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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 30.06.2000
Aktenzeichen: 14 U 80/99
Rechtsgebiete: AGBG


Vorschriften:

AGBG § 2
AGBG § 9
Das Transparenzgebot erfordert nicht, die Kalkulation offenzulegen, die dem Restwert des Kraftfahrzeugs in einem Finanzierungsleasingvertrag zugrundeliegt.

SchlHOLG, 14. ZS, Urteil vom 30. Juni 2000, - 14 U 80/99 -


Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

14 U 80/99 10 O 190/98 LG Lübeck

Verkündet am: 30. Juni 2000

Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

Beklagten und Berufungskläger,

gegen

Klägerin und Berufungsbeklagte,

hat der 14. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 16. Juni 2000 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Lübeck wird zurückgewiesen.

Die Beklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens je zur Hälfte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer beträgt 10.188,54 DM.

Entscheidungsgründe:

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.

Der Klägerin steht gegen den beklagten Leasingnehmer und seine Ehefrau als Bürgin nach dem Leasingvertrag vom 29.3./1.6.1993 ein Zahlungsanspruch auf restliche 10.188,54 DM zu.

Mit Recht beanstanden die Beklagten in der Berufungsinstanz nicht mehr die wirksame Abtretung der Forderung durch die Leasinggeberin an die Klägerin. Ebenso wenden sie sich mit ihrer Berufung nicht mehr gegen die zutreffende Auffassung, dass der von der Klägerin geltend gemachte Zahlungsanspruch nicht der kurzen Verjährungsfrist des § 558 Abs. 1 BGB, sondern der zweijährigen Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 Nr. 6 BGB unterliegt. Danach hat die Klägerin die Beklagten aus abgetretenem Recht nach ordnungsgemäß beendeten Leasingvertrag in nicht verjährter Zeit in Anspruch genommen. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Beklagte zu 1) leaste bei der Leasing GmbH & Co. oHG über den Vertragshändler H einen Opel Vectra zum Gesamtpreis von 42.198,00 DM brutto für 36 Monate. Die Beklagte zu 2) übernahm in dem Vertrag die selbstschuldnerische Bürgschaft. Die Vertragsparteien vereinbarten im übrigen unter Zugrundelegung einer Sonderzahlung von 2.000,00 DM und einer monatlichen Bruttoleasingrate von 760,75 DM einen kalkulierten Bruttorücknahmewert von 24.474,84 DM. Hiervon sind 10.188,54 DM nach der ordentlichen Beendigung des Leasingvertrages offen.

Die Vereinbarung über den kalkulierten Restwert ergab sich aus der auf der Vorderseite des Leasingantrages abgedruckten Ziffer 6, wo der Rücknahmewert mit 24.474,84 DM deutlich hervorgehoben wurde. Aus Ziffer XVI A 2 der umseitig abgedruckten Leasingbedingungen ergab sich darüber hinaus, dass nach der Beendigung des Vertrages die Differenz zwischen dem im Vertrag angegebenen Rücknahmewert und dem nach Rückgabe bestehenden Schätzwert zu ermitteln war und dass der Leasingnehmer den sich ergebenden Minderbetrag ggf. an die Leasinggeberin zu zahlen hatte .

Die Leasingbedingungen sind nach § 2 AGBG wirksam in den Leasingvertrag einbezogen worden. Denn es war den Beklagten zumutbar, diese Bedingungen zur Kenntnis zu nehmen. Zwar ist ihnen einzuräumen, dass die Schrift klein gehalten ist, so dass alle Leasingbedingungen auch auf der Rückseite des Antragsformulars Platz finden. Was die Lesbarkeit angeht, ist aber eine bestimmte Mindestschriftgröße gesetzlich nicht festgelegt, und das "Kleingedruckte" gehört zum typischen, vom Gesetzgeber hingenommenen Erscheinungsbild der allgemeinen Geschäftsbedingungen. Insbesondere ist die Forderung, die Geschäftsbedingungen müssten mühelos lesbar sein, nicht Gegenstand des Gesetzes geworden (vgl. Ulmer/Brandner/Hensen, AGB, 8. Aufl., Rdnr. 54 zu § 2). Gerade Leasingbedingungen beziehen sich auf ein Massengeschäft, so dass es keinen Grund gibt, an die Lesbarkeit besondere Anforderungen zu stellen. Als lesbar sind die auf der Rückseite des Leasingantrages abgedruckten Leasingbedingungen noch anzusehen. Den Beklagten war es unter diesen Umständen zumutbar, dass sie die ihnen nach Hause übersandten Leasingbedingungen zur Kenntnis zu nahmen.

Auch das Transparenzgebot wird durch Ziffer 6 des Vertrages in Verbindung mit Ziff. XVI A 2 der Leasingbedingungen nicht verletzt.

Das Transparenzgebot erfordert nicht die Offenlegung der Kalkulation, die dem in einem Finanzierungsleasingvertrag vereinbarten, vom Leasingnehmer garantierten Restwert zugrundeliegt (BGH NJW 1997, 3166). Dem Transparenzgebot ist nach der Rechtsprechung des BGH (aaO) vielmehr genügt, wenn die Klausel in Verbindung mit dem übrigen Vertragsinhalt alle Angaben enthält, deren es zur Berechnung des nach der Klausel geschuldeten Betrages bedarf, nämlich der garantierte Restwert einerseits und der bei der Verwertung des Leasingfahrzeugs erzielte Veräußerungserlös andererseits.

Ein kalkulierter Rücknahmewert, wie ihn die Vertragschließenden hier festsetzten, ist leasingtypisch. Da die Leasinggeberin einen Anspruch auf die Vollamortisation hat, ist es selbstverständlich, dass der Leasingnehmer den Restwert garantieren muss, wie dies hier auch geschehen ist. Bleibt wie regelmäßig der Verkaufswert unter diesem Wert, so ist der Leasingnehmer gehalten, die Differenz auszugleichen. Nichts anderes besagt die Regelung in Ziff. XVI A 2 und nichts anderes besagt die Formulierung "vereinbarter Mindestwert bei Fahrzeugrücknahme" auf der Vertragsvorderseite unter Ziffer 6.

Ohne Erfolg berufen sich die Beklagten insoweit darauf, dass sie darüber durch den Vertragshändler nicht ausreichend aufgeklärt worden seien. Zwar ist der Händler ohne weiteres als Erfüllungsgehilfe der Leasinggeberin nach § 278 BGB anzusehen. Die Beklagten haben aber nicht zu beweisen vermocht, dass der Verkäufer Haack sie überrumpelt oder auch nur fahrlässig getäuscht hätte.

Nach der Bekundung des Zeugen H spricht im Gegenteil viel dafür, dass den Beklagten die Bedeutung des Rücknahmewerts bekannt war. Denn der Beklagte hatte sich gegenüber dem Händler verpflichtet, das Fahrzeug zu dem Restkaufwert zu erwerben. Zwar heißt es in dieser Verpflichtungsurkunde nur, dass der Leasingnehmer das Fahrzeug nach Ablauf der Leasingzeit zum kalkulierten Restwert übernehmen werde, mit Recht hat das Landgericht aber dem Verkäufer H als Zeugen geglaubt, dass der sehr hohe Restwert von 24.474,84 DM deshalb einvernehmlich angenommen worden sei, weil der Beklagte ihm gegenüber erklärt habe, der Restwert sei gleichgültig, weil er ohnehin das Fahrzeug nach Ende der Leasingzeit übernehmen wolle. Das läßt darauf schließen, dass der Verkäufer dem Beklagten die Abhängigkeit zwischen der Höhe der Leasingraten und des Rücknahmewerts erläutert haben wird, dass es dem Leasingnehmer aber auf die niedrigen Leasingraten ankam und er einen hohen Restwert in Kauf nahm, weil er erst nach drei Jahren das Geld für den Erwerb des Fahrzeugs aufbringen mußte. Wichtig ist aber vor allem folgendes:

Um einen auf Freihaltung gerichteten Schadensersatzanspruch wegen c.i.c. gegen die Klägerin zu begründen, müssen die Beklagten das Gegenteil beweisen, nämlich dass sie der Verkäufer über die Bedeutung des kalkulierten Restwerts nicht aufgeklärt hatte. Dass diese Beweisführung angesichts der Bekundung des Zeugen Haack nicht möglich ist, ist mit den Händen zu greifen. Insoweit erübrigt sich auch eine Wiederholung der erstinstanzlichen Beweisaufnahme, da die Beklagten keinen weiteren Beweis dafür angetreten haben, dass sie über die Bedeutung des für den Leasingvertrag typischen kalkulierten Restwerts nicht unterrichtet waren.

Ohne Erfolg berufen sie sich schließlich weiter darauf, dass der Schätzwert tatsächlich höher gewesen sei als die ermittelten 14.300 DM und dass jedenfalls die vom Sachverständigen wertmindernd angesetzten Reparaturkosten über 1.180,00 DM nicht hätten abgesetzt werden dürfen.

Dabei ist es im Ausgangspunkt durchaus zutreffend, dass bloße Gebrauchsspuren etwa beim Kilometerpreisvertrag bei einem drei Jahre alten Auto es nicht rechtfertigen können, dass diese mit einem hohen Reparaturaufwand beseitigt werden. Für den vorliegenden Vertrag ist das aber ohne Bedeutung. Denn hier kommt es allein auf den Verkehrswert an, der auch durch die Gebrauchsspuren bestimmt wird. Eine Beseitigung erfolgte hier unstreitig nicht.

Ebenso ist es unerheblich, dass Ziffer XVI A 2 der Leasingbedingungen davon ausgeht, dass der Leasingnehmer stets die Differenz zwischen dem kalkulierten Nettorücknahmewert und dem geschätzten Nettohändlereinkaufswert zu erstatten hat. Dieser Teil der Klausel könnte einer Überprüfung allerdings nicht standhalten. Denn er lässt unberücksichtigt, dass die Leasinggeberin zur bestmöglichen Verwertung des Leasingobjekts verpflichtet ist und dieser Pflicht nicht ausnahmslos durch die Veräußerung zum Händlereinkaufspreis genügen kann.

Darauf kommt es im vorliegenden Fall aber nicht an, weil die Klägerin hier ihrer Pflicht zur bestmöglichen Verwertung schon deswegen genügte, weil sie dem Beklagten nach Einholung des Schätzgutachtens angeboten hatte, den vermeintlich höheren Verkehrswert des Fahrzeuges durch dessen Veräußerung an einen Dritten zu seinen Gunsten zu realisieren. Dass der Beklagte von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch machte, kann nicht zu Lasten der Leasinggeberin gehen (vgl. BGH NJW 1997, 3166, 3167).

Die Entscheidung über die Zinsen folgt aus Ziffer V 5 der Leasingbedingungen. Kommt danach der Leasingnehmer mit der Zahlung in Verzug, werden Verzugszinsen in Höhe von 5 % über dem während des Verzugs gültigen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank berechnet, was nunmehr durch den Basiszinssatz ersetzt wird (Diskontsatz-Überleitungs-Gesetz i.V.m. der Basiszinssatz-Bezugsgrößen-Verordnung ab 1. Januar 1999 bis zum 31. Dezember 2001). Einer Änderung des Urteilsausspruchs bedarf es insoweit aber nicht.

Ende der Entscheidung

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