Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 16.06.2003
Aktenzeichen: 13 UF 94/03
Rechtsgebiete: GewaltschutzG, ZPO, FGG


Vorschriften:

GewaltschutzG § 1
GewaltschutzG § 2
ZPO § 620 c
ZPO § 568
FGG § 64 b III
1. Über die sofortige Beschwerde gegen einstweilige Anordnungen nach dem Gewaltschutzgesetz hat der Einzelrichter zu entscheiden.

2. Für einstweilige Anordnungen nach den Regelungen des § 1 II Ziff. 1,2, VI Gewaltschutzgesetz ist es unerheblich, welche Ursachen für die Verschlechterung der Beziehungen der zusammen wohnenden Personen und deren Auseinandersetzungen bestehen.


13 UF 93/03

Beschluss

In der Familiensache

hat der 4. Familiensenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Alpes als Einzelrichter am 16. Juni 2003 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen die einstweilige Anordnung des Amtsgerichts Elmshorn - Familiengericht - vom 02. Juni 2003 in der Fassung des Teil- Abhilfebeschlusses vom 06. Juni 2003 sowie sein Antrag auf Aussetzung des Vollzugs der einstweiligen Anordnung werden zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Gegenstandwert von 1.500,00 € zu tragen.

Gründe:

Die gemäß §§ 64 b Abs. 3 FGG, 620 c ZPO statthafte Beschwerde ist zulässig aber unbegründet.

Über das Rechtsmittel hat gemäß § 620 c ZPO in Verbindung mit § 568 ZPO der Einzelrichter zu entscheiden. In den Verfahren, in denen das FGG hinsichtlich der sofortigen Beschwerde auf die Vorschriften der ZPO verweist, richtet sich das Verfahren nach den Vorschriften der ZPO (Keidel/Kahl, freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Auflage, Vorbemerkung 24 zu §§ 19-30; Keidel/Sternal, § 22 Rn. 89 ff.). Die aufgrund der Verweisung in § 64 b Abs. 3 FGG statthafte sofortige Beschwerde nach § 620 c ZPO stellt eine sofortige Beschwerde nach den §§ 567 ff. ZPO dar, für die gemäß § 568 S. 1 ZPO grundsätzlich der Einzelrichter zuständig ist (Feskorn, Die Zuständigkeit des Einzelrichters gemäß § 568 ZPO, NJW 2003, 856, 857).

Dem Rechtsmittel ist der Erfolg zu versagen, weil das Familiengericht in dem angefochtenen Beschluss der Antragstellerin zutreffend im Wege der einstweiligen Anordnung das Haus S zugewiesen hat und die weiteren zur Durchsetzung der einstweiligen erforderlichen Maßnahmen zutreffend beschlossen hat. Der Senat folgt den Gründen der angefochtenen Entscheidung und des Teil- Abhilfebeschlusses vom 06. Juni 2003, auf deren Inhalt Bezug genommen wird. Die Gründe haben auch gegenüber dem Beschwerdevorbringen Bestand.

Der Antragsgegner führt in seiner sofortigen Beschwerde in erster Linie an, er habe sich wie ein Vater um die Kinder der Antragstellerin gekümmert und die Belastung der Beziehung der Parteien sei wesentlich darauf zurückzuführen, dass die Antragstellerin sich an der täglichen Hausarbeit nicht beteilige, weil sie regelmäßig Alkohol zu sich nehme. Sie zeige insoweit keinerlei Einsicht. Sie lasse den Haushalt verwahrlosen und mache trotz angespannter finanzieller Situation der "Familie" weitere Schulden. Die Antragstellerin und deren Kinder würden ihn ausgrenzen. Ihm sei deutlich gemacht worden, dass er nicht mehr "dazugehöre", seitdem bemühe er sich um eigenen Wohnraum; von der Antragstellerin habe er lediglich einen angemessen Aufschub erbeten. Die Vorwürfe der Antragstellerin, er habe sie beschimpft und habe ihr gegenüber sowie den Kindern gegenüber die Anwendung von Gewalt angedroht, bestreitet der Antragsgegner. Er habe weder die Antragstellerin noch die Kinder in irgendeiner Form bedroht oder ihnen körperliche Gewalt angedroht. Körperliche Auseinandersetzungen habe es nicht gegeben, er sei auch nicht verbal ausfällig geworden.

Der Vortrag des Antragsgegners zu den Ursachen der Verschlechterung der Beziehungen der Parteien und der Auseinandersetzungen im täglichen Leben, insbesondere zu den behaupteten Verursachungsanteilen der Antragstellerin in Folge Alkoholkonsums kann dahinstehen. Im Rahmen der vom Familiengericht zutreffend vorgenommenen Würdigung der Voraussetzungen einer Wohnungszuweisung nach den Regelungen der §§ 1 Abs. 2 Ziff. 1, 2 Abs. 6 Gewaltschutzgesetz ist allein maßgeblich, ob der Antragsgegner mit einer Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit widerrechtlich gedroht hat und die Zuweisung erforderlich ist, um eine unwillige Härte zu vermeiden. Die Antragstellerin hat glaubhaft gemacht, dass der Antragsgegner ihr und ihren Kindern wiederholt mit einer Körperverletzung gedroht hat mit Aussagen wie "ich knall dir eine" oder "ich hau dir eine auf die Schnauze". Der Senat folgt der Würdigung des Familiengerichts, dass es sich dabei nicht lediglich um bloße Verwünschungen oder Beschimpfungen gehandelt hat, sondern um ernsthafte Drohungen im Sinne der §§ 240, 241 StGB. Diese Drohungen sind durch nichts gerechtfertigt, auch wenn man das Vorbringen des Antragsgegners zu den Ursachen der Konflikte im täglichen Zusammenleben als wahr unterstellt. Unerheblich ist auch, ob der Antragsgegner zum Zeitpunkt der Bedrohungen zurechnungsfähig war. Schutzanordnungen können nach § 1 Abs. 3 Gewaltschutzgesetz auch dann angeordnet werden, wenn sich der Täter durch Aufnahme von Alkohol zum Zeitpunkt der Tat in einem Zustand der Schuldunfähigkeit befand.

Dass die Fortsetzung der gemeinsamen Nutzung des von der Antragstellerin gemieteten Hauses für diese eine unwillige Härte bedeuten würde, folgt bereits daraus, dass das Wohl der im Haushalt lebenden Kinder der Antragstellerin beeinträchtigt ist, § 2 Abs. 6 S. 2 Gewaltschutzgesetz.

Es ist nicht ersichtlich, dass die alleinige Überlassung der Wohnung an die Antragstellerin schwerwiegende Belange des Antragsgegners verletzen würde. Er hat selbst eingeräumt, dass er von dem bisherigen Quasi-Familienverband ausgegrenzt werde und ein weiteres gedeihliches Zusammenleben zur Zeit nicht möglich erscheint. Der Antragsgegner hat ferner seit Zustellung der Antragsschrift mehr als sieben Wochen Zeit gehabt, sich um eine andere Unterkunft zu bemühen. Wenn es ihm noch nicht möglich gewesen ist, in dieser Zeit eine eigene Wohnung dauerhaft anzumieten, so ist ihm das vorübergehende Beziehen einer Notunterkunft oder das Unterkommen bei Freunden oder Bekannten für eine Übergangszeit zumutbar.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren ist nach dem geschätzten dreifachen Monatsmietwert festgesetzt worden.

Ende der Entscheidung

Zurück