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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 31.07.2001
Aktenzeichen: 12 UF 153/01
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 645
Das vereinfachte Verfahren zur Unterhaltsfestsetzung entfällt bei Volljährigkeit des Kindes.
12 UF 153/01

Beschluss

In der Familiensache

hat der 3. Senat für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Ortmann, die Richterin am Oberlandesgericht Krönert und den Richter am Oberlandesgericht Schiemann am 31. Juli 2001 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Kiel vom 27. September 2000 dahin abgeändert, dass der Antrag auf Umwandlung der Urkunde des Jugendamtes W. vom 21. Dezember 1995 - 242/1995 - in einen Regelbetragstitel zurückgewiesen wird.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 4.500,00 DM.

Gründe:

Die gem. §§ 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. Art. 5 § 3 Abs. 2 KindUG, §§ 652 Abs. 1 und 2, 648 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und gem. §§ 569 ff., 577 Abs. 1 und 2 ZPO auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist begründet.

Der Antrag ist gem. Art. 5 § 3 Abs. 2 KindUG i.V.m. § 646 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Das vereinfachte Verfahren zur Abänderung eines Unterhaltstitels gem. Art. 5 § 3 Abs. 1 und 2 KindUG i.V.m. § 645 Abs. 1 ZPO ist nicht mehr zulässig, nachdem der Antragsteller - bereits vor Erlass des angefochtenen Beschlusses - volljährig geworden ist.

Es fehlt schon an der jedenfalls auf entsprechenden Einwand auch im vereinfachten Verfahren zu prüfenden allgemeinen Prozessvoraussetzung (vgl. Münchener Kommentar, ZPO, 2. Aufl., § 648 Rdnr. 10; FamRefK, § 648 Rdnr. 4) der ordnungsgemäßen Vertretung. Die Vertretungsmacht des Jugendamtes als Beistand ist mit Eintritt der Volljährigkeit erloschen (§§ 1715 Abs. 2, 1713 Abs. 1 Satz 1, 1626 Abs. 1 Satz 1 BGB; vgl. Palandt, BGB, 60. Aufl., § 1715 Rdnr. 5 i.V.m. § 1626 Rdnr. 27). Insoweit kommt es nach allgemeinen Grundsätzen auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung an (vgl. OLG Köln, FamRZ 2000, 678, 679).

Es kann auf sich beruhen, ob es - insbesondere unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Jugendamtes vom 27.11.2000 und des gerichtlichen Anschreibens an den Antragsteller selbst vom 26.02.2001 - eines gerichtlichen Hinweises auf die Möglichkeit einer Heilung dieses Mangels durch Beitritt des Antragstellers zum Verfahren und Genehmigung des Handelns des Jugendamtes (vgl. OLG Köln, a.a.O.) bedürfte.

Mit dem Eintritt der Volljährigkeit des Antragstellers ist jedenfalls die Statthaftigkeit des vereinfachten Verfahrens zur Unterhaltsfestsetzung gem. § 645 Abs. 1 ZPO entfallen.

Der Senat schließt sich insoweit der überwiegend vertretenen Ansicht an, wonach die Minderjährigkeit des Kindes nach dieser Vorschrift eine besondere Verfahrensvoraussetzung ist und entsprechend allgemeinen Verfahrensgrundsätzen auch noch im Zeitpunkt der Beschlussfassung gegeben sein muss (OLG Nürnberg, OLGR 2000, 77; Musielak, ZPO, vor § 645 Rdnr. 3; Sonnenfeld, DAVorm 1999, 170 und 176; vgl. auch: Rahm/Künkel, Handbuch des Familiengerichtsverfahrens, IV 794.1.; Schumacher/Grün, FamRZ 1998, 778, 796).

Die Auffassung des OLG Köln (a.a.O.), wonach es nur darauf ankommen soll, ob Unterhalt für die Zeit der Minderjährigkeit festgesetzt werden soll, überzeugt nicht. Dagegen spricht schon der Wortlaut des § 645 Abs. 1 ZPO (vgl. Musielak a.a.O.), aber auch der Zweck der Vorschrift, dem minderjährigen Kind auf einfache und schnelle Weise einen Unterhaltstitel bzw. eine entsprechende Anpassung zu ermöglichen (vgl. Münchener Kommentar, a.a.O., vor § 645 Rdnr. 3). Dem liegt ersichtlich die Erwägung zugrunde, dass ein minderjähriges Kind in besonderer Weise auf eine rasche Sicherstellung insbesondere seines laufenden Unterhalts angewiesen ist, auch wenn im vereinfachten Verfahren auch rückständige Unterhaltsbeträge festgesetzt werden können (Zöller, a.a.O., § 645 Rdnr. 1). Ist das Kind volljährig geworden, dann tritt dieser Gesichtspunkt zurück, zumal es dann nur noch um rückständige Unterhaltsbeträge gehen kann.

Auch der Auffassung von Philippi (in Zöller, a.a.O., § 645 Rdnr. 2 i.V.m. § 646 Rdnr. 11), wonach die Minderjährigkeit des Kindes zwar eine besondere Zulässigkeitsvoraussetzung für das vereinfachte Verfahren ist, es dafür aber auf den Zeitpunkt der Antragstellung ankommt, kann nicht gefolgt werden. Denn sie widerspricht allgemeinen Verfahrensgrundsätzen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Beschwerfestsetzung beruht auf den §§ 8 Abs. 2 BRAGO, 24 Abs. 4 KostO, §§ 1612 a und b BGB (510 - 135 = 375 x 12; vgl. OLG Nürnberg a.a.O.).

Ende der Entscheidung

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