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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 03.09.2007
Aktenzeichen: 1 W 37/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 269 Abs. 3
Bei teilweiser Klagrücknahme sind die Kosten nach der Mehrkostenmethode zu quoteln. Hierzu sind die Mehrkosten betragsmäßig zu ermitteln und in das Verhältnis zu den tatsächlich entstandenen Kosten zu setzen.
1 W 37/07

Beschluss

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in am 3. September 2007 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Einzelrichters der 18. Zivilkammer des Landgerichts Kiel wird auf seine Kosten nach einem Beschwerdewert von bis zu 600,-- € zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Klägerin hat die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von ca. 15.000,-- € begehrt. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung nach Antragstellung einen Teilbetrag von ca. 12.000,-- € anerkannt. Die Klägerin hat die darüber hinausgehende Klage sodann mit Zustimmung des Beklagten zurückgenommen. Das Landgericht hat ein Teilanerkenntnis- und Kostenschlussurteil erlassen, durch das es den Beklagten zur Zahlung des anerkannten Betrages verurteilt und die Kosten zu 8 % der Klägerin und zu 92 % dem Beklagten auferlegt hat. Dagegen wendet sich der Beklagte mit seiner sofortigen Beschwerde, mit der er eine Kostentragungspflicht der Klägerin zu mindestens 20 % erstrebt.

II.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 99 Abs. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden. Der Beschwerdewert übersteigt den Wert von 200,-- € (§ 567 Abs. 2 ZPO). Der Wert der Hauptsache ist höher als 600,-- € (§ 511 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO).

Die sofortige Beschwerde ist jedoch unbegründet, denn das Landgericht hat der Klägerin zu Recht nicht mehr als 8 % der Kosten auferlegt.

Nach Teilanerkenntnis und Teilrücknahme ist eine einheitliche Kostenentscheidung im Urteil zu treffen. Wegen des Grundsatzes der Kosteneinheit sind die auf die Rücknahme entfallenden Kosten, die gemäß § 269 Abs. 3 ZPO der Kläger zu tragen hat, nicht auszusondern, sondern es ist nach ganz herrschender Meinung einheitlich durch Schlussurteil zu entscheiden und eine Kostenquote zu bilden. Dabei ist die Quote nicht einfach nach dem Verhältnis des zurückgenommenen Teils zu dem Gesamtstreitwert zu bilden, weil dabei unberücksichtigt bleiben würde, dass die später im Verlaufe des Rechtsstreits anfallenden Gebühren ggf. nach einem geringeren Streitwert zu berechnen sind. Wie die Quote stattdessen zu berechnen ist, ist umstritten.

Nach einer Auffassung (Schneider, Die Kostenentscheidung im Zivilurteil, 2. Aufl., S. 197 ff.) entspricht die Teilrücknahme einem Teilunterliegen gemäß § 92 Abs. 1 ZPO. Für jede Gebühr sei eine dem Streitwert und dem Unterliegen bzw. Obsiegen angepasste Quote zu bilden und der Anteil betragsmäßig zu ermitteln. Die so ermittelten Beträge seien anschließend zu addieren und in das Verhältnis zu den tatsächlich entstandenen Gesamtkosten zu setzen. Daraus ergebe sich die auszusprechende Kostenquote.

Nach anderer Auffassung (Anders/Gehle, Das Assessorexamen im Zivilrecht, 6. Aufl., Rn. 174 m.w.N.) wird die Kostenquote dadurch ermittelt, dass die Mehrkosten, die auf den zurückgenommenen Teil entfallen, errechnet und diese in das Verhältnis zu den tatsächlich entstandenen Kosten gesetzt werden.

Der Senat folgt der zweiten Meinung. Nach der ersten Meinung würde der Beklagte allein dadurch besser gestellt, dass der Kläger zunächst mehr als den anerkannten Betrag verlangt. Dafür ist kein Grund ersichtlich. Zudem würde nach der ersten Methode für den Kläger der Anreiz für eine teilweise Klagrücknahme entfallen. Schließlich liegt - anders als bei einem Teilunterliegen - keine der Rechtskraft fähige Entscheidung über den zurückgenommenen Teil vor, weil bei einer Klagrücknahme rückwirkend die Rechtshängigkeit entfällt. Eine von der Gegenmeinung angenommene Vergleichbarkeit von Teilrücknahme und Teilunterliegen ist daher nicht gegeben.

Nach der Mehrkostenmethode hat das Landgericht der Klägerin die Kosten mit 8 % zumindest nicht zu einem zu niedrigen Anteil auferlegt.

Auf der Grundlage eines Streitwertes von 15.183,14 € sind vorliegend folgende Gebühren entstanden:

- 1 Gebühr nach GKG KV 1211 à 242,-- € = 242,00 €

- 2 x 1,3 Gebühren nach RVG KV 3100 à 735,80 € = 1.471,60 €

- 2 x 1,2 Gebühren nach RVG KV 3104 à 679,20 € = 1.358,40 €

zusammen 3.072,00 €.

Auf der Grundlage des um den zurückgenommenen Teil reduzierten Streitwertes in Höhe von 12.006,-- € wären folgende Gebühren entstanden:

- 1 Gebühr nach GKG KV 1211 à 219,00 € 219,00 €

- 2 x 1,3 Gebühren nach RVG KV 3100 à 683,80 €= 1.367,60 €

- 2 x 1,2 Gebühren nach RVG KV 3104 à 631,20 € = 1.262,40 €

zusammen 2.849,00 €.

Die Mehrkosten in Höhe von 223,-- € machen nicht mehr als 8 % der tatsächlich angefallenen Kosten aus, so dass die sofortige Beschwerde unbegründet ist.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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