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Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 18.07.2002
Aktenzeichen: 2 U 3/01
Rechtsgebiete: BGB, VerbrKrG


Vorschriften:

BGB § 197 a. F.
VerbrKrG § 12
Nicht nur die vereinbarten Monatsraten eines Verbraucherkredits unterliegen der Verjährungsfrist des § 197 BGB a. F., sondern auch die vorzeitig fällig gestellte Restschuld (§§ 197 BGB a. F., 12 VerbrKrG).
2 U 3/01

verkündet am: 15.08.2002

Gründe:

Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Restdarlehensrückzahlung nebst Zinsen ist nach dem im vorliegenden Fall gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 EGBGB anwendbaren § 197 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung verjährt. Nach dieser Vorschrift verjähren Ansprüche auf Rückstände von Zinsen mit Einschluss der als Zuschlag zu den Zinsen zum Zwecke der allmählichen Tilgung des Kapitals zu entrichtenden Beträge in 4 Jahren. Diese Voraussetzungen sind bei den monatlichen Raten erfüllt, die ein Darlehensnehmer bei Ratenkrediten der vorliegenden Art zu zahlen hat. Das gilt sowohl für die vertraglich vereinbarten Darlehenszinsen als auch für die in den einzelnen Darlehensraten enthaltenen Tilgungsanteile (so auch OLG Hamm NJW 1990, 1672; OLG Stuttgart, NJW-RR 1992, 179; OLG Celle MDR 1994, 157). Die in den Raten enthaltenen Tilgungsanteile stellen "Zuschläge zu den Zinsen zum Zwecke der allmählichen Tilgung des Kapitals" im Sinne des § 197 BGB a. F. dar. Eine solche Auslegung steht mit dem Wortlaut dieser Vorschrift im Einklang. Dem steht nicht entgegen, dass der Tilgungsanteil der einzelnen Raten bei einem Ratenkredit regelmäßig höher ist als der Zinsanteil. Denn der Begriff "Zuschlag" setzt nicht zwingend ein bestimmtes Größenverhältnis zwischen Zins- und Tilgungsanteil voraus. Ausreichend ist nach dem Wortsinn vielmehr, dass Zins- und Tilgungsleistungen jeweils in einer Rate gleichzeitig zu entrichten sind, und das ist auch bei den einzelnen Raten eines Ratenkredits der Fall. Hier ist aufgrund der konkludent im Darlehensvertrag vereinbarten Leistungsbestimmung in jeder Rate ein dem Verhältnis der Gesamtbeträge entsprechender und von vorn herein feststehender Anteil an Kapital und Kreditkosten enthalten (vgl. BGH NJW 1984, 2161; 1987, 830; NJW-RR 1988, 757). Es entspricht ferner auch dem Sinn und Zweck des § 197 BGB a. F., die bei einem Ratenkredit in den einzelnen Raten enthaltenen Tilgungsanteile als "Zuschläge" im Sinne des § 197 BGB a. F. anzusehen. Die vierjährige Verjährung des § 197 BGB a. F. soll verhindern, dass sich regelmäßig wiederkehrende Einzelforderungen mehr und mehr ansammeln und schließlich einen Betrag erreichen, der vom Schuldner nicht mehr in einer Summe aufgebracht werden kann; außerdem trägt die Verjährung von länger als 4 Jahre zurückliegenden Rückständen dem Umstand Rechnung, dass es bei regelmäßig wiederkehrenden Leistungen oft sehr schwer ist, sichere Feststellungen für eine Zeit zu treffen, die bis zu 30 Jahre zurückliegt (BGH NJW 2001, 2711). Diese Gesichtspunkte gelten auch bei einem Ratenkredit. Sie treffen hier insbesondere nicht nur auf die vereinbarten Darlehenszinsen zu, sondern auch auf die in den Einzelraten enthaltenen Tilgungsanteile. Bei ihnen sind die mit einer Ansammlung für den Schuldner verbundenen Gefahren in der Regel sogar größer, weil sie bei Ratenkrediten regelmäßig höher sind als die Zinsanteile. Gegen eine Anwendung des § 197 BGB a. F. auf die Tilgungsanteile der Raten eines Ratenkredits spricht auch nicht, dass Anlass für die Regelung des § 197 BGB a. F. ursprünglich nur solche Kredite waren, bei denen sich die Höhe der jeweils zu erbringenden Zins- und Tilgungsleistungen mit fortschreitender Laufzeit verändert (vgl. dazu OLG Stuttgart aaO., S. 180 f), während beim Ratenkredit der in den Raten enthaltene Zins- und Tilgungsanteil stets gleich bleibt. Dieser Umstand allein rechtfertigt insbesondere nicht die Annahme, dass der Gesetzgeber die bei Ratenkreditverträgen zu zahlende Tilgungsanteile vom Anwendungsbereich des § 197 BGB a. F. hat ausnehmen wollen. Dagegen spricht vielmehr, dass das bankmäßige Ratenkreditgeschäft in Deutschland erst nach der Kodifizierung des BGB eingesetzt hat (vgl. dazu OLG Stuttgart aaO., S. 181). Im Übrigen gibt die bei Ratenkrediten im Wege der Auslegung angenommene Tilgungsbestimmung für die einzelnen Raten auch nicht den tatsächlichen Tilgungsverlauf wieder. Bei Ratenkrediten erfolgt vielmehr eine progressive Tilgung; die geschuldeten Zinsen werden hier - ebenso wie bei den vom Gesetzgeber bedachten Krediten - unter allmählicher Tilgung des Kapitals berechnet. Deshalb sieht § 12 Abs. 2 VerbrKrG (jetzt § 488 Abs. 2 BGB) für den Fall der vorzeitigen Kündigung eines Verbraucherkredits auch eine staffelmäßige Zinsberechnung vor. Eine entsprechende Berechnungsmethode gilt nach der Rechtsprechung auch für sonstige Fälle vorzeitiger Kreditrückzahlung (vgl. OLG Stuttgart aaO., S. 181 mwN.). Es gibt daher keinen besonderen Grund, die Tilgungsanteile in den Raten eines Ratenkredits von der Anwendung des § 197 BGB a.F. auszunehmen, zumal der für die Erfüllung seiner Darlehensverbindlichkeiten beweispflichtige Schuldner eines Ratenkredits auch nicht weniger schutzwürdig ist als diejenigen Kreditnehmer, denen die kurze Verjährungsfrist nach den Vorstellungen des Gesetzgebers zugute kommen sollte. So wird insbesondere auch der Ratenkreditschuldner die Nachweise für seine in der Vergangenheit erbrachten Tilgungsleistungen regelmäßig kaum länger als 4 Jahre aufbewahren.

Die vorstehenden Erwägungen rechtfertigen zugleich die Anwendung des § 197 BGB a. F. auf vorzeitig fällig gestellte Ratenkredite, weil der Darlehensnehmer auch den dann fälligen Gesamtrestbetrag in der Regel nicht in einer Summe wird aufbringen können. Im Übrigen ist die Verjährungsfrist für einen Anspruch ohnehin nach den Verhältnissen zur Zeit seiner Entstehung zu beurteilen. Spätere Änderungen sind unerheblich (vgl. Palandt/Heinrichs, 61. Aufl., § 195 Rn. 2, § 196 Rn. 3). Bei einem Ratenkreditvertrag entsteht ein Anspruch auf die einzelnen Raten indessen bereits mit dem Abschluss des Kreditvertrages. Für diese Raten gilt nach den Verhältnissen zur Zeit des Vertragsschlusses die Verjährungsfrist des § 197 BGB. Darin ändert sich nichts, wenn durch eine spätere außerordentliche Kündigung des Ratenkredits eine vorzeitige Fälligkeit der Einzelraten herbeigeführt wird (im Ergebnis ebenso OLG Celle aaO.).

Im vorliegenden Fall hat die Bank den Kredit bereits im Oktober 1995 vorzeitig fällig gestellt. Die vierjährige Verjährungsfrist des § 197 BGB a. F. begann daher gemäß § 201 BGB a. F. am 31. Dezember 1995 und endete am 31. Dezember 1999.

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