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Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 28.02.2007
Aktenzeichen: 12 UF 50/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 138
BGB § 242
BGB § 1408 Abs. 2
1. Der durch die zu erwartende Frühpensionierung von Soldaten (hier: Strahlflugzeugführern) erwartende Versorgungsnachteil bei vorzeitiger Ehescheidung kann den ehevertraglichen Ausschluss eines Versorgungsausgleichs grundsätzlich vor der Schranke des § 138 BGB rechtfertigen.

2. Zur nach § 242 BGB bei Verzicht eines Ehegatten auf Erwerbstätigkeit zugunsten der Kinderbetreuung gleichwohl vorzunehmenden Ausübungskontrolle.


12 UF 50/06

verkündet am: 28. Februar 2007

Beschluss

In der Familiensache

hat der 3. Senat für Familiensachen des Schleswig-Hol-steinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 7. Februar 2007 am 28. Februar 2007 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen die den Versorgungsausgleich betreffende Entscheidung des Urteils des Amtsgerichts - Familiengericht - Husum vom 9. Februar 2006 (Az. 22 F 95/05) wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten der Beschwerde.

Gründe:

I.

Der Antragsteller wendet sich im Rahmen des vorliegenden Verbundverfahrens gegen die Durchführung des Versorgungsausgleiches.

Der heute 47-jährige Antragsteller (9. September 1959) und die 45-jährige Antragsgegnerin (8. Mai 1961) haben am 20. März 1987 geheiratet, aus welcher Verbindung die Kinder Ch. , geb. am 4. November 1987 (heute 19 Jahre), To. geb. am 22. April 1989 (heute 17 Jahre) und Ma., geb. am 30. März 1991 (heute 15 Jahre) hervorgegangen sind.

Der Antragsteller war als Luftwaffenoffizier - zuletzt Major - Strahlflugzeugführer und ist als solcher mit Vollendung seines 41. Lebensjahres - also ab Oktober 2000 - pensioniert, erhält Versorgungsbezüge und geht einer entgeltlichen Erwerbstätigkeit seitdem nicht mehr nach. Etwa seit jenem Zeitpunkt waren die Parteien hälftige Eigentümer eines Einfamilienhauses in I., wobei der Antragsteller sich bereits vor, vor allem aber nach seiner Pensionierung zunächst auf den Ausbau des Hauses konzentrierte.

Die Antragsgegnerin ist ausgebildete Kinderpflegerin und arbeitete von 1982 bis Mitte 1987 als Leiterin eines Kindergartens in A., stellte aber dann aufgrund der Schwangerschaft mit dem ältesten Sohn (Ch.) ihre Tätigkeit ein und kümmerte sich fortan um die Erziehung der Kinder und den Haushalt. Erst seit die Kinder größer waren, geht die Antragsgegnerin wieder aushilfsweise und sporadisch Tätigkeiten im Kindererziehungsbereich nach.

Am 30. April 2004 trennten sich die Parteien, wobei der Antragsteller zusammen mit den beiden Söhnen Ch. (seinerzeit 16 Jahre) und To. (seinerzeit 15 Jahre) im Hause verblieb, während die Antragsgegnerin mit Ma. (seinerzeit 13 Jahre) auszog. Auch seit der Trennung übt die Antragsgegnerin eine Berufstätigkeit in nennenswertem Umfange nicht aus und erhält derzeit Hilfeleistungen gemäß SGB II.

In einem Vorverfahren haben die Parteien bereits um Trennungsunterhalt für die Antragsgegnerin gestritten (AG Husum 22 F 202/04 = OLG Schleswig 12 UF 187/04), in welchem sie sich im Termin am 7. September 2005 vor dem Senat verglichen haben.

Auf den am 7. März 2005 das vorliegende Verfahren einleitenden Antrag des Antragstellers hin ist die Ehe der Parteien durch Verbundurteil vom 9. Februar 2006 geschieden und der Versorgungsausgleich vorgenommen worden (Bl. 35 d. A.). Rechtskraft des Scheidungsausspruches ist zwischenzeitlich am 13. Juni 2006 eingetreten.

Streit zwischen den Parteien besteht jedoch über die Durchführung bzw. den Ausschluss des Versorgungsausgleiches, womit es folgende Bewandtnis hat:

Am 27. Juli 1990 schlossen die Parteien vor dem Notar F. in H. (UR Nr. 88/90) einen Ehevertrag, nach dessen Ziffer I. sie ab Vertragsschluss Gütertrennung vereinbarten und auf bis dahin eventuell entstandene Zugewinnausgleichsansprüche verzichteten. Gemäß Ziffer II. schlossen sie den Versorgungsausgleich aus und verzichteten zudem gemäß Ziffer III. für den Fall der Scheidung gegenseitig für alle Fälle auf nachehelichen Unterhalt. Zum damaligen Zeitpunkt waren die Söhne Chr. und T. bereits geboren und drei bzw. ein Jahr alt, während die Antragsgegnerin am Anfang ihrer Schwangerschaft mit Mareike stand.

Auf den vertraglich vereinbarten Ausschluss des Versorgungsausgleiches hat sich nun der Antragsteller berufen und dazu vorgetragen,

beide Parteien seien sich seinerzeit über die Bedeutung des Versorgungsausgleichsausschlusses im Klaren gewesen und hätten diese Regelung zuvor ausführlich besprochen. Hintergrund sei gewesen, dass wegen seiner, des Antragstellers, zu erwartenden Frühpensionierung ein Tausch der Eheleute hinsichtlich der Tätigkeiten für die Familie vereinbart gewesen sei. Er sei mit der Antragsgegnerin übereingekommen, dass er nach der Pensionierung einer weiteren Erwerbstätigkeit nicht nachgehen solle, sondern statt der Antragsgegnerin als Hausmann die Haushaltsführung und die Kindererziehung übernehmen sollte. Dagegen sei geplant gewesen, dass die Antragsgegnerin wieder ihrem bis Sommer 1987 ausgeübten Beruf als Kindergartenleiterin nachgehe. Auf diese Art und Weise hätten sie, die Parteien, sicherstellen wollen, dass die sich aus seiner bevorstehenden Frühpensionierung für den Versorgungsausgleich möglicherweise ergebenden Nachteile aufgefangen werden könnten und die Antragsgegnerin durch ihre wieder aufgenommene Berufstätigkeit bis zum Eintritt des Rentenalters eine eigene Versorgung durch die Übernahme einer Vollzeitstelle als Kindergartenleiterin erwerben würde.

Dagegen hat die Antragsgegnerin geltend gemacht, der vertragliche Ausschluss des Versorgungsausgleiches sei im vorliegenden Falle gemäß § 138 BGB entsprechend den von der Rechtsprechung für Eheverträge entwickelten Kriterien unwirksam. Es sei nämlich zu einer ungleichen Lastenverteilung gekommen, da nunmehr der Antragsteller sämtliche während seiner Dienstzeit erworbenen Versorgungsansprüche behalten könne, während sie, die sich absprachegemäß während der Ehe um Haushalt und Kinder gekümmert habe, ohne eine Grundlage für eine ausreichende Altersversorgung dastehe. Auch sei sie zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses schwanger gewesen, woraus sich bereits ihre unterlegene Position bei dem Vertragsschluss ergebe. Auch könne keine Rede davon sein, dass die Dinge zwischen ihr und dem Antragsteller besprochen worden seien, wie dieser darstelle. Vielmehr habe der Antragsteller ihr lediglich erklärt, dass der Vertragsschluss in der erfolgten Weise "aus steuerlichen Gründen" erfolgen solle. Welche Konsequenzen dies für sie tatsächlich haben würde, habe sie weder erkannt, noch sei dies besprochen worden.

Das Amtsgericht, auf dessen Urteil wegen weiterer Einzelheiten insgesamt verwiesen wird, hat die die Parteien betreffenden Auskünfte der Wehrbereichsverwaltung und der Deutschen Rentenversicherung Bund eingeholt und den sich daraus ergebenden Versorgungsausgleich im Werte von monatlichen Anwartschaften über 706,15 € zugunsten der Antragsgegnerin tenoriert. Dabei ist es davon ausgegangen, dass die Ausschlussregelung hinsichtlich des Versorgungsausgleiches im Ehevertrag zwar keinen Verstoß gegen § 138 BGB begründe und daher die Wirksamkeit der Regelung nicht verneint werden könne; allerdings verstoße die Berufung auf den Versorgungsausgleichsverzicht gemäß § 242 BGB gegen Treu und Glauben, da die ehelichen Lebensverhältnisse deutlich von der dem Ehevertrag zugrunde liegenden Lebensplanung der Parteien abgewichen seien und zudem die Antragsgegnerin wegen lediglich unbedeutender Erwerbstätigkeit seit 1987 deutliche berufliche Nachteile erlitten habe, die auch nunmehr nicht mehr aufgefangen werden könnten.

Gegen den Urteilsausspruch insoweit wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde, mit der er vorbringt, das Amtsgericht habe nicht berücksichtigt, dass es sich vorliegend um einen von der Normalkonstellation deutlich abweichenden Fall handele. Bereits bei Abschluss des Ehevertrages sei absehbar gewesen, dass er, der Antragsteller, mit dem Erreichen des 41. Lebensjahres in den Ruhestand gehen werde, wodurch die Gefahr erkennbar gewesen sei, dass im Falle einer rechtskräftigen Scheidung der Versorgungsausgleich unwiederbringliche Nachteile in Form einer dauerhaften Pensionskürzung nach sich ziehen könne. Auch sei der Ehevertrag erst während laufender Ehe geschlossen worden - nach der Geburt zweier Kinder und während der Schwangerschaft der Antragsgegnerin mit dem dritten Kinde. Entsprechend der gemeinsamen Lebensplanung habe er, der Antragsteller, nach seiner Pensionierung auch von Anfang an die Kinder und nach der Trennung von der Antragsgegnerin wenigstens die Söhne allein betreut und sich eine berufliche Tätigkeit gerade nicht gesucht. Dagegen sei geplant gewesen, dass die Antragsgegnerin wieder zu einer Tätigkeit im Kindergarten zurückkehre. Ein ungeplanter Verlauf sei während der Zeit nach Vertragsschluss daher gerade nicht anzunehmen. Dass die Antragsgegnerin eine Tätigkeit als Kindergartenleiterin nicht wieder habe aufnehmen können, sei nicht ehebedingt, sondern auf eine Änderung der gesetzlichen Vorschriften zurückzuführen.

Einer Inhaltskontrolle halte der Ehevertrag in jedem Falle Stand, da er auf die besondere Stellung des Antragstellers als frühpensionierten Piloten Rücksicht genommen habe, also vernünftige Gründe für den Vertragsschluss vorgelegen hätten. Auch das "Pensionisten- bzw. Rentnerprivileg" sei nichts, was einer Rechtfertigung des Ausschlusses des Versorgungsausgleiches entgegenstehe. Denn es seien durchaus Entwicklungen denkbar, die trotz dieses Privilegs zu einer endgültigen Versorgungskürzung auf seiner Seite führen könnten.

Hinzu komme, dass der Ehezeitanteil der von ihm erworbenen Anwartschaften im Verhältnis zu anderen Ehen relativ groß sei und erst bei einer lang dauernden Ehe wieder kompensiert werden können.

Der Antragsteller beantragt daher,

das angefochtene Urteil zu ändern und auszusprechen, dass der Versorgungsausgleich nicht stattfinde.

Die Antragsgegnerin beantragt demgegenüber,

die Beschwerde des Antragstellers zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für richtig und verteidigt es unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

II.

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers kann keinen Erfolg haben. Denn der Senat folgt der amtsgerichtlichen Entscheidung, die wenigstens im Rahmen einer gemäß § 242 BGB anzustellenden Ausübungskontrolle davon ausgeht, dass dem Antragsteller eine Berufung auf den vertraglich vereinbarten Versorgungsausgleichsausschluss verwehrt ist.

Dabei diskutiert das Amtsgericht zunächst zu Recht die Frage einer Wirksamkeit der vertraglichen Regelung, die an den Maßstäben des § 138 BGB zu messen ist (Wirksamkeitskontrolle). Die in § 1408 Abs. 2 BGB normierte Regelung

"In einem Ehevertrag können die Ehegatten durch eine ausdrückliche Vereinbarung auch den Versorgungsausgleich ausschließen."

ist Ausdruck des Grundsatzes der Vertragsfreiheit und lässt grundsätzlich auch eine Ausschlussvereinbarung zu. Eine derartige Vereinbarung muss sich jedoch im Hinblick auf ihre Wirksamkeit an den Maßstäben des § 138 BGB messen lassen können. Denn die grundsätzliche Disponibilität der Scheidungsfolgen darf nicht dazu führen, dass der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen durch vertragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen werden kann, was dann der Fall wäre, wenn dadurch eine evident einseitige und durch die individuelle Ge-staltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung entstünde, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten - bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede - bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheint (BGH FamRZ 2004, 601 ff.). Vor diesem Hintergrund hat der BGH in der zitierten Entscheidung ein Stufensystem der möglichen, durch die Scheidung bedingten Ansprüche aufgezeigt, wobei der Betreuungsunterhalt gemäß § 1570 BGB dem Kernbereich am nächsten stehe und daher der freien Disposition der Ehegatten am wenigsten überlassen sei, während in absteigender Folge sich die Disponibilität bei Krankheitsunterhalt, Altersunterhalt, Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit, Krankenvorsorge-, Altersvorsorgeunterhalt sowie Aufstockungs- und Ausbildungsunterhalt immer weiter erhöhe. Dabei steht nach dieser Rechtsprechung der Versorgungsausgleich "auf derselben Stufe wie der Altersunterhalt" und ist deswegen als ein vorweggenommener Altersunterhalt nur in begrenzter Weise der vertraglichen Disposition zugänglich.

Ob nun im Einzelfall eine evident einseitige Lastenverteilung entsteht, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten unzumutbar erscheint, ist vom Tatrichter zu überprüfen und dies wird auch nicht dadurch obsolet, dass der belastete Ehegatte durch einen Notar über den Inhalt und die Konsequenzen des Vertrages belehrt wurde.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung, die vom BGH in einer weiteren Entscheidung vom 25. Mai 2005 (FamRZ 2005,1444 ff.) bestätigt und fortgesetzt worden ist, spricht hier in der Tat etliches dafür, dass mit dem Amtsgericht eine Unwirksamkeit der vertraglichen Regelung gemäß § 138 BGB zu verneinen ist.

Entscheidende Grundlage muss insoweit der Zeitpunkt des Vertragsschlusses sein. Stellt man aber auf jenen Zeitpunkt ab, sticht deutlich hervor, dass die konkreten ehelichen Verhältnisse der Parteien wegen der bereits seinerzeit absehbaren Frühpensionierung des Antragstellers durchaus den "Normalfällen" nicht vergleichbar waren. Bestand doch tatsächlich die Gefahr, dass im Falle einer Scheidung vor der Pensionierung des Antragstellers Anwartschaftsrechte des Antragstellers dauerhaft hätten verloren gehen können, da in einem solchen Falle seine Pension von vornherein deutlich niedriger ausgefallen wäre, ohne dass die Antragsgegnerin bis zum Zeitpunkt ihrer Verrentung hiervon irgendeinen Nutzen gehabt hätte, wobei - worauf von Antragstellerseite zu Recht hingewiesen wird - stets sogar die Gefahr bestand, dass die Antragsgegnerin bei einem eventuellen Ableben vor ihrer Verrentung aus dem Versorgungsausgleich keinerlei Vorteile würde ziehen können. Dabei entspricht diese Situation zwar von ihren Bedingungen und Voraussetzungen durchaus dem sogenannten Normalfall; wegen des erheblichen zeitlichen Abstande zwischen der Pensionierung des Antragstellers einerseits und dem möglichen Rentenbeginn der Antragsgegnerin andererseits muss in Fällen wie dem vorliegenden das Verlustrisiko jedoch deutlich höher eingeschätzt werden. Dieses Risiko ist zwar - anders als der Antragsteller meint - in Fällen wie dem vorliegenden, in denen die Scheidung erst nach der Pensionierung des Ausgleichsverpflichteten erfolgt, nicht oder doch in sehr viel geringerem Maße gegeben, da in derartigen Fällen aufgrund des "Pensionistenprivilegs" (im vorliegenden Fall § 55 c Abs. 1 S. 2 SVG) die Kürzung der Pension erst beim tatsächlichen Rentenbeginn der Ausgleichsberechtigten erfolgt. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses wussten die Parteien jedoch naturgemäß gerade noch nicht, ob und gegebenenfalls zu welchem Zeitpunkt sie sich eventuell scheiden lassen würden, sodass die getroffene Regelung keineswegs unsinnig erscheint.

Hinzu tritt, was von der Antragsgegnerin ernsthaft auch nicht bestritten wird, dass die Parteien seinerzeit davon ausgingen, dass die Antragsgegnerin später auch wieder beruflich im Kindergartenbereich würde arbeiten und sich dadurch eigene Anwartschaften aufbauen können. Dass sich zumindest die Pläne einer Arbeitsaufnahme als Kindergartenleiterin aufgrund der gesetzlichen Situation, die eine solche Tätigkeit wegen fehlender subjektiver Voraussetzungen nicht mehr erlaubt, zerschlagen haben, ist für eine Wirksamkeitskontrolle unbeachtlich, da die Parteien hiervon weder ausgegangen sind noch ausgehen mussten.

Aber auch die subjektive Familiensituation der Antragsgegnerin zum damaligen Zeitpunkt ist nicht als ein Umstand anzusehen, der gegen eine Wirksamkeit der streitigen vertraglichen Regelung sprechen muss. So geht die Rechtsprechung zwar in der Regel davon aus, dass ein Ausschluss des Versorgungsausgleiches bei Schwangerschaft der Frau regelmäßig ein Unwirksamkeitskriterium sein kann, das von vornherein eine ungleiche Verhandlungsposition und damit eine Disparität bei Vertragsabschluss indiziert (vgl. BGH FamRZ 2005, 1444 ff.). Hintergrund dieser Überlegungen ist jedoch erkennbar nicht die Schwangerschaft der Frau als solche, die ihre Entscheidungskompetenz medizinisch gesehen in keiner Weise einschränkt. Vielmehr stellt dieser Gedanke auf die Fälle ab, in denen die für die Frau nachteilige Regelung vor oder wenigstens im Zusammenhang mit der Verheiratung vereinbart wurde, sodass die Einengung ihrer Entscheidungsfreiheit im psychologischen Bereich in der Weise zu suchen ist, dass aus Sicht der Frau dem jeweiligen Verzicht die Eheschließung und die dadurch dann gegebene finanzielle Sicherheit gegenübersteht. Ein derartiger Fall ist hier aber gerade nicht gegeben. Immerhin waren die Parteien bei Vertragsschluss bereits einige Jahre verheiratet und hatten schon zwei Kinder. Die Frage einer möglichen Eheschließung stand also gar nicht im Raum.

Andererseits ist jedoch nicht zu übersehen, dass auch Umstände vorlagen, die bereits im Rahmen der Wirksamkeitskontrolle von der Antragsgegnerin zu ihren Gunsten herangezogen werden können. War doch bereits bei Vertragsschluss erkennbar, dass wegen der zwischen den Parteien unstreitig gewollten Kinderbetreuungslast der Antragsgegnerin, die wenigstens bis zur Pensionierung des Antragstellers von ihr getragen werden sollte, sich eine in gravierender Weise zu ihren Ungunsten ergebende Lastenverteilung hinsichtlich der Versorgungsausgleichsanwartschaften ergeben würde, wenn eine Scheidung vor der Pensionierung des Antragstellers erfolgte. In einem derartigen Falle hätte die vertragliche Regelung nämlich dazu geführt, dass die Antragsgegnerin wegen der Kinderbetreuung keinerlei Anwartschaften hätte erwerben können, während dem Antragsteller sämtliche Pensionsansprüche in voller Höhe verblieben wären.

Hinzu kommt, dass das Vertragswerk nicht nur Versorgungsausgleichsansprüche der Antragsgegnerin, sondern darüber hinaus auch sämtliche andere Rechte der Antragsgegnerin ausschloss, die nach dem gesetzlich normierten Leitbild im Falle einer Scheidung eine Teilhabe beider Ehepartner an den im Laufe der Ehe und durch die Ehe erworbenen Vorteile garantieren soll. Ist doch hier nach der vertraglichen Regelung nicht nur der Versorgungsausgleich sondern zudem der nacheheliche Unterhalt ebenso wie der Zugewinn ausgeschlossen worden, welche Regelung durchaus an eine extrem einseitige Lastenverteilung zu Ungunsten der Antragsgegnerin denken lässt.

Hinzu kommt außerdem, dass - wie der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingeräumt hat - die Parteien nicht einmal einen wenigstens teilweisen Ausgleich dieser Lastenverteilung dadurch sichergestellt hatten, dass - wie dies in ähnlich gelagerten Fällen eines Versorgungsausgleichsausschlusses durchaus gehandhabt wird - zugunsten der Antragsgegnerin Vorkehrungen für einen Erwerb eigener privatrechtlicher Vermögenspositionen getroffen worden sind; so hat der Antragsteller dargelegt, dass er zwar zwei - letztlich in den Erwerb des Familienheimes geflossene - Lebensversicherungen abgeschlossen hatte, bei denen für den Fall seines Todes die Antragsgegnerin Begünstigte war, dass diese Versicherungen aber gleichwohl auf seinen Namen liefen und er Versicherungsnehmer war.

Letztlich spricht hier zwar auch zur Überzeugung des Senates einiges dafür, dass - wie es das Amtsgericht in seinem Urteil ausgeführt hat - von einer Unwirksamkeit des Vertrages - noch - nicht auszugehen ist, da allein eine wesentliche Benachteiligung eines Ehegatten noch nicht als ausreichend für die Annahme der Sittenwidrigkeit anzusehen ist. Letztlich bedurfte diese Frage hier einer weiteren Vertiefung und damit einer abschließenden Klärung nicht, da der Beurteilung des Amtsgerichtes nämlich umfassend darin zu folgen ist, dass im vorliegenden Fall der Ausschluss des Versorgungsausgleiches im Rahmen einer Ausübungskontrolle dem Maßstab des § 242 BGB nicht standhalten kann. Ein derartiger Fall ist nach der Rechtsprechung beispielsweise dann gegeben, wenn - wie hier - ein Ehegatte sich einvernehmlich der Betreuung der gemeinsamen Kinder gewidmet und deshalb auf eine versorgungsbegründende Erwerbstätigkeit in der Ehe verzichtet hat und sich das in diesem Verzicht liegende Risiko dann zu einem Nachteil verdichtet, den der Versorgungsausgleich gerade auf beide Ehegatten gleichmäßig verteilen will und der ohne Kompensation nicht einem Ehegatten allein angelastet werden kann, wenn die Ehe scheitert (vgl. BGH FamRZ 2005, 185). Ein derartiger Fall ist hier aber anzunehmen.

Denn es ist völlig unstreitig, dass die Antragsgegnerin Haushalt und Kindesbetreuung wenigstens ganz überwiegend bis zur Pensionierung des Antragstellers übernommen hatte; und auch dessen Vorbringen, er habe sich dann anschließend selbst vermehrt um die Kinder gekümmert, erscheint bereits mangels hinreichender Konkretisierung wenig berücksichtigungsfähig. Hinzu kommt, dass die Kinder zum Zeitpunkt der Pensionierung bereits 12, 11 und 8 Jahre alt waren, sich der Betreuungsaufwand, der nach seiner Darstellung ab der Pensionierung vom Antragsteller zu tragen war, in immer engeren Grenzen bewegte. Hinzu kommt, dass - wie auch vom Amtsgericht ausgeführt - die Antragsgegnerin anders, als die Parteien es nach dem eigenen Vorbringen des Antragstellers bei der Ausschlussvereinbarung im Auge hatten, gar keine Möglichkeit hatte, sich Versorgungsansprüche in nennenswertem Umfange aufzubauen. Denn die von den Parteien ursprünglich vorgesehene berufliche Stellung der Antragsgegnerin als eine eher gehobene Kraft im Kindergarten- bzw. Kinderpflegebereich war und ist für sie nicht mehr zu erlangen, da sich während der Ehe die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür geändert hatten, sodass die Antragsgegnerin als "nur" ausgebildete Kinderpflegerin derartige Stellen nicht mehr ausfüllen kann. Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhange argumentiert, dieser, die Antragsgegnerin treffende Nachteil sei nicht ehebedingt bzw. eheangelegt, sondern auf äußere objektive Umstände zurückzuführen, muss dem zwar zugestimmt werden; gerade eine Entwicklung, die wegen von den Parteien nicht zu beeinflussender Umstände anders eintritt als von ihnen erwartet, ist jedoch ein im Rahmen der Ausübungskontrolle zu berücksichtigendes Moment. Der Antragsteller weist selbst in seinen Schriftsätzen wiederholt darauf hin, dass die Parteien davon ausgegangen seien, dass sich die Antragsgegnerin nach der Pensionierung eine Altersversorgung würde aufbauen können. Da es dazu in dem von den Parteien vorgestellten Ausmaß aber aufgrund von Umständen, die nach Aktenlage der Antragsgegnerin nicht angelastet werden können, letztlich nicht gekommen ist, würde eine Berufung des Antragstellers auf den Versorgungsausschluss bedeuten, dass die Antragsgegnerin - gerade anders als die Parteien es nach dem eigenen Vorbringen des Antragstellers geplant hatten - eine ihm auf die Ehezeit bezogene gleichwertige Altersversorgung nicht haben würde.

Hinzu tritt, dass die vom Antragsteller selbst als Begründung für den Ausschluss des Versorgungsausgleiches aufgezeigte und durchaus verständliche Intention der Parteien, durch die Ausschlussregelung den vollen Erhalt der Pension auch für den Fall einer Scheidung vor Erreichen der Pensionsgrenze abzusichern nunmehr ins Leere läuft, nachdem die Scheidung erst nach der Pensionierung des Antragstellers erfolgt ist und damit dem Antragsteller die Pensionsansprüche bis zur Verrentung der Antragsgegnerin ohnehin in voller Höhe erhalten bleiben, sieht man einmal von der eher als gering einzuschätzenden Gefahr ab, dass Rentenansprüche aus der Rentenversicherung der Antragsgegnerin vor deren Verrentung realisiert werden müssen. Stellte sich nämlich - wie bereits ausgeführt - die Ausschlussregelung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses unter diesem Gesichtspunkt durchaus verständlich dar, so soll sie nach Ansicht des Antragstellers gleichermaßen für eine Konstellation durchgreifen, deretwillen sie gar nicht vereinbart worden war. Auch dies ist zur Überzeugung des Senates ein gewichtiges Argument, dem Antragsteller das Recht, sich auf diese Ausschlussregelung zu berufen, zu versagen.

Alles in allem ist eher daher davon auszugehen, dass ein Durchgreifen des Versorgungsausschlusses hier so weit vom gesetzlichen Leitbild des Versorgungsausgleichs abweicht, dass eine Berufung auf den Ausschluss als unzulässig angesehen werden muss. Dabei erscheint es zur Überzeugung des Senates auch nicht als gerechtfertigt, im Wege der vorzunehmenden Vertragsanpassung einen Versorgungsausgleich nur beschränkt, etwa in der Weise vorzunehmen, dass auf Seiten der Antragsgegnerin für die Zeit der Ehe fingierte Entgeltpunkte in einer Höhe anzunehmen sind, wie diese sich für den Fall einer Berufstätigkeit während der Ehe hätte aufbauen können. Denn die fehlende Berufstätigkeit der Antragsgegnerin bis zur Pensionierung des Antragstellers entspricht unstreitig der Lebensplanung der Parteien bei Vertragsschluss. Und auch für die Zeit seit der Pensionierung des Antragstellers bis zur Rechtskraft der Scheidung muss sich die Antragsgegnerin zusätzliche Entgeltpunkte nicht fingiert zurechnen lassen, da es an jedem Anhaltspunkt dafür fehlt, dass sie in jenem Zeitraum weitere Anwartschaften in nennenswertem Umfange hätte erwerben können oder diesen Erwerb schuldhaft unterlassen hat.

Endlich ist auch das Argument des Antragstellers zu seinen Gunsten nicht zielführend, dass eine Berufung auf den Ausschluss des Versorgungsausgleiches hier auch dadurch gerechtfertigt sei, dass - anders als in Normalfällen - die zu übertragenden Anwartschaften besonders hoch seien, weil sie ausschließlich bis zum Alter von 41 Jahren erworben seien, während in den Fällen einer regulären Pensionierung bzw. Verrentung die Gesamtwerte der Versorgungsanwartschaften in deutlich längeren Zeiträumen erworben werden müssten. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass - wie dem Senat aus anderen Fällen mit Strahlflugzeugführern bekannt ist - das System der Besoldung und Versorgung von Piloten grundsätzlich darauf aufbaut, dass sich die Frühpensionäre nach ihrer Pensionierung nicht wie der Antragsteller zur Ruhe setzen, sondern die Zeit bis zum Erreichen der regulären Altersgrenze für Hinzuverdienste nutzen. Gerade Piloten können auch im Zivilbereich mit Anfang 40 noch durchaus lukrative Positionen ausfüllen. Geht man aber davon aus, dass ein Strahlflugzeugführer trotz der Beendigung seiner Dienstzeit noch in anderer Weise weiterarbeitet (wobei es sich entgegen dem Vorbringen des Antragstellers keineswegs um unmittelbar fliegerische Positionen handeln muss), ergibt sich im Verhältnis zum "Normalfall" kein Unterschied, da in derartigen Fällen durchgehend weitere Anwartschaften erworben werden können, die dann allein dem Betroffenen zustehen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 13 a FGG.

Ende der Entscheidung

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