Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 13.12.2005
Aktenzeichen: 2 W 210/05
Rechtsgebiete: ZPO, FGG


Vorschriften:

ZPO § 240
ZPO § 252
ZPO § 567
ZPO § 574
FGG § 20 a
FGG § 27
FGG § 29 Abs. 2
1. Nach der seit dem 1. Januar 2002 infolge der ZPO-Reform maßgeblichen Rechtslage ist gegen eine im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit aufgrund von Bestimmungen der ZPO ergangene Entscheidung das Beschwerdeverfahren nur unter den dort vorgesehenen einschränkenden Voraussetzungen statthaft. Das gilt auch für eine Beschwerde im Zusammenhang mit einem Streit um die Verfahrensunterbrechung (§ 240 ZPO).

2. § 252 ZPO ist entsprechend anzuwenden bei der beschlussmäßigen Feststellung oder Verneinung einer Verfahrensunterbrechung.

3. Legt ein Dritter in einem laufenden Verfahren ein Rechtsmittel ein, so wird er hierdurch an dem Verfahren beteiligt. Als formell Beteiligter wird jede Person angesehen, die zur Wahrnehmung sachlicher Interessen am Verfahren teilnimmt.


2 W 210/05

Beschluss

In dem Wohnungseigentumsverfahren

hat der 2. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die "Beschwerde" des Beteiligten zu 2. vom 30.09.2005 gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck vom 26.09.2005 am 13.12.2005 beschlossen:

Tenor:

1. Das Rechtsmittel wird als unzulässig verworfen.

2. Der Beteiligte zu 2. trägt die gerichtlichen Kosten des weiteren Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Der Geschäftswert wird auf 800,- € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Beteiligte zu 1. begehrte mit am 25.07.2005 beim Amtsgericht eingegangenen Antrag die Ungültigkeitserklärung eines Wohnungseigentümerbeschlusses, durch welchen er als Wohnungseigentümerverwalter mit sofortiger Wirkung abberufen wurde. Mit Beschluss vom 01.09.2005 eröffnete das Amtsgericht Lübeck das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beteiligten zu 1. und bestellte den Beteiligten zu 2. zum Insolvenzverwalter.

Mit Beschluss vom 26.09.2005 stellte das Amtsgericht fest, dass das Verfahren nicht analog § 240 ZPO durch die Insolvenzeröffnung unterbrochen ist; auf den Inhalt des Beschlusses (Bl. 55 ff. d.A.) wird Bezug genommen. Gegen diesen Beschluss wurde unter dem 30.09.2005 "Beschwerde" eingelegt. Die Beschwerdeschrift ist wie folgt überschrieben:

"In der Wohnungseigentumssache

WEG M.-Straße (RA Dr. K. als I V) ./. WEG M.-Straße

- 2 II 51/05 -"

In der Beschwerdebegründung heißt es u.a.:

"Die Insolvenzmasse ist unmittelbar betroffen durch die unzulässige sofortige Abberufung des Gemeinschuldners, da die vertraglichen Vergütungsansprüche dadurch für den Zeitraum ab der Wirkung der fristlosen Kündigung ausgeschlossen scheinen."

Unterzeichnet ist die Beschwerdeschrift mit:

"Dr. K.

Rechtsanwalt".

Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 30.09.2005 nicht abgeholfen und die Sache dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt. Dieses hat die Beschwerde durch Beschluss vom 18.10.2005 auf Kosten des Insolvenzverwalters zurückgewiesen: auf den Inhalt des Beschlusses (Bl. 66 f. d.A.) wird Bezug genommen. Gegen diesen Beschluss wurde unter dem 26.10.2005 Beschwerde eingelegt, auf deren Inhalt (Bl. 80 d.A.) Bezug genommen wird.

II.

Das unter 26.10.2005 eingelegte Rechtsmittel ist unzulässig; es ist weder als sofortige Beschwerde (1.) noch als sofortige weitere Beschwerde (2.) noch als sog. außerordentliche Beschwerde wegen greifbarer Gesetzwidrigkeit (3.) statthaft. Im Übrigen ist das Rechtsmittel auch nach § 20a Abs. 1 Satz 1 FGG unzulässig (4.).

1. Nach der seit dem 01.01.2002 infolge des ZPO-Reformgesetzes vom 27.7.2001 (BGBl. I S. 1887) geltenden Rechtslage ist gegen eine im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ergangene Entscheidung aufgrund von Bestimmungen der ZPO die Beschwerde nur unter den dort vorgesehenen einschränkenden Voraussetzungen statthaft. Der BGH hat dies ausdrücklich für die Richterablehnung gemäß § 46 Abs. 2 ZPO entschieden (BGH NJW-RR 2004, 726 = MDR 2004, 645; ebenso BayObLG NJW 2002, 3262); das OLG Zweibrücken (NJW-RR 2002, 1507) hat entsprechend bei einem Beschluss, durch den die Ablehnung eines Sachverständigen für unbegründet erklärt wurde (§ 406 Abs. 5 ZPO), erkannt. Zu nennen ist auch die Entscheidung des BayObLG (NJW 2002, 2573) betreffend die sofortige weitere Beschwerde gegen Versagung von Prozesskostenhilfe im FGG-Verfahren.

Diese Grundsätze gelten nach Auffassung des Senats auch bei einem Streit um die Verfahrensunterbrechung in entsprechender Anwendung des § 240 ZPO im Rahmen eines FGG-Verfahrens. Sofern hier geltend gemacht wird, das Verfahren sei durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Beteiligten unterbrochen, das Amtsgericht eine Unterbrechung aber durch Beschluss verneint, ist gegen diese Entscheidung die sofortige Beschwerde nach Maßgabe des § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zulässig. Das Beschwerderecht folgt aus einer analogen Anwendung des § 252 ZPO. Die Bestimmung nennt zwar ausdrücklich nur die Aussetzung des Verfahrens; sie gilt aber entsprechend bei der beschlussmäßigen Feststellung oder Verneinung einer Unterbrechung (vgl. RGZ 16, 358, 359 f. zu § 229 CPO vom 30.01.1877 [RGBl. S. 83]; ferner Zöller/Greger, 25. Aufl., § 252 Rdn. 1). Für eine solche Analogie spricht zum einen die systematische Stellung des § 252 ZPO am Ende des 5. Titels, Abschnitt 3, Buch 1, der beide Institute - "Unterbrechung und Aussetzung des Verfahrens" - beinhaltet, zum anderen aber auch die allgemeine Bezugnahme auf die "Vorschriften dieses Titels" in der Bestimmung selbst (vgl. RGZ 16, 358, 359). Beides lässt den Schluss zu, dass der Gesetzgeber der ZPO bei allen Fallgestaltungen der Aussetzung und Unterbrechung des Verfahrens ein Beschwerderecht der Parteien eröffnen wollte.

Für das weitere Verfahren gelten sodann zwar die vom FGG vorgesehenen Rechtsmittel, allerdings nur mit den Einschränkungen, die sich aus der entsprechenden Anwendung der zivilprozessualen Regelungen über die Unterbrechung des Verfahrens ergeben (vgl. BGH a.a.O.).

Legt man dies zugrunde, so ist das Rechtsmittel des Beteiligten zu 2. als sofortige Beschwerde unzulässig. Denn nach § 567 Abs. 1 ZPO findet die sofortige Beschwerde nur gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte statt. Hier handelt es sich jedoch bereits um eine im zweiten Rechtszug ergangene Entscheidung des Landgerichts. Das Landgericht hat die hier angegriffene Entscheidung erst auf die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgericht getroffen.

2. Als Rechtsmittel gegen den Beschluss des Landgerichts kommt nach alledem nur die sofortige weitere Beschwerde (§§ 27, 29 Abs. 2 FGG) mit den Einschränkungen der Rechtsbeschwerde nach § 574 ZPO in Betracht. Diese setzt jedoch, da sie für die hier maßgebliche Fallgestaltung im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen ist (vgl. §§ 252, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO), die Zulassung durch das Beschwerdegericht voraus (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Daran fehlt es hier.

3. Das zu beurteilende Rechtsmittel kann auch nicht als sog. außerordentliche Beschwerde wegen greifbarer Gesetzwidrigkeit zum Erfolg führen. Dabei lässt es der Senat ausdrücklich offen, ob nach der zum 01.01.2002 erfolgten Reform des Zivilprozesses überhaupt noch eine Ausnahmebeschwerde wegen greifbarer Gesetzwidrigkeit statthaft ist (dagegen BGH NJW 2002, 1577; 2003, 3137, 3138; 2004, 292, 293, 2224, 2225; 2005, 143, 144; BGH NJW-RR 2004, 1654; 2005, 214, 294; für die Statthaftigkeit neuerdings BFH NJW 2005, 3374) Die Belastung des Beteiligten zu 2. mit Verfahrenskosten, wie sie das Landgericht in dem angefochtenen Beschluss vorgenommen hat, ist nicht greifbar gesetzwidrig. Der Senat hält diese Entscheidung jedenfalls im Ergebnis für zutreffend. Der Beteiligte zu 2. ist auch im zweiten Rechtszug bereits Verfahrensbeteiligter gewesen. Legt nämlich ein Dritter in einem laufenden Verfahren ein Rechtsmittel ein, so wird er hierdurch an dem Verfahren beteiligt. Als formell Beteiligter wird gemeinhin jede Person angesehen, die zur Wahrnehmung sachlicher Interessen am Verfahren teilnimmt (Keidel/Zimmermann, FGG, 15. Aufl., § 6 Rn. 18). Eine solche Verfahrensteilnahme des Beteiligten zu 2. ist mit der Beschwerdeschrift vom 30.09.2005 erfolgt. Die Beschwerdeschrift vom 30.09.2005 stellt sich - bei objektiver Betrachtung - als Rechtsmittel des Insolvenzverwalters dar. Das ergibt sich zum einen aus dem Kurzrubrum über dem Beschwerdetext, welches den Beteiligten zu 2. als Insolvenzverwalter ausweist. Dies folgt aus dem Kürzel "I V". Ist nämlich im Zeitpunkt des Eingangs der Beschwerdeschrift beim Landgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beteiligten zu 1. beim Amtsgericht Lübeck bereits eröffnet gewesen, so hat das Landgericht dieses Schreiben nur dahin verstehen können, dass der Insolvenzverwalter des Beteiligten zu 1. - also der Beteiligte zu 2. - das Rechtsmittel eingelegt hat.

Zum anderen spricht auch die Begründung der Beschwerde dafür, dass diese vom Beteiligten zu 2. herrührt. Darin wird geltend gemacht, dass die Insolvenzmasse durch die unzulässige Abberufung des Beteiligten zu 1. unmittelbar betroffen sei. Hierbei handelt es sich um einen Gesichtspunkt, der allein für den Beteiligten zu 2 als Insolvenzverwalter von Interesse ist. Nach alledem ist die Kostenentscheidung des Landgerichts nicht greifbar gesetzwidrig; der Senat hält sie vielmehr für zutreffend, so dass ein Rechtsmittel - seine Zulässigkeit einmal unterstellt - jedenfalls auch unbegründet wäre.

4. Im Übrigen ist das Rechtsmittel des Beteiligten zu 2. auch nach § 20a Abs. 1 Satz 1 FGG unzulässig. Nach dieser Vorschrift ist eine unselbständige Kostenentscheidung nur anfechtbar, wenn auch gegen die Entscheidung in der Hauptsache Beschwerde eingelegt wird. Das Rechtsmittel des Beteiligten zu 2. richtet sich jedoch allein gegen den Kostenpunkt. Die Rechtsprechung zur Unanwendbarkeit des § 20a FGG im Falle einer Belastung Unbeteiligter mit Verfahrenskosten (BayObLGZ 1976, 256, 257; 1962, 380, 386; OLG Frankfurt, OLGZ 1980, 278, 280) kommt hier nicht zum Tragen. Der Beteiligte zu 2. ist im Verfahren vor dem Landgericht bereits Verfahrensbeteiligter gewesen; es kann insoweit auf die obigen Ausführungen (II. 3.) Bezug genommen werden.

Ende der Entscheidung

Zurück