob der durch die Einwirkung betroffene Grundstücksnachbar die Beeinträchtigung seines Eigentums dulden muss. Nach § 906 Abs. 1 BGB muss der Eigentümer eine vom Nachbargrundstück ausgehende Immissionseinwirkung dulden, wenn sie die Benutzung seines Grundstücks nur unwesentlich beeinträchtigt. Die Frage, ob die Benutzung eines Grundstücks wesentlich oder nur unwesentlich beeinträchtigt ist, hängt allein davon ab, in welchem Ausmaß die Benutzung nach der tatsächlichen Zweckbestimmung des Grundstücks gestört wird. Es kommt insoweit nicht darauf an, ob der biologische Landbau der Kläger im Unterschied zur konventionellen Landwirtschaft besonders störanfällig ist. Die Kläger dürfen ihr Eigentum grundsätzlich nach eigenem Belieben nutzen und brauchen sich nicht auf eine Art des Anbaues zu beschränken, die den Einwirkungen des Herbizides standgehalten hätte (vgl. BGH, Urt. v. 02.03.1984, V ZR 54/93 a.a.O.). Diese aus ihrem Eigentumsrecht resultierende Befugnis der Kläger, sich in der Nachbarschaft herkömmlich bewirtschafteter landwirtschaftlicher Flächen für eine ökologische landwirtschaftliche Nutzung zu entscheiden, wird grundsätzlich auch nicht dadurch eingeschränkt, dass die Kläger ihren Betrieb erst "neu" angesiedelt haben. Können die Kläger aber ihre Produkte wegen des Verdachtes einer Kontamination mit Pflanzenschutzmitteln nicht gemäß der Zielausrichtung ihres Betriebes vermarkten, liegt eine nicht nur unwesentliche Beeinträchtigung vor.

Die Kläger wären gemäß § 906 Abs. 2 S. 1 BGB zu einer Duldung dieser Beeinträchtigung nur dann verpflichtet, wenn sich die Beeinträchtigung als Folge einer ortsüblichen Benutzung des Grundbesitzes der Beklagten darstellte und von ihr nicht durch wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen verhindert werden könnte. Unzweifelhaft steht auch der Beklagten als Eigentümerin oder Besitzerin der von ihr bewirtschafteten landwirtschaftlichen Flächen das Recht zu, diese Flächen in konventioneller Weise zu bewirtschaften und Rapsflächen mit zugelassenen Unkrautvernichtungsmitteln in landwirtschaftlich üblicher Weise zu spritzen. Dabei hat sie aber eine Schädigung benachbarter Flächen durch entsprechende Vorkehrungen, insbesondere durch das Einhalten der guten fachlichen Praxis zu verhindern.

Die Beweislast dafür, dass sich die von ihrem Grundstück ausgehenden Immissionen im Rahmen der ortsüblichen Benutzung der landwirtschaftlichen Flächen gehalten haben und dass sie alle ihr wirtschaftlich zumutbaren Vorkehrungen getroffen hat, um eine Schädigung der benachbarten Anbauflächen der Kläger zu verhindern, trägt die Beklagte, weil die allgemeinen Grundsätze der Verteilung der Beweislast im Rahmen von deliktischen Schadensersatzansprüchen hinsichtlich der Rechtswidrigkeit und des Verschuldens nicht eingreifen. Gemäß § 906 Abs. 2 S. 1 BGB kann sich ein betroffener Nachbar gegen eine Immission nicht wehren, wenn der Emmitent sich im Rahmen einer ortsüblichen Benutzung seines Grundstücks verhält. Auch in diesem Fall hat der Emmitent aber Maßnahmen zur Verhinderung derartiger Belastungen zu treffen, die technisch möglich und einem durchschnittlichen Besitzer dieser Immissionsquelle wirtschaftlich zumutbar sind. Das Gesetz legt dem Emmitenten die Darlegungs- und Beweislast dafür auf, dass die schädlichen Immissionen auf einer ortsüblichen Benutzung des emmitierenden Grundstücks beruhen und durch mögliche und wirtschaftlich zumutbaren Maßnahmen nicht verhindert werden können (vgl. BGH, Urt. v. 18.09.1984, VI ZR 223/82, BGHZ 92, 143 m.w.N.).

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme beruhten die schädlichen Immissionen zwar auf einer ortsüblichen Spritzung der konventionell bestellten Rapsfelder mit den genannten Herbiziden, jedoch stellt sich die clomazonebedingte Beeinträchtigung der Bio-Flächen der Kläger hier nicht als unvermeidbar dar. Nach den Ausführungen des Sachverständigen in seinem schriftlichen Gutachten (S. 4) hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) spezielle Anwendungshinweise im Umgang mit dem in den Herbiziden NIMBUS und BRASAN enthaltenen, zugelassenen Wirkstoff Clomazone festgesetzt, weil bei höheren Luft- und Bodentemperaturen und geringer Bodenfeuchtigkeit mit einer höheren Verflüchtigung des unter Berücksichtigung eines Dampfdruckes von 1,92 x 10-² als halbflüchtig eingestuften Wirkstoffes zu rechnen sei und die Bedingungen für das Auftreten derartiger Verflüchtigungen oftmals vorhanden seien, weil die Anwendung häufig in einem sehr engen Zeitfenster mit eben solchen Witterungsbedingungen durchgeführt werde. Um "Bleaching Effecte" sowohl für "Nichtzielpflanzen" als auch für Kulturpflanzen soweit möglich zu reduzieren, ist danach die Anwendung des Mittels bei zu erwartenden Tageshöchsttemperaturen von mehr als 25° C auf einen Zeitraum vor einer längeren abendlichen Abkühlungsperiode mit Temperaturen unter 25° C am Anwendungsort zu verlegen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat die Beklagte gegen diese Anwendungsbestimmungen verstoßen.

Die Beklagte hat bereits mit der Klageerwiderung zugestanden, die Spritzarbeiten am 25.08.2001 auf Feld 18 mit 2,5 l/ha Nimbus in der Zeit zwischen 8.00 und 10.00 Uhr und anschließend auf Feld 20 mit 2,0 l/ha Brasan in der Zeit zwischen 10.00 und 11.00 Uhr und im Übrigen am gleichen Tag zuvor auf Feld 19 mit 2,5 l/ha Nimbus zwischen 5.00 und 8.00 Uhr und am darauffolgenden 26.08.2001 auf Feld 19 mit 2,5 l/ha Nimbus zwischen 6.00 und 8.30 Uhr durchgeführt zu haben. Damit hat die Beklagte aber die Spritzarbeiten an keinem dieser Tage in den späten Abendstunden ab 20.00 Uhr durchgeführt; Feld 20 hat sie sogar erst ab 10.00 Uhr für eine Stunde bis kurz vor der Mittagszeit behandelt. Eine Spritzung erst in den Abendstunden wäre aber erforderlich gewesen im Hinblick auf den unbestritten gebliebenen Vortrag der Kläger, wonach aufgrund der Wettervorhersage an den genannten Tagen mit Tageshöchsttemperaturen über 25° C zu rechnen gewesen sei, auch wenn nach den in dem Protokoll des Landespflanzenschutzamtes vom 20.09.2001 mitgeteilten Wetterdaten die Temperatur von 25° C am 25.08.2001 nicht und am 26.08.2001 erst ab 12.00 Uhr überschritten worden sei, um sodann gegen 16.00 Uhr den Höchstwert von 27,5° C zu erreichen. Soweit diese Wetterdaten den Vortrag der Beklagten, sie habe die Spritzarbeiten nicht bei Temperaturen über 25° C ausgeführt, zu belegen scheinen, vermag dies die Beklagte dennoch nicht zu entlasten. Nach den Ausführungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung kann es bei hohen Temperaturen, zumal in Verbindung mit einem Gewitterregen, in einem Zeitfenster von ungefähr 2 - 4 Stunden nach Ausbringen des Herbizides zu Ausgasungen von Clomazone kommen. Um derartiges zu vermeiden seien Spritzarbeiten entsprechend den Anwendungsempfehlungen in den späten Abendstunden, d.h. ab 20.00 Uhr, durchzuführen. Dies wäre hier der allein sichere Weg gewesen. Dass es am 25.08.2001 an der Wetterstation bei Temperaturen unter 25° C geblieben ist, war für die Beklagte angesichts der Wettervorhersagen nicht abzusehen. Zudem kann nach Auffassung des Senats mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass der Grenzwert von 25° C, ab dem ein thermisches Ausgasen ermöglicht wird, auf den Anwendungsflächen infolge Sonneneinstrahlung an beiden Tage überschritten worden ist. Es ist nämlich nach allgemeiner Lebenserfahrung sicher, dass auf sonnenbestrahlten Flächen erheblich höhere Temperaturen, als von amtlichen Wetterstationen im Schatten für die Luft gemessen, erzielt werden. Dass sich keine höheren Temperaturen als 25° C auf den behandelten Anbauflächen in einem Zeitfenster von bis zu 4 Stunden nach Ausbringen der Herbizide entwickelt haben, hat die Beklagte auch nicht plausibel dargetan. Dies kann sie mit der von dem Zeugen ... geschilderten Methode der Temperaturmessung auch nicht. Das Thermometer befindet sich nach seinen Angaben im landwirtschaftlichen Betrieb an der Wasserentnahmestelle und liegt nach seiner ersten, spontanen Beschreibung im Schatten. Dies hat der Zeuge zwar noch dahingehend zu korrigieren versucht, dass die Wasserabgabestelle morgens noch im Sonneneinstrahlungsbereich liege und erst um 11.30 Uhr Schatten auf den Temperaturmesser falle. Letztlich hat der Zeuge geäußert, dass er dies aber nicht genau sagen könne. Unabhängig aber davon, ob der Temperaturmesser ständig im Schatten liegt, ist er jedenfalls ungeeignet, zur hinreichend sicheren Einschätzung der Temperaturen auf den Anwendungsflächen bei kritischen Wetterlagen dienen zu können. Eine Überprüfung der Temperaturen an Ort und Stelle hält der Senat im Hinblick auf die den Anwender von Herbiziden treffenden Sorgfaltspflichten unzweifelhaft für zumutbar, weil eine solche Messung ohnehin nur an wenigen Tagen im Jahr erforderlich werden kann. Ebenso hält er es für zumutbar, bei kritischen Wetterlagen das Ausbringen von Herbiziden ausschließlich vor Beginn der längeren nächtlichen Abkühlungsphase in den späten Abendstunden durchzuführen. Hierin sieht der Senat insbesondere auch keine nachhaltige Beschränkung der konventionellen Nutzung von landwirtschaftlichen Flächen, zumal eine Bewirtschaftung in den späten Abend- oder sogar Nachtstunden, zumal während der Erntezeit, den in der Landwirtschaft üblichen Gepflogenheiten nicht fremd ist.

Nach alledem kann dahingestellt bleiben, ob ein Ausgasen hier zusätzlich noch durch den von den Klägern behaupteten Gewitterregen gefördert worden ist und dass die von der Beklagten von dem Deutschen Wetterdienst eingeholte Auskunft vom 08.05.2006 für die 5 km entfernte Niederschlagsmessstelle Zemitz, an der am 25./26.08. kein Niederschlag festgestellt wurde, nicht aussagekräftig ist, weil es allgemeiner Lebenserfahrung entspricht, dass gerade Gewitterregen regional äußerst begrenzt auftreten können.

d.

Ist es damit der Beklagten grundsätzlich nicht gelungen, darzulegen und nachzuweisen, dass sie ihr zumutbare Vorkehrungen getroffen hatte, um eine Schädigung der Bioanbauflächen der Kläger zu verhindern, kommt es auf die Frage an, ob die Beklagte die Beeinträchtigung der Pflanzen und Produkte der Kläger verschuldet hat i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB. Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit vermag der Senat aufgrund der im Jahr 2001 bekannten Herstellerhinweise auszuschließen, eine leichte Fahrlässigkeit ist indes anzurechnen.

Nach dem im BGB anzuwendenden, auf die allgemeinen Verkehrsbedürfnisse ausgerichteten objektiv-abstrakten Sorgfaltsmaßstab steht der Gedanke des Vertrauensschutzes im Vordergrund dahingehend, dass sich jeder grundsätzlich darauf verlassen darf, dass der Andere die für die Erfüllung seiner Pflichten erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse besitzt. Insbesondere kann ein Fahrlässigkeitsvorwurf nicht dadurch ausgeräumt werden, dass sich der Schädiger auf fehlende Fachkenntnisse beruft. Jedoch kann trotz des im Umgang mit Pflanzenschutzmitteln anzulegenden erhöhten Sorgfaltsmaßstabes einem Schädiger dann kein Schuldvorwurf zu machen sein, wenn er sich so verhalten hat, wie es ihm von kompetenten Fachleuten, d.h. hier von dem Hersteller, empfohlen worden ist (vgl. Palandt/Heinrichs BGB, 65. Aufl., § 276 Rn. 15, 16 m.w.N.), es sei denn, dass er aufgrund seiner Fachkenntnisse Anlass zu Zweifeln haben muss, dass diese nicht geeignet sein könnten, jegliche und nicht nur fernliegende Schädigung Dritter auszuschließen. Leichte Fahrlässigkeit setzt nämlich nur voraus, dass der Haftungstatbestand für die Beklagte vorhersehbar gewesen ist. Ausreichend ist hierbei die allgemeine Vorhersehbarkeit eines schädigenden Erfolges, wohingegen der konkrete Ablauf in seinen Einzelheiten nicht vorhersehbar gewesen sein muss. Für mögliche Störungen ist dabei die notwendige Vorsorge zu treffen; Vorkehrungen für alle abstrakt denkbaren Schadensrisiken können aber nicht verlangt werden, vielmehr muss die nicht ganz fernliegende Möglichkeit einer Schädigung bestehen (vgl. Palandt/Heinrichs a.a.O., § 276 Rn. 20 m.w.N.).

Nach diesen Maßstäben ist der Beklagten leichte Fahrlässigkeit vorzuwerfen.Den Mitarbeitern der Beklagten, für deren betriebsbedingte Handlungen sie gem. § 831 Abs.1 BGB haftet, musste aufgrund ihrer langjährigen landwirtschaftlichen Erfahrungen auch schon aus "Vorwendezeiten" bewusst sein, dass das Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln eine Gefährdung der Umwelt bedeutet. Ihnen musste auch klar sein, dass hiermit insbesondere auch ein nicht unerhebliches Risiko für die in unmittelbarer Nachbarschaft ökologisch bewirtschafteten Flächen der Kläger verbunden war, weil hier eben, wie allgemein bekannt, Herbizide nicht zum Einsatz kommen dürfen. Dass Risiken zu minimieren waren und dass diese bei einem Ausbringen der Herbizide in den Abendstunden geringer ausfallen würden, musste ihnen bei Anwendung der von ihnen zu erwartenden Sorgfalt auch ohne Kenntnis der einzelnen chemischen Abläufe bewusst sein. Zudem war der mit einer Verlagerung der Spritzarbeiten in die Abendstunden verbundene Aufwand ohne weiteres als deutlich geringer einzuschätzen als der durch ein Unterlassen dieser Schutzmaßnahme möglicherweise entstehende, in seinem Umfang nicht abschätzbare Schaden auf den Flächen der Kläger (sog. Learned-Hand-Formel ; vgl. Palandt/Heinrichs a.a.O.,§ 276 Rn.19 ).

Ist den Mitarbeitern der Beklagten aber in diesem Sinne der Vorwurf zu machen, sich durch das Spritzen zu den angegebenen Zeiten leicht fahrlässig verhalten zu haben, so kommt es nicht darauf an, dass ihnen sowohl vom Landespflanzenschutzamt als auch von dem Sachverständigen im Übrigen das Einhalten der guten fachlichen Praxis bescheinigt worden ist.

e.

Aus dem vorstehenden folgt, dass sich der Schadensersatzanspruch der Kläger dem Grunde nach daneben auch aus § 906 Abs. 2 BGB ergibt.

2.

Die Kläger können aber nicht Ersatz aller von ihnen geltend gemachten Schäden verlangen. Gemäß § 823 Abs. 1 i.V.m. § 249 Abs. 1 BGB haben die Kläger nach allgemeinen Grundsätzen Anspruch auf Ersatz des negativen Interesses, d.h., sie sind so zu stellen, wie sie ohne das haftungsbegründende Ereignis stünden, wobei insbesondere auch der mittelbare Schaden, der aus der Rechtsgutsverletzung entstanden ist, umfasst ist (vgl. Palandt/Sprau a.a.O., Einführung vor § 823 Rn. 17 m.w.N.). Zu den zu ersetzenden mittelbaren Schäden zählen die durch das schädigende Ereignis verursachten sonstigen Einbußen, insbesondere gemäß § 252 BGB entgangener Gewinn, sofern das Verhalten des Schädigers i.S.d. conditio sine qua non Formel ursächlich für den eingetretenen Schaden geworden ist. Dann kann der Geschädigte Ersatz seiner Aufwendung verlangen, soweit sie ein wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte und der entstandene Nachteil zu der geschaffenen Gefahrenlage in einem inneren Zusammenhang steht (vgl. Palandt/Heinrichs a.a.O., Vorbemerkung vor § 249 Rn. 15, 54, 58, 62, 72, 83 jeweils m.w.N.).

Danach können die Kläger Ersatz der folgenden, ihnen im Zusammenhang mit der Clomazone bedingten Kontamination entstandenen Aufwendungen verlangen:

a.

1.244,91 EUR gem. der Rechnung Nr. 53385 v. 13.11.2001 der Alicon GmbH über 2.434,84 DM (Anlage K15) für die Kontrolluntersuchung vom 26.05.2001 mit nachfolgender Analyse der Pflanzen- und Bodenproben. Dass diese Untersuchungskosten angefallen sind, ist von der Beklagten weder dem Grunde noch der Höhe nach bestritten worden.

b.

56,94 EUR für die Anschaffung neutraler Tüten, Mangels Bestreitens hat der Senat davon auszugehen, dass die Kläger ihre Bio-Produkte in entsprechend werbemäßig gekennzeichneten Tüten verkaufen, sodass sie, als sie zwecks Schadensminderung ihre Produkte als konventionelle Ware absetzten, auf dieses Verpackungsmaterial verzichten mussten und hierfür neutralen Ersatz beschaffen mussten. Die Kläger haben diese Schadensposition weder durch Vorlage einer Rechnung noch ansonsten näher dargetan. Da neutrale Tüten aber auch zur Verpackung von Bio-Produkten durchaus tauglich sind, schätzt der Senat den insoweit den Klägern konkret entstandenen Schaden auf die Hälfte des geforderten Betrages, § 287 ZPO.

c.

Den Klägern steht auch Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 466,38 EUR zu.

Für den Bereich der unerlaubten Handlungen ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung seit langem anerkannt, dass dem Geschädigten grundsätzlich auch diejenigen adäquat verursachten Rechtsverfolgungskosten nach § 249 Abs. 1 BGB vom Schädiger als zurechenbarer Folgeschaden zu ersetzen sind, die aus Sicht des Schadensersatzgläubigers zur Wahrnehmung und Durchsetzung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (vgl. BGH, Urt. v. 30.04.1986, VIII 112/85, NJW 1986, 2243; BGH, Urt. v. 23.10.2003, IX ZR 249/02, NJW 2004, 444 jeweils m.w.N.).

Die Kläger brauchen sich insoweit nicht - wie die Beklagte meint - auf das Kostenfestsetzungsverfahren gemäß § 91 f. ZPO verweisen zu lassen; die Klage ist auch insoweit zulässig. Zwar ist auch ein Kostenfestsetzungsbeschluss der materiellen Rechtskraft fähig; auch ist für einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch grundsätzlich dann kein Raum, soweit es um Kosten geht, die durch die Einleitung und Führung eines Prozesses ausgelöst werden. Das Kostenfestsetzungsverfahren betrifft jedoch allein die Erstattungsfähigkeit als Folge der gerichtlichen Kostenentscheidung als einer Entscheidung über die Zuordnung der Verfahrenskosten unter Verfahrensbeteiligten nach prozessualen Maßstäben und nach Maßgabe des Kostenrechts. Die Erstattungspflicht auf sachlich-rechtlicher Grundlage als Folge einer unerlaubten Handlung bildet demgegenüber einen andersartigen, die Verteilung von Kostenlasten in der außerprozessualen Rechtsbeziehung der Parteien zueinander betreffenden und von anderen Voraussetzungen abhängigen sowie ggf. eigene Rechtsfolgen mit sich bringenden Streitgegenstand. Die rechtskräftige Verneinung der Erstattungsfähigkeit im Kostenfestsetzungsverfahren würde deshalb die auf eine sachlich-rechtliche Erstattungspflicht gestützte Geltendmachung derselben Aufwendungen im Prozesswege unter dem Gesichtspunkt der Rechtskraft nicht ausschließen (vgl. BGH, Urt. v. 24.04.1990, VI ZR 110/89, BGHZ 111, 186). Die vor Beginn eines Prozesses gemachten Aufwendungen können zwar nach Erlass einer Kostenentscheidung aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit in das Festsetzungsverfahren nach §§ 103 f. ZPO einbezogen werden, soweit sie der Vorbereitung eines konkreten bevorstehenden Rechtsstreits gedient haben. Dies schließt aber nicht aus, dass diese Kosten, deren Entstehungsgrund nicht der Rechtsstreit selbst ist, auch Gegenstand eines materiell-rechtlichen Kostenersatzanspruches sein können. Das Rechtsschutzbedürfnis für eine selbständige Geltendmachung des materiell-rechtlichen Anspruches ist zu bejahen, wenn die vorprozessual entstandenen Aufwendungen, mögen sie auch aus nachträglicher Sicht im Ergebnis der Vorbereitung des Rechtsstreits gedient habe, primär zu dessen Abwendung bestimmt waren (vgl. BGH, Urt. v. 11.12.1986, III ZR 286/85, WM 1987, 247). In Anwendung der §§ 254 Abs. 1 und Abs. 2 BGB ist ein Schädiger allerdings nur zum Ersatz solcher Aufwendungen des Schadensersatzgläubigers verpflichtet, die sich aus dessen Sicht zur Wahrnehmung und Durchsetzung seiner Rechte als erforderlich und zweckmäßig bewerten lassen.

Es liegt auf der Hand, dass die Kläger angesichts der auch in der lokalen Presse (vgl. Anlage K13 j) bekannt gewordenen, jegliche Verantwortung leugnenden Haltung der Beklagten und der erkennbar schwierigen Rechtslage sich zunächst sach- und fachkundig über die Voraussetzungen und möglichen Risiken einer Verfolgung von Schadensersatzansprüchen beraten ließen. Auch ist der, die Vertretung der Kläger gegenüber der Beklagten anzeigende Schriftsatz vom 17.12.2001, Anlage K16, erkennbar noch auf die Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung gerichtet. Dass die danach primär zur Abwendung eines Rechtsstreits bestimmten vorprozessual entstandenen Aufwendungen aus nachträglicher Sicht im Ergebnis der Vorbereitung des Rechtsstreits gedient haben, schließt den Ersatzanspruch demnach nicht aus (vgl. BGH, Urt. v. 11.12.1986, III ZR 286/85, WM 1987, 247).

d.

Gemäß §§ 249 Abs. 1, 252 S. 1 BGB umfasst der den Klägern zu ersetzende Schaden auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte, § 252 S. 2 BGB. Bei entgangenem Verdienst aus selbständiger Arbeit, besteht, wenn, wie hier, der Betriebsablauf gestört wird, der Schaden in den entgangenen Roherlösen abzgl. ersparter Betriebskosten, zzgl. etwaiger Schadensminderungskosten. Grundsätzlich ist bei der Ermittlung des Schadens von dem Betriebsergebnis in den letzten Jahren vor dem schädigenden Ereignis auszugehen (vgl. Palandt/Heinrichs a.a.O., § 252 Rn. 16 m.w.N.). Nach dem auch hier anzuwendenden § 287 ZPO reicht allerdings eine deutlich überwiegende, auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit für die richterliche Überzeugungsbildung aus, dass ein Schaden entstanden ist, wobei grundsätzlich die gesamte Schadensentwicklung bis zum prozessual spätest möglichen Zeitpunkt in die Schadensberechnung einzubeziehen ist (vgl. BGH, Urt. v. 23.10.2003, IX ZR 249/02 a.a.O.). Für die Voraussetzungen des Schadensersatzanspruches sind die Kläger auch insoweit darlegungs- und beweisbelastet.

Der Vortrag der Kläger genügt den hieran zu stellenden Anforderungen grundsätzlich zwar nicht und ist teilweise auch insich widersprüchlich. Er erscheint dem Senat aber gerade noch geeignet, ihm die für eine Schätzung gemäß § 287 ZPO erforderlichen Anknüpfungstatsachen zu vermitteln. Die Kläger haben nachvollziehbar dargetan, warum sie lediglich die Umsatzzahlen ab der 33. Kalenderwoche (KW) zur Grundlage der bereits von ihnen vorgenommenen Schätzung des Umsatzausfalles bis zur 3. KW 2002 gemacht haben, so dass der Senat die Umsatzzahlen der 33. - 37. KW als Ausgangsgrundlage nehmen kann. Auch haben die Kläger für die Richtigkeit ihrer Behauptung, dass ihr Umsatz um 50 % zurückgegangen sei und sie ab der 42. KW 2001 pro Woche im Naturkostladen einen Umsatz von ca. 1.700,00 DM und auf dem Bauernmarkt einen solchen von 1.500,00 DM bzw. 1.000,00 DM gemacht hätten, mit Schriftsatz vom 26.05.2004 Beweis durch Zeugenvernehmung und Parteivernehmung angeboten. Hierauf kommt es indes nicht an. Die bis zur 42. KW 2001 erzielten Umsätze und die auf dieser Grundlage bis zur 2. KW 2002 sich aus der Differenz zu den noch erzielten Umsätzen ergebende Differenz kann nicht, wie die Kläger glauben machen wollen, mit dem entgangenen Gewinn gleichgesetzt werden. Der Vortrag, wonach sie keine nennenswerten Kosten erspart hätten, die Produkte reif gewesen seien, sie das Personal (Erntehelfer) sowieso hätten vorhalten müssen und die Transportkosten nicht ins Gewicht fallen würden, ist zum einen unsubstantiiert, weil nicht einlassungsfähig und zum anderen zur Darlegung des entgangenen Gewinns ungeeignet. Es erscheint schlechterdings nicht nachvollziehbar, dass die Kläger keine Aufwendungen erspart haben wollen, sei es, weil Erntehelfer nicht im sonst üblichen Umfang einzusetzen waren, sei es, dass Kosten für eine Lagerhaltung nicht angefallen sind, sei es, dass Transportkosten entfallen sind. Entgangener Gewinn kann bei dem hier offensichtlich überwiegend selbst bewirtschafteten ökologischem Landwirtschaftsbetrieb der Kläger nur der Betrag sein, der den Klägern nach Abzug aller Unkosten als persönliches Einkommen verblieben wäre.

Die Kläger haben mit der Klageschrift die Umsatzeinbuße im Naturkostladen für die 38. KW 2001 bis zur 3. KW 2002 auf insgesamt 19.561,13 DM beziffert und auf dem ökologischen Bauernmarkt für die 38. KW 2001 bis zur 3. KW 2002 auf insgesamt 10.900,00 DM, sodass sich der entgangene Gewinn auf 30.461,13 DM bzw. 15.574,53 EUR beliefe. Dem stehen aber die Angaben der Kläger zu ihren Einkommensverhältnissen im Prozesskostenhilfeverfahren und insbesondere der von ihnen für das Jahr 2002 vorgelegte Einkommenssteuerbescheid entgegen, wonach sie gemeinsam Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft i.H.v. 5.833,00 EUR gehabt haben. Ausgehend davon, dass die Kläger für insgesamt 18 Kalenderwochen Umsatzeinbußen vortragen, sie aber in diesem Zeitraum auch Umsatz erzielt haben, schätzt der Senat den entgangenen Gewinn auf insgesamt 4.000,00 EUR (§ 287 ZPO).

Insgesamt steht den Klägern danach ein Anspruch auf Zahlung von 5.768,23 EUR Schadensersatz zu.

3.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 i.V.m. § 286 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 BGB n.F.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO; diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Von der Zulassung der Revision hat der Senat abgesehen, weil der Sache zwar grundsätzliche Bedeutung zukommt, die Entscheidung sich aber aus den Umständen des Einzelfalles ergibt.

Ende der Entscheidung

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