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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 11.07.2007
Aktenzeichen: 7 W 61/06
Rechtsgebiete: GVO, GBO, FlurbG, LwAnpO, KostO


Vorschriften:

GVO § 1 Abs. 1
GVO § 2
GVO § 2 Abs. 1
GVO § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 1
GVO § 2 Abs. 5
GBO § 78
GBO § 78 S. 1
GBO § 80
FlurbG § 68 Abs. 1
LwAnpO §§ 56 ff.
KostO § 131 Abs. I S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock Beschluss

7 W 61/06

In der Grundbuchsache

betr. das im Grundbuch von G., Blatt , Gemarkung H., Flur , Flurstück , eingetragene Grundstück

hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock am 11.07.2007 beschlossen:

Tenor:

1. Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten wird der Beschluss des Landgerichts Neubrandenburg vom 28.02.2006 dahin abgeändert, dass die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Demmin vom 17.01.2006 i. d. F. der Verfügung vom 24.01.2006 aufgehoben wird.

Das Amtsgericht Demmin, an das die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen wird, wird angewiesen, den Eintragungsantrag der Beteiligten nicht von der Einreichung einer Genehmigung nach der GVO abhängig zu machen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei.

2. Das Verfahren der weiteren Beschwerde ist gerichtsgebührenfrei.

Gründe:

I.

Herr Dr. U. K. war Eigentümer der im Grundbuch von G., Bl. , gebuchten Grundstücke, Gemarkung H., Flur , Flurstücke . Das Eigentum erwarb er aufgrund zweier Kaufverträge mit Auflassung vom 14.12.1992 (UR-Nr. 937/1992 und 938/1992 des Notars Dr. N. in Berlin). Die Genehmigung nach der Grundstücksverkehrsordnung (GVO) zu diesen Grundstückskaufverträgen ist jeweils erteilt worden. Die Eintragung von Herrn Dr. K. als Eigentümer im Grundbuch erfolgte am 27.01.1994 bzw. am 15.03.1994.

Die Grundstücke waren Gegenstand des vom Amt für Landwirtschaft Altentreptow als zuständige Flurneuordnungsbehörde durchgeruhrten Bodenordnungsverfahrens H./P. An die Stelle der genannten Flurstücke (alte Grundstücke) des Teilnehmers im Bodenordnungsverfahren Dr. K. trat das im Rubrum näher bezeichnete Grundstück (neues Grundstück). Mit öffentlich bekannt gemachtem Bescheid vom 12.01.1998 ordnete das Amt rur Landwirtschaft A. die Ausruhrung des unanfechtbaren Bodenordnungsplanes an. Unter Ziffer II. des Bescheides heißt es wie folgt:

"Als Zeitpunkt des Eintritts des neuen Rechtszustandes und damit der rechtlichen Wirkungen des Bodenordnungsplanes mit erstem Nachtrag zum Bodenordnungsplan wird der 01.03.1998 festgesetzt.

Mit diesem Tage werden die neuen Grundstücke anstelle der alten Grundstücke Eigentum der Teilnehmer. Hinsichtlich der Rechte an den alten Grundstücken treten die neuen Grundstücke an die Stelle der alten. Das Gleiche gilt auch rur die Pachtverhältnisse."

Am 11.05.1998 ersuchte das Amt für Landwirtschaft A. das zuständige Grundbuchamt, die Berichtigung der betroffenen Grundbücher und die entsprechenden Neuanlegungen von Grundbuchblättern durchzuführen. Das Grundbuchamt schrieb daraufhin am 04.01.1999 im Grundbuch von G., Blatt , die Grundstücke Flur , Flurstücke , ab und trug das im Rubrum näher bezeichnete Grundstück mit dem Vennerk "in der Flurbereinigung H./P., Ordnungsnummer zugeteilt" ein.

Die Eintragung der Beteiligten zu 1. erfolgte sodann später aufgrund Erbfolge nach Herrn Dr. K. im Wege der Grundbuchberichtigung am 26.10.2005.

Mit Kaufvertrag vom 05.12.2005 (UR-Nr. 1189/2005 des Notars G. in A.) veräußerte die Beteiligte zu 1. das im Rubrum bezeichnete Grundstück an den Beteiligten zu 2. In der Kaufvertragsurkunde erklärten die Beteiligten die Auflassung.

Der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten hat mit Schreiben vom 12.01.2006 an das Amtsgericht Demmin die Eintragung der Eigentumsumschreibung beantragt.

Mit Zwischenverfügung vom 17.01.2006 hat das Amtsgericht Demmin daraufhin die Einreichung der GVO-Genehmigung gefordert. Unter Bezugnahme hierauf hat der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten mit Schreiben vom 18.01.2006 mitgeteilt, er sei davon ausgegangen, dass eine Genehmigung gem. § 2 Abs. I S. 2 GVO nicht erforderlich sei, da die Eintragung des letzten Eigentümers aufgrund Auflassung vom 14.12.1992 erfolgt sei. Daran ändere auch die zwischenzeitlich erfolgte Flurneuordnung nach dem sogenannten Surrogationsprinzip nichts.

Mit Verfügung vom 24.01.2006 hat das Amtsgericht darauf hingewiesen, dass das gegenständliche Grundstück im Flurneuordnungsverfahren erworben worden sei. Somit könne nicht nachvollzogen werden, ob es diesbezüglich bereits eine GVO-Genehmigung gegeben habe und in welchen Grundakten diese vorliege.

Gegen die Zwischenverfügung(en) hat der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten Beschwerde eingelegt. Er gehe nach wie vor davon aus, dass die Genehmigung gem. GVO für das betroffene Flurstück bereits erteilt und somit gem. § 2 Abs. 1 S. 2 GVO nicht mehr erforderlich sei. Aufgrund des Surrogationsprinzips in der Flurneuordnung sei es nicht erforderlich, dass das Grundbuchamt die Identität des neuen Flurstücks mit dem alten vor Durchführung der Flurneuordnung prüfe.

Mit Beschluss vom 13.02.2006 hat das Amtsgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass das gegenständliche Grundstück im Flurneuordnungsverfahren als Eigentum eingetragen worden sei. Es liege in der Grundakte keine wirksame GVO-Genehmigung diesbezüglich vor. Ob das neugebuchte Grundstück mit dem vor dem Bodenordnungsverfahren gebuchten Grundbesitz identisch sei, könne aufgrund des vorliegenden Ersuchens durch das Grundbuchamt nicht nachvollzogen werden. In § 2 GVO sei als Ausnahme von der Vorlegungspflicht das Flurneuordnungsverfahren nicht aufgeführt.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 28.02.2006 die Beschwerde zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, das Amtsgericht habe zu Recht eine Genehmigung nach der GVO gefordert. Zwar sei eine Genehmigung gem. § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 GVO u. a. dann nicht erforderlich, wenn schon der Rechtserwerb des Veräußerers aufgrund einer nach dem 28.09.1990 erteilten Grundstücksverkehrsgenehmigung nach diesem Gesetz in das Grundbuch eingetragen worden sei. Dies sei hier aber nicht der Fall. Vielmehr habe das Amtsgericht zutreffend darauf verwiesen, dass nicht nachvollzogen werden könne, dass die Beteiligte zu 1. als Verkäuferin des Grundstücks den Grundbesitz aufgrund einer GVO-Genehmigung erworben habe und in welchen Grundakten diese Genehmigung enthalten sein könnte. Für ein Flurneuordnungsverfahren sei § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 GVO keine Ausnahmeregelung zu entnehmen. Letztlich sei die Beteiligte zu 1. auch nicht als Eigentümerin nach Erteilung einer GVO-Genehmigung oder infolge der sonstigen in § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 GVO genannten Gründe in das Grundbuch eingetragen worden. Tatsächlich sei sie aufgrund Erbfolge gemäß ihres Antrages vom 30.09.2005 eingetragen worden.

Gegen diese Entscheidung wenden sich die Beteiligten mit ihrer durch Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 12.04.2006 beim Amtsgericht eingelegten weiteren Beschwerde, die am 26.06.2006 beim Oberlandesgericht eingegangen ist. Sie sind der Auffassung, das Landgericht sei nicht auf die Frage eingegangen, ob eine Genehmigung nach der GVO nach erfolgter Flurneuordnung nochmals zu erteilen sei, wenn diese bereits vorher erteilt gewesen sei. Entgegen den Ausführungen des Landgerichts sei im Grundbuch nachvollziehbar, dass bezüglich des betroffenen Grundstücks eine Auflassung erfolgt gewesen sei. Da sich die Rechtsverhältnisse am Grundstück auch nach Flurneuordnung am "neuen Flurstück" fortsetzten, müsste das Grundbuchamt in der Grundakte - anhand des Ersuchens der Flurneuordnungsbehörde - erkennen können, dass es sich bei dem nunmehr eingetragenen Grundstück um dasselbe Grundstück handelt wie das vorgetragene - seinerzeit aufgelassene - Grundstück. Nach § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 GVO sei eine Genehmigung dann entbehrlich. Es komme entscheidend darauf an, ob eine GVO Genehmigung schon vorgelegen habe. Wäre der Auffassung des Landgerichts zu folgen, müsste in allen Fällen, in welchen eine GVO-Genehmigung bereits erteilt gewesen sei, nach Durchführung eines Flurneuordnungsverfahrens stets flächendeckend für das gesamte betroffene Gebiet erneut eine solche Genehmigung beantragt werden.

II.

Die weitere Beschwerde ist gem. §§ 78, 80 GBO zulässig und auch in der Sache begründet.

Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts beruht auf einer Rechtsverletzung i. S. v. § 78 S. 1 GBO, namentlich des § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 GVO und des § 68 Abs. 1 FlurbG i. V. m. §§ 56 ff. LwAnpO. Entgegen der Auffassung des Landgerichts hätte das Amtsgericht die Zwischenverfügung vom 17.01.2006 i. d. F. der Verfügung vom 24.01.2006 nicht erlassen dürfen. Vielmehr bedurfte es einer Genehmigung nach der GVO - wie vom Amtsgericht gefordert - nicht, so dass das Amtsgericht die beantragte Eigentumsumschreibung nicht davon hätte abhängig machen dürfen.

Zwar unterfällt das Grundstücksgeschäft zwischen den Beteiligten dem Geltungsbereich gem. § 1 Abs. 1 GVO, so dass es grundsätzlich nach § 2 Abs. 1 GVO einer Genehmigung bedurft hätte mit der Folge, dass das Grundbuchamt gem. § 2 Abs. 5 GVO eine Eintragung erst hätte vornehmen dürfen, wenn die Genehmigung vorgelegen hätte. Allerdings ist eine Genehmigung nach § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 GVO nicht erforderlich, wenn der Rechtserwerb des Veräußerers u. a. aufgrund einer nach dem 28.09.1990 erteilten Grundstücksverkehrsgenehmigung nach diesem Gesetz, auch in seiner vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung, in das Grundbuch eingetragen worden ist.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts und auch des Amtsgerichts sind die Voraussetzungen von § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 GVO hier erfüllt. Der Rechtsvorgänger der Beteiligten zu 1., Herr Dr. K., hat ausweislieh der Grundakte die Grundstücke Gemarkung H., Flur , Flurstücke , durch Kaufverträge mit Auflassung vom 14.12.1992 erworben, aufgrund derer er als Eigentümer im Grundbuch eingetragen worden ist. Die Genehmigungen nach der GVO haben jeweils vorgelegen; sie befinden sich im Original bei der Grundakte. Allein dies ist vorliegend im Zusammenhang mit § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 GVO entscheidend und ausreichend. Das nachfolgende Bodenordnungsverfahren hat demgegenüber an der Rechtslage nichts geändert. Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob auch hinsichtlich des im Bodenordnungsverfahren für die benannten Flurstücke konkret zugeteilten neuen Grundstücks die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 GVO - ebenfalls - erfüllt sind. Vielmehr wird die Flurbereinigung durch den sogenannten Surrogationsgrundsatz bestimmt (§ 68 Abs. 1 S. 1 FlurbG). Mit der Unanfechtbarkeit der Ausführungsanordnung tritt anstelle des alten Grundstücks die sogenannte Landabfindung. Die Rechtsverhältnisse an dem alten Grundstück bleiben bestehen und setzen sich an der Landabfindung fort. Die neue im Flurbereinigungsplan ausgewiesene reale Grundstücksfläche tritt als Surrogat an die Stelle des alten realen Grundstücks mit der Folge, dass an ihr dieselben Rechtsverhältnisse bestehen, die an dem alten Grundstück bestanden (vgl. BayObLG, Beschl. v. 13.07.1972, BReg 2 Z 38/72, NJW 1972, 2132; OLG Jena, Beschl. v. 15.10.1997, 6 W 577/97, OLG-NL 1998, 6 m. w. N.; LG Rostock, Beschl. v. 15.11.2005, 2 T 217/05, NotBZ 2006, 61; Hückstädt, NotBZ 2006, 62). Die Änderung betrifft nicht die Person des Eigentümers oder des sonstigen dinglichen Berechtigten, sondern den Gegenstand des Eigentums oder des Rechts. Der Flurbereinigungsplan begründet daher nicht die Änderung des Rechtsverhältnisses, sondern die des Sachverhältnisses. Das aus der Abfindungsfläche bestehende Eigentum ist dasselbe, das an den alten Grundstücken bestand. Es hat in dem Ersatzgrundstück ausschließlich ein "neues Objekt" erhalten, gleichgültig, ob das Ersatzgrundstück nach seiner Beschreibung und Größe dem alten Grundstück entspricht oder nicht, denn die Rechte daran setzen sich nach dem dargelegten Surrogationsprinzip am Ersatzgrundstück unmittelbar fort. Das Eigentum an den alten Grundstücken ist mit dem an ihre Stelle getretenen Abfindungsgrundstücken identisch (vgl. BayObLG a. a. O. m. w. N.; LG Rostock a. a. 0.).

Daher erfasst die jeweilige GVO- Genehmigung fiir die Altgrundstücke, die Flurstücke der Flur , nunmehr das hierfür im Bodenordnungsverfahren als Landabfindung zugeteilte und im Rubrum benannte Grundstück. Dass jenes Grundstück aufgrund der Ausführung des unanfechtbaren Bodenordnungsplanes anstelle der Altgrundstücke getreten ist, ergibt sich unmittelbar aus dem bei der Grundakte befindlichen Berichtigungsersuchen nebst Anlagen der Flurneuordnungsbehörde vom 11.05.1998. Die entsprechende Feststellung ist dem Grundbuchamt daher ohne weiteres möglich.

Dass gegenwärtig nicht mehr der ursprünglich eingetragene rechtsgeschäftliche Erwerber als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist, sondern aufgrund dessen Versterbens die Beteiligte zu 1. als Gesamtrechtsnachfolgerin infolge Erbschaft, ist nicht von Belang.

Auf die begründete weitere Beschwerde ist daher der Beschluss des Landgerichts abzuändern und die Zwischenverfügung des Amtsgerichts aufzuheben. Die Sache ist zur erneuten Entscheidung mit der tenorierten Maßgabe an das Amtsgericht zurückzuverweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 131 Abs. I S. 2 KostO.

Ende der Entscheidung

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