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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 20.05.2005
Aktenzeichen: 13 UF 162/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 138
BGB § 242
Anwendung und Konkretisierung der Vorgaben des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 11.02.2004, NJW 2004, 930) zur Prüfung der Wirksamkeit von Eheverträgen.
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

3 UF 162/04

verkündet am: 20. Mai 2005

In der Familiensache

hat der 4. Senat für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 21. April 2005 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Pinneberg vom 29. Juni 2004 zum Ausspruch über den nachehelichen Unterhalt (Ziff. V des Urteilstenors) geändert und insoweit wie folgt neu gefasst:

Der Antragsteller wird verurteilt, an die Antragsgegnerin für die Zeit ab Rechtskraft der Scheidung einen nachehelichen Unterhalt in Höhe von monatlich 170,00 € zu zahlen.

Im Übrigen hat das angefochtene Urteil Bestand.

Die weitergehende Berufung der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens in der ersten Instanz werden gegeneinander aufgehoben.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Antragsgegnerin zu 3/4 und dem Antragsteller zu 1/4 auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Zulassung der Revision erfolgt nicht.

Tatbestand:

Der ... 1952 geborene Antragsteller und die ... 1965 geborene Antragsgegnerin schlossen ... 1985 die Ehe miteinander, aus der zwei Kinder hervorgegangen sind, ...

Zur Zeit der Heirat war die Antragsgegnerin philippinische Staatsangehörige. Der Antragsteller ist Deutscher, die Antragsgegnerin hat inzwischen die deutsche Staatsangehörigkeit erworben.

Einige Tage vor der Heirat schlossen die Parteien den notariellen Ehevertrag vom 12. Juni 1985 (UR-Nr. .../1985 des Notars D. in Q. , GA Band I, Bl. 6).

Nach § 1 des Ehevertrages vereinbarten sie den Güterstand der Gütertrennung und schlossen den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft aus.

Gemäß § 2 verzichteten die Parteien für den Fall der Scheidung wechselseitig auf Unterhalt, und zwar auch für den Fall der gesetzlichen veränderten Umstände.

Nach § 3 schlossen sie den Versorgungsausgleich aus und verzichteten gegenseitig auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs.

Im September 1996 trennten sich die Parteien. Die Antragsgegnerin zog im Oktober 1996 mit beiden Kindern aus der Ehewohnung aus. Inzwischen lebt der ältere Sohn C. beim Vater, während P. bei der Mutter geblieben ist. Die alleinige elterliche Sorge für C. ist dem Antragsteller übertragen worden und für P. der Antragsgegnerin.

Der Scheidungsantrag des Antragstellers ist der Antragsgegnerin am 21. November 1997 zugestellt worden.

Die Parteien haben in der Ehezeit (01. Juni 1985 bis zum 31. Oktober 1997) folgende Versorgungsanwartschaften erworben:

Antragsteller:

Laut Auskunft der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Berlin vom 05. April 2002 (VA-Heft Bl. 22) monatliche Anwartschaften von 544,36 €.

Außerdem ergibt sich aus dem Fragebogen zum Versorgungsausgleich, dass dem Antragsteller eine betriebliche Altersversorgung seiner Arbeitgeberin, der Signal Iduna-Gruppe, Hamburg, zugesagt worden sei. Eine Auskunft über die ehezeitlichen Anwartschaften liegt insoweit nicht vor.

Antragsgegnerin:

Laut Auskunft der Landesversicherungsanstalt Schleswig-Holstein vom 02 Juli 2002 (VA-Heft Bl. 31) monatliche Anwartschaften von 90,11 €.

Beide Parteien haben beantragt,

ihre Ehe zu scheiden.

Die Antragsgegnerin hat weiter beantragt,

1. den Versorgungsausgleich durchzuführen,

2. zum Zugewinnausgleich

a) den Antragsteller zu verurteilen, Auskunft über den Bestand seines Endvermögens am 21. November 1997 durch Vorlage eines schriftlichen Verzeichnisses zu erteilen und

b) den Antragsteller für den Fall der rechtskräftigen Scheidung zu verurteilen, einen auf der Grundlage der erteilten Auskunft noch zu beziffernden Zugewinnausgleichsbetrag an die Antragsgegnerin zu zahlen,

3. den Antragsteller zu verurteilen, an sie ab Rechtskraft der Scheidung einen nachehelichen Unterhalt in Höhe von monatlich 737,00 € zu zahlen, hilfsweise 672,00 €.

Der Antragsteller hat zu den Anträgen betreffend den Versorgungsausgleich, den Zugewinnausgleich und den nachehelichen Unterhalt beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Das Amtsgericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 27. Juli 2001 (GA Bl. 402 R) darüber, ob die Antragsgegnerin bei Abschluss des notariellen Ehevertrages der deutschen Sprache hinreichend kundig gewesen sei, durch Vernehmung der Zeugen .... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 10. September 2004 (GA Bl. 414) und vom 31. Januar 2002 (GA Bl. 473) verwiesen.

Sodann hat das Amtsgericht - Familiengericht - Pinneberg durch Urteil vom 29. Juni 2004

I. die Ehe der Parteien geschieden,

II. die alleinige elterliche Sorge für den Sohn C. auf den Antragsteller übertragen und die alleinige elterliche Sorge für den Sohn P. auf die Antragsgegnerin,

III. ausgesprochen, dass eine Entscheidung über den Versorgungsausgleich nicht stattfinde,

IV. den Stufenantrag der Antragsgegnerin zum Zugewinnausgleich zurückgewiesen,

V. den Antrag der Antragsgegnerin zum nachehelichen Unterhalt zurückgewiesen.

Zur Begründung führt das Amtsgericht aus, der notarielle Ehevertrag vom 12. Juni 1985 sei nicht sittenwidrig gemäß § 138 BGB und daher wirksam. Der Antragsteller handele nicht rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 242 BGB, wenn er sich auf den Ausschluss des Versorgungsausgleichs berufe. Entsprechendes gelte für den Zugewinnausgleichsanspruch.

Ein Anspruch der Antragsgegnerin auf nachehelichen Unterhalt sei nicht gegeben. Auch insoweit sei der wechselseitige Verzicht auf Geschiedenenunterhalt wirksam. Zwar würde der Antragsgegnerin grundsätzlich gemäß § 242 BGB ein Betreuungsunterhalt im Hinblick auf die Betreuung des gemeinsamen minderjährigen Sohnes P. zustehen, der Betreuungsunterhalt würde sich aber auf die Sicherung des Existenzminimums beschränken. Diesen Bedarf könne die Antragsgegnerin durch eigene Einkünfte (Arbeitslosengeld in Höhe von monatlich 1.075,00 € zuzüglich einer Haushaltsführungsvergütung und ersparter Aufwendungen in Höhe von monatlich 250,00 € im Hinblick auf das überwiegende Zusammenleben mit dem Zeugen Z. ), selbst decken.

Der Ehevertrag sei auch nicht gemäß § 142 BGB als von Anfang an nichtig anzusehen, da es jedenfalls an einer fristgemäßen Anfechtungserklärung im Sinne der §§ 121, 143 BGB fehle.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Berufung.

Sie trägt vor, das Familiengericht habe die Grundsätze des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 12. Februar 2004 (NJW 2004, 930) nicht berücksichtigt. Der notarielle Ehevertrag vom 12. Juni 1985 sei zunächst einer Wirksamkeitskontrolle zu unterziehen und für den Fall, dass eine Wirksamkeit bejaht werde, sei zu prüfen, ob und inwieweit eine Anpassung (Ausübungskontrolle) vorzunehmen sei. Schon im Zeitpunkt des Zustandekommens des notariellen Ehevertrages habe eine einseitige Lastenverteilung zu ihren Lasten stattgefunden. Sie sei seinerzeit weder der deutschen Sprache mächtig gewesen noch habe sie eine in Deutschland anerkannte Ausbildung gehabt und sei von dem Antragsteller in wirtschaftlicher Hinsicht völlig abhängig gewesen. In der Ehe habe sie sich dem Haushalt gewidmet und zunächst den damals 6 jährigen Sohn des Antragstellers aus erster Ehe, Frank, geboren am 23. Oktober 1978, betreut. Die Parteien hätten nicht nur geheiratet, damit sie, die Antragsgegnerin, ihren unberechtigten Aufenthalt in Deutschland habe beenden können. In der Ehe seien 2 gemeinsame Kinder geboren worden und die Ehe habe 12 Jahre lang angedauert. Auch wegen ihrer Erkrankung (Bindegewebsgeschwulst) sei ihre Zukunft ungesichert. Neben dem Anspruch auf Betreuungsunterhalt habe sie auch einen Anspruch auf Krankheitsunterhalt. Bei Abschluss des Ehevertrages habe sie weder gewusst, was für einen Vertrag sie unterschrieben habe, noch welchen Inhalts der Vertrag gewesen sei.

Bei ihrer Beziehung zu dem Zeugen Z. habe es sich zu keiner Zeit um eine verfestigte eheähnliche Beziehung im Sinne des § 1579 Nr. 7 BGB gehandelt. Seit dem 01. März 2005 sei die Beziehung vollständig beendet.

Die Antragsgegnerin beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und

1. den Scheidungsausspruch aufzuheben,

2. den Antragsteller zu verurteilen, an sie ab Rechtskraft der Scheidung einen Elementarunterhalt in Höhe von monatlich 547,00 € und einen Altersvorsorgeunterhalt in Höhe von monatlich 138,00 € zu zahlen,

3. den Versorgungsausgleich durchzuführen.

Sie stellt klar, dass die Berufung gegen den Scheidungsausspruch lediglich der Erhaltung der Entscheidung im Verbund diene.

Der Antragsteller beantragt,

die Berufung der Antragsgegnerin zurückzuweisen.

Er trägt vor, die Antragsgegnerin habe zur Zeit des Abschlusses des notariellen Ehevertrages genügend Deutsch verstanden. Der Notar D. habe die einzelnen Gegenstände des Ehevertrages bei der notariellen Verhandlung erläutert. Er habe der Antragsgegnerin schon vor der notariellen Verhandlung erklärt, dass sie im Falle einer Scheidung keinen Zugewinnausgleich, Versorgungsausgleich und Geschiedenenunterhalt beanspruchen könne. Er habe ihr deutlich gemacht, dass er zur Eheschließung nur bereit sei, wenn der Ehevertrag geschlossen werde, weil bereits seine erste Ehe geschieden worden sei.

Die Beziehung zwischen der Antragsgegnerin und Herrn Z. bestehe weiterhin.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin hat teilweise Erfolg, soweit sie nachehelichen Betreuungsunterhalt gemäß § 1570 BGB verlangt. Im Übrigen ist ihre Berufung unbegründet.

Der notarielle Ehevertrag vom 12. Juni 1985 ist wirksam. Der Vertrag ist insbesondere nicht wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig (§ 138 BGB), er ist auch nicht wirksam angefochten worden (§§ 119, 142 BGB). Für die Zeit der Betreuungsbedürftigkeit des jetzt 10 jährigen Sohnes P. , geboren am 31. März 1995, ist es dem Antragsteller jedoch nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB verwehrt, sich auf den Unterhaltsverzicht zu berufen.

Bei seiner Würdigung geht der Senat von den Grundsätzen aus, die der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 11. Februar 2004 (NJW 2004, 930) zur Prüfung der Wirksamkeit von Eheverträgen niedergelegt hat. Der Bundesgerichtshof führt aus, es lasse sich nicht allgemein abschließend beantworten, unter welchen Voraussetzungen eine Vereinbarung, durch welche Ehegatten ihre unterhaltsrechtlichen Verhältnisse oder ihre Vermögensangelegenheiten für den Scheidungsfall abweichend von den gesetzlichen Vorschriften regelten, unwirksam (§ 138 BGB) oder die Berufung auf alle oder einzelne vertragliche Regelungen unzulässig sei (§242 BGB). Erforderlich sei eine Gesamtschau der getroffenen Vereinbarungen, der Gründe und Umstände ihres Zustandekommens sowie der beabsichtigten und verwirklichten Gestaltung des ehelichen Lebens. Dabei sei von folgenden Grundsätzen auszugehen:

Die gesetzlichen Regelungen über nachehelichen Unterhalt, Zugewinn und Versorgungsausgleich unterlägen grundsätzlich der vertraglichen Disposition der Ehegatten; einen unverzichtbaren Mindestgehalt an Scheidungsfolgen zugunsten des berechtigten Ehegatten kenne das geltende Recht nicht. Dies dürfe aber nicht dazu führen, dass der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen durch vertragliche Vereinbarung beliebig unterlaufen werden könne. Das wäre dann der Fall, wenn dadurch eine evident einseitige und durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung entstünde, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten - bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede - bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheine. Die Belastungen des einen Ehegatten würden dabei umso schwerer wiegen und die Belange des anderen Ehegatten umso genauerer Prüfung bedürfen, je unmittelbarer die vertragliche Abbedingung gesetzlicher Regelung in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreife. Zu diesem Kernbereich gehöre in erster Linie der Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB). Bei der Ausrichtung am Kernbereich der Scheidungsfolgen sei für deren Disponibilität eine Rangabstufung vorzunehmen, die sich in erster Linie danach bemesse, welche Bedeutung die einzelnen Scheidungsfolgenregelungen für den Berechtigten in seiner jeweiligen Lage hätten. Der Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB) rangiere vor dem Unterhalt wegen Krankheit und wegen Alters (§§ 1572 und 1571). Auf der selben Stufe wie der Altersunterhalt rangiere der Versorgungsausgleich. Sittenwidrigkeit einer Vereinbarung werde dabei regelmäßig nur in Betracht kommen, wenn durch den Vertrag Regelungen aus dem Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts ganz oder jedenfalls zu erheblichen Teilen abgedungen würden, ohne dass dieser Nachteil für den anderen Ehegatten durch anderweitige Vorteile gemildert oder durch die besonderen Verhältnisse der Ehegatten, den von ihnen angestrebten oder gelebten Ehetyp oder durch sonstige gewichtige Belange des begünstigten Ehegatten gerechtfertigt werde.

Die danach gebotene Abwägung der beiderseitigen Interessen der Parteien führt zu dem Ergebnis, dass der notarielle Ehevertrag vom 12. Juni 1985 nicht wegen Sittenwidrigkeit unwirksam ist (§ 138 BGB). Zwar bedeuteten die Vereinbarung eines wechselseitigen vollständigen Verzichtes auf nachehelichen Unterhalt, auf den Versorgungsausgleich und die Vereinbarung der Gütertrennung im praktischen Ergebnis eine einseitige Belastung der Antragsgegnerin. Denn die Antragsgegnerin war vor der Heirat und noch zur Zeit der Eheschließung philippinische Staatsangehörige, war vermögenslos und hielt sich unberechtigt in der Bundesrepublik Deutschland auf. Aufgrund dessen hatte sie zur Zeit des Abschlusses des notariellen Ehevertrages keine Zukunftsperspektive und war auf illegale Erwerbstätigkeiten angewiesen, um leben zu können. Da es für die Wirksamkeitskontrolle auf die tatsächlichen Umstände zur Zeit des Abschlusses des Ehevertrages ankommt, ist die spätere für die Antragsgegnerin günstigere Entwicklung, die ihr wegen des späteren Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit auch für den Fall der Scheidung eine eigene Zukunftsperspektive in der Bundesrepublik Deutschland gab, ohne Bedeutung. Obwohl bei Abschluss des notariellen Ehevertrages die Zukunft der Antragsgegnerin vollständig von dem Antragsteller abhing, verstößt der Ehevertrag nicht gegen die guten Sitten. Denn wie sich aus den oben zitierten Grundsätzen des Bundesgerichtshofs ergibt, ist eine Gesamtschau der getroffenen Vereinbarungen, der Gründe und Umstände ihres Zustandekommens sowie der beabsichtigten und verwirklichten Gestaltung des ehelichen Lebens erforderlich. In diesem Zusammenhang ist die Interessenlage des Antragstellers vor der Heirat zu berücksichtigen. Seinerzeit war er von seiner ersten Ehefrau geschieden, aus der der Sohn F., geboren .. 1978, stammte, der bei ihm lebte. Durch diese erste Scheidung hatte er bereits finanzielle Einbußen hinnehmen müssen, so dass er - wie er vorträgt - nur bereit war, eine neue Ehe einzugehen, wenn er die finanziellen Risiken einer weiteren Scheidung nicht tragen müsste. Der Antragsteller hat in seiner persönlichen Anhörung vor dem Senat erklärt, er habe erst kurz vor der Heirat davon erfahren, dass sich die Antragsgegnerin illegal in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten habe und schon eine Heirat mit einem anderen Mann geplant gewesen sei. Er habe die Antragsgegnerin im Kreise anderer philppinischer Staatsangehöriger kennengelernt, sie gemocht, sei auch verliebt gewesen, sei aber nicht bereit gewesen, das finanzielle Risiko einer neuen Ehe auf sich zu nehmen. Dies habe er ihr vor der Heirat klar gemacht und sie sei einverstanden gewesen. Dieses Interesse des Antragstellers ist gegenüber dem Bedürfnis der Antragsgegnerin, durch die Ehe auch für den Fall der Scheidung wirtschaftlich gesichert zu sein, von erheblichem Gewicht. Der notarielle Ehevertrag ist noch vor der Heirat geschlossen worden. Der Antragsteller hatte zu dieser Zeit die volle Dispositionsfreiheit darüber, ob er die Antragsgegnerin heiratete oder nicht. Deshalb war es ihm auch nicht verwehrt, für den Fall der Scheidung vom Gesetz grundsätzlich gebilligte Vereinbarungen zu treffen, durch die die Parteien wechselseitig auf nachehelichen Unterhalt und Versorgungsausgleich verzichteten und Gütertrennung einführten.

Zutreffend führt das Familiengericht in dem angefochtenen Urteil aus, dass der Ehevertrag auch nicht gemäß § 142 BGB als von Anfang an nichtig anzusehen ist, da es an einer fristgemäßen Anfechtungserklärung im Sinne der §§ 121, 143 BGB fehlt. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe hierzu in dem angefochtenen Urteil des Familiengerichts verwiesen.

Da der notarielle Ehevertrag Bestand hat, hat der Senat im Rahmen der Ausübungskontrolle zu prüfen, ob und inwieweit ein Ehegatte die ihm durch den Vertrag eingeräumte Rechtsmacht missbraucht, wenn er sich im Scheidungsfall gegenüber einer vom anderen Ehegatten begehrten gesetzlichen Scheidungsfolge darauf beruft, dass diese durch den Vertrag wirksam abgedungen sei (§ 242 BGB). Der Bundesgerichtshof (a. a. O.) führt hierzu aus, dafür seien nicht nur die Verhältnisse im Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgebend, vielmehr sei entscheidend, ob sich im Zeitpunkt des Scheiterns der Lebensgemeinschaft aus dem vereinbarten Ausschluss der Scheidungsfolge eine evident einseitige Lastenverteilung ergebe, die unzumutbar sei. Insgesamt habe sich die gebotene Abwägung an der Rangordnung der Scheidungsfolgen zu orientieren. Halte die Berufung eines Ehegatten auf den vertraglichen Ausschluss der Scheidungsfolge der richterlichen Rechtsausübungskontrolle nicht stand, so führe dies im Rahmen des § 242 BGB noch nicht zur Unwirksamkeit des vertraglich vereinbarten Ausschlusses. Der Richter habe vielmehr diejenige Rechtsfolge anzuordnen, die den berechtigten Belangen beider Parteien in der nunmehr eingetretenen Situation in ausgewogener Weise Rechnung trage. Dabei werde er sich umso stärker an der vom Gesetz vorgesehenen Rechtsfolge zu orientieren haben je zentraler diese Rechtsfolge im Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts angesiedelt sei.

Diese Grundsätze führen hier dazu, dass der Antragsteller verpflichtet ist, an die Antragsgegnerin für die Zeit der Betreuungsbedürftigkeit des Sohnes P. Geschiedenenunterhalt gemäß § 1570 BGB zu zahlen. Bei der Bemessung des Unterhalts orientiert sich der Senat an dem kleinen Selbstbehalt, der zur Zeit 820,00 € monatlich beträgt. Diesen Betrag benötigt die Antragsgegnerin aus eigenen Einkünften und ergänzendem Ehegattenunterhalt. Die Bemessung des Bedarfs in Höhe von insgesamt 820,00 € monatlich berücksichtigt auch, dass der Senat nach der Anhörung der Parteien davon überzeugt ist, dass weiterhin eine langdauernde verfestigte eheähnliche Beziehung zwischen der Antragsgegnerin und dem Zeugen Z. besteht. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Antragsgegnerin und der Zeuge Z. keinen gemeinsamen Haushalt führen. Zwar behauptet die Antragsgegnerin, sie habe sich im März 2005 endgültig von diesem getrennt, weil sie keine Zukunft mit ihm sehe. Andererseits hat sie in ihrer persönlichen Anhörung vor dem Senat eingeräumt, dass der Zeuge Z. sie auch seitdem weiterhin besuche und bei ihr übernachte, aber nur, wenn P. nicht zu Hause sei. Danach kann festgestellt werden, dass sich seit der letzten Beurteilung der Voraussetzungen für eine Verwirkung des Ehegattenunterhalts nach § 1579 Nr. 7 BGB durch den Senat im Rahmen des Getrenntlebensunterhalts die Verhältnisse tatsächlich nicht geändert haben. Der Senat hält daher weiterhin die Voraussetzungen der Verwirkung für gegeben. Auch unter diesem Aspekt sind die Belange des erst 10 Jahre alten Sohnes P. zu berücksichtigen mit der Folge, dass der Senat in der Gesamtschau den Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin an einem Bedarf von insgesamt 820,00 € monatlich orientiert.

Auf dieser Grundlage hat der Beklagte ab Rechtskraft der Scheidung einen monatlichen Betreuungsunterhalt von rund 170,00 € zu zahlen. Die Antragsgegnerin verfügt zur Zeit bis voraussichtlich Juni 2007 über das Übergangsgeld der Agentur für Arbeit in Höhe von monatlich 855,30 €. Abzusetzen sind die Kosten für die Kindertagesstätte (monatlich 42,00 €), die Fahrkarte für P. für den Hamburger Verkehrsverbund (monatlich 28,00 €) sowie ein Betreuungsbonus in Höhe von monatlich 130,00 €, so dass in der Differenzberechnung 655,30 € zu berücksichtigen sind. Auf seiten des Antragstellers ist eine genaue Einkommensberechnung nicht erforderlich, weil auf der Grundlage der Verdienstbescheinigung für Januar bis Dezember 2004 abzuschätzen ist, dass er jedenfalls 170,00 € monatlich an Unterhalt zahlen müsste. Diesen Betrag benötigt die Beklagte bei einem Bedarf von 820,00 € und einem anzurechnenden eigenen Einkommen von 655,30 €. Der ungedeckte Bedarf errechnet sich auf 164,70 € und wird mit rund 170,00 € monatlich bemessen. Die Antragsgegnerin ist zur Zeit über die Agentur für Arbeit sozialversichert und hat deshalb keinen darüber hinaus gehenden Vorsorgeunterhaltsbedarf, der im Rahmen der anzustellenden Billigkeitsabwägung durchgreift.

Der durch den notariellen Ehevertrag wirksam ausgeschlossene Versorgungsausgleich führt im Rahmen der Ausübungskontrolle nicht zur Anpassung der Vereinbarung. Zwar gehört der Versorgungsausgleich nach der oben zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum Kernbereich der Scheidungsfolgen, allerdings innerhalb dessen zum entfernteren Bereich. Die Antragsgegnerin ist im Januar 1965 geboren, mithin 40 Jahre alt, hat in der Ehe laut Auskunft der Landesversicherungsanstalt Schleswig-Holstein vom 02. Juli 2002 bereits monatliche Rentenanwartschaften von 90,11 € erworben, war nach der Ehezeit im Sinne des § 1587 Abs. 2 BGB versicherungspflichtig erwerbstätig oder - finanziert durch die Arbeitsverwaltung - in berufsfördernden Maßnahmen, erhielt außerdem in der Vergangenheit Arbeitslosengeld, Krankengeld und Übergangsgeld und wird Ende Juni 2005 mit einer zweijährigen Berufsausbildung beginnen, für die weiterhin das Überbrückungsgeld von 855,30 € gezahlt wird, so dass sie auch voraussichtlich für das Alter gesichert ist. Da ihr die Agentur für Arbeit eine Berufsausbildung finanziert, kann davon ausgegangen werden, dass die Antragsgegnerin künftig eine eigene berufliche Stellung erreichen wird, die es ihr ermöglicht, genügend Rentenanwartschaften zu sammeln. Im Hinblick auf ihre Erkrankung (rezidivierende Bindegewebsgeschwulst) besteht zur Zeit keine Erwerbsunfähigkeit, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Antragsgegnerin aus Gesundheitsgründen nicht langdauernd erwerbstätig sein kann. Hiergegen spricht schon der kurz bevorstehende Beginn ihrer Ausbildung.

Die Zulassung der Revision erfolgt nicht. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO, nach der die Revision zuzulassen ist, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, liegen nicht vor. Der Senat stützt seine Entscheidung auf die Grundsätze des Bundesgerichtshofs in seinem Urteil vom 12. Februar 2004 (NJW 2004, 930) zur Wirksamkeitskontrolle und nimmt auf dieser Grundlage die dem Tatrichter obliegende Abwägung der konkreten Umstände in dem vorliegenden Fall vor.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 93 a Abs. 1 Satz 1, Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO.

Die weiteren Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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