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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 10.12.2001
Aktenzeichen: 16 W 286/01
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 42 II
Ob ein Richter mit seinen Äußerungen einen Ablehnungsgrund bietet, ist auch danach zu beurteilen, wie die Partei bei besonnener Betrachtungsweise die in diesem Zusammenhang gefallen Äußerungen ihres Rechtsanwalts zu bewerten hat.
16 W 286/01

Beschluss

In dem Rechtsstreit

wegen Richterablehnung

hat der 16. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 6. November 2001 gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg vom 1. November 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht , den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht am 10. Dezember 2001 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten der Beklagten nach einem Beschwerdewert von 3.000 DM zurückgewiesen.

Gründe:

Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 46 Abs. 2 ZPO statthaft und auch form- und fristgerecht eingelegt worden, §§ 569 Abs. 2, 577 Abs. 2 ZPO.

Die sofortige Beschwerde ist unbegründet, weil der abgelehnte Richter durch sein Verhalten keinen Grund geliefert hat, der geeignet ist, Misstrauen der Beklagten gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen, § 42 Abs. 2 ZPO.

Dabei kommt es nicht auf die Sicht des Prozessbevollmächtigten an und auch nicht auf rein subjektive Befürchtungen der Beklagten. Entscheidend ist, ob eine ruhige, besonnene Partei in der Lage der Beklagten Anlass zu Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des abgelehnten Richters haben könnte.

Das ist nach Auffassung des Senats nicht der Fall, weil eine solche Partei das eigene prozessuale Verhalten ihres Anwaltes bei der gebotenen Distanz nicht billigen und Äußerungen des Unverständnisses des Richters zumindest für nachvollziehbar halten würde.

Dabei kommt es nicht auf die Rüge des Anwaltes der Beklagten an, die Klage sei nicht ordnungsgemäß zugestellt worden. Diese Rüge ist ebenso richtig wie das Verhalten der klägerischen Anwälte, eine Klage von Anwalt zu Anwalt zuzustellen unverständlich ist. Selbstverständlich ist jede Klage gem. § 270 Abs. 2 Satz 1 ZPO von Amts wegen zuzustellen. Die Einreichung der Klage reichte aus, um eine drohende Verjährung nach § 548 BGB zu unterbrechen, sofern alsbald zugestellt werden würde, § 270 Abs. 3 ZPO. Folglich bedurfte es der Zustellungsbemühungen der Klägerin in Parteibetrieb nicht. Sie sind aber gleichwohl nicht unbeachtlich, worauf der abgelehnte Richter zutreffend in seinen Schreiben vom 19. und 24. Juli. d. J. hingewiesen hat. Selbst wenn die Hinweise nicht zutreffend wären, läge das Unterlassen der ordnungsgemäßen Klagezustellung von Amts wegen am Gericht, so dass auch jetzt noch eine Klagezustellung als "demnächst erfolgt" im Sinne des § 270 Abs. 3 ZPO anzusehen wäre (Zöller/Greger, ZPO, 22. Aufl., § 270 RdNr. 7).

Das wiederholte Beharren des Anwaltes der Beklagten auf der nicht prozessgemäßen Zustellung der Klage ist danach schlechterdings nicht nachvollziehbar, wenn er zugleich wiederholt die Aufnahme von Vergleichsgesprächen forderte. Dagegen, dass der abgelehnte Richter dies ablehnte und zunächst auf Stellung der Anträge beharrte, ist entgegen der Ansicht der Beklagten nichts zu erinnern. Gemäß § 137 Abs. 1 ZPO wird die mündliche Verhandlung dadurch eingeleitet, dass die Parteien ihre Anträge stellen. Eine Partei, die bei der dargelegten Prozesslage einerseits im Termine erscheint und Vergleichsgespräche fordert, sich aber andererseits weigert, einen Antrag zu stellen, verhält sich widersprüchlich. Ein Richter, der ein solches Verhalten eines Anwaltes als Förmelei ohne jedes Rechtschutzbedürfnis ansieht und verärgert reagiert, wendet sich nicht gegen die Partei selbst und ihren Sachvortrag. Das würde jeder besonnenen Partei einleuchten.

Richtig ist der Einwand der Beklagten, dass am 6. November d. J. nicht verhandelt werden durfte, weil ein abgelehnter Richter sich nach § 47 ZPO bis zur Rechtskraft der Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch jeder unaufschiebbaren Amtshandlung zu enthalten hat. Gleichwohl kann auf dem Umstand, dass der abgelehnte Richter den vor Anbringung des Ablehnungsgesuches anberaumten Verhandlungstermin nicht aufgehoben hat, ein begründeter Ablehnungsgesuch nicht gestützt werden. Dies wäre nur der Fall, wenn der abgelehnte Richter die Rüge der Beklagten, einer Verhandlung stehe § 47 ZPO entgegen, übergangen hätte. Das ist nicht der Fall. Allein die Erwartung, die Beklagte werde nach der Entscheidung des Landgerichts nunmehr zur Sache verhandeln, lässt eine parteiliche Einstellung zu Gunsten der Klägerin auch nicht ansatzweise erkennen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Der Beschwerdewert beträgt ein Drittel des Hauptsachewertes, §§ 12 Abs. 1 GKG, 3 ZPO.

Ende der Entscheidung

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