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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 17.12.2004
Aktenzeichen: 1 U 90/04
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, InsO


Vorschriften:

BGB § 611
BGB § 675
ZPO § 256
InsO § 61
1. Führt die Geschäftsführerin eines Insolvenzschuldners in Abstimmung mit dem Insolvenzverwalter ihre Tätigkeit fort, so ist mangels näherer Vereinbarungen nicht ohne weiteres davon auszugehen, dass ihr Vergütung nur bei Erzielung von Unternehmensgewinnen zusteht. Ungeachtet dessen ist allerdings ein Recht des Insolvenzverwalters zur Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses anzunehmen, soweit er als Insolvenzverwalter die Weiterbeschäftigung nicht mehr verantworten kann.

2. Kündigt der Insolvenzverwalter nicht, haftet er bei Masseunzulänglichkeit für eingegangenen Verbindlichkeiten gemäß § 61 InsO persönlich auf das negative Interesse

3. Nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit kann eine Masseverbindlichkeit nur noch im Wege der Feststellungsklage verfolgt werden.


Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

1 U 90/04

verkündet am: 17. Dezember 2004

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 29. November 2004 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das am 16. April 2004 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg geändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der V.-Bank AG, Zentralbereich Kredit, gegenüber dem Beklagten in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter eine Masseforderung in Höhe von 8.000,00 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 3. Februar 2003 zusteht, die nach dem Rang des § 209 Abs. 1 Ziff. 3 InsO zu befriedigen ist.

Der Beklagte persönlich wird verurteilt, an die V.-Bank AG, Zentralbereich Kredit, 4.000,00 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 3. Februar 2003 zu zahlen.

Der Beklagte haftet persönlich und als Insolvenzverwalter gesamtschuldnerisch.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Gerichtskosten des ersten Rechtszuges tragen die Klägerin zu 66,7 %, der Beklagte in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter zu 22,2 % und der Beklagte persönlich zu 11,1 %. Von den außergerichtlichen Kosten des ersten Rechtszuges tragen die Klägerin 66,7% derjenigen des Beklagten in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter und 66,7 % derjenigen des Beklagten persönlich sowie 66,7 % ihrer eigenen, der Beklagte in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter 22,2 % derjenigen der Klägerin sowie 33,3 % der eigenen und der Beklagte persönlich 11,1 % derjenigen der Klägerin sowie 33,3 % der eigenen.

Die Gerichtskosten des Berufungsrechtszuges tragen die Klägerin zu 55,9 %, der Beklagte in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter zu 18,5 % und der Beklagte persönlich zu 25,6 %. Von den außergerichtlichen Kosten im Berufungsrechtszug tragen die Klägerin 80 % derjenigen des Beklagten in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter und 66,7 % derjenigen des Beklagten persönlich sowie 55,9 % ihrer eigenen, der Beklagte in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter 18,5 % derjenigen der Klägerin sowie 20 % der eigenen und der Beklagte persönlich 25,6 % derjenigen der Klägerin sowie 33,3 % der eigenen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten als Insolvenzverwalter die Feststellung des Bestehens einer Masseforderung und von dem Beklagten persönlich Schadensersatz wegen der Verletzung seiner Pflichten als Insolvenzverwalter.

Die Klägerin war Mehrheitsgesellschafterin und Geschäftsführerin der in Zahlungsschwierigkeiten geratenen M. Therapiezentrum (gemeinnützige) GmbH (nachfolgend Schuldnerin). Mit Beschluss des Amtsgerichts H. vom 6. März 2002 wurde der Beklagte zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Die Parteien einigten sich, den Geschäftsbetrieb nicht einzustellen, sondern ihn unter Leitung der Klägerin und Fortsetzung ihrer Tätigkeit als Heilpraktikerin weiterzuführen. Die Klägerin sollte dafür monatlich 2.000,00 € erhalten. Mit Beschluss des Amtsgerichts H. vom 1. Juni 2002 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin bestellt. Zunächst zahlte er der Klägerin für die Monate Juni und Juli 2002 jeweils 2.000,00 €. Dann stellte er die Zahlungen an die Klägerin unter Hinweis darauf ein, es stünden keine ausreichenden Geldbeträge mehr zur Verfügung. Die Klägerin führte ihre Tätigkeit gleichwohl zunächst fort. Ende Januar 2003 wurde der Betrieb eingestellt. Mit Schreiben vom 20. Januar 2003 forderte die Klägerin den Beklagten zur Zahlung der rückständigen Vergütung für die Monate August 2002 bis Januar 2003 auf, was der Beklagte mit Schreiben vom 3. Februar 2003 ablehnte. Am 1. April 2003 zeigte der Beklagte gegenüber dem Amtsgericht H. schriftlich die Masseunzulänglichkeit an. Dies veröffentlichte das Amtsgericht am 3. April 2003.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird, hat das Landgericht gegenüber dem Beklagten als Insolvenzverwalter eine Masseforderung von 12.000,00 € festgestellt und ihn persönlich zur Zahlung von 12.000,00 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 3. Februar 2003 verurteilt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Anspruch gegen den Beklagten ergebe sich aus der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung. Der Beklagte habe nicht bewiesen, dass die Vergütungszusage nur so lange habe gelten sollen, wie entsprechende Einnahmen erzielt würden bzw. die Insolvenzmasse die Entnahme derartiger Beträge zugelassen habe. Eine derartige Einschränkung sei weder vereinbart worden, noch sei sie für beide Seiten selbstverständlich und klar gewesen. Da der Beklagte für die Vereinbarung einer als auflösende Bedingung anzusehenden Einschränkung beweispflichtig sei, gehe die Nichterweislichkeit zu seinen Lasten. Der Klägerin stehe weiterhin ein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten persönlich zu. Er habe nicht hinreichend dargelegt, dass die Nichterfüllbarkeit der klägerischen Forderung bei Eingehung der Verbindlichkeit nicht vorhersehbar gewesen sei.

Mit der Berufung beantragt der Beklagte, das angefochtene Urteil zu ändern und (bei Klagabweisung im Übrigen)

1. festzustellen, dass der Klägerin ihm gegenüber in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter eine Masseforderung in Höhe von 7.500,00 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 3. Februar 2003 zusteht, die nach dem Rang des § 209 Abs. 1 Ziffer 3 InsO zu befriedigen ist,

2. die gegen ihn persönlich gerichtete Klage abzuweisen.

Er trägt zur Begründung vor, das Landgericht hätte die Vereinbarung dahingehend auslegen müssen, dass der Zahlungsanspruch mindestens von einem in ausreichender Höhe bestehenden Gesamtgewinn habe abhängig sein sollen. Dies folge aus dem Gesamtzusammenhang und aus der Natur der Vereinbarung als solcher. Die Klägerin sei freiberuflich als Heilpraktikerin tätig gewesen und nicht etwa als Angestellte der Schuldnerin. Man habe ein gemeinsames Interesse an der Betriebsfortführung gehabt und dieses davon abhängig gemacht, dass die Klägerin für den Betrieb weiterhin als Heilpraktikerin tätig sein und ihre Umsätze aus dieser Tätigkeit der Schuldnerin zur Verfügung stellen würde. Die Klägerin selbst habe vor dem Landgericht darauf hingewiesen, dass aus ihrer Heilpraktikertätigkeit immer noch ein Gewinn verbleiben würde, der oberhalb von 2.000,00 € liegen würde. Bei diesem Betrag habe es sich nicht etwa um ein Gehalt oder eine dienstvertragliche Vergütung, sondern um einen Gewinnanteil gehandelt, der ihr nach Begleichung der Kosten für die Betriebsfortführung habe verbleiben sollen. Ein Gewinn liege aber nur vor, wenn die Umsatzerlöse höher seien als die Kosten. Dies sei ab August 2002 nicht mehr der Fall gewesen. Die Klägerin selbst habe die mit dem Beklagten getroffene Vereinbarung mit Schreiben vom 3. Dezember 2002 (Bl. 317 f d.A.) fristlos gekündigt, so dass zumindest für die Monate Dezember 2002 und Januar 2003 keine Zahlungen mehr zu erbringen gewesen seien. Die Klägerin habe im Dezember 2002 und Januar 2003 nicht mehr für die Schuldnerin gearbeitet, sondern sei ihrer Heilpraktikertätigkeit in eigenen Praxisräumen nachgegangen. Persönlich hafte er, der Beklagte, nicht, da ein möglicher Schadensersatzanspruch sich auf das negative Interesse beschränke, das die Klägerin nicht hinreichend dargetan habe. Sie habe vielmehr das Erfüllungsinteresse eingeklagt.

Außerdem habe er seine Pflichten als Insolvenzverwalter nicht verletzt. Er habe seine Entscheidung, die Klägerin weiter zu beschäftigen, aufgrund der von ihr selbst aufgestellten Kalkulation getroffen, wonach ausreichende Einkünfte aus ihrer Heilpraktikertätigkeit zu erwarten gewesen seien. Eine schriftliche Liquiditätsberechnung habe er nicht vorgenommen und sie sei auch nicht veranlasst gewesen. Er habe vor dem Hintergrund monatlicher Umsatzerlöse in Höhe von 20.000,00 DM bis 25.000,00 DM zu Recht davon ausgehen dürfen, die Masseverbindlichkeiten bezahlen zu können. Die Kostensituation der Schuldnerin sei zur Zeit der Betriebsfortführung im Sommer des Jahres 2002 durchaus überschaubar gewesen. Die Umsatzeinbrüche, welche die Klägerin selbst beklagt habe, habe er nicht voraussehen können. Ein Anspruch der Klägerin sei schließlich wegen deren überwiegenden Mitverschuldens ausgeschlossen. Spätestens nach seinem, des Beklagten, Hinweis darauf, dass er die vereinbarten Zahlungen nicht mehr fortführen könne, hätte die Klägerin von sich aus von der Fortsetzung ihrer Tätigkeit für die Schuldnerin Abstand nehmen müssen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.

Das Amtsgericht H. hat am 28. Juli 2004 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zu Gunsten der V.-Bank AG in Hamburg erlassen (Bl. 417, 418 d.A.), wonach der Beklagte als Drittschuldner die Ansprüche aus dem angefochtenen Urteil nicht mehr gegenüber der Klägerin mit befreiender Wirkung erfüllen darf, sondern sie an die Gläubigerin, V.-Bank AG in Hamburg, Zentralbereicht Kredit, auszuzahlen hat.

Auf Antrag der Klägerin hat das Amtsgericht H. ferner mit Beschluss vom 21. Oktober 2004 - 10 IN 161/04 - (Bl. 446 d.A.) eine vorläufige Insolvenzverwalterin über das Vermögen der Klägerin bestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung hat zum Teil Erfolg.

Soweit der Beklagte als Insolvenzverwalter auf Feststellung einer Masseforderung in Anspruch genommen wird, ist die Klage nicht nur in Höhe des mit der Berufung nicht angegriffenen Betrage von 7.500 € nebst Zinsen, sondern in Höhe von 8.000 € nebst Zinsen begründet, nicht jedoch, wie vom Landgericht angenommen, in Höhe von 12.000 €. Deshalb hat die Berufung im Umfang von 4.000 €, nicht aber im Umfang der beantragten 4.500 € Erfolg (2.).

Außerdem schuldet der Beklagte persönlich Schadenersatz nach § 61 InsO, jedoch wegen eines Mitverschuldens der Klägerin nur in Höhe von 4.000 € und nicht, wie beantragt, in Höhe von 12.000 €. Die Klage war daher insoweit auf die Berufung hin zum Teil abzuweisen (3.).

1.

Der Beschluss des Amtsgerichts H. vom 21. Oktober 2004 - 10 IN 161/04 -, mit dem gemäß §§ 21, 22 InsO eine vorläufige Insolvenzverwalterin für das Vermögen der Klägerin bestellt worden ist, hat nicht zur Unterbrechung des Rechtsstreits nach § 240 Satz 2 ZPO geführt. Denn der vorläufigen Insolvenzverwalterin ist nicht die Verfügungsbefugnis über das Vermögen der Klägerin eingeräumt worden; sie ist nicht zur allgemeinen Vertreterin der Klägerin bestellt worden.

Wegen des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses des Amtsgerichts H. vom 28. Juli 2004 darf die Klägerin jedoch nicht mehr auf Feststellung zu ihren Gunsten oder auf Leistung an sich klagen, sondern nur noch zu Gunsten der Pfandgläubigerin, der V.-Bank. Der zeitlich spätere Beschluss des Amtsgerichts H. nach §§ 21, 22 InsO ändert daran nichts; denn der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 28. Juli 2004 ist ersichtlich mehr als einen Monat vor dem Insolvenzantrag der Klägerin erlassen worden und damit außerhalb der Monatsfrist des § 88 InsO. Die Pfändung und die Überweisung werden deshalb auch bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin nicht wirkungslos werden.

Die Klagebefugnis der Klägerin ist gemäß § 265 ZPO durch die Überweisung ihrer Ansprüche an die V.-Bank nicht berührt worden. Der durch die Überweisung veränderten Rechtslage ist durch die zulässige Antragsänderung zu Gunsten der V.-Bank Rechnung getragen worden.

2.

Der - jetzt der V.-Bank überwiesene - Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten als Insolvenzverwalter ergibt sich aus einem zwischen den Parteien vereinbarten entgeltlichen Geschäftsbesorgungsvertrag gemäß §§ 675, 611 BGB. Er ist aber beschränkt auf die Monate August bis November 2002, weil der Vertrag durch Kündigung der Klägerin Anfang Dezember 2002 beendet worden ist.

Der Anspruch wird zutreffend mit dem Feststellungsantrag verfolgt. Nachdem der Beklagte am 1. April 2003 gegenüber dem Insolvenzgericht die Masseunzulänglichkeit angezeigt hat, kommt eine Leistungsklage nicht mehr in Betracht. Die Klägerin hat in dieser Lage nur noch die Möglichkeit der gegen die Masse gerichteten Feststellungsklage (BGH ZIP 2003, 914).

Die Parteien waren sich darüber einig, den Betrieb trotz der Insolvenzeröffnung fortzuführen, um seinen Wert zu erhalten und so besser einen Investor finden zu können. Die Klägerin hat unwidersprochen vorgetragen, dass es ihr rechtlich nicht möglich gewesen sei, zu diesem Zweck ihre Tätigkeit als Heilpraktikerin im Betrieb der Schuldnerin als Angestellte des Beklagten auszuüben. Sie habe deshalb vorgeschlagen, die Einnahmen aus ihrer Tätigkeit selbst über ein eigenes Konto abzurechnen, davon 2.000 € für ihren Lebensunterhalt und für Versicherungen zu behalten und den Rest an die vom Beklagten verwaltete Insolvenzmasse zu überweisen. Der Beklagte sei jedoch mit Rücksicht auf die Banken damit nicht einverstanden gewesen, da er auf alle Einnahmen unmittelbar habe zugreifen müssen. Deshalb sei vereinbart worden, dass sie, die Klägerin, alles an den Beklagten abführen und von ihm monatlich 2.000 € erhalten solle. So ist es unstreitig auch in den Monaten Juni und Juli 2002 gehandhabt worden.

Damit haben die Parteien aber vereinbart, dass die Klägerin im Interesse der Fortführung des vom Beklagten verwalteten schuldnerischen Betriebes und zu Gunsten dieses Betriebes selbstständig Dienste höherer Art, etwa in Art einer Geschäftsführerin der Schuldnerin, leisten und dafür aus den Betriebseinnahmen ein monatliches Entgelt erhalten sollte.

Der Einwand des Beklagten, diese Vereinbarung mit der Klägerin sei unter der Bedingung geschlossen worden, dass monatlich ein Gewinn von mindestens 2.000 € erzielt werde, ist im Ergebnis unerheblich. Wenn die Parteien darüber streiten, muss die Klägerin zwar darlegen und ggf. beweisen, dass ihr die Vergütung bedingungslos zugesagt worden ist. Das hat sie aber auch getan. Nach ihrer Darstellung ist in dem entscheidenden Gespräch mit dem Beklagten über die Fortführung des Betriebes die Vergütung nicht von einer Bedingung abhängig gemacht worden. Der Beklagte hat das, obwohl er selbst das Gespräch geführt hat, nicht wirksam bestritten. Er hat bei seiner persönlichen Anhörung vor dem Landgericht erklärt, er könne nicht mehr sagen, ob in dem ersten Gespräch, in dem über die Vergütung von 2.000 € gesprochen worden sei, von ihm verständlich und deutlich gemacht worden sei, dass dies nur so lange gelten solle, wie entsprechende Einnahmen in die Insolvenzmasse einfließen würden. Es ist deshalb nach § 138 Abs. 3, 4 ZPO davon auszugehen, dass entsprechend dem Vortrag der Klägerin der Vertrag ursprünglich ohne ausdrückliche Bedingung geschlossen worden ist. Das stimmt mit der Aussage des vom Landgericht als Zeugen vernommenen Ehemannes der Klägerin überein.

Dass später in Änderung der ursprünglichen Abmachung eine Bedingung vereinbart worden ist, müsste der Beklagte beweisen. Das ist ihm, wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, nicht gelungen.

Der Beklagte ist allerdings der Ansicht, dass sich die von ihm geltend gemachte Bedingung aus den Umständen ergeben habe. Bei seiner persönlichen Anhörung vor dem Landgericht hat er dementsprechend erklärt, er denke, dass es der Klägerin immer klar gewesen sei, dass sie das Entgelt nur dafür erhalte, dass entsprechende Einnahmen aus ihrer Heilpraktikertätigkeit in die Insolvenzmasse fließen würden. Das trifft aber nicht zu. Nach den oben geschilderten Umständen der Vereinbarung, die der Beklagte nicht substantiiert bestritten hat, sollte die Klägerin im Interesse einer möglichst günstigen Abwicklung des Insolvenzverfahrens mit ihrer Tätigkeit den Betrieb aufrechterhalten und im Gegenzuge gegen Abführung aller Einnahmen an den Beklagten von ihm eine monatliche Vergütung erhalten. Die finanzielle Verantwortung für die Weiterführung des schuldnerischen Betriebes sollte also beim Beklagten liegen. Aus der Sicht der Klägerin konnte das nur bedeuten, dass sie solange die zugesagte Vergütung erhalten würde, wie der Beklagte in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter die Weiterführung des Betriebes und die Zahlung der zugesagten Vergütung verantworten konnte. Das bedeutet nach den Umständen aber auch, dass der Beklagte jederzeit sollte kündigen können, möglicherweise sogar ohne Einhaltung der zweiwöchigen Frist nach § 621 Nr. 3 BGB, wenn er die Klägerin aus der Masse nicht mehr bezahlen konnte. Eine weitergehende Vertragsauslegung im Sinne der vom Beklagten geltend gemachten Bedingung erscheint aufgrund der von den Parteien vorgetragenen Umstände nicht möglich.

Der Beklagte hat die Vereinbarung nicht gekündigt. Eine konkludente Kündigung kann insbesondere nicht darin gesehen werden, dass er die ihm von der Klägerin vorgelegten Überweisungsaufträge für die Monate August und September nicht mehr ausgeführt und ihr gesagt hat, sie wisse doch, dass kein Geld da sei. Denn wie sich aus seiner persönlichen Anhörung vor dem Landgericht ergibt, hat er auch darauf hingewiesen, dass die Situation vielleicht besser werde und man darüber reden könne. Das musste die Klägerin dahin verstehen, dass sie ihre Tätigkeit für den schuldnerischen Betrieb nicht einstellen müsse, sondern fortsetzen könne. Damit ist eine Kündigung nicht ausgesprochen worden. Der Beklagte hätte die Klägerin unmissverständlich zur Beendigung ihrer Tätigkeit auffordern müssen, was nicht geschehen ist.

Die Beendigung des Vertragsverhältnisses hat aber die Klägerin mit ihrem Schreiben an den Beklagten vom 3. Dezember 2002 (Bl. 317 f. d.A.) herbeigeführt. Darin hat sie durch drucktechnische Hervorhebung darauf hingewiesen, nicht mehr in der Lage zu sein, ihre Honorare dem Beklagten zur Verfügung zu stellen. Da die Abführung ihrer Einnahmen an die Insolvenzmasse ein wesentlicher Bestandteil der Vereinbarung der Parteien war, ist in der ausdrücklichen Beendigung dieser Zahlungen durch die Klägerin auch dann eine Kündigung zu sehen, wenn die Klägerin gleichwohl weitergearbeitet haben sollte. Deshalb besteht eine Masseforderung nur in Höhe von je 2.000 € für die Monate August bis November 2002, also in Höhe von 8.000 €.

3.

Daneben schuldet der Beklagte persönlich der Klägerin Schadenersatz nach § 61 InsO. Nach dieser Bestimmung ist der Insolvenzverwalter zum Schadenersatz verpflichtet, wenn eine von ihm eingegangene Masseverbindlichkeit aus der Insolvenzmasse nicht voll erfüllt werden kann. Wegen der vom Beklagten angezeigten Masseunzulänglichkeit ist das der Fall.

Nach § 61 Satz 2 InsO tritt die Schadenersatzpflicht aber nicht ein, wenn der Verwalter bei der Begründung der Verbindlichkeit nicht erkennen konnte, dass die Masse voraussichtlich zur Erfüllung nicht ausreichen würde. Die Masseunzulänglichkeit ist für den Beklagten jedoch nicht überraschend und nicht unvorhersehbar gewesen. Ab August 2002 hat er nicht mehr zahlen können, ohne der Klägerin deshalb gekündigt zu haben. Dass diese Entwicklung überraschend erst im August begonnen hat, hat der Beklagte nicht substantiiert dargelegt.

Der Schadenersatzanspruch nach § 61 InsO ist grundsätzlich auf das negative Interesse gerichtet. Der Gläubiger ist also so zu stellen, als ob er den Vertrag mit dem Insolvenzverwalter nicht geschlossen hätte (BGH NJW 2004, 3334).

Es ist davon auszugehen, dass die Klägerin ohne die Vereinbarung mit dem Beklagten ihre Tätigkeit als Heilpraktikerin außerhalb des Betriebes der Schuldnerin ausgeübt und dabei mindestens 2.000 € in den Monaten August bis November 2002, also 8.000 €, verdient hätte. Sie hat dargelegt, dass sie nach Einstellung des schuldnerischen Betriebes wieder selbstständig tätig ist und dabei im Jahr 2003 unter Berücksichtigung betrieblicher Ausgaben und der privaten Krankenversicherung durchschnittlich monatlich 2.494 € verdient hat. Das stimmt im Wesentlichen mit ihren als richtig versicherten Angaben im Prozesskostenhilfeverfahren, deren Einzelheiten hier nicht mitgeteilt werden können, überein. Dass dies zuverlässige und glaubhafte Angaben sind, folgt auch daraus, dass sich der Beklagte bei Kenntnis der Unterlagen der Schuldnerin auf die Vereinbarung eines Entgeltes von 2.000 € monatlich eingelassen und dies zwei Monate lang auch gezahlt hat. Der Beklagte hat ferner im ersten Rechtszug angegeben, es seien in der gesamten Zeit von der Insolvenzeröffnung bis zur Schließung der Hoftherme Einnahmen in Höhe von 23.000 € erzielt worden. Da die Hoftherme erst im Herbst wiedereröffnet worden und es alsbald danach wegen des Defektes einer Pumpe zur endgültigen Schließung gekommen ist, werden die Einkünfte aus der Hoftherme zu vernachlässigen sein. Auch das deutet auf mögliche durchschnittliche Einnahmen für die Heilpraktikertätigkeit von mindestens 2.000 € im Monat hin. Auf diesen Grundlagen schätzt der Senat nach § 287 ZPO das negative Interesse, das die Klägerin an der Vereinbarung mit dem Beklagten hatte, auf die von ihr angegebenen 2.000 € monatlich.

Zu Gunsten des Beklagten ist jedoch nach § 254 BGB ein hälftiges Mitverschulden der Klägerin zu berücksichtigen. Das Mitverschulden der Klägerin an der Entstehung des Schadens liegt darin, dass sie es versäumt hat, den Schaden abzuwenden, obwohl ihr die negative Entwicklung des schuldnerischen Betriebes und damit auch des Bestandes der Insolvenzmasse hat bewusst gewesen sein müssen. Bei ihrer Anhörung im ersten Rechtszug hat sie erklärt, sich natürlich auch Gedanken gemacht zu haben, dass genug an Einnahmen hereinkommen müsse. Sie sei auch über die finanzielle Situation informiert gewesen und habe um das Problem gewusst. Die Klägerin muss damit selbst bemerkt haben, dass die Umsatzerlöse hinter ihren Erwartungen zurückblieben und schließlich nicht mehr ausreichten. Auch sie hätte den Vertrag mit dem Beklagten daher früher beenden können und müssen.

Wegen des guten Einblicks der Klägerin in die betriebliche Struktur und Situation der Schuldnerin geht der Senat von einem hälftigen Mitverschulden aus, so dass sich der Schadenersatzanspruch der Höhe nach auf 4.000 € beschränkt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO. Das Urteil ist nach §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO vorläufig vollstreckbar.

Ende der Entscheidung

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