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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 28.09.1999
Aktenzeichen: 15 WF 179/99
Rechtsgebiete: ZPO, BRAGO, GKG


Vorschriften:

ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 121 Abs. 2
ZPO § 645 ff.
ZPO § 127 Abs. 4
BRAGO § 121 ff.
GKG § 11
Im vereinfachten Verfahren über den Minderjährigenunterhalt ist anwaltschaftliche Beiordnung geboten, weil das komplizierte Unterhaltsrecht einen Laien überfordert.

SchlHOLG, 5. FamS, Beschluß vom 28. September 1999 - 15 WF 179/99 -


15 WF 179/99 13 F 229-99 Amtsgericht Rendsburg

Beschluß

In der Familiensache

hat der 5. Senat für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Dr. Gosch, den Richter am Oberlandesgericht Petersen und den Richter am Oberlandesgericht Frahm am 28. September 1999 beschlossen:

Tenor:

Auf die als Beschwerde geltende Erinnerung der Antragstellerin wird der Beschluß des Rechtspflegers des Amtsgerichts - Familiengericht - Rendsburg vom 5. August 1999 aufgehoben.

Der Antragstellerin wird für den Antrag auf Festsetzung von Unterhalt in Höhe des Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses vom 8. Juni 1999 Rechtsanwalt K beigeordnet.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige Beschwerde ist begründet.

Der Senat wertet den Beschluß des Rechtspflegers vom 05.08.1999 auch als Ablehnung der Beiordnung von Rechtsanwalt K. Hierfür spricht, daß der Nichtabhilfebeschluß des Rechtspflegers vom 02.09.1999 damit begründet ist, daß der Anwalt gegen die Ablehnung der Beiordnung ein Beschwerderecht hat.

Die Antragstellerin hat es nicht versäumt, einen Beiordnungsantrag zu stellen. In dem Antrag auf Festsetzung von Unterhalt hat sie als Prozeßbevollmächtigten Rechtsanwalt Köke benannt, der den Antrag auch unterzeichnet hat. Wenn ein Anwalt für seine Partei Prozeßkostenhilfe begehrt, ohne ausdrücklich seine Beiordnung zu beantragen, enthält sein Gesuch einen stillschweigenden Beiordnungsantrag. Dies gilt auch für Verfahren ohne Anwaltszwang (Zöller, Kommentar zur ZPO, 21. Aufl., Rn. 14 zu § 121 ZPO).

Es ist zwar richtig, daß der Anwalt kein Beschwerderecht gegen die Ablehnung der Beiordnung hat. Jedoch steht der Partei ein Beschwerderecht nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zu. Die Erinnerung vom 18.08.1999 ist dahin auszulegen, daß sie im Namen der Antragstellerin eingelegt ist. Die Antragstellerin hat stillschweigend den Beiordnungsantrag gestellt. Die vom Anwalt abgegebenen prozessualen Erklärungen sind als Vertreter der Antragstellerin abgegeben. Der Anwalt vertritt die Antragstellerin auch im streitigen Unterhaltsverfahren.

Die Antragstellerin hat einen Anspruch auf Beiordnung ihres Prozeßbevollmächtigten nach § 121 Abs. 2 ZPO. Auch in Verfahren, in denen eine Vertretung durch Rechtsanwälte nicht vorgeschrieben ist, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Anwalt ihrer Wahl angeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint.

Im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger nach § 645 ff. ZPO ist in der Regel die Beiordnung eines Rechtsanwalts geboten. Um einen sinnvollen Antrag stellen zu können, muß das Einkommen des Antragsgegners geschätzt werden. Zur Frage, in welcher Höhe Unterhalt gefordert werden kann, ist auch die genaue Kenntnis der Düsseldorfer Tabelle und zumindest der unterhaltsrechtlichen Leitlinien des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts erforderlich. Das Unterhaltsrecht ist so kompliziert, daß ein Laie überfordert ist. Zudem wird in dem amtlichen Merkblatt zum Antrag auf Festsetzung von Unterhalt im vereinfachten Verfahren (BGBl. I 1998, 1367 ff.) ausdrücklich darauf hingewiesen, daß der Elternteil sich an einen Angehörigen der rechtsberatenden Berufe (z. B. Rechtsanwalt, Rechtsanwältin) oder an das Jugendamt wenden soll, um zu klären, ob und mit welchem Ziel das vereinfachte Verfahren im konkreten Fall geeignet ist. Auch bei den Ausfüllhinweisen des Merkblattes wird auf eine Rechtsberatung hingewiesen. In dem Vordruck des Antrages auf Festsetzung von Unterhalt ist auch vorgesehen, daß der antragstellende Elternteil durch einen Prozeßbevollmächtigten vertreten sein kann.

Unter diesen Umständen ist die Beiordnung eines Rechtsanwaltes in der Regel geboten (so auch OLG München FamRZ 1999, 792 ff.; OLG Sachsen-Anhalt, Beschluß vom 11.01.1999 - 3 WF 152/98; Schulz, Das vereinfachte Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger, JurBüro 1999, 456; a. A. Zöller, Kommentar zur ZPO, 21. Aufl., Rn. 1 zu § 646 ZPO).

Der Prozeßbevollmächtigte der Antragstellerin hat somit einen Anspruch auf Kostenerstattung nach den §§ 121 ff. BRAGO. Ober den Kostenerstattungsantrag muß das Amtsgericht nunmehr entscheiden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 11 GKG in Verbindung mit Nr. 1952 KV GKG, § 127 Abs. 4 ZPO.

Ende der Entscheidung

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