Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 12.03.2004
Aktenzeichen: I Ws 120/03
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 152 Abs. 2
StPO § 160 Abs. 1
StPO § 170
StPO § 170 Abs. 1
StPO § 170 Abs. 2
StPO § 171
StPO §§ 172 ff
StPO § 173 Abs. 3
StPO § 174 Abs. 1
StPO § 175
StPO § 175 Satz 1
StPO §§ 178 - 197 a.F.
StPO § 203
StPO § 203 Abs. 1
StPO § 300
StPO § 304 Abs. 4 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock -1. Strafsenat- Beschluss

Az.: I Ws 120/03

In dem Klageerzwingungsverfahren

wegen Verdachts der fahrlässigen Tötung u.a.

hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichtes Rostock durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Dally sowie die Richter am Oberlandesgericht Hansen und Röck auf die Anträge

- auf gerichtliche Entscheidung gegen den Beschwerdebescheid des Generalstaatsanwalts in Rostock - Zs 628/02 - vom 23.01.2003 sowie Vornahme von Ermittlungen zur Vorbereitung dieser Entscheidung,

- hilfsweise Aufhebung dieses Beschwerdebescheids und Erlass einer Anordnung gegenüber der Staatsanwaltschaft Stralsund, die Ermittlungen wieder aufzunehmen

auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft und nach Anhörung der Antragstellerin

am 12. März 2004 beschlossen:

Tenor:

Die Anträge werden als unzulässig verworfen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten und Auslagen werden nicht erstattet.

Gründe:

A.

Die Antragstellerin ist die Witwe des vermutlich in der Nacht vom 17. zum 18.03.1999 beim Untergang seines Fischkutters "Beluga" in der Ostsee ums Leben gekommenen Kapitäns F. S. Zur Aufklärung der Ursachen des Unglücks haben verschiedene Stellen umfangreiche Ermittlungen und Untersuchungen durchgeführt. Die Staatsanwaltschaft Stralsund - 553 Js 3873/00 - hat schließlich ein u.a. gegen Unbekannt geführtes Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, weil ein Fremdverschulden an dem Untergang des Fischkutters nicht habe festgestellt werden können. Die Generalstaatsanwaltschaft hat mit Bescheid vom 23.01.2003 eine dagegen eingelegte Beschwerde der Hinterbliebenen zurückgewiesen.

Mit ihren am 28.03.2003 beim Oberlandesgericht eingegangenen Anträgen im Verfahren nach §§ 172 ff StPO begehrt die Antragstellerin die Durchführung weiterer, im Einzelnen näher bezeichneter Ermittlungen mit dem Ziel der Erhebung der öffentlichen Klage durch den Senat gegen den oder die Verantwortlichen am Tod ihres Ehemannes, hilfsweise die Anordnung der Durchführung weiterer Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft.

Sowohl Haupt- als auch Hilfsantrag erweisen sich als unzulässig.

I.

Nach dem Vortrag der Antragstellerin, der durch den Akteninhalt bestätigt wird, ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

1.

Am 17.03.1999 gegen 23.20 Uhr verließ der Fischkutter "Beluga" seinen Heimathafen S. auf Rügen mit dem Ziel N. auf Bornholm, wo er am nächsten Morgen gegen 8.00 Uhr eintreffen sollte. An Bord befanden sich neben dem Kapitän F. S. der Maschinist H. G. sowie der Auszubildende M. Se. Es herrschten achterlicher Wind in der Stärke 3 - 4 Bft und schwach bis leicht bewegte See mit einer Wellenhöhe von ca. 0,5 m. Soweit feststellbar, hatte der Fischkutter weder Fisch noch Eis geladen. Neben der sonst üblichen Ausrüstung befand sich vielmehr ein zusätzliches Fischernetz an Bord, das nach Bornholm gebracht werden sollte. Dort wollte man sodann Eis aufnehmen und anschließend zum Fischfang auslaufen. Der Fischkutter erreichte jedoch sein Ziel nicht. Am Nachmittag des 18.03.1999 wurde vielmehr östlich von Rügen, an der Südspitze des sog. "Adlergrundes" auf Position 54°42,16'N, 014°18,97'E das über das Heck gesunkene Wrack der "Beluga" aufgefunden. Die Schiffsuhr war auf 3.00 Uhr stehen geblieben. Anhaltspunkte für eine Kollision mit einem anderen Schiff oder einem sonstigen Gegenstand, der unmittelbar den Untergang hätte verursachen können, waren nicht zu erkennen. Das Absetzen von Notrufsignalen oder der Versuch von Rettungsmaßnahmen hatte nicht festgestellt werden können. Die Leichen der Besatzungsmitglieder wurden - teilweise einige Monate - später in der Ostsee treibend aufgefunden. Auch sie wiesen keine Anzeichen für Gewalt- oder Fremdeinwirkung auf.

2.

Nach Bekanntwerden des Untergangs wurden zunächst Maßnahmen zur Suche nach der Besatzung und sodann auch zur Erforschung der Unglücksursache eingeleitet. Daran waren verschiedene Stellen und Institutionen beteiligt, u.a. die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger, der Bundesgrenzschutz und die Wasserschutzpolizei, die Bundesmarine, der Germanische Lloyd sowie das Seeamt. Am 01.04.1999 wurde das Wrack gehoben und nach S. verbracht. Anschließend erfolgten weitere Untersuchungen, auch durch diverse Sachverständige.

Das Seeamt Rostock der Wasser- und Schiffahrtsdirektion Nord führte am 28.10.1999 eine Verhandlung über den Seeunfall durch und kam zu folgendem Spruch: Der Unfall sei "mit hoher Wahrscheinlichkeit darauf zurückzuführen, daß infolge eines sehr geringen Freibords Wasser über die beiden geöffneten achteren Bodenspeigatten eindrang, dieses über die offene Fischeingabeluke in den Fischladeraum und von dort verzögert in den Maschinenraum einlief und zum Verlust der Reststabilität führte". Außerdem sei mitursächlich gewesen, dass ein Aufsichtsbeamter der See-Berufsgenossenschaft die Auflage der SeeBG, alle Bodenspeigatte dauerhaft zu verschließen, nicht ordnungsgemäß überprüft habe.

Bei der Staatsanwaltschaft Stralsund war zunächst jeweils nach dem Auffinden der Leichen des Kapitäns S. und des Auszubildenen Se. ein Todesermittlungsverfahren eingeleitet worden. Nach Bekanntwerden des Spruchs des Seeamtes Rostock wurden diese beiden Verfahren bei der Staatsanwaltschaft verbunden und nunmehr als Ermittlungsverfahren (553 Js 3873/00) gegen den Aufsichtsbeamten H. J. K. wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung geführt. Außerdem erstatte der damalige Verfahrensbevollmächtigte der Hinterbliebenen mit Schriftsatz vom 07.04.2000 Strafanzeige gegen Unbekannt wegen Verdachts der fahrlässigen Tötung und unterlassener Hilfeleistung, da sich aufgrund mehrerer Gutachten Anhaltspunkte dafür ergeben hätten, dass der Untergang der "Beluga" entgegen der Annahme des Seeamtes doch durch Fremdverschulden verursacht worden sei, und zwar vermutlich durch Kollision mit einer zwischen zwei Schiffen gespannten Stahltrosse, etwa einem Schleppzug. Auch insoweit wurden die Ermittlungen gegen Unbekannt in dem Verfahren 553 Js 3873/00 betrieben.

Die Staatsanwaltschaft führte in der Folgezeit umfangreiche Ermittlungen durch, wobei auch verschiedene Anregungen des damaligen Verfahrensbevollmächtigten der Hinterbliebenen aufgegriffen wurden. Dieser wiederum stellte eigene zusätzliche Ermittlungen an, u.a. wurden Sachverständige beauftragt. Parallel dazu fand eine weitere Untersuchung durch das Bundesoberseeamt statt, nachdem der Aufsichtsbeamte der SeeBG gegen den Spruch des Seeamtes Widerspruch eingelegt hatte.

In seinem - nach einer am 03.12.2001 durchgeführten mündlichen Verhandlung - Widerspruchsbescheid vom 05.12.2001 kam das Bundesoberseeamt zu dem Ergebnis, dass der Unfall "ohne Fremdeinwirkung durch in den Schiffskörper eindringendes Wasser" verursacht worden sei, was "zum Verlust der Schwimmfähigkeit" geführt habe. Der Aufsichtsbeamte der SeeBG habe sich fehlerhaft verhalten, "da er nicht für die Erfüllung der Auflage der SeeBG, alle Bodenspeigatten dauerhaft zu verschließen, gesorgt" habe. Dies sei jedoch "nicht unfallursächlich" gewesen.

Mit Verfügung vom 23.01.2001, die im Bescheid vom 24.01.2001 an den damaligen Verfahrensbevollmächtigten der Hinterbliebenen begründet wurde, stellte die Staatsanwaltschaft das gegen K. und Unbekannt geführte Verfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO ein, da sich "keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für das Vorliegen einer solchen [i.e. die Kollision mit dem Schleppseil eines Schleppverbandes] oder anderen Fremdeinwirkung ergeben" hätten. Auch bezüglich des Beschuldigten K. hätten die Ermittlungen keinen genügenden Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage ergeben. Hiergegen legte der damalige Verfahrensbevollmächtigten der Hinterbliebenen mit Schriftsatz vom 13.02.2001 Beschwerde ein, worauf die Staatsanwaltschaft ein ergänzendes Sachverständigengutachten anforderte. Nach dessen Vorliegen entschied die Staatsanwaltschaft am 01.08.2001, dem damaligen Verfahrensbevollmächtigte der Hinterbliebenen mit Schreiben vom 02.08.2001 bekannt gegeben, "von der Wiederaufnahme der Ermittlungen" abzusehen, weil sich keine neuen Erkenntnisse ergeben hätten. Sodann wurde die Sache erstmals dem Generalstaatsanwalt vorgelegt, der jedoch die Auffassung vertrat, die Ermittlungen seien durch den Gutachterauftrag faktisch wieder aufgenommen worden.

Die Staatsanwaltschaft verfügte daher unter dem 13.08.2001 erneut die Einstellung des Verfahrens gemäß § 170 Abs. 2 StPO und gab dies dem damaligen Verfahrensbevollmächtigten der Hinterbliebenen bekannt. Dieser teilte daraufhin mit, dass gegen die Einstellung des Verfahrens gegen den Beschuldigten K. "keine Einwände" bestünden, die Beschwerde im Übrigen jedoch aufrecht erhalten werde, da der Untergang nicht von der Besatzung, sondern von Dritten verschuldet worden sei. Dazu reichte er ein weiteres Gutachten ein.

Aufgrund dessen nahm die Staatsanwaltschaft am 30.10.2001 die Ermittlungen erneut wieder auf. Nach der Einholung weiterer Stellungnahmen von Sachverständigen verfügte sie unter dem 23.04.2002 schließlich zum wiederholten Male die Einstellung des - nunmehr nur noch gegen Unbekannt geführten - Ermittlungsverfahrens, da auch unter Berücksichtigung der weiteren Erkenntnisse keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass der Untergang der "Beluga" durch die Kollision mit einer Schleppleine oder durch andere Fremdeinwirkung verursacht worden sei.

Auch gegen diese, nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehene Entscheidung legte der damalige Verfahrensbevollmächtigte der Hinterbliebenen mit Schreiben vom 14.05.2002 Beschwerde ein. Diese begründete er in der Folgezeit unter Hinweis auf weitere gutachterliche Stellungnahmen und reichte dazu u.a. auch computeranimierte Unfallrekonstruktionen zu den Akten. Die Staatsanwaltschaft hielt darauf in zwei Vermerken vom 28.08.2002 und 12.12.2002 fest, dass auch nach Prüfung der Beschwerdebegründungen kein Anlass zur Wiederaufnahme der Ermittlungen bestünde.

Der Generalstaatsanwalt prüfte die Beschwerde "im Aufsichtswege" und wies sie mit Bescheid vom 23.01.2003 zurück, da "nach dem Ergebnis der Ermittlungen (...) zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für strafrechtlich verfolgbares Verschulden Dritter nicht" bestünde. Insbesondere habe sich die Annahme der Kollision mit einer Schleppleine nicht bestätigt. Dagegen lägen Anhaltspunkte dafür vor, dass die "Beluga" ohne Fremdverschulden verunglückt sein könnte. Weitere, Erfolg versprechende Ermittlungsmöglichkeiten stünden nicht zur Verfügung.

II.

Gegen diesen, dem damaligen Verfahrensbevollmächtigten der Hinterbliebenen ohne Rechtsmitelbelehrung am 10.02.2003 zugestellten Bescheid wendet sich die Antragstellerin mit Schriftsatz ihres - jetzigen - Verfahrensbevollmächtigten vom 27.03.2003, der am 28.03.2003 beim Oberlandesgericht eingegangen ist. Sie beantragt

"1. zur Vorbereitung der Entscheidung gemäß § 173 Abs. 3 StPO eigene Ermittlungen anzustellen und mit ihrer Vornahme einen beauftragten oder ersuchten Richter zu betrauen und sodann

2. die Erhebung der öffentlichen Klage zu beschließen

hilfsweise:

1. die Entscheidung des Generalstaatsanwalts Rostock vom 23. Januar 2003 aufzuheben und

2. die Staatsanwaltschaft Stralsund anzuweisen, die Ermittlungen wieder aufzunehmen und fortzusetzen."

Darüber hinaus werden einzelne, näher bezeichnete Beweisanträge gestellt. Zur Begründung führt der Antrag - neben einer umfangreichen Darstellung des Sachverhalts sowie einer Zusammenfassung der bisher durchgeführten Ermittlungen und vorliegenden Gutachten - aus, die Staatsanwaltschaft habe nicht alle Erfolg versprechenden Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft, um die Anwesenheit weiterer Schiffe am Unfallort zur Unfallszeit festzustellen. Diese Ermittlungen seien nun nachzuholen, und zwar möglichst durch das angerufene Oberlandesgericht.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Zuschrift vom 09.05.2003 beantragt, den Antrag als unzulässig zu verwerfen, weil er den an einen Klageerzwingungsantrag zu stellenden Anforderungen nicht entspreche. Auch seien die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft nicht unzureichend gewesen. Schließlich würden auch die beantragten Beweiserhebungen nicht zur Anklagereife führen.

Diese Zuschrift ist dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin zur Kenntnis gebracht worden. Er hat dazu mit Schriftsatz vom 10.06.2003 Stellung genommen und seine Anträge aufrecht erhalten.

B.

Die Anträge sind nicht zulässig:

Soweit letztlich die Erhebung der öffentlichen Klage durch das Oberlandesgericht begehrt wird, ist dies unzulässig, weil weder ein bestimmter Beschuldigter noch zureichende Anhaltspunkte für dessen Ermittlung benannt werden und die Anordnung von Ermittlungen nach § 173 Abs. 3 StPO zur Feststellung eines unbekannten Täters nicht zulässig ist.

Aber auch die hilfsweise vom Senat erstrebte Anordnung an die Staatsanwaltschaft, weitere Ermittlungen durchzuführen, ist schon deshalb unzulässig, weil die Voraussetzungen für ein solches "Ermittlungserzwingungsverfahren" nicht vorliegen. Weder sind die bisherigen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft völlig unzureichend noch sind ihre daraus gezogenen Schlussfolgerungen völlig abwegig.

I.

Die Antragstellerin verfolgt offensichtlich das Ziel, im Verfahren nach §§ 172 ff StPO durch den Senat Anklage wegen fahrlässiger Tötung gegen den oder die zwar namentlich noch nicht bekannten, aber durch die aufgeführten Beweisanträge nach ihrer Vorstellung noch zu ermittelnden Verantwortlichen eines Schleppverbandes erheben zu lassen. Die dazu notwendigen Ermittlungen sollen in erster Linie gemäß § 173 Abs. 3 StPO vom Senat durchgeführt werden, hilfsweise aber auch - im Wege eines "Ermittlungserzwingungsverfahrens" - auf entsprechende Anordnung des Gerichts durch die Staatsanwaltschaft. Dabei geht die Antragstellerin davon aus, dass die Staatsanwaltschaft - gestützt auf fehlerhafte Sachverständigengutachten - tatsächlich erforderliche Ermittlungen bislang unterlassen hat und dass nach Abschluss der jetzt beantragten Beweiserhebungen der oder die Verantwortlichen festgestellt werden könnten.

Diese - nach den Grundsätzen des § 300 StPO gebotene - Auslegung der Anträge ergibt sich bereits aus ihrem Wortlaut, aber auch aus der Begründung in den Schriftsätzen des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin vom 27.03.2003 und vom 10.06.2003.

II.

Soweit die Antragstellerin die Erhebung der öffentlichen Klage nach § 175 StPO begehrt, ist der Antrag unzulässig, weil das Klageerzwingungsverfahren gegen einen unbekannten Täter nicht statthaft ist.

1.

Nach einhelliger Auffassung soll durch das Klageerzwingungsverfahren nämlich gerichtlich geprüft werden, ob das Legalitätsprinzip (§ 152 Abs. 2 StPO) durch die Einstellung des Verfahrens verletzt worden ist (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z.B. Beschluss vom 05.02.2003 - I Ws 19/03). Legalitätsprinzip gemäß § 152 Abs. 2 StPO bedeutet, dass die Staatsanwaltschaft verpflichtet ist, wegen aller verfolgbarer Straftaten einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen. Ziel und Gegenstand - wie aber auch Grenze - der Erforschungspflicht der Staatsanwaltschaft ist die objektive Verdachtsklärung einer verfolgbaren Straftat, §§ 160 Abs. 1, 170 StPO (LR-Rieß, StPO, 24. Aufl., § 160 Rdnr. 15). Der Verletzte kann die Einhaltung des Legalitätsprinzips durch die Staatsanwaltschaft in letzter Instanz von einem unabhängigen Gericht überprüfen lassen. Das Klageerzwingungsverfahren zielt auf die Erhebung der öffentlichen Klage ab. Sein Prozessgegenstand ist damit nach der gesetzlichen Konstruktion die Überprüfung der Verpflichtung der Staatsanwaltschaft zur Klageerhebung, also im Ergebnis des Vorhandenseins eines hinreichenden Tatverdachts im Sinne des § 203 StPO. Demnach muss der Antragsteller in tatsächlicher Hinsicht behaupten, dass er als Verletzter zur Stellung eines Klageerzwingungsantrages berechtigt ist und dass ein Sachverhalt vorliegt, der den hinreichenden Tatverdacht einer verfolgbaren Straftat gegen einen bestimmten Beschuldigten begründet (vgl. zum Vorstehenden KG NJW 1969, 108; Pfeiffer, StPO, 4. Aufl., § 172 Rdnr. 1; LR-Graalmann-Scherer, StPO, 25. Aufl., § 172 Rdnrn. 1, 8 und 145, § 175 Rdnr. 20; jeweils m.w.N.).

"Hinreichender Tatverdacht" im Sinne des § 203 Abs. 1 StPO setzt dabei - ebenso wie der "genügende Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage" nach §§ 170 Abs. 1, 174 Abs. 1 StPO - die Wahrscheinlichkeit der Verurteilung des Beschuldigten in der Hauptverhandlung voraus. Es muss nach dem gesamten Akteninhalt bei vorläufiger Tatbewertung mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein, dass das Gericht mit den vorhandenen Beweismitteln bestehende Zweifel klären und den Beschuldigten verurteilen wird (vgl. Senatsbeschluss vom 29.03.1996 - I Ws 242/95 - = NStZ-RR 1996, 272; OLG Düsseldorf wistra 1992, 357 [358]; KG, Beschluss vom 24.07.2000 - 3 Ws 292/00 -; Meyer-Goßner, StPO, 46. Aufl., § 174 Rdnr. 2 und § 170 Rdnr. 1; vgl. auch BVerfG NJW 2002, 2859 [2860]).

2.

Damit ist ein gegen Unbekannt gerichteter Klageerzwingungsantrag grundsätzlich unzulässig, da gegen einen unbekannten Täter die öffentliche Klage nicht erhoben werden kann (Senatsbeschluss vom 05.05.1999 - I Ws 112/99 -; OLG Düsseldorf VRS 77, 226; OLG Hamm NStZ-RR 2001, 83, OLG Stuttgart Die Justiz 1987, 80; OLG Oldenburg MDR 1986, 692; LR-Graalmann-Scherer a.a.O. § 172 Rdnr. 20).

Allerdings wird ein solcher Antrag unter Umständen dann doch als zulässig anzusehen sein, wenn er zwar den Beschuldigten nicht namentlich benennen kann, aber Tatsachen und Beweismittel angibt, die dessen Ermittlung und Identifizierung eindeutig ermöglichen (Senatsbeschluss vom 05.05.1999 a.a.O.; OLG Düsseldorf a.a.O.; OLG Hamburg MDR 1961, 252; KG, Beschluss vom 22.10.1997 - 3 Ws 588/97 -; LR-Graalmann-Scherer a.a.O.).

Das ist hier jedoch auch nicht der Fall. Selbst wenn die von der Antragstellerin begehrten weiteren Ermittlungen zu der Feststellung führen würden, dass zur Unfallszeit am Unglücksort ein Schleppverband oder andere Schiffe unterwegs gewesen sein sollten, wäre damit der Verantwortliche für den Tod der Besatzung der "Beluga" noch nicht eindeutig identifizierbar.

3.

Aus der dem Oberlandesgericht nach § 173 Abs. 3 StPO zustehenden Ermittlungsbefugnis ergibt sich nichts anderes. Diese setzt nämlich einen zulässigen Antrag auf gerichtliche Entscheidung voraus. Hiernach dient § 173 Abs. 3 StPO nicht der Ermittlung des mutmaßlichen Täters und damit des richtigen Beschuldigten. Vielmehr soll diese Vorschrift nur ergänzende, lückenfüllende Ermittlungen ermöglichen, etwa zur Feststellung des Wahrheitsgehaltes von Tatsachenbehauptungen, die in einem unter Angabe des Beschuldigten formgerecht angebrachten Klageerzwingungsantrag aufgestellt worden sind (Senatsbeschluss vom 05.05.1999 a.a.O.; OLG Düsseldorf a.a.O.; OLG Hamm a.a.O.; OLG Stuttgart a.a.O.). Ermittlungen nach § 173 Abs. 3 StPO können daher zur Feststellung des Namens einer bestimmten Person dienen, etwa wenn diese zwar nicht dem Antragsteller, aber einem bestimmten Dritten bekannt ist. Es ist jedoch unzulässig, ergänzende Ermittlungen zur Feststellung eines unbekannten Täters überhaupt anzuordnen (LR-Graalmann-Scherer a.a.O. § 173 Rdnr. 12; Pfeiffer a.a.O. § 174 Rdnr. 3). Aufgabe des Oberlandesgerichtes im Klageerzwingungsverfahren ist es, die Beachtung des Legalitätsprinzips durch die Staatsanwaltschaft zu sichern, grundsätzlich nicht jedoch, unbekannte Täter zu ermitteln (OLG Oldenburg a.a.O.; OLG Hamburg a.a.O.).

III.

Aber auch soweit - im Wege eines "Ermittlungserzwingungsverfahrens" - ausnahmsweise eine Anordnung an die Staatsanwaltschaft für möglich erachtet wird, die Ermittlungen wieder aufzunehmen, ist der vorliegende Antrag unzulässig, weil die für die Erteilung einer solchen Anordnung erforderlichen Voraussetzungen

- rechtsirrige Verneinung des Anfangsverdachtes einer strafbaren Handlung einer lebenden Person,

- Vorliegen völlig unzulänglicher Ermittlungen,

- grobe, den Kernbereich der zu ermittelnden Tatbestände betreffende Ermittlungsfehler oder

- abwegige Schlussfolgerungen aus den ermittelten Tatsachen nicht vorliegen.

1.

Das Oberlandesgericht verwirft einen - zulässigen - Klageerzwingungsantrag nach § 174 Abs. 1 StPO, wenn sich kein genügender Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage ergibt. Erachtet das Gericht nach Anhörung des Beschuldigten den Antrag dagegen für begründet, so beschließt es die Erhebung der öffentlichen Klage, § 175 Satz 1 StPO. Die "Zurückverweisung" der Sache an die Staatsanwaltschaft zur Durchführung weiterer Ermittlungen ist dagegen gesetzlich nicht vorgesehen.

2.

Gleichwohl wird es in der Rechtsprechung und weiten Teilen der Literatur für zulässig erachtet, unter bestimmten Voraussetzungen die nach Ansicht des mit dem Klageerzwingungsantrag befassten Oberlandesgerichts noch erforderlichen Ermittlungsaufgaben ausnahmsweise der Staatsanwaltschaft zu übertragen (vgl. OLG Zweibrücken GA 1981, 94 und NStZ-RR 2001, 308; OLG Bremen MedR 1984, 112; KG NStZ 1990, 50; OLG Braunschweig wistra 1993, 31 [33]; OLG Koblenz NStZ 1995, 50; OLG Hamm StV 2002, 128; grundlegend Rieß NStZ 1986, 433 [436 ff] und NStZ 1990, 6 [10] sowie LR-Rieß, StPO, 24. Aufl., § 175 Rdnrn. 16 ff; LR-Graalmann-Scherer, StPO, 25. Aufl., § 175 Rdnrn. 16 ff; Stoffers NStZ 1993, 497 [499] und JurBüro 1993, 643 [645]; Eisenberg JZ 1991, 47 [48]; Sonnen JA 1991, 141 [142]; Meyer-Goßner a.a.O. § 175 Rdnr. 2).

a)

Zur Begründung dieser Ansicht wird u. a. angeführt, dass - auch durch die Abschaffung der gerichtlichen Voruntersuchung nach §§ 178 - 197 StPO a.F. durch Art. 1 Nr. 57 des 1. StVRG vom 09.12.1974 - eine Regelungslücke entstanden sei:

Nach der Vorstellung des Gesetzgebers leite die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren ein, führe die nach ihrem pflichtgemäßen Ermessen notwendigen Ermittlungen durch und stelle gegebenenfalls unter Berücksichtigung des Ermittlungsergebnisses das Verfahren ein. In einem solchen Fall solle nach der gesetzlichen Regelung des Klageerzwingungsverfahrens das Oberlandesgericht auch dann über die Pflicht der Staatsanwaltschaft zur Erhebung der öffentlichen Klage entscheiden, wenn sich - aus welchen Gründen auch immer - in diesem Verfahren die Notwendigkeit zur Durchführung weiterer Ermittlungen ergibt, von denen die Entscheidung abhängen kann. Demzufolge sollen auch nur lückenschließende Ermittlungen nach § 173 Abs. 3 StPO veranlasst werden (vgl. oben B II 3). Nicht geregelt sei dagegen der Fall, dass die Staatsanwaltschaft vor der Einstellung des Verfahrens - etwa, weil rechtsirrig der Anfangsverdacht einer Straftat verneint wurde - überhaupt keine oder offensichtlich völlig unzutreffende Ermittlungen angestellt hat. Dann müsse dem Oberlandesgericht die Möglichkeit eröffnet werden, die Staatsanwaltschaft anzuweisen, die gebotenen grundlegenden Ermittlungen durchzuführen, um sodann erneut über Einstellung oder Anklageerhebung zu entscheiden.

Darüber hinaus kann eventuell das Gebot rechtlichen Gehörs Ermittlungsaufträge erforderlich machen. Art. 103 Abs. 1 GG ist jedenfalls dann verletzt, wenn besondere Umstände deutlich machen, dass das Vorbringen eines Beteiligten nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, vgl. z.B. BVerfGE 86, 133 [145 f]). Dies kann etwa der Fall sein, wenn sich das Oberlandesgericht im Klageerzwingungsverfahren trotz ersichtlich völlig unzureichender staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen und konkreter Rügen dieser Unzulänglichkeiten durch den Antragsteller ohne weiteres der Auffassung der Staatsanwaltschaft anschließt, ohne den vorzeitigen Abbruch der Ermittlungen zu beanstanden oder eigene Ermittlungen anzustellen (vgl. BVerfG EuGRZ 1998, 466).

Gegen die Zulässigkeit einer derartigen "Ermittlungserzwingungsanordnung" wird vorgebracht, der klare Wortlaut der §§ 171, 172, 173 Abs. 3 und 175 StPO sei einer richterlichen Rechtsfortbildung nicht zugänglich. Das notwendige Instrumentarium für ggf. weitere Ermittlungen stünde mit der Befugnis aus § 173 Abs. 3 StPO zur Verfügung, die erweiternd auszulegen sei und auch umfangreiche Ermittlungen durch das Oberlandesgericht erlaube (vgl. KK-Schmid, StPO, 5. Aufl., § 173 Rdnr. 3 und § 175 Rdnr. 3; Kuhlmann NStZ 1981, 193; Wohlers NStZ 1991, 300).

b)

Selbst nach Ansicht der Befürworter der Zulässigkeit eines Ermittlungserzwingugnsantrages soll aber eine Anordnung an die Staatsanwaltschaft, Ermittlungen aufzunehmen und durchzuführen, nicht schlechterdings in jedem Fall ergehen können. Ihre Zulässigkeit ist wegen des sich vom Gesetz entfernenden Ausnahmecharakters an das Vorliegen besonders grober und ins Auge springender krasser Ermittlungsfehler gebunden. Dabei ist zu beachten, dass das Verfahren nach § 172 ff. StPO letztlich dazu dienen soll, einen die Anklageerhebung rechtfertigenden hinreichenden Tatverdacht im Sinne von § 203 StPO festzustellen. Ergibt sich daher, dass die noch anzustellenden Ermittlungen oder Schlussfolgerungen unter keinen Umständen geeignet sind, einen solchen Tatverdacht zu begründen, wird eine "Ermittlungserzwingungsanordnung" ins Leere laufen und daher unzulässig sein.

Schließlich wird die Abgrenzung, ob bloß lückenhafte Ermittlungen vorliegen, die das Oberlandesgericht nach § 173 StPO schließen kann oder ob unzureichende Ermittlungen eine entsprechende Anordnung erforderlich machen, anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu entscheiden sein. Ermittlungserzwingungsanträge sind nach der soeben referierten Auffassung zulässig, wenn die Staatsanwaltschaft bisher aus - vom Oberlandesgericht als nicht zutreffend erachteten - Rechtsgründen von Ermittlungen gänzlich abgesehen hatte und die zur Entscheidung über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung erforderliche Aufklärung des Sachverhalts die vollständige oder weitgehende Durchführung eines selbständigen Ermittlungsverfahrens durch das Oberlandesgericht erfordern würde (OLG Zweibrücken GA 1981, 94; OLG Bremen a.a.O.; KG a.a.O.; OLG Koblenz a.a.O.; OLG Braunschweig a.a.O.; LR-Graalmann-Scherer a.a.O. § 175 Rdnr. 17; Meyer-Goßner a.a.O. § 175 Rdnr. 2).

Darüber hinaus soll dies nach Ansicht der Oberlandesgerichte Zweibrücken (NStZ-RR 2001, 318 [319]) und Hamm (StV 2002, 128 [129] im Anschluss an BVerfG EuGRZ 1998, 466) auch dann möglich sein, wenn die Staatsanwaltschaft in einem Kernbereich der zu untersuchenden Tat grob unvollständig ermittelt hat und sehr umfangreiche Nachermittlungen notwendig sind oder wenn die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen offensichtlich völlig unzureichend sind.

c)

Welcher der vorgenannten Ansichten hier zu folgen ist, kann dahin gestellt bleiben.

aa)

Der erkennende Senat neigt zwar dazu, die grundsätzliche Zulässigkeit einer "Ermittlungserzwingungsanordnung" anzunehmen. Neben den von der Rechtsprechung entwickelten Argumenten sprechen auch Gründe der Praktikabilität dafür, dass umfangreiche Ermittlungen, die zur Entscheidung über einen ansonsten zulässigen Antrag nach § 172 StPO erforderlich sind, nicht im - möglicherweise erweiterten - Rahmen des § 173 Abs. 3 StPO durchzuführen sind, sondern insgesamt der Staatsanwaltschaft übertragen werden. Dem Oberlandesgericht, aber auch dem im Wege der Rechtshilfe (§ 157 GVG) tätig werdenden ersuchten Richter werden in der Regel bereits die personellen und strukturellen Ressourcen für derartige Ermittlungen fehlen. Dies zeigt sich auch daran, dass bereits jetzt bei der Anordnung weiterer Ermittlungen nach § 173 Abs. 3 StPO - aber auch solcher nach § 202 StPO - häufig die Staatsanwaltschaft um deren Durchführung gebeten wird.

Dabei erscheint es sinnvoll, die Anordnung weiterer Ermittlungen nicht nur auf die Fälle zu beschränken, in denen zuvor von der Staatsanwaltschaft überhaupt keine durchgeführt worden sind. Die oben aufgeführten Gründe für eine generelle Zulässigkeit gelten vielmehr auch dann, wenn die Staatsanwaltschaft zu einem wesentlichen Punkt des Verfahrens völlig unzureichende Ermittlungen geführt hat. Nichts anderes kann dann aber für den Fall angenommen werden, dass die Staatsanwaltschaft zwar an sich ausreichende Ermittlungen vorgenommen, daraus aber völlig abwegige Schlussfolgerungen gezogen hat, die dann zur Einstellung des Ermittlungsverfahrens führten.

bb)

Einer abschließenden Entscheidung der Frage, ob eine "Ermittlungserzwingungsanordnung" - generell und im konkreten Fall - zulässig ist, bedarf es vorliegend jedoch nicht. Ihre Voraussetzungen wären hier in keinem Fall gegeben.

3.

Die Staatsanwaltschaft hat vorliegend weder

- rechtsirrig den Anfangsverdacht einer strafbaren Handlung einer lebenden Person verneint noch

- völlig unzulängliche Ermittlungen angestellt noch

- grobe, den Kernbereich der Tat betreffende Ermittlungsfehler begangen noch

- aus den Ermittlungsergebnissen abwegige Schlussfolgerungen gezogen.

a)

Die Staatsanwaltschaft hat - was auch die Antragstellerin nicht in Abrede stellt - zunächst durchaus in alle Richtungen ermittelt, auch hinsichtlich eines möglichen Fremdverschuldens an dem Untergang. So wurde nach dem Bekanntwerden des Spruchs des Seeamtes Rostock vom 28.10.1999, das dem ehemals Beschuldigten K. ein Mitverschulden an den Ursachen des Untergangs zuwies, mit Verfügung vom 25.01.2000 (Bd. II Bl. 87 d.A.) ein Ermittlungsverfahren gegen diesen Beschuldigten eingeleitet. Es folgten intensive Kontakte zwischen dem damals zuständigen Sachbearbeiter der Staatsanwaltschaft Stralsund und dem damaligen Verfahrensbevollmächtigten der Hinterbliebenen. Dieser wies insbesondere auf die Möglichkeit einer Kollision mit der Schleppleine eines Schleppverbandes als mögliche Unglücksursache hin, reichte erste Stellungnahmen der Sachverständigen H. und Ke. zu den Akten und erstattete schließlich unter dem 07.04.2000 Strafanzeige gegen Unbekannt. Bereits am 10.04.2000 führte der ermittelnde Staatsanwalt Befragungen von Zeugen durch, um das Ankermanöver der "N. " des BGS, die als erstes Schiff an der Unglücksstelle eingetroffen war und zusammen mit einem Seenotrettungskreuzer nach Überlebenden suchte, als mögliche Ursache der später an der "Beluga" festgestellten Beschädigungen zu klären (Bd. III Bl. 51 ff d.A.). Mit Schreiben vom 17.04.2000 (Bd. III Bl. 78 d.A.) beauftragte der Staatsanwalt schließlich den Sachverständigen Ku. - und zwar ausdrücklich zu der Frage, "ob Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß statt der vom Seeamt Rostock (...) festgestellten Unfallursache (...) auch eine Fremdeinwirkung, wie z.B. eine Kollision mit der Schleppleine eines Schleppverbandes, das Sinken des Fischkutters "Beluga" (...) verursacht haben kann (vgl. das Gutachten des Sachverständigen Dr. H. (...)".

Mögliche Zweifel an der Qualifikation des Sachverständigen Ku. , die später seitens des Sachverständigen Ke. und anderen geäußert wurden, waren für den Staatsanwalt, dem der Sachverständige Ku. vom Ständigen Beisitzer des Bundesoberseeamtes empfohlen worden war, zu diesem Zeitpunkt nicht ersichtlich. Die später vorgebrachten Bedenken gegen die Gutachten des Sachverständigen Ku. haben den Staatsanwalt dann jedoch dazu veranlasst, weitere gutachterliche Stellungnahmen (etwa von dem Sachverständigen Ka.) einzuholen.

Darüber hinaus hat die Staatsanwaltschaft auch geprüft, ob zur fraglichen Zeit überhaupt andere Schiffe im Unglücksgebiet festgestellt werden konnten und ob ein Schleppverband unterwegs war. Dazu wurden polizeiliche Ermittlungen angestellt (Bd. III Bl. 12 ff d.A.) und amtliche Auskünfte bei der Marine eingeholt (Bd. VI Bl. 144 d.A.). Darüber hinaus hat die Staatsanwaltschaft auch die kompletten Akten der Untersuchungen des Seeamtes und des Bundesoberseeamtes beigezogen und ausgewertet, wobei ebenfalls die Möglichkeit einer Fremdversursachung des Untergangs geprüft worden ist.

b)

Die von der Staatsanwaltschaft zu der Frage eines Fremdverschuldens geführten Ermittlungen sind nach Ansicht des Senats aber auch weder völlig unzureichend oder ungeeignet noch grob fehlerhaft.

aa)

So war der Gutachtenauftrag an den Sachverständigen Ku. vom 17.04.2000 (Bd. III Bl. 78 d.A.) ein nach Sachlage angezeigtes und probates Mittel, eine mögliche Fremdeinwirkung festzustellen. Auch die Auswahl des Sachverständigen begegnet keinen Bedenken, da er der Staatsanwaltschaft von kompetenter Seite - dem Bundesoberseeamt - empfohlen worden war und grundsätzlich für die zu untersuchenden Fragen qualifiziert erscheint. Der Sachverständige kommt in seinem Gutachten vom 25.12.2000 (SB IX d.A.) zu dem Ergebnis, dass ein Fremdverschulden als Ursache des Seeunfalls "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" auszuschließen sei. Vielmehr habe ein zu geringer Freibord in Verbindung mit einer besonderen Konstellation von Geschwindigkeit und Wellengang zu einem schwallartigen Wassereinbruch geführt, was durch nicht ordnungsgemäß verschlossene Öffnungen begünstigt worden sei. Letzterer Umstand - nicht verschlossene Luken und Speigattabläufe - wird auch in der "Befundung/Ursachenermittlung" des Sachverständigen C. vom Germanischen Lloyd vom 08.07.1999 (SB XV d.A.) als wesentliche Unfallursache angesehen. Der vom Bundesoberseeamt beauftragte Sachverständige K. kommt in seinem Gutachten vom 20.12.2000 (SB X - SB XIII d.A.), das die Staatsanwaltschaft beigezogen hat, ebenfalls zu dem Schluss, dass eine geöffnete Seitenpforte sowie eine nicht verschlossene Luke als Hauptursachen angenommen werden müssten.

Nachdem der Sachverständige Ke. , der sich aufgrund der Medienberichterstattung über den Vorfall den Hinterbliebenen als Gutachter angeboten hatte (Bd. III Bl. 35 d.A.), in verschiedenen Stellungnahmen (vgl. Bd. IV Bl. 29 d.A. sowie SH 4 d.A.) Zweifel an diesen Ergebnissen - und zum Teil auch an der Qualifikation der Sachverständigen - geäußert und eigene Untersuchungen vorgelegt hatte, die von den Sachverständigen H. (Bd. III Bl. 18 d.A.), I. (SB XIV d.A.) und Kur. (SH 3 d.A.) gestützt wurden, forderte die Staatsanwaltschaft von den Sachverständigen Ku. und Ka. ergänzende Stellungnahmen an (SH'e 2, 5 d.A.), die wiederum der - vom Sachverständigen Ku. beauftragte - Sachverständige Ha. bestätigte (SH 1 d.A.)

Dabei blieben die Sachverständigen Ku. , Ka. und Ha. bei dem Ergebnis, dass ein Fremdverschulden ausgeschlossen werden könne, während die Sachverständigen Ke. , I. , H. und Kur. zu dem umgekehrten Schluss kamen, wobei nach ihrer Ansicht die Kollision der "Beluga" mit der Leine eines Schleppverbandes die wahrscheinlichste Ursache für den Untergang sei. Beide Seiten nahmen dabei jeweils für sich in Anspruch, mit wissenschaftlich korrekten Methoden zu arbeiten und ihre jeweiligen Ergebnisse fundiert belegen zu können, während bei der "Gegenseite" teilweise sachliche Fehler und falsche Schlussfolgerungen ausgemacht wurden.

Die Staatsanwaltschaft hat damit in der Tat, wie auch der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin in seinem Schriftsatz vom 27.03.2003 konstatiert, "keine Mühe gescheut, die Erkenntnismöglichkeiten aus dem heftig streitenden Gutachterdisput auszuschöpfen". Andere oder zusätzliche Ermittlungsmöglichkeiten zur Klärung derartiger - technischer - Fragen standen nicht zur Verfügung. Keines der Gutachten erscheint zudem von vornherein offensichtlich unrichtig oder nicht nachvollziehbar. Der Einholung eines weiteren ("Ober-")Gutachtens bedurfte es daher nicht.

bb)

Die Staatsanwaltschaft war vielmehr gehalten, weitere Anstrengungen zu unternehmen, um zusätzliche Anknüpfungstatsachen zu ermitteln, die eine Überprüfung und ggfs. kritische Beurteilung der Grundannahmen der Sachverständigen ermöglichen oder solche Ansatzpunkte sogar sicher bestätigen bzw. ausschließen könnten. Dieser Verpflichtung zu weiteren Ermittlungen ist die Staatsanwaltschaft - entgegen der Auffassung der Antragstellerin - auch in ausreichendem Umfang nachgekommen.

So wurden die Ergebnisse aller bisher von anderen Institutionen unternommenen Ermittlungen in die Untersuchungen der Staatsanwaltschaft einbezogen. Das gilt insbesondere für die Erkenntnisse des Seeamtes Rostock und des Bundesoberseeamtes in Hamburg (SB'e I - VII d.A.), die im Rahmen der umfangreichen Untersuchungen nach §§ 4 ff des Gesetzes über die Untersuchung von Seeunfällen (SeeUG) vom 06.12.1985 (BGBl. I, S. 2146; zwischenzeitlich ersetzt durch das Seesicherheits-Untersuchungsgesetz vom 16.06.2002 - BGBl. I, S. 1815) gewonnen worden sind. Aber auch der Untersuchungsbericht des Germanischen Lloyd (SB XV d.A.) wurde herangezogen. Dabei ergaben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass andere Schiffe in das Unfallgeschehen verwickelt gewesen sein könnten.

Darüber hinaus hat die Staatsanwaltschaft aber auch eigene Ermittlungen dazu angestellt, ob zum Zeitpunkt des Untergangs andere Schiffe, speziell ein Schleppverband, in der Nähe waren (vgl. oben B III 3 a a.E.). Dabei ist sie insbesondere der Frage nachgegangen, ob Einheiten der Marine dafür in Betracht kommen, da zu dem relevanten Zeitpunkt bekanntlich verschiedene Manöver in der Ostsee stattfanden. Dazu hat der damals ermittelnde Staatsanwalt telefonisch Rücksprache mit dem zuständigen Mitarbeiter des Führungsstabes der Marine im Bundesminsterium der Verteidigung geführt (Bd. VI Bl. 144 d.A.) und dabei die Auskunft erhalten, "aus den Logbucheintragungen der schwimmenden Einheiten der Bundesmarine gehe hervor, dass keines der Schiffe der Bundesmarine in der betreffenden Nacht in der Nähe der 'Beluga' gewesen sei". Auch aus den Angaben des vom Bundesoberseeamt als Zeugen vernommenen Einsatzleiters der Flotte, die der Staatsanwaltschaft vorlagen (Bd. VII Bl. 190 d.A.), ergibt sich, dass keine Einheiten vor Ort waren. Dies gelte auch für die Schlepper "E. " und "D. ", die außerdem lediglich Schießscheiben an - relativ dünnen - Kunststoffleinen schleppten. Im fraglichen Seegebiet seien keine Schiffe geschleppt worden.

Aus den von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen folgt zudem, dass die Bundesregierung - durch die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister der Verteidigung - mit Schreiben vom 04.08.2000 gegenüber dem MdB U. A. ebenfalls erklärte, dass sich "in der Nähe der Unfallposition (...) im fraglichen Zeitpunkt keine Marineeinheiten befunden" haben. Dies geht auch aus den Antworten der Bundesregierung vom 06.06.2000 auf ähnliche Anfragen des MdB U. A. hervor (vgl. BT-Drs. 14/3615, S. 20).

Schließlich haben die Ermittlungsbehörden auch Versuche unternommen, Radaraufzeichnungen zu erhalten. Dazu erklärte der Führungsstab der Marine gegenüber der Staatsanwaltschaft (Bd. VI Bl. 144 d.A.), dass solche Aufzeichnungen weder auf deutscher noch auf dänischer Seite vorhanden seien. Ähnliches ergibt sich aus der Antwort des Bundesgrenzschutzamtes See auf eine Anfrage des Seeamtes Rostock vom 13.07.1999, ob "durch militärische Einrichtungen Beobachtungen von Schiffsverkehr im Untergangsgebiet (...) registriert wurden, die eine Verbindung zum Untergang (...) erlauben würden": nach Rücksprache mit den zuständigen dänischen Behörden teilte der BGS mit, dass "keine Möglichkeit vorhanden (sei), in dem Untergangsgebiet der BELUGA ein Schiffsbewegungsbild" für die fragliche Zeit zu erstellen (SB I Bl. 68/69 d.A.).

Daneben wurde aber auch der Frage nachgegangen, durch welches Ereignis die nach dem Bergen des Wracks festgestellten Beschädigungen, insbesondere an dem Bordkran des Fischkutters, verursacht worden sein könnten. Die namentlich von den Sachverständigen Ke. und I. vertretene These eines fremdverschuldeten Untergangs durch Unterfahren einer Schleppleine, die sich sodann am Kran verhakt, den Kutter gleichsam "gefesselt" und ihn schließlich unter Wasser gedrückt habe, stützt sich im Wesentlichen auch darauf, dass die festgestellten Spuren von einem Drahtseil mit einem Durchmesser von mindestens 16 mm stammen sollen. Die Staatsanwaltschaft hat dazu Gutachten der Sachverständigen Ku. und Ha. eingeholt, die dagegen zu dem Ergebnis kamen, die Beschädigungen seien anlässlich eines Ankermanövers der "N. " über dem Wrack und bei dessen Bergung enstanden. Dementsprechend hat die Staatsanwaltschaft umfangreiche Vernehmungen von Besatzungsmitgliedern der "N. " durchgeführt (Bd. V Bl. 42 ff d.A.), um den Ablauf des Ankermanövers zu rekonstruieren. Auch wurden mehrere Taucher sowohl der Bereitschaftspolizei als auch der Marine, die vor und nach dem fraglichen Manöver zu dem Wrack getaucht waren, ausführlich zu möglichen Beschädigungen und auch zur Stellung des Krans befragt (Bd. III Bl. 62 ff d.A.; Bd. III Bl. 186 d.A.). Zum Verlauf der Bergungsarbeiten vernahm die Staatsanwaltschaft - teilweise unter Zuziehung des Sachverständigen - zudem den Leiter des Bergungsmanövers sowie die damals eingesetzten Taucher des beauftragten Unternehmens (Bd. V Bl. 5 ff d.A.). Nach dem Ergebnis dieser Ermittlungen erscheint durchaus nicht ausgeschlossen, dass die Beschädigungen erst nach dem Untergang entstanden sind, wobei den Zeugen exakte Angaben etwa zur Stellung des Krans bei den ersten Tauchgängen - noch vor dem fraglichen Ankermanöver - nicht mehr möglich waren. Schließlich wurden auch die von den Sachverständigen Ku. und Ha. erstellten bzw. beigezogenen materialkundlichen Gutachten, die ein Seil als Spurenverursacher ausschließen, kritisch hinterfragt. Sie erscheinen nachvollziehbar begründet und setzen sich auch mit den von den Sachverständigen Ke. und I. angeführten Gegenargumenten auseinander.

cc)

Bei dieser Sachlage bestand keine Notwendigkeit für weitere Ermittlungen in Richtung einer Beteiligung fremder Schiffe oder eines Schleppverbandes. Auch die im Antragsschriftsatz vom 27.03.2003 wiedergegebenen Angaben der Zeugen L. , H. , W. , E. und S. , die von Schiffsmanövern verschiedener Marineeinheiten noch am Abend des 17.03.1999 und in relativer Nähe des späteren Untergangsgebietes berichten, geben zu ergänzenden Untersuchungen keinen Anlass. Hinweise auf einen Schleppverband ergeben sich daraus ebenso wenig wie zu möglichen Radaraufzeichnungen. Der ebenfalls in der Antragsschrift erwähnte Hinweis eines Kapitäns F. des Schleppers "D. " an den Sachverständigen Ke. anlässlich eines "Tages der offenen Tür" im Jahr 2001, dass es in der Unglücksnacht zu Beschwerden über einen "rücksichtslos navigierenden Schleppverband" gekommen sei, ist zu vage, um weitere Ermittlungen rechtfertigen zu können. Alle bisher von der Staatsanwaltschaft erlangten Ermittlungsergebnisse sprechen gegen die Anwesenheit eines Schleppverbandes im Unglücksgebiet. Von einer Vernehmung des Kapitäns F. , der offensichtlich zudem nur ein Zeuge vom Hörensagen wäre, sind deshalb keine weiterführenden Erkenntnisse zu erwarten.

c)

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin hat die Staatsanwaltschaft aus ihren bisherigen Ermittlungen zur Frage eines Fremdverschuldens auch nicht etwa völlig abwegige Schlussfolgerungen gezogen und das Verfahren daher nicht mit einer völlig unhaltbaren Begründung eingestellt.

Ihre Entscheidung stützt die Staatsanwaltschaft in erster Linie auf die im Ergebnis übereinstimmenden Gutachten der Sachverständigen C. , Ku. , Ka. und Ha. Danach sei der Untergang auf "betriebsinterne Abläufe" zurückzuführen, ein Fremdverschulden könne ausgeschlossen werden. Die insbesondere am Kran der "Beluga" festgestellten Beschädigungen hätten nicht von einer Stahltrosse etwa eines Schleppverbandes verursacht worden sein können, sondern seien wohl nach dem Untergang bei einem Ankermanöver der "N. " sowie anlässlich der Bergung des Wracks entstanden. Wie bereits oben (B III 3 b) ausgeführt, erscheinen diese Gutachten in sich schlüssig und durchaus nachvollziehbar. Die getroffenen Schlussfolgerungen werden im Übrigen gestützt durch die Ergebnisse der weiteren Ermittlungen zur Anwesenheit anderer Schiffe am Unglücksort und zur Verursachung der Beschädigungen. Auf dieser Grundlage ist die Entschließung der Staatsanwaltschaft, das gegen Unbekannt geführte Ermittlungsverfahren mangels ausreichenden Tatverdachts einzustellen, ohne weiteres vertretbar.

Die hiergegen vorgebrachten Bedenken, insbesondere der Sachverständigen Ke. und I. , nötigten die Staatsanwaltschaft nicht zu einem anderen Ergebnis.

So legt zwar der Sachverständige Ke. ausführlich dar, dass und warum die von den Sachverständigen Ku. und Ka. angestellten Berechnungen zum Tiefgang des Kutters und zum Wassereinbruch durch "Reiten auf der Welle" nicht zutreffend seien. Die dergestalt angegriffenen Gutachter haben sich jedoch mit durchaus gewichtigen Gegenargumenten verteidigt, so dass für die Staatsanwaltschaft nicht ohne weiteres ersichtlich war, ob und ggfs. welche der beiden vertretenen Hypothesen ausschließlich zutreffend ist oder ob ggf. für eine der beiden eine deutlich überwiegende Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist.

Angesichts dieser Situation war die Staatsanwaltschaft gehalten, die Ermittlungsergebnisse im Übrigen dahingehend zu überprüfen, ob sie mit der einen oder der anderen Grundannahme der Sachverständigen in Einklang zu bringen sind, sie zumindest stützen oder ihnen ggfs. widersprechen. Auch diese Überlegungen hat die Staatsanwaltschaft beanstandungsfrei und mit vertretbarem Ergebnis angestellt.

Das gilt insbesondere für die Frage, ob andere Schiffe an dem Untergang beteiligt gewesen sein könnten. So sprechen die von der Marine und der Bundesregierung eingeholten Auskünfte dagegen, dass die an den zur fraglichen Zeit abgehaltenen Seemanövern beteiligten Marineeinheiten in den Vorfall verwickelt waren. Weder waren überhaupt Schiffe in der Nähe noch wurden - durch die Schlepper "E. " und "D. " - Schleppseile der von den Sachverständigen Ke. , I. und H. angenommenen Art verwendet. Die Staatsanwaltschaft hatte auch keinen Anlass, an der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln. Es ist nicht ersichtlich, dass Auskünfte staatlicher Einrichtungen an die Staatsanwaltschaft in einem laufenden Ermittlungsverfahren wissentlich unzutreffend sein könnten, zumal die selben Auskünfte auch dem Deutschen Bundestag gegenüber erteilt worden sind. Darüber hinaus hat die Bundesmarine der Staatsanwaltschaft von sich aus angeboten, die Logbücher aller an den Manövern beteilgten Einheiten vorzulegen. Es ist daher nicht anzunehmen, dass sich daraus andere Erkenntnisse ergeben könnten als die zuvor genannten.

Da andererseits auch die Ermittlungen zu zivilen Schleppverbänden erfolglos geblieben sind, ist die Schlussfolgerung der Staatsanwaltschaft, es liege kein Fremdverschulden vor, durchaus zulässig. Zu weiteren Ermittlungen bestand deshalb kein Anlass mehr, zumal Erfolg versprechende, einen möglichen hinreichenden Tatverdacht gegen eine bestimmte Person begründende Ermittlungsansätze nicht ersichtlich waren.

4.

Danach können zwar auch andere als die von der Staatsanwaltschaft Stralsund angenommenen Geschehensabläufe nicht ausgeschlossen werden. Für das vorliegende Ermittlungserzwingungsverfahren kann dies jedoch dahin gestellt bleiben. Es ist weder Aufgabe des Oberlandesgerichts, die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft auf ihre absolute Richtigkeit zu überprüfen, noch selbst ein komplettes Ermittlungsverfahren durchzuführen. Es findet lediglich eine Kontrolle des Legalitätsprinzips im oben dargestellten (B III 2) Rahmen statt. Diese Prüfung ergibt hier, dass die Staatsanwaltschaft ihre Pflichten gerade nicht verletzt hat.

Im Übrigen wäre auch dann, wenn sich Hinweise auf andere Schiffsbewegungen ergeben würden, ein die Anklageerhebung rechtfertigender Tatverdacht gegen eine lebende Person noch nicht begründet.

Die Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Ermittlungserzwingungsanordnung sind daher nicht gegeben.

IV.

Der Senat hatte daher auch keinen Anlass, den Beweisanträgen der Antragstellerin nachzugehen, denn auch diese sind nicht geeignet, einen die Anklageerhebung rechtfertigenden hinreichenden Tatverdacht gegen eine lebende Person zu begründen. Dies gilt umso mehr, als sie teilweise auf Unmögliches zielen, teilweise aber auch schon erledigt sind.

Entegen der Annahme der Antragstellerin wurden die Videoaufnahmen, die zeitnah nach Entdeckung des Wracks von einer Drohne des Minenjagdbootes "Di. " gemacht wurden, nicht aufgezeichnet. Das ergibt sich aus den Angaben der dazu von der Staatsanwaltschaft vernommenen Zeugen W. und Kö. (Bd. III Bl. 186 d.A.) sowie Eh. (Bd. V Bl. 56 d.A.). Eine nochmalige Auswertung der Aufnahmen ist daher nicht möglich.

Zu der Frage, ob es sich bei der an der Unfallstelle festgestellten Gewässerverschmutzung um Öl - möglicherweise Hydrauliköl aus dem Bordkran der "Beluga" - handelt, ist der Zeuge G. befragt worden, der als Operator in dem Öl-überwachungsflugzeug im Einsatz war und die fragliche Verschmutzung entdeckt hatte (Bd. V Bl. 131 d.A.). Er hat angegeben, dass es sich nach seinem Eindruck um "Kraftstoff bzw. Rückstände/Bilgenöl" gehandelt habe. Aber auch dann, wenn sich Hydrauliköl im Wasser befunden hätte, wäre damit kein tauglicher Hinweis auf ein Fremdverschulden an dem Untergang verbunden, da solches Öl auch aus anderen Stellen austreten könnte und selbst ein gerissener Hydraulikschlauch kein sicheres Indiz auf das Einwirken eines Schleppseiles wäre.

Die beantragte Vorlage des Logbuchs des Schleppers "E. " und die Zeugenvernehmung des damaligen Kapitäns erübrigt sich bereits nach dem Vortrag der Antragstellerin selbst. Nach Auskunft der Bundesmarine, an der zu zweifeln kein Anlass besteht, konnte die "E. " in keiner Weise in das Geschehen verwickelt gewesen sein (vgl. B III 3 b bb).

Die Schiffsdokumente der "Beluga" wurden sichergestellt und von der Staatsanwaltschaft asserviert (Bd. V Bl. 106 d.A.). Dem damaligen Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin wurde Einsicht in diese Unterlagen angeboten (Bd. VII Bl. 106 d.A.), er hat davon keinen Gebrauch gemacht. Das "Schiffstagebuch", das im Wesentlichen lediglich Eintragungen zu Wetter- und Seegangsvorhersagen enthält, wurde mehrfach von Sachverständigen untersucht und fotografiert (Bd. V Bl. 138 d.A.). Die letzte Eintragung trägt das Datum "16.03.1999". Es ist nicht ersichtlich, dass Eintragungen nachträglich entfernt oder gefälscht worden sein könnten. Auch kann nicht angenommen werden, dass der Schiffsführer vor dem Untergang noch Eintragungen vorgenommen haben könnte, die Aufschluss über die Unglücksursache geben könnten.

Das nach der Bergung des Wracks sichergestellte Metallteil von ca. 600 g Gewicht wurde dem Sachverständigen Ku. zur Erstellung seines Gutachtens zur Verfügung gestellt. Er hat dazu ausgeführt: "Die Herkunft/Zugehörigkeit (...) konnte nicht festgestellt werden. Es kann vermutet werden, dass es sich möglicherweise um ein (inneres) Bauteil des abgerissenen Hydraulikmotors des Kranes handelt" (Bd. VI Bl. 129 f d.A.). Demnach wurde das Teil untersucht. Es ist nicht zu erwarten, dass mit neuerlichen Untersuchungen weiterführende Ergebnisse zu erzielen sein könnten.

Soweit sich ein (vollständiger) Untersuchungsbericht eines Beamten des Bundesgrenzschutzes nicht bei den Akten befinden soll, ist nicht erkennbar, welche Rückschlüsse auf die Unfallursache und ein mögliches Fremdverschulden sich aus diesem Bericht ergeben sollen. Im Übrigen befindet sich ein "Ermittlungsbericht zum Seeunfall des FK 'Beluga' am 18.3.1999", der von dem BGS-Beamten D. unterzeichnet ist, in SB II Bl. 344 f d.A. Der Bericht stellt offensichtlich eine Zusammenfassung der Ermittlungen des BGS dar, die in SB II d.A. enthalten sind und sowohl dem Seeamt als auch der Staatsanwaltschaft vorlagen. Die angesprochene Bildanlage findet sich in Kopie in SB VII d.A. Diese Unterlagen hat die Staatsanwaltschaft bei ihrer Entscheidung erklärtermaßen berücksichtigt. Zudem stellen solche Ermittlungsberichte die Sicht des den Bericht erstellenden Beamten dar und entheben die Staatsanwaltschaft nicht der Verpflichtung, die ermittelten Tatsachen selbständig und eigenverantwortlich zu würdigen. Dies ist - wie erwähnt - geschehen.

Den auf Vorlage von Radaraufzeichnungen der schwimmenden Einheiten der Bundesmarine gerichteten Beweisanträge der Antragstellerin braucht bereits deshalb nicht nachgegangen zu werden, weil entsprechende Versuche bereits in der Vergangenheit von der Staatsanwaltschaft erfolglos unternommen worden sind. Der Führungsstab der Marine hat dem damals ermittelnden Staatsanwalt mitgeteilt (Bd. VI Bl. 144 d.A.), dass Radaraufzeichnungen nicht vorhanden seien. Die entsprechenden Messungen würden nicht aufgezeichnet. Auf dänischer Seite seien zwar Aufzeichnungen gemacht, zwischenzeitlich aber bereits wieder gelöscht worden. Es ist nicht ersichtlich, dass neue Ermittlungen - sei es durch den Senat, sei es durch die Staatsanwaltschaft - zu anderen Erkenntnissen führen könnten. Deshalb erübrigt sich auch die Vorlage der Logbücher der an den Manövern beteiligten Schiffe und die Überprüfung, welche von ihnen mit dem von der Antragstellerin angegebenen besonderen Radarsystem ausgerüstet waren.

Aus dem selben Grund erübrigt sich auch eine Nachfrage des Senats beim Oberbefehlshaber der dänischen Flotte nach Aufzeichnungen aus dem Unglückszeitraum. Die Antragstellerin teilt dazu selbst mit, dass nach der von ihrem Verfahrensbevollmächtigten eingeholten Auskunft dort keine Aufzeichnungen dazu vorlägen ("In the above mentioned time span [i.e. 17.03.1999 23.21 Uhr bis 18.03.1999 03.00 Uhr] (...) do not have any documents on subject matter"). Es ist nicht ersichtlich, warum diese - für die Antragstellerin unbefriedigende - Antwort "mit der Autorität des angerufenen Gerichts hinterfragt" werden sollte, zumal auch bereits der Bundesgrenzschutz nach Rücksprache mit den dänischen Stellen die Auskunft erteilt hatte, dass ein Schiffsbewegungsbild für das Untergangsgebiet nicht erstellt werden könne (SB I Bl. 68 d.A.).

Schließlich sieht der Senat auch keinen Anlass, Versuche zu unternehmen, um verwertbare Satellitenaufnahmen zu erhalten. Wie die dazu vorgenommenen Anstrengungen des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin zeigen, bestehen nahezu keine Erfolgsaussichten solcher Nachforschungen. Es ist nicht zu erwarten, dass für den vermutlichen Untergangszeitpunkt am 18.03.1999 gegen 3.00 Uhr morgens AufnahmenŽdes Untergangsgebietes von Bild-, Radar- oder Infrarotsatelliten bestehen, auf denen sich erkennen ließe, ob neben der "Beluga" noch andere Schiffe anwesend waren. Angesichts der sonstigen Ermittlungsergebnisse, die gegen eine Beteiligung anderer Schiffe sprechen, wären solche Nachforschungen auch nicht verhältnismäßig. Darüber hinaus wäre auch dann, wenn wider Erwarten doch andere Schiffsbewegungen zu erkennen wären, ein Tatverdacht gegen eine lebende Person noch nicht zu begründen.

C.

Da die Anträge als unzulässig verworfen werden mussten und eine kostenzuweisende Vorschrift damit fehlt, können Kosten und Auslagen der Staatskasse nicht erhoben werden. Die Antragstellerin hat ihre Auslagen ebenfalls selbst zu tragen (vgl. Rieß NStZ 1990, 6 [8]).

D.

Dieser Beschluss des Senats ist gemäß § 304 Abs. 4 Satz 2 StPO nicht anfechtbar.

Ende der Entscheidung

Zurück