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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 10.06.2004
Aktenzeichen: 11 U 173/02
Rechtsgebiete: BeurkG, BNotO


Vorschriften:

BeurkG § 17
BNotO § 19
1. Zur Belehrungspflicht des Notars bei Kaufverträgen, die ein mit einem Zwangsversteigerungsvermerk belastetes Grundstück betreffen.

2. Zur Belehrungspflicht des Notars betreffend die wirtschaftlichen Ziele der Urkundsbeteiligten.

3. Zur doppelten Belehrungspflicht des Notars bei ungesicherten Vorleistungen (hier: Verpflichtung des Verkäufers zur Tragung der Grunderwerbssteuer).

4. Zur anderweitigen Ersatzmöglichkeit im Sinne des § 19 I 2 BNotO bei Rechtsverfolgung im Ausland (hier: Aufenthalt des Schuldners in Schottland).


Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil Im Namen des Volkes

11 U 173/02

verkündet am: 10. Juni 2004

hat der 11. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 18. Mai 2004

für Recht erkannt:

Tenor:

Das Versäumnisurteil des Senats vom 10. Februar 2004 bleibt mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen wird.

Die Kläger tragen auch die weiteren Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Kläger nehmen den Beklagten aus Notaramtshaftung mit dem Vorwurf in Anspruch, er habe ihnen als Käufern gegenüber bei der Beurkundung eines Grundstückskaufvertrages seine Pflichten verletzt. Hinsichtlich der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien und ihrer dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Der Beklagte habe zwar seine Pflicht verletzt, weil er die Kläger nicht über den Zwangsversteigerungsvermerk, der im Grundbuch enthalten war, informiert habe. Daraus sei den Klägern aber kein Schaden entstanden, denn sie hätten lastenfreies Eigentum erworben. Auf steuerliche Folgen habe der Beklagte nicht hinweisen müssen.

Hiergegen wendet sich die form- und fristgerecht eingelegte und rechtzeitig begründete Berufung der Kläger, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren weiterverfolgen.

Die Kläger werfen dem Beklagten weiterhin vor, sie nicht ausreichend über das Risiko belehrt zu haben, das wegen der Übernahme der Pflicht zur Zahlung der Grunderwerbssteuer durch den Verkäufer im Zusammenhang mit den anderen fraglichen Vertragsgestaltungen für sie - die Kläger als Käufer - bestanden habe. Die Kläger verknüpfen dies mit dem Vorwurf, der Beklagte habe nicht nur den Zwangsversteigerungsvermerk gekannt, sondern auch die Umzugsabsicht des Verkäufers. Ihm hätte sich aufdrängen müssen, dass ein Schaden für die Kläger entstehen könne, er habe die nachteiligen Vertragsbestimmungen sogar in voller Kenntnis ihrer Schadenswahrscheinlichkeit entworfen und beurkundet und sich mithin einer Untreue strafbar gemacht.

Der Beklagte tritt dem entgegen und verweist auf die in § 8 des Vertrages dokumentierten Belehrungen. Er habe im Übrigen keine Vermögensbetreuungspflicht und müsse die Urkundsparteien nicht auf alle möglichen Gefahren einer geschäftlichen Unternehmung hinweisen. Es sei eine Lüge, dass er ihnen vorsätzlich habe Schaden zufügen wollen. Er habe seinerzeit auch nicht gewusst, dass der Verkäufer seinen Wohnsitz nach Schottland habe verlegen wollen. Der Beklagte ist auch der Ansicht, er habe die Kläger nicht über den Zwangsversteigerungsvermerk informieren müssen.

Die Kläger sind im Termin vom 10. Februar 2004 trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen, so dass der Senat ihre Berufung auf Antrag des Beklagten mit Versäumnisurteil vom gleichen Tag zurückgewiesen hat. Dieses Urteil ist den Klägern am 24. Februar 2004 zugestellt worden. Die Kläger haben am 27. Februar 2004 Einspruch eingelegt und diesen sogleich begründet.

Sie machen nunmehr über ihren Berufungsvortrag hinaus geltend, der aus ihrer Sicht pflichtwidrig unterlassene Hinweis des Beklagten auf den eingetragenen Zwangsversteigerungsvermerk sei jedenfalls deshalb schadenskausal geworden, weil sie den marktüblichen Preis gezahlt hätten, obwohl dieser bei Kenntnis des Zwangsversteigerungsvermerks zu hoch gewesen sei. Verkehrsüblicherweise falle der Grundstückswert mit Eintragung eines Zwangsversteigerungsvermerks bereits unter den marktüblichen Preis.

Die Kläger behaupten zudem, der Beklagte habe bei Kaufvertragsabschluss die Überschuldung des Verkäufers gekannt. Da er auch den Zwangsversteigerungsvermerk gekannt habe, sei die Pflichtverletzung - Verschweigen des Vermerks gegenüber den Klägern - vorsätzlich erfolgt, so dass er sich nun nicht mehr auf die subsidiäre Haftung berufen könne.

Die Kläger beantragen,

das Versäumnisruteil des Senats aufzuheben und auf die Berufung hin das Urteil des Landgerichts Itzehoe abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an die Kläger als Gesamtgläubiger 17.639,57 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungsgesetzes seit dem 13.07.2001 zu zahlen,

hilfsweise

das Versäumnisurteil aufzuheben und auf die Berufung hin das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Klage auf Zahlung als zur Zeit unbegründet bzw. als zur Zeit nicht fällig abzuweisen.

Der Beklagte beantragt,

das Versäumnisurteil aufrecht zu erhalten.

Der Beklagte behauptet, der von den Klägern gezahlte Kaufpreis habe ohnehin weit unter dem Verkehrswert gelegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.

II.

Der Einspruch gegen das Versäumnisurteil ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt worden. Er hat jedoch nur insoweit Erfolg, als die zulässige Berufung gegen das angegriffene klagabweisende Urteil des Landgerichts mit der Maßgabe zurückzuweisen war, dass die Klage als zur Zeit unbegründet abgewiesen wird.

Die Kläger haben gegen den Beklagten zur Zeit keinen begründeten Schadensersatzanspruch wegen Notaramtspflichtverletzung aus § 19 Abs. 1 S. 1 BNotO als einziger hier in Betracht kommender Anspruchsgrundlage.

1. Ob eine Amtspflichtverletzung des Beklagten darin liegt, dass die Kläger als Grundstückskäufer nicht über den im Grundbuch eingetragenen Zwangsversteigerungsvermerk informiert worden sind - wie das Landgericht angenommen hat - lässt der Senat offen. Dies kann ohne Beweisaufnahme nicht festgestellt werden.

Zutreffend führt der Beklagte an, dass sich der Notar nach § 21 BeurkG nur selbst über den Grundbuchinhalt zu unterrichten hat. Daraus folgt noch keine Pflicht, den Parteien den festgestellten Grundbuchinhalt darzustellen. Auch lässt sich aus dieser Vorschrift keine Amtspflicht begründen, die festgestellten Belastungen in der Niederschrift der Urkunde ausdrücklich aufzuzählen (Winkler, BeurkG, 15. Aufl. 2003, § 21 Rdnr. 8).

Allerdings ergibt sich aus § 17 Abs. 1 S. 1 BeurkG die Pflicht des Notars, die Beteiligten über die rechtliche Tragweite des Geschäftes zu belehren. Dazu zählt auch die Information der Beteiligten über die rechtlichen Voraussetzungen für den gewünschten Erfolg (vgl. Rinsche, Die Haftung des Rechtsanwalts und des Notars, 6. Aufl. 1998, Rdnr. II 46). Deshalb hängt der Umfang der Erörterungspflicht des Notars betreffend die von ihm festgestellten Eintragungen im Grundbuch davon ab, welche Bedeutung diese Eintragungen für die Durchführung des Vertrages haben. Je eher sich aus diesen Eintragungen ein Hindernis für die Vertragsdurchführung bzw. für den angestrebten rechtlichen Erfolg ergibt, desto eher und ausführlicher muss auch hingewiesen und beraten werden.

Im vorliegenden Fall berührt der Zwangsversteigerungsvermerk das zu beurkundende Kaufgeschäft deshalb, weil die Anordnung der Zwangsversteigerung zugunsten des Gläubigers als Beschlagnahme des Grundstücks gilt und diese Beschlagnahme die Wirkung eines Veräußerungsverbotes hat (§§ 20 Abs. 1, 23 Abs. 1 S. 1 ZVG). Der Gläubiger kann aber den Zwangsversteigerungsantrag zurücknehmen mit der Folge, dass eine Veräußerung durchführbar ist. Der Beklagte hat ausgeführt, bei der Beurkundung habe (für ihn) bereits festgestanden, dass der fragliche Gläubiger aus dem Kaufpreis in voller Höhe würde befriedigt werden können. Eine derartige etwa vorliegende Erkenntnis des Beklagten hätte aber noch nicht ausgereicht, um von einer Offenlegung des Vermerkes gegenüber den Klägern als Käufern abzusehen, weil der Zwangsversteigerungsvermerk formell bis auf weiteres ein Hindernis für den gewünschten rechtlichen Erfolg darstellte. Deshalb waren die Kaufvertragsparteien insoweit zu informieren, ggf. mit weiteren Hinweisen darauf, warum der Beklagte meinte, dass eine Löschung des Zwangsversteigerungsvermerkes erreicht werden könne. Nur bei entsprechender Information konnten die Kläger als Käufer selbst abschätzen, ob sie das verbleibende Restrisiko eingehen wollten.

Der Beklagte hatte den Zwangsversteigerungsvermerk nur offen zu legen, weil er die rechtliche Tragweite des Geschäftes - hier seine Durchführbarkeit - berührte. Soweit sich daraus für die Kläger auch Folgerungen betreffend die Höhe des von ihnen akzeptierten Kaufpreises ergeben sollten - wie die Kläger nunmehr mit der Einspruchsschrift ausführen -, musste er nicht tätig werden, weil er nicht Wirtschaftsberater der Parteien ist.

Die Annahme des Landgerichts, eine Pflichtverletzung liege insoweit vor, kann der Senat aber ohne Beweisaufnahme dennoch nicht teilen. Jede Belehrungspflicht hängt nämlich davon ab, dass die Beteiligten überhaupt belehrungsbedürftig sind (Rinsche, a. a. O., Rdnr. II 74). Hier hat der Beklagte bereits erstinstanzlich unter Beweisantritt behauptet, die Kläger hätten von dem Zwangsversteigerungsvermerk gewusst. Ihnen habe sowohl ein Bankkaufmann eines Kreditinstitutes als auch ein Makler beratend zur Seite gestanden. Dieser Makler habe in Erfüllung seiner Maklerpflichten die Kläger vor der Beurkundung über den Zwangsversteigerungsvermerk unterrichtet.

Diesem Beweisantritt wäre nachzugehen, wenn es auf diese Pflichtverletzung ankommen würde, was allerdings im Ergebnis nicht der Fall ist.

Soweit das Landgericht meint, die erörterte Pflichtverletzung sei nicht schadenskausal geworden, denn der Zwangsversteigerungsvermerk sei gelöscht worden und die Kläger hätten lastenfreies Eigentum erworben, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Die Kläger haben nämlich bereits erstinstanzlich mehrfach deutlich gemacht, sie hätten im Hinblick auf die hier - in Abweichung von üblichen Vertragsgestaltungen - von dem Verkäufer zu tragende Grunderwerbssteuer eine andere Regelung getroffen, wenn sie durch den Hinweis auf den bereits seit einem Jahr eingetragenen Zwangsversteigerungsvermerk Anhaltspunkte für die bei dem Verkäufer bestehenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten erhalten hätten. Dies dürfte - ohne dass der Senat insoweit abschließend entscheiden muss - beratungsgerechtem Verhalten entsprechen.

2. Der Beklagte hat seine den Klägern gegenüber bestehenden Amtspflichten aber jedenfalls dadurch verletzt, dass er sie nicht ausreichend über das Risiko belehrt hat, das hier für sie wegen der Übernahme der Pflicht zur Zahlung der Grunderwerbssteuer durch den Verkäufer in Zusammenhang mit den weiteren Vertragsgestaltungen bestand und weil er insoweit keine Abhilfemöglichkeit aufgezeigt hat.

a) Der Beklagte hat eine besondere Betreuungspflicht verletzt, die dann zum Tragen kommt, wenn der Notar nach den besonderen Umständen des Einzelfalles Anlass zu der Vermutung haben muss, einem Beteiligten drohe ein Schaden vor allem deswegen, weil er sich infolge mangelnder Kenntnis der Rechtslage der Gefahr nicht bewusst sei. Eine solche Gefahr besteht aber nach der Rechtsprechung des BGH vor allem dann, wenn ein Vertrag beurkundet werden soll, wonach die eine Seite eine ungesicherte Vorleistung zu erbringen hat. Darauf muss der Notar aufmerksam machen und im Übrigen zusätzlich darauf hinwirken, dass eine solche ungesicherte Vorleistung vermieden wird (vgl. nur Rinsche, a. a. O., Rdnr. II 61 mwN).

Im vorliegenden Fall war die Pflicht zur Eigentumsübertragung auf der einen Seite und zur Zahlung des Kaufpreises auf der anderen Seite allerdings nicht ungesichert. Eine ungesicherte Vorleistung ergibt sich aber, wenn in die Betrachtung der wechselseitigen Pflichten auch die Pflicht aus § 9 des Kaufvertrages einbezogen wird, wonach der Verkäufer die Grunderwerbssteuer zu zahlen hat.

Der Beklagte hatte zu bedenken, dass es sich hier um eine durchaus ungewöhnliche Regelung handelt. Es entspricht nämlich den üblichen Gepflogenheiten im Grundstücksverkehr, dass der Grundstückskäufer im Verhältnis zu dem Verkäufer die Grunderwerbssteuer trägt (etwa Reithmann/Albrecht, Handbuch der notariellen Vertragsgestaltung, 8. Aufl. 2001, Rdnr. 635 und Grziwotz, NJW 2000, 2646, 2647). In einem solchen (Regel-)Fall braucht der Notar die Zahlung der Grunderwerbssteuer durch den Käufer nicht deshalb zu sichern, weil bei Durchführung des Vertrages und Nichtzahlung durch den Käufer (entgegen der vertraglichen Regelung) gem. § 13 GrEStG der Verkäufer als Zweitschuldner vom Finanzamt in Anspruch genommen werden könnte. Denn insoweit gilt, dass die Herbeiführung der Eigentumsumschreibung doch gerade im Interesse des Käufers liegt und wegen der notwendigen Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigung von der vorherigen Zahlung der Grunderwerbssteuer abhängig ist. Bei dieser Konstellation wird deshalb generell empfohlen, das Vorliegen der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes gerade nicht in die Voraussetzungen aufzunehmen, von denen die Fälligkeit der Kaufpreisforderung und die Auszahlung des Kaufpreises abhängig sein sollen (etwa OLG Hamm, NJW 1993, 1601, 1602). Denn dem Verkäufer droht keine Gefahr, das Eigentum an seinem Grundstück zu verlieren und die Gegenleistung nicht vollständig zu erhalten. Zahlt der Käufer die Grunderwerbssteuer nicht und fehlt es deshalb an der Unbedenklichkeitsbescheinigung, so kommt es nicht zum Eigentumswechsel. Wird der Verkäufer vom Finanzamt selbst in Anspruch genommen, so kann er wegen der vertragswidrigen Nichtzahlung durch den Käufer vom Kaufvertrag gem. § 323 Abs. 1 BGB zurücktreten und die Steuerzahlung vermeiden. Für diesen Regelfall ergibt sich also eine ausreichende Sicherung des Verkäufers, einer besonderen Belehrung durch den Notar bei der Beurkundung bedarf es nicht.

Eine andere Sachlage ergibt sich, wenn ausnahmsweise der Verkäufer die Grunderwerbssteuer - bei dem hier fraglichen Kaufpreis immerhin eine Summe von 34.500 DM - tragen soll. Denn dann muss der Käufer ein großes Interesse daran haben, sein Kaufgeld nicht zu verlieren, ohne dass die Eigentumsumschreibung gesichert ist. Weil die Eigentumsumschreibung aber vom Vorliegen der Unbedenklichkeitsbescheinigung abhängt, muss geregelt sein, dass das Kaufgeld erst dann an den Verkäufer oder dritte Gläubiger ausgekehrt werden kann, wenn diese Unbedenklichkeitsbescheinigung auch vorgelegt oder jedenfalls eine Sicherung für die Zahlung der Grunderwerbssteuer geschaffen worden ist.

Im vorliegenden Fall hatte der Beklagte die Kaufpreisfälligkeit und die Voraussetzungen für die Auszahlung des Kaufpreises vom Notaranderkonto jedoch unabhängig von der Zahlung der Grunderwerbssteuer durch den Verkäufer gestaltet. Nach den Anweisungen der Kaufvertragsparteien im Kaufvertrag konnte und musste der Notar auszahlen, auch wenn die Unbedenklichkeitsbescheinigung nicht vorlag, ohne dass eine Sicherung hinsichtlich der Zahlung der Grunderwerbssteuer vorgesehen war. Hier drohte mithin, dass die Kläger als Käufer ihr Kaufgeld bereits aus der Hand und auch aus der Verfügungsmöglichkeit des Notars gaben, ohne eine Sicherheit zu haben, das Grundstückseigentum ohne zusätzliche Zahlung einer Grunderwerbssteuer zu erlangen. Die Verpflichtung des Verkäufers zur Zahlung der Grunderwerbssteuer betrifft das Gefüge von Leistung und Gegenleistung. Die Kläger sollten für ihren Kaufpreis nicht nur das Grundstück, sondern auch die Entlastung von der nicht unbeträchtlichen Grunderwerbssteuer erhalten. Diese besondere Leistungspflicht des Verkäufers war aber gerade für die Käufer nicht gesichert, die Kaufpreisleistung der Kläger stellte sich insoweit als ungesicherte Vorleistung dar. Darauf hätte der Beklagte aufmerksam machen und eine abhelfende Regelung vorschlagen müssen. Das aber hat er versäumt.

Da diese Pflichtverletzung bereits aus dem unstreitigen Sachverhalt festgestellt werden kann, muss Beweis über die Frage, ob auch hinsichtlich der fehlenden Belehrung über den Zwangsversteigerungsvermerk eine Pflichtverletzung vorliegt, nicht erhoben werden.

b) Auch die Schadenskausalität der genannten Pflichtverletzung betreffend die ungesicherte Vorleistung ist zu bejahen. Bei pflichtgemäßem Verhalten hätte der Beklagte nicht nur auf die ungesicherte Vorleistung aufmerksam machen, sondern auch abhelfende Vorschläge entwickeln müssen. Diese Vorschläge - etwa die Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigung als Voraussetzung für die Auszahlung des Kaufpreises oder der Rat, die Grunderwerbssteuer wie üblich von den Klägern tragen zu lassen (bei entsprechender Minderung des Kaufpreises) - hätten unter Berücksichtigung des Grundsatzes beratungsgerechten Verhaltens der Rechtssuchenden dazu geführt, den Schaden zu vermeiden.

Unerheblich ist der Hinweis des Beklagten auf die nach § 8 Abs. 1 und Abs. 5 des Kaufvertrages erteilten Belehrungen. Danach hat der Beklagte allerdings dahin belehrt, dass die Umschreibung erst erfolgen könne, nachdem die Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes beigebracht worden sei und auch darüber, dass die Parteien unabhängig von der Kostenregelung in dem Vertrag für Kosten und Steuern als Gesamtschuldner haften. Daraus ergibt sich aber kein Hinweis darauf, dass die Kläger entgegen der Kostenregelung in § 9 ohne weiteres bereit waren, die Grunderwerbssteuer zu zahlen. Von Bedeutung ist vielmehr die ausdrücklich vorgesehene Regelung, dass der Verkäufer die Grunderwerbssteuer zu zahlen hatte. Es ist lebensnah, von der Maßgeblichkeit dieser Regelung in der Vorstellung der Parteien bei Abschluss des Kaufvertrages auszugehen. Dann ist aber wiederum lebensnah, dass die Kläger als Käufer bei entsprechendem Hinweis und entsprechender Abhilfebelehrung verlangt hätten, auch die Grunderwerbssteuerzahlungspflicht in die Absicherung der gegenseitigen Leistungen zur Verhinderung einer ungesicherten Vorleistung einzubeziehen. Es ist nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen, dass sich der Verkäufer einem derartigen - in jeder Hinsicht berechtigten - Absicherungsverlangen seinerzeit widersetzt hätte.

3. Die Berufung hat trotz der vorstehenden Ausführungen zu einer schadenskausalen Pflichtverletzung des Beklagten mit ihrem Hauptantrag keinen Erfolg, weil die Klage wegen des berechtigten Einwandes der subsidiären Haftung als zurzeit unbegründet abzuweisen ist. Gem. § 19 Abs. 1 S. 2 BNotO kann der Notar, wenn ihm lediglich Fahrlässigkeit zur Last fällt, nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag. Ein Amtsgeschäft der in den §§ 23 f. BNotO bezeichneten Art - dort ist der Subsidiaritätseinwand ausgeschlossen - liegt nicht vor.

Der Subsidiaritätseinwand greift nicht bei einer vorsätzlichen Pflichtverletzung des Notars durch. Der Beklagte hat jedoch nicht vorsätzlich gehandelt. Zwar behaupten die Kläger, der Beklagte habe im Beurkundungszeitpunkt nicht nur den Zwangsversteigerungsvermerk gekannt, sondern auch die Absicht des Verkäufers, umgehend nach Schottland umzuziehen. Der Beklagte bestreitet das jedoch. Ein Beweisantritt der Kläger für eine derartige Kenntnis des Beklagten fehlt. Die Kläger tragen dazu lediglich vor, der Beklagte habe den Verkäufer bereits vor dem Grundstücksgeschäft "sehr gut persönlich gekannt". Sie verweisen auch darauf, der Beklagte habe offenbar auch nach dem Beurkundungsgeschäft noch Kontakt zu dem Verkäufer gehabt, weil er nunmehr einige Schriftstücke vorlege, mit denen belegt werden solle, dass sie - die Kläger - eine Aufrechnungsmöglichkeit gegenüber dem Verkäufer hätten.

Auch wenn die Behauptung der Kläger als richtig unterstellt wird, lässt sich daraus noch nicht die Überzeugung gewinnen, der Beklagte habe bei dem Beurkundungsgeschäft die Kläger vorsätzlich schädigen wollen. Auch ist keine Überzeugung dahin zu gewinnen, dem Beklagten sei im Beurkundungszeitpunkt positiv bekannt gewesen, dass er die Kläger wegen der Grunderwerbssteuer auf eine ungesicherte Vorleistung habe aufmerksam machen oder ihnen jedenfalls den Zwangsversteigerungsvermerk ausdrücklich habe offen legen müssen. Der Umstand, dass insoweit - hinsichtlich des Zwangsversteigerungsvermerks nur möglicherweise - Pflichtverletzungen vorliegen, erschließt sich vielmehr wie vorstehend dargestellt nur nach einiger Erörterung und näherer Betrachtung der Rechtslage. Es ist nicht selbstverständlich, dass der Beklagte dies erkannt hat. Vorsätzliches Verhalten kann deshalb nicht angenommen werden.

Auch die in der Einspruchsbegründung aufgestellte Behauptung der Kläger, der Beklagte habe die Überschuldung des Verkäufers gekannt , führt - wenn sie zutreffend sein sollte - nicht zu einer vorsätzlichen Pflichtverletzung. Unstreitig ist der Zwangsversteigerungsvermerk letztlich nicht zum Tragen gekommen. Dann liegt nicht fern, dass sich der Beklagte die Vorstellung bilden konnte, der Verkäufer werde den gemessen am Kaufpreis eher geringen Betrag für die Grunderwerbssteuer aufbringen können.

Haftet der Beklagte mithin nur subsidiär, so ist hier maßgeblich, dass eine anderweitige Ersatzmöglichkeit gegen den Verkäufer in Betracht kommt. Das Fehlen einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit ist negative Anspruchsvoraussetzung für den Schadensersatzanspruch gegen einen Notar aus Amtspflichtverletzung. Zur Schlüssigkeit des Klagvortrags gehört die Darlegung des Geschädigten, dass andere Ersatzmöglichkeiten nicht bestehen bzw. auch nicht versäumt worden sind. Dabei dürfen die Anforderungen an den Klagvortrag nicht überspannt werden (vgl. etwa Arndt u. a., BNotO, 5. Aufl. 2003, § 19 Rdnr. 177 m. Nachw.). Diese Anforderungen haben die Geschädigten bereits dann erfüllt, wenn sich aus ihrem Vortrag ergibt, dass die anderweitige Ersatzmöglichkeit entweder den Schaden nicht in vollem Umfang abdeckt oder die Rechtsverfolgung jedenfalls unzumutbar bzw. die Durchsetzbarkeit eines Anspruchs nicht gegeben ist. An der Durchsetzbarkeit kann es fehlen, wenn der Dritte nachweisbar vermögenslos ist. Probleme bei der Durchsetzbarkeit und der Zumutbarkeit bestehen auch dann, wenn die Rechtsverfolgung oder die Zwangsvollstreckung im Ausland erfolgen muss.

Eine Vollstreckung im Ausland ist aber nicht generell als unzumutbar anzusehen. Der Bundesgerichtshof hat dazu bereits in NJW 1976, 2074 ausgeführt:

"Zwar hat der Geschädigte ein Recht auf alsbaldigen Schadensersatz; er braucht sich deshalb auf Möglichkeiten in der Zukunft, die keine begründete Aussicht auf alsbaldige Verwirklichung haben, sowie auf weitläufige und im Ergebnis unsichere Wege des Vorgehens gegen Dritte nicht verweisen zu lassen ... Jedoch schließt der Umstand, dass der Anspruch gegen die Testamentsvollstrecker in England verfolgt werden müsste, ihn nicht ohne weiteres als anderweitige Ersatzmöglichkeit aus. Das trifft vielmehr nur dann zu, wenn die Klage und eine etwaige Vollstreckung im Ausland eine Erschwerung und Verzögerung mit sich bringen würde, die nicht zumutbar sind ... Davon kann hier nicht gesprochen werden ...".

In einer anderen Entscheidung (NJW 1988, 1143, 1145) hat der Bundesgerichtshof nur deshalb eine anderweitige Ersatzmöglichkeit im Ausland (in Spanien) für nicht zumutbar angesehen, weil bereits feststand, dass dort keine Vermögenswerte des Dritten ermittelt werden konnten, in die eine Vollstreckung möglich gewesen wäre. Die Literatur führt überwiegend an, eine Rechtsverfolgung und Zwangsvollstreckung im Ausland sei nur dann unzumutbar, wenn die Erfolgschancen im hohem Maße unsicher erscheinen und nicht zumutbare Erschwerungen oder Verzögerungen mit sich bringen würden (Arndt, a. a. O., § 19 Rdnr. 166; Schippel, BNotO, 7. Aufl. 2000, § 19 Rdnr. 90; vgl. auch MünchKomm/Papier, BGB, 3. Aufl. 1997, § 839 Rdnr. 314). Dieser Auffassung folgt auch der Senat.

Im vorliegenden Fall haben die Kläger keine deutlichen Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass ein Vorgehen gegen den Verkäufer in Schottland unzumutbar und aussichtslos wäre. Die Adresse des Verkäufers ist den Klägern bekannt. Die Kläger haben anwaltlich vertreten an den Verkäufer unter dem 28.08.2001 in Schottland wie folgt geschrieben:

"Wegen der von Ihnen nach dem Grundstückskaufvertrag zu zahlenden Grunderwerbssteuer hatten Sie kein Recht zur Aufrechnung; denn der Gläubiger Ihrer Verbindlichkeit war das Finanzamt, nicht etwa die Eheleute D. Ich habe jetzt insoweit für unsere Mandanten eine Schadensersatzklage gegen den Notar K. eingereicht ... Soweit sie sich in ihrem Schreiben vom 29.04.2001 auf noch unerledigte Zahlungsansprüche gegen unsere Mandanten berufen und hiervon die Freigabe der zugunsten Ihrer Frau beurkundeten Grundschuld abhängig machen, ist Ihre Einlassung in jeder Hinsicht sachlich falsch. Welche Ansprüche sollte Ihre Frau gegen unsere Mandanten haben? Auch Ihnen selbst stehen nicht etwa restliche Forderungen gegen die Grundstückskäufer zu. Mr. D. wird Sie wegen der restlichen Forderungen gegen Sie rechtlich in Schottland verfolgen, sobald über die Frage der Haftung des Notars K. für den Grunderwerbssteuerbetrag vom Landgericht Itzehoe entschieden ist ...".

Danach gehen die Kläger selbst davon aus, dass sie gegen den Grundstücksverkäufer wegen der Grunderwerbssteuer in Schottland vorgehen können. Es steht auch nicht fest, dass dort etwa nicht zu vollstrecken wäre. Allein wegen des früheren Zwangsversteigerungsvermerkes ergibt sich dies nicht. Ersichtlich konnte der betreffende Gläubiger aus dem Grundstückskaufpreis befriedigt werden, denn sonst wäre der Zwangsversteigerungsvermerk nicht gelöscht worden. Im Übrigen handelt es sich bei dem Verkäufer um einen 1962 geborenen, also noch (relativ) jungen Mann, so dass nicht ausgeschlossen sondern eher naheliegend erscheint, dass dieser in Schottland über Einkünfte verfügt, in die dort vollstreckt werden könnte. Gegenteiliges ist von den Klägern nicht vorgebracht worden. Ihr Vortrag, dass sie sich jedenfalls durch Aufrechnung nicht hätten schadlos halten können, reicht dafür nicht aus.

Schottland ist als Teil des Vereinigten Königreiches von Großbritannien Mitglied der EG. Hier gilt die EG-Verordnung vom 22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO). Zuvor galt mit weitgehend ähnlichen Regelungen das sog. Lugano-Übereinkommen, dem das Vereinigte Königreich seit dem 01.09.1997 beigetreten war. Beide Regelungen enthalten konkrete Vorschriften über den maßgeblichen Gerichtsstand und über die Vollstreckung von Urteilen im EG-Gebiet. Es ist gerade Sinn und Zweck dieser Regelungen, insbesondere im EG-Gebiet dafür zu sorgen, dass Rechtsverfolgungen im Ausland nicht unzumutbar sind.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO, 25 Abs. 2 GKG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO liegen nicht vor.



Ende der Entscheidung

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