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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 27.10.2004
Aktenzeichen: I Ws 409/04
Rechtsgebiete: StPO, StGB, BGB


Vorschriften:

StPO § 111 b Abs. 2
StPO § 111 b Abs. 5
StPO § 111 c Abs. 1
StPO § 111 d
StPO § 111 g
StPO § 111 g Abs. 2
StPO § 111 g Abs. 2 Satz 1
StPO § 111 g Abs. 2 Satz 2
StPO § 111 i
StPO § 116
StPO § 126 Abs. 2
StPO § 304 Abs. 1
StPO § 311 Abs. 2
StGB § 73 Abs. 1
StGB § 73 Abs. 3
StGB § 73 a
StGB § 263
StGB § 264 Abs. 1
BGB § 116
BGB § 823 Abs. 2
BGB § 830
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock - 1. Strafsenat - BESCHLUSS

I Ws 407/04 I Ws 408/04 I Ws 409/04 I Ws 410/04

In der Strafsache

wegen Subventionsbetruges

hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichtes Rostock durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Dally, den Richter am Oberlandesgericht Hansen sowie den Richter am Landgericht Kaffke

auf

1. die sofortigen Beschwerden der Staatsanwaltschaft Schwerin und des Landes Mecklenburg-Vorpommern, vertreten durch den Wirtschaftsminister, gegen den Beschluss der Großen Strafkammer 4 - Wirtschaftsstrafkammer - des Landgerichts Schwerin vom 23.08.2004 (34 KLs 3/04), durch den die Kammer den Antrag des Landes Mecklenburg-Vorpommern, vertreten durch den Wirtschaftsminister, auf Zulassung der Pfändung der Forderung auf Rückzahlung des unter dem Az. 78 HL 25/04 Amtsgericht Schwerin am 16.02.2004 hinterlegten Kautionsbetrages in Höhe von 50.000 Euro zurück gewiesen hat,

2. die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Schwerin gegen den Beschluss der Großen Strafkammer 4 - Wirtschaftsstrafkammer - des Landgerichts Schwerin vom 01.09.2004 (34 KLs 3/04), durch den die Kammer auf die Beschwerde des Verurteilten vom 10.08.2004 ihren Pfändungsbeschluss vom 02.04.2004 aufgehoben hat, soweit dieser die Pfändung der Forderung auf Rückzahlung des bei der Hinterlegungsstelle des Landgerichts Schwerin unter dem Az. 78 HL 25/04 am 16.02.2004 hinterlegten Betrages von 50.000 Euro betrifft, sowie

3. die Beschwerde des Verurteilten vom 10.08.2004 gegen den Pfändungsbeschluss der Großen Strafkammer 4 - Wirtschaftsstrafkammer - des Landgerichts Schwerin vom 02.04.2004 (34 KLs 3/04) sowie die Arrestbeschlüsse der Kammer vom 15.06.2004, soweit die Kammer der Beschwerde durch ihren Beschluss vom 01.09.2004 nicht abgeholfen hat,

auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft Rostock sowie nach Anhörung des Verurteilten und seiner Verteidigerin

am 27. Oktober 2004 beschlossen:

Tenor:

1.

Der Beschluss des Landgerichts Schwerin vom 23.08.2004 - 34 KLs 3/04 - wird aufgehoben. Gemäß § 111 g Abs. 2 Satz 1 StPO wird die Pfändung der Forderung des Verurteilten auf Rückzahlung des zum Aktenzeichen 78 HL 25/04 am 16.02.2004 bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts Schwerin hinterlegten Betrages von 50.000 Euro durch das Land Mecklenburg-Vorpommern, vertreten durch den Wirtschaftsminister, zugelassen.

2.

Der Beschluss des Landgerichts Schwerin vom 01.09.2004 - 34 KLs 3/04 - wird aufgehoben, soweit durch diesen die mit Beschluss der Kammer vom 02.04.2004 erfolgte Pfändung der Forderung des Verurteilten auf Rückzahlung des von ihm bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts Schwerin unter dem Az. 78 HL 25/04 am 16.02.2004 hinterlegten Betrages von 50.000 Euro aufgehoben worden ist.

Damit besteht die am 02.04.2004 erfolgte Pfändung der vorbezeichneten Forderung fort.

3.

Die Beschwerde des Verurteilten vom 10.08.2004 wird als unbegründet verworfen.

4.

Der Verurteilte trägt die Kosten der Rechtsmittel sowie die dem Land Mecklenburg-Vorpommern, vertreten durch den Wirtschaftsminister, aus Anlass der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Schwerin vom 23.08.2004 erwachsenen notwendigen Auslagen.

Gründe:

I.

1.

Der (inzwischen) Verurteilte wurde aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Schwerin vom 15.01.2004 wegen des dringenden Tatverdachts des Subventionsbetruges in Millionenhöhe am 28.01.2004 festgenommen. Durch Beschluss des Amtsgerichts Schwerin vom selben Tage wurde der Vollzug des Haftbefehls gem. §§ 116, 126 Abs. 2 StPO ausgesetzt. Dem Verurteilten wurde u. a. die Anweisung erteilt, 50.000 Euro Kaution sofort und weitere 50.000 Euro bis Freitag, den 06.02.2004, 10.00 Uhr, zu hinterlegen und dies nachzuweisen.

Der Verurteilte hinterlegte beim Amtsgericht Schwerin am 28.01.2004 zum Az. 78 HL 17/04 50.000 Euro und am 16.02.2004 zum Az. 78 HL 25/04 weitere 50.000 Euro.

Den erstgenannten Betrag trat der Verurteilte später durch schriftliche Erklärung vom 14.06.2004 an das Land Mecklenburg-Vorpommern ab.

Durch Beschluss vom 02.04.2004 ordnete die Große Strafkammer 4 des Landgerichts Schwerin gem. §§ 111 b Abs. 2 und 5, 111 d, 111 c Abs. 1 StPO i. V. m. §§73 Abs. 1 und 3, 73 a StGB den dinglichen Arrest in Höhe von 3 Millionen Euro in das Vermögen des Verurteilten an. Durch weiteren Beschluss vom 02.04.2004 pfändete die Kammer auf Antrag der Staatsanwaltschaft in Vollziehung des vorbezeichneten Arrestes die Forderung des Verurteilten auf Rückzahlung der bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts Schwerin zu den Az. 78 HL 17/04 und 78 HL 25/04 hinterlegten Beträge von je 50.000 Euro.

Am 15.06.2004, rechtskräftig seit dem 23.06.2004, verhängte die Große Strafkammer 4 gegen den Verurteilten wegen Subventionsbetruges eine Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung. Mit Beschluss ebenfalls vom 15.06.2004 hielt die Kammer den von ihr am 02.04.2004 angeordneten dinglichen Arrest gem. § 111 i StPO aufrecht, soweit die Kaution vom Verurteilten nicht durch seine Erklärung vom 14.06.2004 an das Land Mecklenburg-Vorpommern abgetreten worden war. Ferner ordnete die Kammer durch Beschluss ebenfalls vom 15.06.2004 zur Sicherung der Verfahrenskosten für das Land Mecklenburg-Vorpommern den dinglichen Arrest in das Vermögen des Verurteilten in Höhe von 23.000 Euro an.

Mit Schriftsatz seiner Verteidigerin vom 10.08.2004 legte der Verurteilte gegen den Pfändungsbeschluss vom 02.04.2004 und die Arrestbeschlüsse vom 15.06.2004 Beschwerde ein, soweit der dingliche Arrest und die Pfändung die Hinterlegung des Betrages von 50.000 Euro bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts Schwerin unter der Hinterlegungsnummer 78 HL 25/04 (Hinterlegung am 16.02.2004) betreffe. Zur Begründung dieses Rechtsmittels wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Arrest und die Pfändung seien unzulässig, da Rechte Dritter an dem hinterlegten Geldbetrag bestünden. Die Hinterlegung dieses Geldbetrages sei nämlich ausschließlich zum Zweck der Leistung einer Sicherheit für die Aussetzung des Haftbefehls gegen den Verurteilten durch die Schwester des Verurteilten erfolgt, die nunmehr nach Wegfall des Hinterlegungsgrundes den vollen Geldbetrag zurückfordere.

Durch Beschluss vom 01.09.2004 hob die Kammer - unter Nichtabhilfe der Beschwerde im Übrigen - ihren Pfändungsbeschluss vom 02.04.2004 auf, soweit die Pfändung die Forderung auf Rückzahlung des bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts Schwerin unter dem Az. 78 HL 25/04 am 16.02.2004 hinterlegten Betrages von 50.000 Euro betraf. Zur Begründung führte die Kammer im Wesentlichen aus, der Verurteilte habe mit der Beschwerde hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht, nicht er, sondern seine Schwester sei hinsichtlich der Forderung auf Rückzahlung dieses hinterlegten Kautionsbetrages materiell berechtigt. In der zwischen den Geschwistern geschlossenen Rückzahlungsvereinbarung, so die Kammer, sei "in der Sache eine Vorausabtretung des Rückzahlungsanspruches" zu sehen, "welche möglicherweise gegenüber der Hinterlegungsstelle und den anderen am Verfahren Beteiligten nicht bekannt gemacht werden sollte oder brauchte". Die Abtretung sei nach Auffassung der Kammer aus Rechtsgründen auch nicht ausgeschlossen.

Gegen den vorbezeichneten Beschluss wendet sich die Staatsanwaltschaft Schwerin mit ihrer Beschwerde vom 09.09.2004, soweit dieser die Aufhebung des Pfändungsbeschlusses vom 02.04.2004 zum Gegenstand hat.

2.

Zur Sicherung der aus der Tat resultierenden Schadensersatzansprüche erwirkte das Land Mecklenburg-Vorpommern, vertreten durch den Wirtschaftsminister, beim Landgericht Schwerin, 3. Zivilkammer, am 06.07.2004 einen dinglichen Arrest in das Vermögen des Verurteilten in Höhe einer (Teil-) Forderung von 100.000 Euro. Gleichzeitig erfolgte in Vollzug dieses Arrestes die Pfändung der Forderung auf Rückzahlung des am 16.02.2004 zum Az. 78 HL 25/04 hinterlegten Betrages von 50.000 Euro.

Mit an die Große Strafkammer 4 - Wirtschaftsstrafkammer - des Landgerichts Schwerin gerichteten Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 15.07.2004 beantragte das Land Mecklenburg-Vorpommern, gem. § 111 g Abs. 2 StPO die Pfändung der Forderung auf Rückzahlung des bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts Schwerin zum Az. 78 HL 25/04 hinterlegten Betrages von 50.000 Euro durch das geschädigte Land Mecklenburg-Vorpommern zuzulassen.

Die dazu angehörte Staatsanwaltschaft Schwerin erhob mit Verfügung vom 27.07.2004 gegen die beantragte Beschlussfassung keine Bedenken.

Mit Beschluss vom 23.08.2004 (34 KLs 3/04) wies die Große Strafkammer den Antrag des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 15.07.2004 auf Zulassung der Pfändung zurück. Begründet wurde die Entscheidung im Wesentlichen damit, dass das antragstellende Land nicht glaubhaft gemacht habe, dass der titulierte Anspruch aus der Straftat erwachsen sei (§ 111 g Abs. 2 Satz 3 StPO). Die Hauptverhandlung in der Strafsache habe nicht ergeben, dass sich der Verurteilte durch die Straftat persönlich bereichert habe. Inbesondere sei nicht festgestellt worden, dass die hinterlegte Kaution, soweit der Verurteilte sie nicht abgetreten hat, aus den unrechtmäßig erlangten Subventionen bestritten worden sei.

Gegen den vorbezeichneten, der Staatsanwaltschaft Schwerin und dem Land Mecklenburg-Vorpommern jeweils am 27.08.2004 zugestellten Beschluss wenden sich

- die Staatsanwaltschaft Schwerin mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 31.08.2004, beim Landgericht Schwerin am selben Tage eingegangen, sowie

- das Land Mecklenburg-Vorpommern, vertreten durch den Wirtschaftsminister, mit der sofortigen Beschwerde im Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 30.08.2004, beim Landgericht Schwerin am 02.09.2004 eingegangen.

II.

Die sofortige Beschwerde und die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Schwerin sowie die sofortige Beschwerde des Landes Mecklenburg-Vorpommern hatten den aus dem Tenor dieser Entscheidung ersichtlichen Erfolg; die Beschwerde des Verurteilten vom 10.08.2004 war demgegenüber vollumfänglich als unbegründet zu verwerfen.

1.

a)

Die sofortigen Beschwerden der Staatsanwaltschaft Schwerin und des Landes Mecklenburg-Vorpommern gegen den Beschluss des Landgerichts Schwerin vom 23.08.2004 (Zurückweisung des Antrags auf Zulassung der Pfändung der Forderung auf Rückzahlung des unter Az. 78 HL 25/04 beim Amtsgericht Schwerin hinterlegten Betrages in Höhe von 50.000 Euro) sind gem. § 111 g Abs. 2 Satz 2 StPO statthaft und innerhalb der Frist des § 311 Abs. 2 StPO eingelegt worden. Die Rechtsmittel erweisen sich auch im Übrigen als zulässig, da sowohl das Land Mecklenburg-Vorpommern als auch die Staatsanwaltschaft durch die angefochtene Entscheidung beschwert sind. Die Beschwer des Landes Mecklenburg-Vorpommern als Verletzten folgt schon daraus, dass ihrem Antrag nicht entsprochen worden ist (vgl. KK-Nack, StPO, 5. Aufl. § 111 g Rdz. 6).

Der Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde der Staatsanwaltschaft steht in der vorliegenden Fallkonstellation eine mangelnde Beschwer ebenfalls nicht entgegen. Denn für Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ist eine Beschwer im eigentlichen Sinne nicht erforderlich. Sie ist berechtigt und verpflichtet, nach ihrem pflichtgemäßen Ermessen Entscheidungen anzufechten, die - mögen sie jemand beschweren oder nicht - den Geboten der Rechtspflege nicht entsprechen (vgl. KK-Pfeiffer a. a. O. Einleitung Rdz. 141). Die Staatsanwaltschaft als Vertreterin des Interesses der Allgemeinheit an einer gesetzmäßigen Rechtsprechung kann grundsätzlich jeden Rechtsfehler rügen (KK-Engelhardt a. a. O. § 304 Rdz. 30). Selbst wenn man die Staatsanwaltschaft nur dann als beschwert und zur Einlegung eines Rechtsmittels nach § 111 g Abs. 2 Satz 2 StPO befugt ansehen wollte, wenn die Entscheidung nicht ihren Anträgen als am Verfahren Beteiligte (KK-Nack a. a. O. § 111 g Rdz. 5) entspricht (so ohne nähere Begründung LR-Schäfer, StPO, 25. Aufl. § 111 g Rdz. 15), so ist die Staatsanwaltschaft Schwerin auch unter diesem Aspekt vorliegend jedenfalls deshalb beschwert, weil die angefochtene Entscheidung nicht ihrer vor der Beschlussfassung abgegebenen Stellungnahme vom 27.07.2004 entspricht (a.A. - ohne jede Begründung - KK-Nack a.a.O.).

b)

Die sofortigen Beschwerden sind auch begründet und führen zur Aufhebung des angefochtenen landgerichtlichen Beschlusses vom 23.08.2004 sowie zu der in der Sache erforderlichen Entscheidung durch den Senat (§ 309 Abs. 2 StPO).

aa)

Wie die Beschwerdeführer zutreffend ausgeführt haben, ist Voraussetzung für die Zulassung der Pfändung gem. § 111 g StPO zunächst die Glaubhaftmachung eines dem Verletzten aus der Straftat erwachsenen Anspruchs, den dieser durch Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung durchsetzen kann. Es bedarf also eines zivilrechtlichen, mindestens vorläufig vollstreckbaren Titels oder der Anordnung des dinglichen Arrestes (vgl. KK-Nack a. a. O. § 111 g Rdz. 2). Diese Voraussetzungen sind gegeben.

In dieser Hinsicht hat das Land Mecklenburg-Vorpommern gegen den Verurteilten einen Schadensersatzanspruch wegen des zum Nachteil des Landes Mecklenburg-Vorpommern begangenen Subventionsbetruges, welcher Gegenstand der (inzwischen rechtskräftigen) Verurteilung vom 15.06.2004 ist. Aus diesem strafbaren Verhalten resultiert ein Schadensersatzanspruch gem. §§ 823 Abs. 2, 830 BGB i. V. m. §§ 264 Abs. 1, 263 StGB. Neben den Arrest- und Pfändungsbeschlüssen der Strafkammer vom 02.04.2004 hat das geschädigte Land zur Sicherung seiner Schadensersatzansprüche den Arrestbeschluss des Landgerichts Schwerin vom 06.07.2004 (3 O 285/04) - neu gefasst durch Beschluss vom 18.08.2004 - erwirkt.

bb)

Zur Sicherung der Schadensersatzansprüche des Landes Mecklenburg-Vorpommern war die Pfändung der Forderung auf Rückzahlung der Kaution von 50.000 Euro durch das Land Mecklenburg-Vorpommern gem. § 111 g Abs. 2 StPO zuzulassen. Entgegen der Auffassung der Strafkammer scheitert diese Entscheidung nicht daran, dass die streitgegenständliche Forderung auf Rückzahlung des Kautionsbetrages in Höhe von 50.000 Euro einem Dritten zustünde und deshalb die Pfändung dieser Forderung aufgrund des gegen das Vermögen des Verurteilten gerichteten dinglichen Arrestes ins Leere ginge.

(1)

Der dingliche Arrest i. S. d. § 111 d StPO dient der Sicherung von Zahlungsansprüchen der Staatskasse und/oder des durch die Straftat Verletzten gegenüber dem Vermögen des Beschuldigten. In Vollziehung eines dinglichen Arrestes werden Forderungen gepfändet (§ 930 Abs. 1 Satz 3 ZPO); der Pfändung unterliegt auch der Anspruch auf Herausgabe einer freigewordenen Sicherheit (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 47. Aufl. § 111 d Rdz. 1, 4, 14; § 123 Rdz. 5). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

(2)

Für eine Annahme, dass hier die Forderung Dritten, insbesondere der Schwester des Verurteilten zusteht und mithin nicht zum Vermögen des Verurteilten gehört, bestehen keine zureichenden Anhaltspunkte. Entgegen der Auffassung der Strafkammer steht fest, dass nicht die Schwester des Verurteilten, sondern dieser selbst Inhaber der gegen die Hinterlegungsstelle bestehenden Forderung auf Rückzahlung des am 16.02.2004 hinterlegten Betrages ist. Nach den vorgelegten Urkunden hat nämlich die Schwester des Verurteilten aus ihrem Vermögen diesem über seine Verteidigerin 50.000 Euro zur Verfügung gestellt, damit er der im Haftverschonungsbeschluss des Amtsgerichts Schwerin erteilten Auflage nachkommen konnte. Dementsprechend erklärten der Verurteilte bzw. seine Verteidigerin bereits bei der Verkündung des Haftbefehls am 28.01.2004 zu Protokoll:

" Mein Mandant ist bereit, eine Kaution in Höhe von 100.000 Euro zu stellen. Er ist in der Lage, noch heute 50.000 Euro einzuzahlen. Die Beschaffung der weiteren 50.000 Euro dürfte Mittwoch um 24.00 Uhr abgeschlossen sein. Die Einreichung eines Beleges wäre bis Freitagmorgen möglich. Bei dem Geld handelt es sich um meine eigenen Mittel, die ich für meine Altersvorsorge aufwenden wollte bzw. will".

Insoweit hat dann auch die Schwester des Verurteilten, Frau E. S.-R. aus Zürich in ihrer eidesstattlichen Erklärung vom 19. Juli 2004 u. a. ausgeführt (Hervorhebungen durch den Senat):

"Ich bin die Schwester von W. R. und habe ihm daher aus meinen persönlichen Ersparnissen zum Zwecke der Hinterlegung einer Kaution den Betrag von 50.000 Euro zur Verfügung gestellt. Ich habe diesen Betrag am 12.02.2004 von meinem Konto (...) auf das Anderkonto von Frau Rechtsanwältin C. G. bei (...) überwiesen.

Ich benötige nunmehr das Geld wieder selber".

Der Verurteilte selbst hat zwar in seiner eidesstattlichen Erklärung vom 26.07.2004 Folgendes ausgeführt:

"... hat sich meine Schwester, E. S.-R. , bereit erklärt, von ihren Ersparnissen den Restbetrag von 50.000 Euro als Sicherheit für die Aussetzung meines Haftbefehls zur Verfügung zu stellen. Dieser Betrag diente ausschließlich der Hinterlegung als Kaution, weil sich meine Schwester sicher war, dass ich mich der Strafverfolgung nicht entziehen werde. Somit war für sie klar, dass der hinterlegte Betrag von 50.000 Euro spätestens dann an sie zurückgezahlt wird, wenn mein Strafverfahren abgeschlossen ist bzw. bei Aufhebung des Haftbefehls ...";

aber in der weiteren eidesstattlichen Erklärung des Verurteilten vom 14.10.2004 heißt es wiederum:

" Die zweiten 50.000 Euro hat meine Schwester gestellt, damit die Aussetzung des Haftbefehls fortbestehen kann. Diesen Teil der Kaution hat meine Schwester von ihrem Konto (...) auf das Anderkonto meiner Verteidigerin überwiesen. Das wurde bereits nachgewiesen. Nach der Gutschrift auf dem Anderkonto holte aufgrund der Fristsetzung Frau Rechtsanwältin G. den Geldbetrag vom Konto ab und übergab entsprechend der Anweisung meiner Schwester mir das Geld in R. und ich habe das Geld für meine Schwester bei der Hinterlegungsstelle persönlich eingezahlt. ..."

Aus diesen Erklärungen ergibt sich für den Senat, dass Frau S. -R. ihrem Bruder den benötigten Geldbetrag darlehenshalber zur Verfügung gestellt hat, damit er für sich die Restkaution hat stellen können. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass, wie der Verurteilte und die Verteidigung jetzt behaupten, die Schwester des Verurteilten selbst gegenüber den Strafverfolgungsbehörden als Kautionsgeberin (und damit möglicherweise als Forderungsinhaberin auf Rückzahlung bezüglich des fraglichen Kautionsbetrages) aufgetreten sein könnte. Möglicherweise bestehende "geheime Vorbehalte" der Beteiligten im Sinne von § 116 BGB haben insoweit außer Betracht zu bleiben. Ausweislich des richterlichen Protokolls aus Anlass der Verkündung des Haftbefehls am 28.01.2004 haben der Verurteilte und seine Verteidigerin - wie bereits hervorgehoben - nämlich erklärt, der Verurteilte sei bereit, eine Kaution in Höhe von insgesamt 100.000 Euro zu stellen. Bei dem Geld handele es sich um seine eigenen Mittel. Der Verurteilte ist sodann in beiden Fällen der Hinterlegung von jeweils 50.000 Euro bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts Schwerin als Hinterleger aufgetreten und hat nicht die geringsten Anhaltspunkte erkennen lassen, er zahle - was auch in hohem Maße lebensfremd wäre - fremdes Geld in fremdem Namen für sich ein. Folgerichtig führte er in dem Vordruck für die Hinterlegung auch seine Schwester nicht als Empfangsberechtigte für den hinterlegten Betrag auf, obwohl der Vordruck dies unter Ziffer 4.) zugelassen hätte.

Auch nach der am 02.04.2004 erfolgten Pfändung der jetzt angeblich der Schwester des Verurteilten zustehenden Forderung auf Rückzahlung der 50.000 Euro ist dieses nicht etwa sogleich geltend gemacht worden, sondern erstmals andeutungsweise im Rahmen der Hauptverhandlung vom 14.06. bzw. 15.06.2004; ausdrücklich wurde solches erstmals im Beschwerdeschriftsatz der Verteidigerin vom 10.08.2004 vorgetragen. Auch diese festzustellende Chronologie der Ereignisse, insbesondere auch und gerade im Lichte der eigenen Erklärung der Schwester des Verurteilten, lässt den Verdacht aufkommen, dass nunmehr der Wahrheit zuwider ein Rechtskonstrukt vorgetragen werden soll, das die Forderung auf Rückzahlung der am 16.02.2004 hinterlegten 50.000 Euro dem Vermögen des Verurteilten und somit dem Zugriff seiner Gläubiger entzieht. (3)

Von daher war dem Antrag des Landes Mecklenburg-Vorpommern auf Zulassung der Pfändung zu entsprechen. Soweit die Strafkammer dies mit der Erwägung abgelehnt hat, die Hauptverhandlung habe nicht ergeben, dass sich der Verurteilte durch die Straftat persönlich bereichert hat und insbesondere sei nicht festgestellt worden, dass die hinterlegte Kaution aus den unrechtmäßig erlangten Subventionen bestritten worden sei, liegt dies neben der Sache. Entscheidend ist vielmehr, ob der dem Antrag nach § 111 g Abs. 2 StPO zugrunde liegende titulierte Anspruch aus der verfahrensgegenstandlichen Straftat erwachsen ist. Dies ist der Fall. Darauf, ob sich der Verurteilte durch die Straftat persönlich bereichert hat oder eine gepfändete Forderung aus dem strafbaren Verhalten des Verurteilten stammt, kommt es nicht an (vgl. dazu auch OLG Hamm NStZ 1999, 583); Zugriffsobjekt der Vollstreckung ist insoweit nämlich das gesamte (legal oder illegal erworbene) Vermögen des in Anspruch genommenen Beschuldigten.

c)

Nach alledem war der angefochtene Beschluss vom 23.08.2004 aufzuheben und im Wege der eigenen Sachentscheidung des Senats (§ 309 Abs. 2 StPO) die Pfändung der Forderung auf Rückzahlung des bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts Schwerin zu Az. 78 HL 25/04 am 16.02.2004 hinterlegten Betrages in Höhe von 50.000 Euro zugunsten des Landes Mecklenburg-Vorpommern zuzulassen.

2.

Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Schwerin vom 09.09.2004 gegen den Beschluss des Landgerichts Schwerin vom 01.09.2004 (Aufhebung des Pfändungsbeschlusses der Kammer vom 02.04.2004, soweit dieser die Pfändung der Forderung auf Rückzahlung des bei der Hinterlegungsstelle des Landgerichts Schwerin unter dem Az. 78 HL 25/04 am 16.02.2004 hinterlegten Betrages von 50.000 Euro betraf) ist gem. § 304 Abs. 1 StPO statthaft und zulässig.

Das Rechtsmittel erweist sich auch als begründet. Die Staatsanwaltschaft Schwerin verfolgt mit ihrem Rechtsmittel das Ziel, dass die von der Kammer mit Beschluss vom 02.04.2004 erfolgte Pfändung der Forderung auf Rückzahlung des am 16.02.2004 vom Verurteilten hinterlegten Betrages von 50.000 Euro aufrecht erhalten bleibt. Dem war zu entsprechen. Den von der Strafkammer im Beschluss vom 01.09.2004 aufgeführten Gründen kann nicht gefolgt werden. Es ist im Gegensatz zur Auffassung der Kammer gerade nichts dafür ersichtlich, dass nicht der Verurteilte, sondern seine Schwester hinsichtlich der Forderung auf Rückzahlung des hinterlegten Kautionsbetrages materiell berechtigt sein soll. Der Senat nimmt insoweit vollinhaltlich Bezug auf die vorstehenden Ausführungen unter II.1.b.bb(2).

Demgemäß unterlag auch der Beschluss vom 01.09.2004 der Aufhebung, soweit durch diesen die mit Beschluss der Kammer vom 02.04.2004 erfolgte Pfändung der Forderung des Verurteilten auf Rückzahlung des von ihm bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts Schwerin unter dem Az. 78 HL 25/04 am 16.02.2004 hinterlegten Betrages von 50.000 Euro aufgehoben worden ist. Lediglich zur Klarstellung hat der Senat darüber hinaus festgestellt, dass damit die am 02.04.2004 erfolgte Pfändung der vorbezeichneten Forderung fortbesteht.

3.

Die Beschwerde des Verurteilten vom 10.08.2004, welche sich gegen den Pfändungsbeschluss vom 02.04.2004 und die Arrestbeschlüsse vom 15.06.2004 richtet, ist gem. § 304 Abs. 1 StPO statthaft und zulässig.

Die Beschwerde ist hinsichtlich der Arrestbeschlüsse vom 15.06.2004 unbegründet aus den zutreffenden Erwägungen der Strafkammer in ihrer Nichtabhilfeentscheidung vom 01.09.2004, auf die der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen vollinhaltlich Bezug nimmt (vgl. II.2. des Beschlusses der Großen Strafkammer 4 - Wirtschaftsstrafkammer - des Landgerichts Schwerin vom 01.09.2004 - 34 KLs 3/04).

Die Beschwerde des Verurteilten hinsichtlich des Pfändungsbeschlusses der Kammer vom 02.04.2004 konnte aus den bereits genannten Erwägungen heraus, aus denen eine Fremdberechtigung hinsichtlich der streitgegenständlichen Forderung auszuschließen war, keinen Erfolg haben.

Die Beschwerde des Verurteilten vom 10.08.2004 war von daher als unbegründet zu verwerfen.

III.

Die Kosten- und Auslagenentscheidung folgt aus §§ 465, 473 StPO.

IV.

Diese Entscheidung des Senats ist nicht weiter anfechtbar, § 304 Abs. 4 Satz 2 StPO.

Ende der Entscheidung

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