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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 09.06.2000
Aktenzeichen: 14 U 122/99
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 652
BGB § 652 c. i. c
Der Makler muß sich ohne besonderen Anlaß nicht um eine "Ausstiegsklausel" bemühen, damit der gewerbliche Mieter bei einer negativen Geschäftsentwicklung vorzeitig aus dem Mietvertrag entlässen wird.

SchlHOLG, 14. ZS, Urteil vom 09. Juni 2000, - 14 U 122/99 -


Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

Verkündet am: 9. Juni 2000

Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

Klägers und Berufungsklägers,

gegen

Beklagte und Berufungsbeklagte,

hat der 14. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 26. Mai 2000 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Flensburg wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer beträgt 12.824,80 DM.

Entscheidungsgründe

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

Die Beklagte haftet dem Kläger unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt für die von ihm behaupteten Zusagen vor Abschluss des Mietvertrags vom 30. Oktober 1997. Mit Recht hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass die im ersten Rechtszug geltend gemachte Haftung der Beklagten wegen einer selbständigen Garantiezusage nicht schlüssig vorgetragen worden ist. Das greift der Kläger mit der Berufungsbegründung auch nicht an.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte darüber hinaus aber auch ein Schadensersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt der culpa in contrahendo nicht zu.

Dieser Anspruch setzt voraus, dass die Beklagte ihm ihr Ehrenwort darauf gegeben hätte, dass er jederzeit problemlos aus dem Vertrag herauskommen könne, dass die Beklagte also mehr als nur eine Prognose des Wohlverhaltens des Vermieters gemacht hätte, wonach dem Kläger nicht mehr als eine bloße Chance blieb, trotz der vereinbarten Kündigungsfrist vorzeitig aus dem Mietvertrag entlassen zu werden.

Nur bei der durch das Ehrenwort unterstrichenen Zusage, die sich als falsch herausgestellt hat, kommt ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte in Betracht. Denn zwischen dem Makler und dem Auftraggeber besteht ein besonderes Treueverhältnis, das den Makler verpflichtet, bei seiner Tätigkeit im Rahmen des Zumutbaren die Interessen des Auftraggebers zu wahren (Schwerdtner, Maklerrecht, 4. Aufl., Rn. 301 ff.). Daraus folgt, dass die Beklagte den Kläger zum Abschluss des Maklervertrags nicht dadurch bestärken durfte, dass sie den Ausstieg als problemlos darstellte, obwohl das zweifelhaft war. Das vom Kläger behauptete "Ehrenwort" der Beklagten war dazu geeignet, auch wenn dem Kläger klar war, dass sich durch eine solche Zusage der Maklerin an der Bindungsfrist von 2 Jahren gegenüber dem Vermieter nichts änderte.

Nach der vom Landgericht vorgenommenen Vernehmung der Zeugin L steht jedoch nicht fest, dass die Beklagte dem Kläger eine solche Zusage gegeben hat. Zu einer Wiederholung der Beweisaufnahme besteht kein Anlass.

Mit Recht hat das Landgericht wegen der Zeugin L Glaubwürdigkeitsbedenken gehabt, die sich nicht allein daraus herleiten, dass sie als Lebensgefährtin des Klägers am Ausgang des Rechtsstreits persönlich nicht ohne Interesse ist, sondern auch daraus, dass der Inhalt ihrer Aussage im Zusammenhang mit den Angaben des Klägers selbst durchaus Zweifel begründet.

Zu dem Gespräch mit der Beklagten am 29. Oktober 1997 hat der Kläger bei seiner Anhörung vor dem Senat erklärt, dass seine Lebensgefährtin gegen 18.00 Uhr erschienen sei. Die Beklagte sei deutlich früher da gewesen, nämlich wohl zwischen 16.00 und 16.30 Uhr. Erst als die Zeugin L gekommen sei, habe man über den Mietvertrag gesprochen und habe er der Beklagten gesagt, dass er eine Bindungsfrist von 2 Jahren nicht akzeptieren könne. Sie habe ihn beredet und den Vermieter T gelobt. Ferner habe sie auf andere Anwärter auf den Laden hingewiesen. Sie habe aber darüber hinaus ihr Ehrenwort dafür gegeben, dass er jederzeit aus dem Vertrag komme.

Die Beklagte hat bei ihrer Anhörung bestätigt, dass der Kläger einen Vertrag mit einer Bindungsfrist von nur 3 Monaten gewünscht habe. Sie habe aber darauf verwiesen, dass das bei Geschäftslokalen nicht möglich sei. Darüber hinaus habe sie einen weiteren Interessenten gehabt. Auch die Beklagte hat die Dauer des Gesprächs bestätigt und erklärt, dass der Kläger ihr lange seine Lebensgeschichte erzählt habe, dass sie aber unter Zeitdruck gewesen sei und es vorgezogen hätte, die Mietvertragsangelegenheit rasch abzuschließen. Als Frau L gekommen sei, habe der Kläger den Mietvertrag aber schon unterschrieben gehabt. Sie wisse, dass sie weder über das Barschel-Ehrenwort gesprochen hätten noch dass sie unter Ehrenwort eine Zusage gemacht habe.

Bei dieser Sachlage liegt es nahe, dass die Beklagte sich an weitere Einzelheiten des Gesprächs im übrigen bei ihrer Anhörung nicht mehr hat erinnern können, zumal solche Gespräche zu ihrer beruflichen Routine gehören. Entscheidend ist jedoch, dass sie nachdrücklich bestritten hat, mit dem Kläger über das sog. Barschel-Ehrenwort gesprochen und ihm eine mit dem Ehrenwort verstärkte Zusage gemacht zu haben, weil sie daran eine Erinnerung gehabt hätte.

Der Kläger hingegen hat bei seiner Anhörung nicht plausibel zu machen vermocht, wieso er erwartet hatte, dass die Beklagte als Maklerin, an die er sich gewandt hatte, über die allgemeine positive Beurteilung des Vermieters T und über den Hinweis hinaus, dass ein weiterer Interessent vorhanden sei, die behauptete sie rechtlich bindende Zusage machen konnte. Denn es ist mit den Händen zu greifen, dass niemand eine zukünftige Entwicklung voraussehen kann. Mehr als eine unverbindliche Prognose kann es in der Regel nicht sein, wenn ein Makler im Gespräch zum Ausdruck bringt, dass der Mieter trotz der vereinbarten Bindungsfrist von 2 Jahren von dem Vermieter vorzeitig aus dem Vertrag entlassen werden würde. Dass dennoch die Beklagte weiterreichende sie verpflichtende Zusagen gemacht haben soll, vermochte der Senat dem Kläger auch angesichts seiner zwar wortreich geschilderten aber in entscheidenden Teilen wenig konkreten Erinnerungen nicht zu glauben.

In diesem Licht muß auch die Aussage der vom Landgericht vernommenen Zeugin L gesehen werden. Mit Recht hat das Landgericht seine Zweifel an der Richtigkeit ihrer Aussage daraus hergeleitet, dass die Zeugin, obwohl die Ereignisse zum Zeitpunkt der Vernehmung fast 2 Jahre zurücklagen, die vom Kläger vorgetragenen angeblichen Erklärungen der Beklagten nahezu detailgetreu bestätigt hat. Entgegen der auch bei ihrer Anhörung wiederholten Einlassung der Beklagten will sich die Zeugin genau daran erinnern, dass der Mietvertrag nicht unterschrieben war, als sie dazu kam. Weiter hat die Zeugin dann ausgesagt, dass der Kläger, nachdem die Beklagte dem Kläger den Vertragsentwurf vorgelegt und dieser ihn sich durchgelesen gehabt habe, beanstandet habe, dass der von ihm gewünschte Passus mit der Ausstiegsklausel nicht im Vertrag enthalten sei. Sie habe die Beklagte dann so verstanden, dass der Vermieter damit einverstanden sei, dass das Vertragsverhältnis rasch aufgehoben werde, falls das Geschäft nicht laufe. Die Beklagte habe dem Kläger schließlich ihr Ehrenwort dahin gegeben, dass das Mietverhältnis für den Fall, dass das Geschäft nicht laufe, schnell aufgehoben werde.

Träfe das zu, so hätten die entscheidenden Verhandlungen zwischen den Parteien erst dann stattgefunden, als die Zeugin bereits zugegen war. Dagegen spricht indessen, dass die Zeugin zu einem sehr späten Zeitpunkt nur dazu gekommen ist, so dass es schon im Ausgangspunkt wenig plausibel erscheint, dass sie sich daran so genau erinnert. Zu berücksichtigen ist aber auch, dass zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses die Frage des vorzeitigen Ausstiegs aus dem Mietvertrag eigentlich nicht mehr im Vordergrund gestanden haben kann. Denn in dem Falle hätte es nahegelegen, dass der Kläger den Abschluss des Mietvertrags entweder von einer entsprechenden Ausstiegsklausel oder von einem Gespräch mit dem Vermieter abhängig machte oder ganz von dem Mietvertrag Abstand nahm. Als Kaufmann musste er wissen, dass Bindungsfristen in einem Mietvertrag auch die Bedeutung haben, die mit ihnen vom Vermieter bezweckt werden. Der Vermieter will dagegen gesichert sein, dass nicht kurzfristig ein Leerstand eintritt. Dabei ist es selbstverständlich, dass er um so leichter mit einer Aufhebung des Mietvertrags einverstanden ist, als ihm ein geeigneter Nachmieter vorgestellt wird. Ob das aber möglich sein würde, blieb zweifelhaft, auch wenn zum Zeitpunkt des Mietabschlusses mit dem Kläger ein weiterer Mietinteressent vorhanden war. Dass der aber auch später wieder als Nachmieter zur Verfügung stehen würde, war eher unwahrscheinlich.

Soweit sich der Kläger nunmehr darauf beruft, dass er Frau L bewusst als Zeugin zu dem Gespräch hinzugezogen habe, lässt sich dafür aus der protokollierten Aussage der Zeugin nichts entnehmen. Auch daraus ergibt sich aber kein Grund zu einer erneuten Vernehmung der Zeugin. Denn es hätte nahegelegen, dass sowohl der Kläger wie auch die Zeugin diesen Umstand von Anfang an besonders hervorgehoben hätten. Dass sie das nicht getan haben, spricht eher dagegen, dass Frau L bewusst als Zeugin zu der behaupteten Ehrenwortzusage hinzugezogen wurde, zumal es dann auch einfacher gewesen wäre, der Beklagten gleich eine schriftliche Zusage abzuverlangen.

Nach allem ist davon auszugehen, dass sich die Aussagen des Klägers und seiner Lebensgefährtin und der Beklagten unvereinbar gegenüberstehen, ohne dass es möglich ist, dazu ausreichend sichere Feststellungen zu treffen.

Warum der Kläger mit dem Standort seines Bekleidungsgeschäfts keinen Erfolg hatte, ist nach seinem Vortrag unklar geblieben. Dass der Kläger Probleme bekommen werde, war jedenfalls zum Zeitpunkt des Mietvertrags nicht erkennbar, so dass der Beklagten auch daraus kein Vorwurf gemacht werden kann.

Die Berufung des Klägers konnte danach keinen Erfolg haben und war mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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