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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 12.10.2006
Aktenzeichen: 16 W 116/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 91
ZPO § 93
Wer sich außergerichtlich verpflichtet, in einer bestimmten Sache ein Anerkenntnisurteil gegen sich ergehen zu lassen, darf sich grundsätzlich nicht auf § 93 ZPO berufen. Auch die Gerichte sind an eine solche Vereinbarung gebunden, so dass nur eine Kostenentscheidung nach § 91 ZPO in Betracht kommt.
16 W 116/06

Beschluss

In dem Rechtsstreit

wegen Kostenentscheidung eines Anerkenntnisurteils

hat der 16. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 11. September 2006 gegen die Kostenentscheidung des am 28. August 2006 verkündeten Anerkenntnisurteils der 2. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg am 12. Oktober 2006 beschlossen:

Tenor:

Die Kostenentscheidung des Anerkenntnisurteils wird geändert.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Gründe:

Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist gem. § 99 Abs. 2 S. 1 ZPO statthaft und auch form- und fristgerecht eingelegt worden, § 569 ZPO.

Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist begründet. Zugunsten der Beklagten ist § 93 ZPO nicht anzuwenden, weil sich die Beklagte nicht darauf berufen kann, sie habe durch ihr Verhalten zur Erhebung der Klage keine Veranlassung gegeben. Das folgt entgegen der Ansicht des Landgerichts aus dem zwischen den Parteien unstreitigen Inhalt der am 28. Juni 2006 mit Wirkung auch für die Beklagte getroffenen Vereinbarungen. In Nr. 3 dieser Vereinbarung hat die Klägerin klargestellt und hat die Beklagte akzeptiert, dass wegen der auf den Wohnungen in der A-Straße in B. lastenden Briefgrundschulden bereits die Einreichung von Duldungsklagen durch die Klägerin veranlasst worden war und dass die Beklagte sich insoweit verpflichtete, in diesen Verfahren nach Rechtshängigkeit sofortige Anerkenntnisse abzugeben. Die Nr. 3 der Vereinbarung ist eine Sonderregelung zu der Nr. 2 der Vereinbarung, der von der Beklagten übernommenen Verpflichtung, hinsichtlich ihrer Immobilien Unterwerfungserklärungen abzugeben. Entgegen der Ansicht des Landgerichts kommt es deshalb auf diese allgemeine Vereinbarung nicht an. Durch Nr. 3 der Vereinbarung hat die Klägerin sich vielmehr bestätigen lassen, dass es bei der von ihr veranlassten Einreichung der Duldungsklagen hinsichtlich der beiden Briefgrundschulden, die im Anerkenntnisurteil genannt sind, sein Bewenden haben und insoweit die Titel durch gerichtliche Anerkenntnisurteile herbeigeführt werden sollten, und gerade nicht durch die in Nr. 2 geregelten Unterwerfungserklärungen.

Die in Nr. 3 geregelte Verpflichtung der Beklagten ist auch im Rahmen des § 93 ZPO von den Gerichten zu beachten. Entgegen der Ansicht des Landgerichts in seiner Abhilfeentscheidung vom 19. September 2006 handelt es sich dabei nämlich nicht um eine materiell-rechtliche Regelung, sondern um einen prozessrechtlichen Vertrag. Die Parteien können im Rahmen der Vertragsfreiheit auch über die ihnen prozessrechtlich zustehenden Befugnisse Vereinbarungen treffen. Verstößt eine Partei gegen eine solche Vereinbarung, ist ihr Verhalten prozessrechtlich unzulässig. Sie muss sich dann so behandeln lassen, als hätte sie sich vertragsgemäß verhalten. Vertragsgemäßes Verhalten der Beklagten war, worauf die Klägerin in ihrer Beschwerde zu Recht hinweist, allein ein sofortiges Anerkenntnis mit der selbstverständlichen Kostentragungspflicht nach § 91 ZPO.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts war die Klägerin aufgrund der getroffenen Vereinbarungen auch nicht gehalten zu überprüfen, ob die von ihr veranlasste Einreichung der Duldungsklagen durch ihren Prozessbevollmächtigten bei Vereinbarungsabschluss am 28. Juni 2006 bereits erfolgt war oder sich womöglich mit dem Abschluss der Vereinbarung vom 28. Juni 2006 überschnitt. Sinn und Zweck der Vereinbarung zu Nr. 3 war, dass die veranlasste Einreichung der Duldungsklage zur Rechtshängigkeit und zu einem normalen Verfahren führen sollte, welches von den Beklagten pflichtgemäß durch sofortiges Anerkenntnis zu beenden war. Das schließt nach dem Sinn und Zweck dieser Vereinbarung die Berufung der Beklagten auf das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 93 ZPO aus.

Ob etwas anderes zu gelten hätte, wenn die Einreichung der Klage geraume Zeit nach Vertragsschluss am 28. Juni 2006 erfolgt wäre und die Klägerin hiervon Kenntnis gehabt hätte, braucht nicht entschieden zu werden. Selbst wenn ein solches Verhalten trotz des dargelegten Sinns und Zwecks der Nr. 3 der Vereinbarung als rechtsmissbräuchlich zu beurteilen wäre, liegen diese Voraussetzungen im vorliegenden Falle nicht vor. Die Klage ist von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin ersichtlich am 28. Juni 2006 auf den Weg gebracht worden, wie sich aus der auf der Klageschrift befindlichen Gerichtskostenstempelmarke ergibt, die das Datum vom 28. Juni 2006 trägt. Ob die Klage vor oder nach Abschluss der Verhandlungen vom 28. Juni 2006 in den Räumlichkeiten der Klägerin zur Post gegeben worden ist, ist dabei unmaßgeblich. Die Klägerin hatte insoweit keine Erkundigungspflicht und wollte eine solche, wie der Nr. 3 der Vereinbarung auch ohne weiteres zu entnehmen ist, nicht übernehmen. Dass die Klägerin nicht selbst die Duldungsklage eingereicht hatte, sondern dafür Anwälte hat beauftragen müssen, war der anwaltlich vertretenen Beklagten ohne weiteres klar. Als der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 29. Juni 2006 über das Ergebnis der Besprechung der Parteien vom Vortage unterrichtet wurde, wie die Klägerin unwidersprochen vorgetragen hat, waren die Gerichtskosten für die Duldungsklage bereits bezahlt und der Klageschriftsatz auf dem Wege zum Gericht. Bei dieser Sachlage war die Klägerin befugt, das weitere Verfahren nach Maßgabe der Nr. 3 der Vereinbarung vom 28. Juni 2006 fortzuführen.

Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, da die sofortige Beschwerde der Klägerin Erfolg hat. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind in einem solchen Falle allgemeine Kosten des Rechtsstreits.

Ende der Entscheidung

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