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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 03.11.2006
Aktenzeichen: 14 U 214/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 743
BGB § 748
Sind unter Teilhabern Gebrauch und Fruchtziehung (konkludent) abweichend von § 743 BGB dahin geregelt, dass sie einem Teilhaber allein zustehen, so ist im Zweifel anzunehmen, dass auch das Tragen von Kosten und Lasten diesem Teilhaber allein auferlegt ist, denn der Anspruch aus § 748 BGB ist die Kehrseite des § 743 BGB.
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

14 U 214/05

verkündet am: 3. November 2006

In dem Rechtsstreit

hat der 14. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 25. August 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Amtsgericht für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 26. Oktober 2005 verkündete Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 313 a Abs. 1 S. 1, 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Die Parteien waren von Oktober 1992 bis Sommer 2000 in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft verbunden. Aus der Verbindung entstammt eine am 30. März 1996 geborene Tochter.

Während des Bestehens der nichtehelichen Lebensgemeinschaft erwarben sie das Objekt K in B. In dem Rechtsstreit 12 O 305/02 LG Lübeck (14 U 123/04) wollte der Kläger die Übertragung des der Beklagten gehörenden hälftigen Miteigentumsanteils auf sich erreichen. Hierzu führte er an, dass sie das Grundstück in der Absicht erworben hätten, für ihre Tochter einen Vermögenswert zu schaffen. Er habe allein die Kosten für den Erwerb getragen. Die gegen das klagabweisende Urteil des Landgerichts Lübeck gerichtete Berufung des Klägers blieb nach dem Urteil des Senats vom 28. Januar 2005 erfolglos. Mit der am 27. Juni 2005 eingereichten Klage hat der Kläger nunmehr geltend gemacht, dass sich die Beklagte in Höhe von 50 % an den von ihm getätigten Aufwendungen zu beteiligen habe. Hierbei handele es sich für die Jahre von 2001 bis einschließlich 2003 um einen Betrag von 9.356,75 €.

Auch wenn nach § 748 BGB jeder Teilhaber den anderen Teilhabern gegenüber verpflichtet ist, die Lasten des gemeinschaftlichen Gegenstands sowie die Kosten der Erhaltung, der Verwaltung und einer gemeinschaftlichen Benutzung nach dem Verhältnis seines Anteils zu tragen, steht dem Kläger gegen die Beklagte für den streitgegenständlichen Zeitraum ein solcher Anspruch nicht zu.

Rechtlich zutreffend hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass bezogen auf das Hausgrundstück von einer Bruchteilsgemeinschaft i.S.d. §§ 741 ff. BGB auszugehen ist. Nach den das Berufungsgericht nach § 529 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO bindenden Feststellungen des Landgerichts ist ferner davon auszugehen, dass eine gemeinschaftliche Verwaltung der Parteien im fraglichen Zeitraum nicht vorgelegen hat.

Vielmehr hat der Kläger das Hausgrundstück allein verwaltet und insbesondere hat er auch allein die Entscheidungen dazu getroffen, wer das Mietobjekt im Rahmen eines Mietvertrages zu welchen Bedingungen nutzen kann. Daraus hat das Landgericht den nicht richtigen Schluss gezogen, dass der Kläger nur die gemäß § 744 Abs. 2 BGB notwendigen Maßnahmen habe veranlassen dürfen, und dass es gegen Treu und Glauben verstoße, wenn der Kläger einerseits entgegen den §§ 744, 745 BGB die Verwaltung des Objekts allein betreibe und andererseits, nachdem er keine angemessene Vermietung herbeigeführt habe, die Verluste geltend mache, die dadurch entstanden seien, dass er das Haus seiner neuen Freundin bzw. einer Tochter aus einer anderen Beziehung zu Bedingungen zur Verfügung gestellt habe, die einer ordnungsgemäßen Verwaltung nicht entsprächen, und der Beklagten nicht die Möglichkeit gebe, einen Mieter zu finden, der eine angemessene Miete zahle. Denn durch die vom Landgericht getroffenen Feststellungen werden diese rechtlichen Folgerungen nicht gestützt.

Der Kläger hält dem allerdings ohne Erfolg entgegen, dass hier eine konkludente Übertragung der Verwaltung auf ihn erfolgt sei. Dafür gibt es für den maßgeblichen Zeitraum keine hinreichenden Anhaltspunkte. Im Gegenteil ist zwischen den Parteien unstreitig, dass sie auch damals völlig zerstritten waren. Das bedeutet schon im Ausgangspunkt, dass für eine konkludente Übertragung der Verwaltung auf den Kläger, also für eine stillschweigende Willensübereinstimmung der Parteien insoweit, nichts Hinreichendes spricht. Dabei fällt ins Gewicht, dass der Kläger bis zum Abschluss des Vorprozesses, also bis zum Senatsurteil vom 28. Januar 2005 ersichtlich noch davon ausgegangen war, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihre Miteigentumshälfte auf ihn zu übertragen. Für eine einverständliche Verwaltungsübertragung auf ihn bestand unter diesen Umständen von vornherein keine Veranlassung. Eine gemeinschaftliche Verwaltung i.S.v. § 744 Abs. 1 BGB war schon aus tatsächlichen Gründen nicht denkbar.

Allerdings ist die Auffassung des Landgerichts, dass ein Erstattungsanspruch nicht bestehe, weil der Kläger durch sein Verhalten gegen Treu und Glauben verstoßen und nicht substantiiert dargelegt habe, dass es sich bei den behaupteten Erhaltungs- und Werbungskosten um notwendige Maßnahmen gehandelt habe, und dass der Kläger im Übrigen für die behaupteten Verluste keinen Beweis erbracht habe, ohne weitere Sachaufklärung rechtlich nicht haltbar. Zwar ist unstreitig, dass der Sachverständige in dem Zwangsversteigerungsverfahren seinerzeit einen angemessenen Mietzins von 5,50 €/m² angenommen hatte. Die Schlussfolgerung, dass die Vermietung durch den Kläger an seine ehemalige Lebensgefährtin, bzw. an seine Tochter daher keine ordnungsgemäße Verwaltung gewesen sei, schöpft den Vortrag des Klägers jedoch nicht aus. Zu beachten ist nämlich, dass die Einlassung des Klägers im Raum steht, dass es ihm nicht möglich gewesen sei, einen Mieter zu günstigeren Konditionen zu finden. Auch für die Kündigung des ursprünglichen Mietverhältnisses hat er zur Begründung vorgebracht, dass der Mieter Kiefer zwischenzeitlich selbst gebaut und deshalb an der Fortsetzung des Mietverhältnisses kein Interesse gehabt habe. Selbst wenn der Kläger das Mietverhältnis kündigte, lässt sich daraus unter diesen Umständen nicht die sichere Feststellung treffen, dass der Kläger das Mietverhältnis zu den gleichen Bedingungen oder zumindest auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens hätte fortsetzen können.

Letztlich kommt es darauf für den streitgegenständlichen Zeitraum 2001 bis 2003 aber nicht an.

Denn entscheidend fällt ins Gewicht, dass der Anspruch nach § 748 BGB nur die Kehrseite des § 743 BGB ist, wonach jedem Teilhaber ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil der Früchte gebührt und wonach jeder Teilhaber zum Gebrauch des gemeinschaftlichen Gegenstands insoweit befugt ist, als nicht der Mitgebrauch der übrigen Teilhaber beeinträchtigt wird (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 65. Aufl., Rnr. 1 zu § 748). Anerkanntermaßen handelt es sich bei der Regelung des § 748 BGB um dispositives Recht. Sind danach Gebrauch und Fruchtziehung abweichend von § 743 BGB geregelt, so ist im Zweifel anzunehmen, dass auch die Tragung der Lasten und Kosten einem Teilhaber auferlegt ist, soweit er zur Fruchtziehung und unter Ausschluss der anderen zum Gebrauch berechtigt ist.

Das war hier - auch ohne eine entsprechende Einigung - der Fall, da der Kläger wie selbstverständlich davon ausgegangen war, dass er allein zum Gebrauch und damit zur Vermietung des Hauses befugt war, ohne dass die Beklagte dagegen Einwendungen erhoben hatte.

Die Beklagte hat bis zu diesem Rechtsstreit eine Teilhabe an der Verwaltung und Benutzung gemäß § 745 Abs. 2 BGB nicht verlangt. Sie hat sich nach der Behauptung des Klägers weder um die Vermietung gekümmert noch hat sie für sich in Anspruch genommen, dass ihr Mieteinkünfte zuständen. Der Kläger hat selbst darauf hingewiesen, dass die Beklagte an der Verwaltung des Hauses kein Interesse gezeigt habe. Bei dieser Sachlage ist - ohne dass insoweit auf Überlegungen zu Treu und Glauben zurückgegriffen werden müsste - ein Erstattungsanspruch nach § 748 BGB ausgeschlossen. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass der Kläger der Beklagten nunmehr im letzten Termin angeboten hat, die Verwaltung zu übernehmen. Für die Vergangenheit, also insbesondere für die Zeit, als der Kläger noch für sich in Anspruch nahm, das Alleineigentum zu erhalten, war davon noch keine Rede.

Wenn und solange es an einem Beschluss oder einer in § 745 Abs. 2 BGB ebenfalls genannten, angesichts der Vertragsfreiheit jederzeit möglichen Vereinbarung der Teilhaber gefehlt hat und auch der Anspruch auf eine dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Nutzung nicht geltend gemacht worden ist und deshalb § 743 Abs. 2 BGB eingreift, ist mithin jeder Teilhaber, der die dort genannte Grenze nicht überschritten hat, gleichermaßen zum Gebrauch des gemeinschaftlichen Gegenstands befugt gewesen. Diese Grenze ist erst erreicht, wenn der Gebrauch des einen Teilhabers die Gebrauchsbefugnis und den hierauf gestützten tatsächlichen Mitgebrauch der übrigen Teilhaber beeinträchtigt. Das ist beispielsweise der Fall, wenn der nutzende Teilhaber durch eigene oder ihm zurechenbare Handlungen dem anderen Teilhaber den tatsächlichen Mitgebrauch verweigert oder dessen Nutzung stört. Lässt sich das nicht feststellen, lösen von einem Teilhaber erzielte Gebrauchsvorteile keine Ausgleichspflicht aus, weil es sich um Vorteile befugter Eigennutzung handelt (so BGH NJW-RR 2005, 1200, 1201). Diese Voraussetzungen waren hier gegeben, weil die Beklagte im streitgegenständlichen Zeitraum nicht für sich in Anspruch genommen hat, das Haus mit zu benutzen oder an den Mieteinnahmen teilzuhaben. Spiegelbildlich muss das dann aber auch für die Lasten- und Kostentragung nach § 748 BGB gelten. Da die Beklagte die Nutzung des Hauses durch den Kläger in keiner Weise eingeschränkt hat, kann der Kläger sie auch nicht auf die Erstattung der ihm entstandenen Aufwendungen für den streitgegenständlichen Zeitraum in Anspruch nehmen.

Die oben stehenden Ausführungen sind alle Gegenstand von Hinweisen in der mündlichen Verhandlung gewesen.

Der Schriftsatz des Klägers vom 13. Oktober 2006 gab keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

Nach allem konnte die Berufung keinen Erfolg haben und war mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.

Die weiteren Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711 und 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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