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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 06.07.2007
Aktenzeichen: 14 U 16/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 812 Abs. 1
Wendet ein Vater seiner Tochter und seinem Schwiegersohn eine größere Summe für den Erwerb eines Hauses zu und fließt diese Summe in den über ein Notaranderkonto ausgezahlten Kaufpreis ein, so kann ein Bereicherungsausgleich auch nur in diesem Leistungsverhältnis stattfinden, selbst wenn als Käufer des Hauses aus Finanzierungsgründen absprachegemäß der Vater des Schwiegersohnes auftritt.
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

14 U 16/07

verkündet am: 06. Juli 2007

In dem Rechtsstreit

hat der 14. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 22. Juni 2007 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 15. Januar 2007 verkündete Urteil des Einzelrichters der 10. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Der Kläger verlangt von dem Beklagten die Rückzahlung eines Betrages von 60.000,00 DM (30.677,51 €), die er im Jahre 1999 auf das Konto seines Schwiegersohnes (des Sohnes des Beklagten) überwiesen hatte.

Die Tochter des Klägers und der Sohn des Beklagten waren verheiratet. Im Jahr 1999 beabsichtigten die Eheleute den Kauf eines Hausgrundstücks, belegen in ...... Die Tochter des Klägers war seinerzeit in einem Blumengeschäft angestellt. Der Sohn des Beklagten arbeitete als angestellter Maler. Da die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eheleute den Erwerb einer Immobilie nicht erlaubten, erbot sich der Beklagte, ihnen dadurch zu helfen, dass er auf seinen Namen den Grundstückserwerb vornahm und dass die Eheleute lediglich alle aus diesem Rechtsgeschäft entstandenen Verpflichtungen im Innenverhältnis trugen und nach ihrem Einzug den monatlichen Kapitaldienst entrichteten. Später sollte das Grundstück dann auf die Eheleute übertragen werden. Einzelheiten besprachen die Beteiligten insoweit nicht, jedoch bestand die Absprache, dass das Grundstück nicht im Eigentum des Beklagten bleiben, sondern letztlich an die Eheleute übertragen werden sollte.

Der Kläger wollte bei der Hilfe für die jungen Eheleute nicht nachstehen. Um zu vermeiden, dass eine 100 %ige Finanzierung abgeschlossen werden musste und um die monatlichen Kreditraten für die Eheleute zu vermindern, entschloss er sich zu einer Zuwendung in Höhe von 60.000,-- DM, die er am 15.03.1999 auf das unter dem Namen seines Schwiegersohns geführte gemeinsame Konto der Eheleute überwies. Diese leiteten das Geld mit ihrem übrigen Eigenkapital an das von dem beurkundenden Notar eingerichtete Anderkonto weiter, von dem aus der Kaufpreis beglichen wurde.

Der Beklagte blieb in der Folgezeit im Grundbuch als Eigentümer eingetragen. Als die Ehe ihrer Kinder im Jahre 2004 scheiterte, wandte sich der Kläger an den Beklagten unter Hinweis darauf, dass er seiner Tochter 1999 30.677,51 € geliehen habe. Im Einzelnen führte er in seinem Schreiben vom 14.12.2004 an den Beklagten aus:

Dieses Geld war dafür gedacht, eine Anzahlung für das damalige gemeinsame Haus zu leisten. Der Rest sollte dann in monatlichen Raten abgezahlt werden.

Da meine Tochter ... aus dem ehemaligen gemeinsamen Haus ausgezogen ist und auch keinen Anspruch an der Immobilie hat, möchte ich Sie bitten, uns das geliehene Geld zurückzuzahlen. ...

Der Kläger hat geltend gemacht, dass der Beklagte durch die Zahlung der 60.000,-- DM bereichert sei, weil er von einer Verbindlichkeit befreit worden sei. Sein Sohn sei insoweit nur Leistungsmittler gewesen.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 30.677,51 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.05.2005 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat entgegengehalten, dass die Umschreibung des Eigentums auf die Eheleute nur daran gescheitert sei, dass diese nicht bereit gewesen seien, die Umschreibungskosten zu übernehmen. Erstmalig durch das Schreiben des Klägers vom 14.12.2004 habe er überhaupt erfahren, dass dieser seiner Tochter Geld geliehen gehabt habe.

Das Landgericht hat der Klage durch das angefochtene Urteil, auf das wegen der Einzelheiten einschließlich der darin enthaltenen Verweisungen Bezug genommen wird, stattgegeben.

Dagegen richtet sich die frist- und formgerecht eingelegte Berufung des Beklagten.

Der Beklagte rügt in erster Linie falsche Rechtsanwendung.

Er beantragt,

das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 15.01.2007, Az.: 10 O 28/06, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger stellt den Antrag,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor, dass der Beklagte über die Zahlungskette entgegen seiner Behauptung von Anfang an informiert gewesen sei. Er habe auch Kenntnis von dem wahren Zahlungsempfänger gehabt. Zu einer direkten Überweisung an den Beklagten sei es nur deshalb nicht gekommen, weil ihm, dem Kläger, nur das Konto seines Schwiegersohnes bekannt gewesen sei. Wenn in den außergerichtlichen Schreiben von "geliehen" die Rede sei, so sei das nicht rechtstechnisch zu verstehen. Es habe nur verdeutlichen sollen, dass er das Geld zurückhaben wollte.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf die von ihnen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Der Senat hat die Parteien nach § 141 ZPO angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf die Sitzungsniederschrift vom 22. Juni 2007 verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet.

Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Rückzahlungsanspruch nicht zu.

Der zugrunde liegende Sachverhalt ist im Kern zwischen den Parteien unstreitig, sieht man von den offenen Fragen ab, warum es nicht bis zur Trennung der Eheleute zu einer Übertragung des Eigentums auf diese kam und ob der Beklagte vor 2004 Kenntnis davon hatte, dass der Kläger seiner Tochter oder den Eheleuten 60.000,00 DM geliehen oder zugewendet hatte.

Der Kläger hat bei seiner Anhörung vor dem Senat sinngemäß bestätigt, dass er mit dem Beklagten vor dessen Zahlung nichts besprochen hatte, was die Zahlung der 60.000,00 DM anging. Vielmehr seien die Kinder zu ihm gekommen und hätten darauf hingewiesen, dass der Beklagte das Haus für sie kaufen wolle, dass noch ein bisschen fehle und ob nicht er, der Kläger, 60.000,00 DM zuschießen könne.

Ein Bereicherungsausgleich nach § 812 BGB, der einzig in Frage kommenden Anspruchsgrundlage, kommt zwischen den Parteien bei diesem Sachverhalt nicht in Betracht.

Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm nach § 812 Abs. 1 S. 1 BGB zur Herausgabe verpflichtet. Soweit § 812 Abs. 1 S. 2 BGB weitere Ansprüche normiert, liegen deren Voraussetzungen im vorliegenden Fall nicht vor. Insoweit hat das Landgericht bereits zutreffend ausgeführt, dass ein Bereicherungsanspruch darauf nicht gestützt werden könne. In Frage kommen allein die Leistungskondiktion (condictio indebiti) und die Eingriffskondiktion.

Bei der Leistungskondiktion besteht ein Bereicherungsanspruch grundsätzlich nur innerhalb des Leistungsverhältnisses, welches zwischen den Parteien nicht bestanden hat.

Der Leistende kann sich zum Ausgleich einer ungerechtfertigten Vermögensverschiebung allein an den Leistungsempfänger, nicht an einen Dritten halten. Für den Leistungsbegriff, aus dem sich ergibt, ob eine Zuwendung als Leistung angesehen werden kann sowie welche Person Leistender, welcher Leistungsempfänger ist, ist nach der Rechtsprechung in erster Linie die Zweckbestimmung der Zuwendung maßgebend, d.h. der Zweck, den die Beteiligten im Zeitpunkt der Zuwendung nach ihrem zum Ausdruck gekommenen Willen mit der Zuwendung verfolgt haben. Daraus folgt, dass der Kläger im vorliegenden Fall eine Leistung erbrachte, die der Tochter, bzw. den Eheleuten zugute kommen sollte. Der Betrag von 60.000,00 DM sollte ihnen beim Hauserwerb behilflich sein. So hat es der Kläger in seiner Klagschrift selbst vorgetragen. Da der Beklagte als Vater von Herrn ... den Eheleuten mit der Finanzierung der Immobilie durch seine Geschäftsverbindungen geholfen gehabt habe, habe auch der Kläger als Vater der Braut hier nicht nachstehen wollen. Um zu vermeiden, dass eine 100 %ige Finanzierung abgeschlossen werden müsste und um demzufolge auch die monatlichen Kreditraten und die damit einhergehenden Belastungen für die Eheleute ... zu minimieren, habe sich der Kläger zu einer Zuwendung in Höhe von DM 60.000,00 entschlossen (S. 4 der Klagschrift). Das bedeutet, dass die Tochter des Klägers, bzw. die Eheleute Empfänger seiner Leistung waren, da deren Vermögen durch die Zuwendung gemäß der Zweckbestimmung insoweit vermehrt wurde, als sie dieses Geld als "Eigenkapital" einsetzen konnten, das die von ihnen in der Folgezeit zu tragende Kapitallast verminderte.

Der Beklagte war, soweit er das Eigentum erworben hatte, nach den Absprachen zwischen ihm und den Kindern letztlich nur ein Strohmann, den die Eheleute eingeschaltet hatten, um entweder überhaupt eine Finanzierung des Erwerbs der Immobilie zu ermöglichen oder jedenfalls um Konditionen zu erhalten, die günstiger waren, als wenn sie selbst die Finanzierung hätten durchführen müssen. Der Kaufpreis des Hauses betrug 500.000,00 DM, den die Eheleute nicht so hätten finanzieren können, wenn ihnen ihre Väter nicht zur Hilfe gekommen wären. Die 60.000,00 DM sind danach wie Eigenkapital anzusehen, da sie dadurch ihre Zins- und Tilgungsbelastung für das von ihnen bewohnte Hauses niedriger halten konnten.

Etwas anderes ergibt sich nicht dadurch, dass letztlich im Ergebnis nicht die Eheleute, sondern der Beklagte Eigentümer des Hauses geblieben ist.

Beim Bereicherungsausgleich verbietet sich eine schematische Anwendung der Bereicherungsregeln und ist immer auch der Einzelfall zu berücksichtigen.

Gerade bei Drittbeziehungen (Dreiecksverhältnis) kann bei Tilgung fremder Schulden ausnahmsweise doch der Rückgriff über die Bereicherung in sonstiger Weise notwendig werden (vgl. auch Palandt-Sprau, BGB, 66. Aufl., Rnr. 58 zu § 812 m.w.N.). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier aber nicht vor. Dafür ist es im Ausgangspunkt ohne Bedeutung, ob der Beklagte davon wusste, dass der Kläger auf das Konto des Schwiegersohnes 60.000,00 DM überwiesen hatte, die dann an den Notar weitergeleitet worden waren und ob der Kläger zunächst gewollt hatte, den Betrag direkt an den Beklagten zu überweisen. Entscheidend ist allein der Umstand, dass das Geld der Tochter des Klägers, bzw. den Eheleuten, zugute kommen sollte und diese nicht etwa nur Boten oder unmittelbare Stellvertreter des Beklagten waren, als sie das Geld erhielten und bestimmungsgemäß an den Notar weiterleiteten.

Dass der Beklagte dadurch von einer Verbindlichkeit zur Kaufpreiszahlung entlastet wurde, ist ohne Bedeutung. Nur scheinbar könnte dies darauf hindeuten, dass es sich um eine Leistung des Klägers an den Beklagten handelte. Tatsächlich handelte es sich insoweit aber um eine den Beklagten begünstigende Zahlung aus der Sicht aller Beteiligten schon deshalb nicht, weil das Geld den Kindern der Parteien tatsächlich zugute kommen sollte. Zwar wusste der Kläger, dass der Beklagte das Haus erwerben würde, zugleich war aber allen Beteiligten klar, dass dies nur eine Übergangslösung war.

Nach dem unstreitigen Sachverhalt gibt es keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Eheleute als Leistungsmittler des Beklagten das Geld des Klägers in Empfang genommen haben könnten. Vielmehr sollte die Leistung auch dahin, wo sie im Interesse auch der Eheleute ankam, nämlich auf das Notaranderkonto für die Bezahlung der Kaufpreisschuld. Auch nach der Anhörung des Klägers lässt sich feststellen, dass der Kläger nicht vereinbarungsgemäß eine Leistung an den Beklagten erbringen wollte. Vielmehr sollte das Geld den Kindern zugute kommen, die das Haus tatsächlich bewohnten. Da der Bereicherungsausgleich stets nur innerhalb des Leistungsverhältnisses stattfindet, kann sich der Kläger nach allem auch nur an seine Tochter, bzw. an seinen ehemaligen Schwiegersohn halten. Mit Erfolg könnte er einen solchen Anspruch aber möglicherweise schon deshalb nicht durchsetzen, weil für seine Zuwendung insoweit ein Rechtsgrund gegeben war (vgl. KG NJW-RR 2007, 365 ff.).

Eine Eingriffskondiktion scheidet unter diesen Umständen von vornherein aus. Zwar kann sich bei Mehrpersonenbeziehungen die Vermögensverschiebung aus der Sicht eines Beteiligten als Leistung, aus der Sicht eines anderen als Eingriff darstellen. Im vorliegenden Fall gibt es dafür aber - wie oben ausgeführt - keine ausreichenden Anhaltspunkte. Die Überweisung des sog. Eigenkapitals geschah nach dem hier maßgeblichen Empfängerhorizont durch die Kinder der Parteien, die dadurch erreichen wollten, dass die von ihnen zu tragenden Finanzierungskosten geringer ausfielen. Das bedeutet, dass sich der Kläger nur mit den Kindern der Parteien und die Kinder der Parteien mit dem Beklagten auseinandersetzen müssten. Das ist auch angemessen, da der Beklagte dem Anspruch wegen Befreiung von einer Kaufpreisverbindlichkeit die sich aus den Absprachen mit den Kindern ergebenden Einwendungen entgegenhalten könnte.

Nach allem konnte die Klage auf die Berufung des Beklagten hin keinen Erfolg haben und war mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO abzuweisen.

Die weiteren Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 708 Nr. 10 und 711 ZPO.

Die Revision war nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert.

Ende der Entscheidung

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