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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 30.11.2001
Aktenzeichen: 15 WF 105/01
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 106
Zur Frage, wann ein gezahlter Prozesskostenvorschuss des Unterhaltspflichtigen an den klagenden Unterhaltsberechtigten im Rahmen einer Kostenabrechnung nach § 106 ZPO vollständig anzurechnen ist.
15 WF 105/01

Beschluss

In der Familiensache

hat der 5. Senat für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht und am 30. November 2001 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des Amtsgerichts - Familiengericht - vom 12. Februar 2001 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Gegenstandswert von 4.718,23 DM zu tragen.

Gründe:

Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist gemäß §§ 11 Abs. 1 RpflG, 104 Abs. 3 ZPO zulässig, aber nicht begründet.

Nach der Kostengrundentscheidung des Amtsgerichts - Familiengerichts - trägt von den Kosten des Rechtsstreits einschließlich des Vergleichs die Klägerin 25 % und der Beklagte 75 % (Beschluss vom 3. Mai 2000). Gegenstand der Verhandlung am 19. April 2000, an deren Ende die Parteien einen Vergleich schlossen, war das Hauptsacheverfahren und das Verfahren über die einstweilige Anordnung. Mit Streitwertbeschluss vom 28. April 2000 hat das Amtsgericht - Familiengericht - den Streitwert für das Hauptsacheverfahren auf 76.090,- DM, für das EA I-Verfahren auf 29.334,- DM festgesetzt. Ferner ist festgestellt worden, dass der Vergleichswert den Streitwert des Hauptsacheverfahrens um 3.000,- DM übersteigt.

Im Rahmen des Kostenausgleichsverfahrens gemäß § 106 ZPO ist ein Erstattungsanspruch der Klägerin gegenüber dem Beklagten in Höhe von 924,56 DM festgesetzt worden.

Hiergegen wendet sich die Klägerin im Rahmen ihrer Erinnerung, die als sofortige Beschwerde anzusehen ist, mit dem Vorbringen, der unstreitige Prozesskostenvorschuss in Höhe von 4.691,60 DM sei nicht im Rahmen des Kostenerstattungsanspruchs abzusetzen. Zudem sei der Vorschuss überwiegend für Gerichtskosten verwendet worden. Im Übrigen seien die insgesamt im Kostenfestsetzungsantrag mit 133,40 DM geltend gemachten Auslagen für Kopien erstattungsfähig.

Der Beklagte ist der sofortigen Beschwerde entgegengetreten und beantragt,

diese zurückzuweisen.

Die Beschwerde ist zulässig, hat aber keinen Erfolg. Ausgehend von den festgesetzten Streitwerten hat die Rechtspflegerin die ausgleichsfähigen Kosten der Klägerin zutreffend auf 9.598,77 DM festgesetzt.

Der teilweisen Absetzung von Fotokopierkosten ist die Klägerin nicht substantiiert entgegengetreten. Für die Anrechnung weiterer Kopierkosten im Rahmen des § 27 BRAGO wäre erforderlich gewesen, dass die Notwendigkeit der Ablichtungen im Rahmen der Prozessführung durch die Prozessbevollmächtigten dargelegt worden wäre. Der Beklagte hat zum Kostenansatz substantiiert vorgetragen, teilweise seien die kopierten Anlagen bereits bekannt gewesen. Hierzu hat die Klägerin sich dann nicht mehr erklärt. Es verbleibt danach bei den angesetzten Kosten in Höhe von insgesamt 102,80 DM für Kopien.

Die Kosten des EA-Verfahrens sind auf Seiten der Klägerin ungekürzt mit 2.647,12 DM anerkannt worden. Für das Hauptverfahren errechnen sich Kosten in Höhe von insgesamt 6.951,65 DM, so dass insgesamt 9.598,77 DM anzurechnen sind.

Auf Seiten des Beklagten ergeben sich die Kosten aus dem EA-Verfahren mit 2.610,- DM und aus dem Hauptsacheverfahren mit zunächst 6.573,72 DM zzgl. einer 15/10 Vergleichsgebühr nach einem die Hauptsache übersteigenden Wert von 3.000,- DM gemäß § 23 BRAGO, mithin 315,- DM zzgl. 16 % Mehrwertsteuer. Danach ergibt sich dann der festgesetzte ausgleichsfähige Kostenbetrag auf Seiten des Beklagten mit 9.549,12 DM. Auf den Beklagten entfallen bei einer Kostenquote von 75 % zu erstattende Kosten in Höhe von 14.360,92 DM.

Aufgrund der Abrechnung der Gerichtskosten ergeben sich Gerichtsgebühren in Höhe von 1.072,50 DM. Nach der Kostenverteilung hat der Beklagte einen Anteil von 804,37 DM zu tragen. Unter Berücksichtigung des von der Klägerin erbrachten Vorschusses über 2.505,- DM und der Rückzahlung von 1.432,50 DM ist zutreffend der Ausgleichsbetrag mit 804,37 DM in die Kostenfestsetzung einbezogen worden.

Nach der Berechnung ergibt sich grundsätzlich ein Kostenausgleichsanspruch der Klägerin gegenüber dem Beklagten in Höhe von insgesamt 5.616,17 DM an Gerichtskosten und Rechtsanwaltskosten. Der Senat folgt der Auffassung des Amtsgerichts, wonach der unstreitige Prozesskostenvorschuss mit 4.691,60 DM voll in Anrechnung zu bringen ist, so dass ein restlicher Ausgleichsanspruch in Höhe von 924,56 DM besteht. Die Handhabung einer Anrechnung eines Prozesskostenvorschusses wird nicht einheitlich gesehen (vgl. zum Streitstand Herget in Zöller, ZPO, 22. Aufl., §§ 103, 104 Rdn. 21 "Prozesskostenvorschuss", Brudermüller in Palandt, BGB, 60. Aufl., § 1360 a Rdn. 21).

Anerkannt ist, dass beim Bestehen eines Kostenerstattungsanspruches des Empfängers - hier der Klägerin - eine Anrechnung des vom Erstattungspflichtigen - hier dem Beklagten - geleisteten Prozesskostenvorschusses dann erfolgt, wenn über die Zahlung des Prozesskostenvorschusses zwischen den Parteien kein Streit besteht. Der Umfang der Anrechnung wird dann allerdings nicht mehr einheitlich in Rechtsprechung und Literatur vorgenommen (vgl. insofern OLG München, Rechtspfleger 1995, 84 f mit einer Darstellung der verschiedenen Berücksichtigung).

Der Senat folgt der Ansicht, dass jedenfalls dann eine volle Anrechnung des Prozesskostenvorschusses im Kostenfestsetzungsverfahren erfolgt, wenn seitens des Vorschussempfängers keine Rückzahlung im Ausgleichsverfahren an den Vorschussleistenden zu erfolgen hat. Die Kostenquote zwischen den Parteien führt dazu, dass der Beklagte die weit überwiegenden Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs zu tragen hat. Unter Berücksichtigung des vollen Prozesskostenvorschusses verbleibt immer noch ein Erstattungsanspruch der Klägerin. Zwar stellt die Verrechnung eines Prozesskostenvorschusses grundsätzlich eine materielle Einwendung nach § 1360 a BGB i.V.m. §§ 127 a, 620, 621 ff. ZPO dar. Grundsätzlich sind solche Einwendungen im Kostenfestsetzungsverfahren nicht zu berücksichtigen. Aus der Rechtsnatur des Prozesskostenvorschusses als Ausfluss des Unterhaltsanspruchs folgt weiter, dass ein Anspruch auf Rückzahlung des Prozesskostenvorschusses gegen den Vorschussempfänger nur bei Vorliegen besonderer Voraussetzungen gegeben ist (vgl. BGHZ 56, 92 ff.; 84, 316 ff., 328). Die Verrechnung im Rahmen des Kostenausgleichsverfahrens führt aber nicht zu einer Rückzahlung des Vorschusses, sondern dient nur der Berücksichtigung bei einer weitergehenden Verfahrenskostenzahlung des Zahlungspflichtigen, der auch den Prozesskostenvorschuss erbrachte.

Der Senat folgt der Auffassung, dass der Vorschussbetrag dann regelmäßig in vollem Umfang auf den Kostenerstattungsanspruch anzurechnen ist. Der Empfänger des Vorschusses soll die Prozesskosten nicht zweimal erhalten, sondern vielmehr soll der Kostenerstattungsanspruch durch die zuvor erbrachte Vorschussleistung getilgt sein. Würde man eine Anrechnung des Prozesskostenvorschusses ablehnen, so würde der Vorschussleistende nach der Kostenentscheidung im Hauptsacheverfahren im Rahmen des Kostenausgleichs soviel zahlen, dass praktisch der Kostenanteil des Vorschussempfängers, hier der Klägerin, wirtschaftlich gesehen zunächst mit abgegolten würde. Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin ein Viertel der Prozesskosten wegen des teilweisen Unterliegens selbst zu tragen. Der Prozesskostenvorschuss war auf einen Betrag begrenzt, der niedriger lag als die ihr tatsächlich entstandenen Kosten. Sie wäre dann ohne eine Berücksichtigung des Prozesskostenvorschusses von allen Kosten befreit . Dies lässt sich aus der Zweckbestimmung des Prozesskostenvorschusses nicht rechtfertigen. Aus dem Umstand, dass der Prozesskostenvorschuss eine unterhaltsrechtliche Leistung darstellt, ergibt sich kein Grund für eine spätere wirtschaftliche Erhöhung der Leistung. Rückwirkend für die Vergangenheit kann ein Prozesskostenvorschuss nicht mehr verlangt werden (BGHZ 94, 316, 319). Die Begrenzung des Prozesskostenvorschusses beruhte darauf, dass die endgültigen Kosten der Klägerin nicht bekannt waren, anderenfalls wäre der Vorschuss höher bemessen worden. Die Korrektur hat im Rahmen des festgesetzten Erstattungsanspruches der Klägerin gegenüber dem Beklagten mit 924,56 DM zu erfolgen, wodurch die anteilige Kostentragung der Parteien hergestellt wird. Unterhaltsrechtliche Auswirkungen sind im Übrigen nicht gegeben. Nach dem unbestrittenen Vortrag des Beklagten bezieht die Klägerin auskömmliche Unterhaltsleistungen und erhielt nach der Vereinbarung der Parteien zu Ziffer 1. des Vergleichs zusätzlich 9.388,- DM.

Nach alledem war die sofortige Beschwerde mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Der Wert des Beschwerdeverfahrens bemisst sich danach, dass die Klägerin mit der Beschwerde zunächst jede Anrechnung des Prozesskostenvorschusses aufgehoben haben wollte und die Kürzung der Kopierkosten angreift, wodurch der Erstattungsanspruch gegenüber dem Beklagten um den Betrag des Prozesskostenvorschusses und für die Kopierkosten im Rahmen des Kostenausgleichs um 26,63 DM steigen würde.

Ende der Entscheidung

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