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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 11.11.2005
Aktenzeichen: 7 W 83/05
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, StrWG-MV


Vorschriften:

ZPO § 91 a Abs. 1
ZPO § 91 a Abs. 2 S. 1
ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 567 Abs. 2
ZPO § 569
BGB § 985
StrWG-MV § 2
StrWG-MV § 2 Abs. 1
StrWG-MV § 3
StrWG-MV § 3 Abs. 2 S. 1
StrWG-MV § 7
StrWG-MV § 7 Abs. 3
StrWG-MV § 7 Abs. 5 S. 1
StrWG-MV § 19 Abs. 1
StrWG-MV § 19 Abs. 2
StrWG-MV § 19 Abs. 3
StrWG-MV § 62 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock Beschluss

Geschäftsnummer 7 W 83/05

In dem Rechtsstreit

hat der Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock durch den Richter am Oberlandesgericht B. Richter- als Einzelrichter - am 11.11.2005 beschlossen:

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Landgerichts R. vom 10.10.2005 wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Gründe:

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Landgerichts R. vom 10.10.2005, mit dem ihr das Landgericht die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91 a Abs. 1 ZPO auferlegt hat, ist gemäß §§ 91 a Abs. 2 S. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 569 ZPO zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Das Landgericht hat der Klägerin zu Recht die Kosten des Rechtsstreits auferlegt, da sie nach dem Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien unterlegen wäre.

Die Klägerin hatte keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Herausgabe und Räumung der streitbefangenen Grundstücksfläche aus § 985 BGB. Sie ist zwar unstreitig Eigentümerin des streitgegenständlichen Grundstücksteils, das mit einer Straße und einem Gehweg überbaut ist. Allerdings hat sie alle Einschränkungen zu dulden, die im Rahmen des Gemeingebrauchs und der Straßenbaulast liegen. Dem Träger der Straßenbaulast, hier der Beklagten, steht gemäß § 19 Abs. 1 StrWG-MV insoweit die Ausübung der Rechte des Eigentümers zu, als dies die Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs und die Verwaltung und Unterhaltung erfordern. Die Klägerin kann daher insbesondere nicht die Herausgabe des Grundstücks verlangen, das für eine öffentliche Straße in Anspruch genommen worden ist (vgl. nur Kodal/Krämer, Straßenrecht, 6. Aufl., Rn. 23.1). Die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 StrWG-MV sind erfüllt. Insbesondere handelt es sich bei der streitbefangenen Grundstücksfläche um eine, die für eine öffentliche Straße im Sinne des Gesetzes in Anspruch genommen wurde. Öffentliche Straßen sind nach der Legaldefinition gemäß § 2 Abs. 1 StrWG-MV alle Straßen, Wege und Plätze, die dem öffentlichen Verkehr gewidmet sind. Eine ausdrückliche Widmung des streitgegenständlichen Flurstücks für den öffentlichen Verkehr nach § 7 StrWG-MV ist allerdings unstreitig nicht erfolgt. Sie ist vorliegend aber auch nicht erforderlich. Nach der Übergangsvorschrift zu §§ 2 u. 3 StrWG-MV in § 62 Abs. 1 StrWG-MV bleiben vielmehr auch alle Straßen, die nach bisherigem Recht die Eigenschaft einer öffentlichen Straße besitzen, öffentliche Straßen im Sinne dieses Gesetzes. Der T.weg hatte nach bisherigem Recht die Eigenschaft einer öffentlichen Straße. Nach dem insoweit unbestrittenen Vorbringen der Beklagten war der T.weg schon seit unvordenklichen Zeiten vorhanden und stellte immer schon - insbesondere auch zu DDR-Zeiten - die Verbindungsstraße in Richtung P. dar. Gemäß § 3 Abs. 2 S. 1 der Verordnung über das Straßenwesen vom 18.07.1957 (GBl. I, S. 377) sind u.a. kommunale Straßen öffentlich, wenn bisher ihrer Benutzung durch die Verkehrsteilnehmer seitens der Rechtsträger bzw. Eigentümer nicht widersprochen wurde (vgl. dazu auch OVG Greifswald, Beschluss v. 08.12.1999, 2 M 54/99, LKV 2000, 542). Davon muss hier denknotwendig ausgegangen werden, da die Straße anderenfalls die unstreitige Funktion einer immer schon bestehenden Verbindung nach P. nicht hätte erfüllen können.

Allerdings hat die Klägerin bestritten, dass der T.weg bereits zu DDR-Zeiten auch über das - allein - streitgegenständliche Flurstück verlief. Darauf kommt es jedoch nicht an. Es kann vielmehr zu Gunsten der Klägerin unterstellt werden, dass das streitgegenständliche Flurstück - wie sie behauptet - erst im Wege der Verbreiterung im Zuge der Erschließungsmaßnahme in Anspruch genommen worden ist. Wird nämlich eine öffentliche Straße verbreitert, begradigt, durch Verkehrsanlagen ergänzt oder unwesentlich verlegt, so gelten die neu hinzugekommenen Straßenteile gemäß § 7 Abs. 5 S. 1 StrWG-MV mit der Überlassung für den öffentlichen Straßenverkehr als gewidmet, sofern die Voraussetzung des § 7 Abs. 3 StrWG-MV vorliegt. Dies ist hier der Fall. Nach dem unbestrittenen Vorbringen der Beklagten ist der T.weg im Zuge der Erschließung des Wohngebietes "E." bereits im Frühjahr 1993 asphaltiert und mit einem Gehweg versehen worden. Mitte 1994 erwarb sodann die Fa. H. GmbH, von der die Klägerin das Grundstück 1997 erworben hat, das Flurstück von den damaligen Eigentümern, den Eheleuten B. Die jeweiligen Voreigentümer haben damit jedenfalls seit Frühjahr 1993 das streitgegenständliche Grundstück für die Straßenerweiterung zur Verfügung gestellt (§ 7 Abs. 3, 3. Alt. StrWG-MV), die für den öffentlichen Straßenverkehr überlassen wurde.

Soweit die Klägerin ihre Beschwerde u.a. damit begründet, dass die Beklagte vorprozessual weder zur Herausgabe noch zum Ankauf des ganzen Grundstücks bereit gewesen sei, ändert dies nichts an der Unbegründetheit ihrer auf § 985 BGB gestützten Herausgabeklage und der sich daraus gemäß § 91 a Abs. 1 BGB ergebenden Kostenfolge. Dieser allein geltend gemachte Anspruch stand und steht der Klägerin nicht zu. Die Beklagte hat auch keine Veranlassung gegeben, diese unbegründete Klage zu erheben. Die Klägerin wäre vielmehr gehalten gewesen, ihre Rechte nach § 19 Abs. 2 StrWG-MV auf Ankauf des in Anspruch genommenen Grundstücks durch die Beklagte oder § 19 Abs. 3 StrWG-MV auf Durchführung des Enteignungsverfahrens in dem dafür vorgesehenen Verfahrensweg geltend zu machen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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