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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 23.09.2002
Aktenzeichen: 13 WF 103/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 78
ZPO § 121 II
In Kindschaftssachen ist ein Rechtsanwalt nur dann beizuordnen, wenn der Fall umfangreich und schwierig oder der Antragsteller nicht so gewandt ist, um seine Rechte selbst wahrzunehmen.
13 WF 103/02

Beschluss

In der Familiensache

wegen Prozesskostenhilfebewilligung

hat der 4. Senat für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig durch den Richter am Amtsgericht als Einzelrichter am 23. September 2002 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Flensburg - Familiengericht - vom 30. April 2002, durch den die Beiordnung der Rechtsanwältin S. abgelehnt worden ist, wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässig.

Gründe:

Nach § 121 Abs. 2 ZPO wird einer Partei im PKH-Verfahren auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt:

In Kindschaftssachen ist gemäß § 78 ZPO die Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht gesetzlich vorgeschrieben. Daher ist dem Kläger ein Rechtsanwalt nur dann beizuordnen, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint. Entgegen der Auffassung des Klägers und einiger Oberlandesgerichte (vgl. u. a. Nachweise bei Zöller-Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 121 Rn. 6) folgt der Senat der langjährigen ständigen Rechtsprechung des 1. Familiensenats des Schleswig -Holsteinischen Oberlandesgerichts, wonach auch in Kindschaftssachen nicht von vornherein die Beiordnung eines Rechtsanwalts erforderlich ist, sondern nur dann, wenn nach den konkreten Umständen des Einzelfalls die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint (vgl. OLG Schleswig, SchlHolstAnz. 1991, 109; 1994, 100; OLG Schleswig, FamRZ 1992, 197; OLG Schleswig, OLG-Report 2001, 83; so auch OLG Oldenburg, MDR 2002, 35; einschränkend OLG Schleswig, 3. Familiensenat, SchlHolstAnz. 2002, 135). Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass der Gesetzgeber in § 78 ZPO für Kindschaftssachen eine regelmäßige anwaltliche Vertretung gerade nicht vorgeschrieben hat. Darüberhinaus ist gemäß § 121 Absatz 2 ZPO auch im Falle der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht stets ein Rechtsanwalt beizuordnen, sondern die Erforderlichkeit der Anwaltsbeiordnung ist in Verfahren ohne Anwaltszwang stets gesondert zu prüfen.

Nach alledem ist das Beiordnungsbedürfnis in Kindschaftssachen nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Die Erforderlichkeit richtet sich dabei nach Umfang, Schwierigkeit und Bedeutung des Rechtsstreits für die Partei sowie nach der Fähigkeit des Antragstellers, sich mündlich und schriftlich zu äußern und seine Rechte selbst wahrzunehmen (vgl. OLG Schleswig, FamRZ 1992, 197 m.w.N.).

Die erforderliche Einzelfallabwägung führt hier zu dem Ergebnis, dass die Beiordnung einer Rechtsanwältin nicht erforderlich ist, da der Sachverhalt einfach ist und keine Gründe ersichtlich sind, aufgrund derer angenommen werden müsste, dass der Kläger sich nicht selbst vertreten könnte. Der Kläger hat hier Mehrverkehr der Mutter eingewandt und auch eine konkrete Person als möglichen Vater benannt. Der Vortrag des Klägers ist in tatsächlicher Hinsicht einfach, so dass der Kläger in der Lage gewesen wäre, diesen Vortrag persönlich anzubringen.

Im übrigen hätte der Kläger die Möglichkeit gehabt, sich nach dem Beratungshilfegesetz durch eine Rechtsanwältin beraten zu lassen und anschließend seinen Prozesskostenhilfeantrag und die bedingte Klage zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Flensburg anzubringen. Es sind keine Umstände dafür ersichtlich, dass der Kläger nicht in der Lage gewesen wäre, diesen aufgezeigten Weg zu gehen.

Auch für das weitere Verfahren bedarf der Kläger keiner anwaltlichen Hilfe. Das Amtsgericht hat in Ausübung des Amtsermittlungsgrundsatzes ein Abstammungsgutachten in Auftrag gegeben und wird das Beweisergebnis entsprechend würdigen. Zwar ist dem Kläger zuzugeben, dass er mit dem Verständnis der Einzelheiten des Sachverständigengutachtens überfordert sein wird. Jedoch wird das Familiengericht im Rahmen der Erörterung auf den Inhalt und die Bedeutung des Sachverständigengutachtens einzugehen haben. Eines weiteren Zutuns des Klägers bedarf es hier zunächst nicht. Sollte sich im weiteren Verfahren herausstellen, dass sich der Fall schwierig gestaltet und weitere Beweiserhebungen erforderlich sind, kann die Beiordnung einer Rechtsanwältin auch noch später erfolgen.

Die Notwendigkeit einer Beiordnung ergibt sich schließlich auch nicht aus der zweiten Alternative des § 121 Abs. 2 ZPO. Denn die Beklagte ist nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten, so dass die Beiordnung einer Rechtsanwältin auch nicht unter dem Gesichtspunkt der "Waffengleichheit" erforderlich ist.

Ende der Entscheidung

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