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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 23.01.2002
Aktenzeichen: 2 W 210/01
Rechtsgebiete: BGB, FGG


Vorschriften:

BGB § 1897 IV
FGG § 26
FGG § 69 g V
Nach seiner Zuruhesetzung kann der Heimleiter eines DRK-Kreisverbandes zum Betreuer eines Heimbewohners bestellt werden.
2 W 210/01

Beschluss

In der Betreuungssache

hat der 2. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligen zu 1. vom 9./11.10.2001 gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 27.9.2001 durch die Richter und und die Richterin am 23.1.2002 beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird insoweit abgeändert, dass der Beteiligte zu 1. ab 1.12.2001 zum Betreuer des Betroffenen bestellt bleibt.

Gründe:

I.

Der bald 60 Jahre alte Betroffene leidet an einer Minderbegabung und kann deshalb seine Vermögensangelegenheiten nicht selbst besorgen. Er wohnt seit Jahren in einem Pflegeheim des DRK-Kreisverbandes in Kn, und die bestehende Gebrechlichkeitspflegschaft wurde mit Beschluss vom 11.12.1992 in eine Betreuung mit dem bisherigen Pfleger als Betreuer umgewandelt. Der Beteiligte zu 1. war seinerzeit und noch bis 1997 Leiter des Pflegeheimes; danach übernahm er stattdessen die Leitung des auf dem selben Grundstück befindlichen DRK-Wohnheimes, ebenfalls als Arbeitnehmer desselben DRK-Kreisverbandes.

Als der damalige Betreuer M Mitte 2000 die Aufhebung der Betreuung anregte, ergab eine Anhörung, dass der Betroffene sich eine Fortsetzung der Vermögensbetreuung mit dem Beteiligten zu 1. gut vorstellen konnte und Bedenken gegen die Eignung des Beteiligten zu 1. wegen des Wechsels in den Wohnheimbereich möglicherweise zu zerstreuen wären. Nachdem sowohl der damalige Betreuer sein schriftliches Einverständnis als auch der Beteiligte zu 1. sich zur Übernahme der Betreuung bereit erklärt hatten, hat das Amtsgericht den Beteiligten zu 1. mit Beschluss vom 15.1.2001 zum neuen Vermögensbetreuer bestellt und den bisherigen Betreuer entlassen. Diesen Beschluss hat das Landgericht mit der angefochtenen Entscheidung auf Beschwerde des Beteiligten zu 2. insoweit aufgehoben, als der Beteiligte zu 1. zum neuen Betreuer bestellt worden ist. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Beteiligte zu 1. gemäß § 1897 Abs. 3 BGB nicht zum Betreuer bestellt werden durfte, weil er als Angestellter des DRK-Kreisverbandes zum Träger des Heimes, in dem der Betroffene wohne, in einer engen Beziehung stehe. Auch wenn er mit Ablauf des November 2001 in den Ruhestand trete, liefe seine Bestellung dem Wohl des Betroffenen zuwider, da er auch nach der Pensionierung als langjähriger Heimleiter des DRK noch in Interessenkonflikte mit beiden Rollen geraten könne (§ 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB).

II.

Die dagegen gerichtet sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1. ist zulässig und für die Zeit ab Eintritt in den Ruhestand auch begründet.

Für die Zeit bis dahin teilt der Senat die Auffassung des Landgerichts, dass der Beteiligte zu 1. durch seine Berufstätigkeit gem. § 1897 Abs. 3 BGB von der Bestellung zum Betreuer des Betroffenen ausgeschlossen war. Dass der Wechsel von der Pflegeheimleitung zur benachbarten Wohnheimleitung bei ein und der-selben Einrichtung, nämlich dem DRK-Kreisverband, nicht ausreicht, Interessenkonflikte hinreichend zu vermeiden, hat das Landgericht Stuttgart in seinem Beschluss vom 31.1.1995 (BtPrax 1996, 75) überzeugend begründet. Dem schließt sich der Senat an.

Nach dem Ende der Berufstätigkeit des Beteiligten zu 1. stellt sich die Frage anders: Der Beteiligte zu 1. ist nicht mehr grundsätzlich vom Amt eines Betreuers für den Betroffenen ausgeschlossen, weil die Voraussetzungen des § 1897 Abs. 3 BGB nicht mehr gegeben sind. Für diesen Fall ist dem Vorschlag des Betroffenen zu entsprechen, es sei denn dies liefe dem Wohl des Betroffenen zuwider, § 1897 Abs. 4 S.1 BGB. Die Bejahung dieser Ausnahme durch die Annahme der abstrakten Gefahr einer Interessenkollision in der landgerichtlichen Entscheidung ist nach Auffassung des Senats rechtsfehlerhaft, §§ 27 FGG, 550 ZPO. Der Vorgeschlagene darf vielmehr nur dann abgelehnt werden, wenn eine konkrete Gefahr für das Wohl des Betroffenen festgestellt werden kann (Pal.-Diederichsen Rdn. 7, 20 zu §1897 BGB m.w.N.). Die vermutete Loyalität des Beteiligten zu 1. gegenüber seinem früheren Arbeitgeber vermag angesichts der Vermögenslosigkeit des Betroffenen und der Beschränkung des Aufgabenkreises auf die Vermögenssorge eine konkrete Gefahr nicht zu begründen.

Mit dieser Entscheidung ist der Beteiligte zu 1. seit 1.12.2001 wieder Betreuer des Betroffenen, da die im angefochtenen Beschluss liegende Entlassung (vgl. BayObLG FamRZ 1996, 58, 59 unter Ziff. 2.) für die Zeit ab 1.12.2001 nicht wirksam geworden ist, § 26 FGG. Soweit das Bayerische Oberste Landesgericht (aaO.) die Auffassung vertreten hat, die landgerichtliche (teilweise) Entlassung eines Betreuers (durch Aufhebung/Einschränkung der amtsgerichtlichen Bestellung) sei gemäß §§ 69 g Abs. 5 Satz 1, 69 a Abs. 3 Satz 1 FGG mit der Bekanntmachung wirksam geworden (ihre evtl. Aufhebung in der nächsten Instanz wirke aber wie sonst bei Entscheidungen, die mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar seien, zurück; vgl. hierzu Kammergericht NJW 1971, 53), vermag sich der Senat dieser Auffassung nicht anzuschließen. Der in § 69 g Abs. 5 Satz 1 FGG für das Beschwerdeverfahren u. a. für anwendbar erklärte § 69 a Abs. 3 Satz 1 FGG regelt keine Abweichung von § 26 FGG, sondern stellt lediglich eine Sondervorschrift zu § 16 FGG dar, und zwar in diesem Absatz zur Person des maßgeblichen Adressaten der gerichtlichen Entscheidungen (Damrau/Zimmermann RdNr. 1 zu § 69 a FGG). Wie die Begründung zu § 69g Abs. 5 FGG (Bundestagsdrucksache 11/4528 S. 179) zeigt, sollte das Beschwerde verfahren, nicht das Wirksamwerden der zu treffenden Entscheidungen, den Vorschriften des ersten Rechtszuges angepasst werden.

Der inzwischen vom Amtsgericht bestellte Nachfolger des Beteiligten zu 1. wird allerdings wieder zu entlassen sein. Die ausgesprochene Aufhebung der Entlassung des Beteiligten zu 1. für die Zeit ab 1.12.2001 führt schon deshalb nicht zur Entlassung des Nachfolgers, weil der Bestellungsbeschluss nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist. Die Entlassung des Beteiligten zu 1. war jedoch Grund für die Bestellung, mit dessen Wegfall (für die Zeit ab 1.12.2001) muss der Nachfolgebetreuer daher wieder entlassen werden, ohne dass die Voraussetzungen des §1908b BGB vorliegen müssen (vgl. zu allem: BayObLG aaO., S. 59).

Ende der Entscheidung

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