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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 15.10.2002
Aktenzeichen: 16 W 126/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 141 III 1
Ordnungsgeld nach § 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO ist keine Ungehorsamsstrafe. Endet die mündliche Verhandlung, zu der die Partei unentschuldigt nicht erschienen ist, mit einem instanzbeendenden Urteil, hat die Festsetzung eines Ordnungsgeldes zu unterbleiben.
16 W 126/02

Beschluß

hat der 16. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die sofortige Beschwerde des Klägers vom 27. September 2002 gegen den Beschluß der Einzelrichterin der 3. des Landgerichts vom 16. September 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Chlosta als Einzelrichter am 15. Oktober 2002 beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Gründe:

Die nach §§ 141 Abs. 3 Satz 1, 380 Abs. 3 ZPO statthafte und auch fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Klägers ist begründet.

Das Beschwerdegericht ist in Fällen vorliegender Art nicht auf eine Rechtmäßigkeitsprüfung beschränkt, sondern entscheidet alsTatsacheninstanz an Stelle des erstinstanzlichen Gerichts (Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 571 RdNr. 3). Die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen eine nicht erschienene Partei steht gemäß § 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO, anders als bei einem nicht erschienenen Zeugen (Zöller/Greger, aaO., § 380 RdNr. 3), im pflichtgemäßen Ermessen des Richters (Zöller/Gummer aaO., § 141 RdNr. 12).

Die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen den Kläger ist im vorliegenden Fall unangemessen. Ein Ordnungsgeld nach § 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO ist keine reine Ungehorsamsstrafe, sondern ist nur dann angebracht, wenn sich das Nichterscheinen der Partei in irgendeiner Weise negativ für die Rechtsfindung ausgewirkt hat. Das war hier nicht der Fall. Aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12. September 2002 ist ein instanzbeendendes Urteil erlassen worden. Dann ist es nicht sinnvoll, gegen die nicht erschienene Partei noch ein Ordnungsgeld zu verhängen, das damit den reinen Charakter einer Ungehorsamsstrafe erhält (aus zuletzt aaO., RdNr. 12).

Deshalb braucht die Streitfrage nicht entschieden zu werden, ob eine Partei allein der Mitteilung ihres Anwalts, sie brauche nicht zu erscheinen, vertrauen darf (dazu Zöller/Greger, aaO., § 141 RdNr. 13; Baumbach/Lauterbach, ZPO, 60. Aufl., § 141 RdNr. 40; Schneider NJW 1979, 987; Thomas/Putzo, ZPO, 24. Aufl., § 145 RdNr. 6). In jedem Falle liegt allenfalls ein fahrlässiges Verschulden des Klägers selbst vor. Zu beanstanden ist vielmehr das eigenmächtige Verhalten seines Anwalts, des dem Kläger aber trotz § 85 Abs. 2 ZPO nicht zugerechnet werden kann. Das Ordnungsgeld nach § 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO hat der Sache nach Strafcharakter und hängt damit ausschließlich vom persönlichen Verschulden der Partei ab (so zutreffend Thomas/Putzo, aaO.).

Es geht nicht an, die Partei selbst mit einem Ordnungsgeld zu belegen, wenn es in Wahrheit um ein prozessrechtswidriges Verhalten ihres Anwalts geht. Das kann allenfalls Anlaß für eine Einschaltung der Anwaltskammer sein, damit der Anwalt von dort aus zu einer Beachtung seiner Pflichten gegenüber dem Gericht und seinem Mandanten angehalten wird.

Ende der Entscheidung

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