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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 18.01.2007
Aktenzeichen: 2 W 249/05 (1)
Rechtsgebiete: KostO, FGG, GBO


Vorschriften:

KostO § 131 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
KostO § 131 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5
FGG § 13a Abs. 1 Satz 2
GBO § 71 Abs. 2 Satz 2
GBO § 53 Abs. 1 Satz 1
Die Eintragung eines Amtswiderspruchs im Beschwerdewege nach §§ 71 Abs. 2 Satz 2 GBO, 53 Abs. 1 Satz 1 GBO kann nur verlangt werden, wenn u. a. die beanstandete Eintragung unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften erfolgt ist. Dies ist dann nicht der Fall, wenn das Grundbuchamt auf den ihm unterbreiteten Sachverhalt das Gesetz richtig angewendet hat, auch wenn die Eintragung objektiv zu Unrecht erfolgt ist. (Folgeentscheidung zum Beschluss des Senats vom 11.04.2006 nach Ablehnung der Vorlage durch den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 9.11.2006 - V ZB 66/06).
2 W 249/05

Beschluss

In der Grundbuchsache

hat der 2. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 4. und 5. vom 23.12.2005 gegen den Beschluss des Landgerichts Itzehoe vom 5.12.2005 am 18.01.2007 beschlossen:

Tenor:

Den Beteiligten zu 4. und 5. werden die Gerichtskosten sowie die der Beteiligten zu 1. entstandenen außergerichtlichen Kosten auferlegt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 2. und 3. waren als Eigentümer des im Rubrum bezeichneten Grundstücks in Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) eingetragen. Am 3.2.1999 übertrug der Beteiligte zu 2. seinen Gesellschaftsanteil in Höhe von 50% an die Beteiligte zu 4., am 5.11.2003 übertrug die Beteiligte zu 3. ihren ebenfalls 50%-igen Anteil an der GbR an den Beteiligten zu 5.. Eine Berichtigung des Grundbuchs erfolgte zunächst nicht.

Am 13.10.2005 beantragte die Beteiligte zu 1. unter Vorlage einer notariellen Grundschuldbestellungsurkunde, nach deren Ziffer 5 die Beteiligten zu 2. und 3. die persönliche Haftung übernommen hatten, die Eintragung einer Zwangshypothek zu Lasten des Grundvermögens. Am 14.10.2005 nahm das Grundbuchamt die Eintragung vor. Hiergegen wandten sich die Beteiligten zu 2., 3., 4., 5. sowie die GbR mit ihren Rechtsbehelfen. Sie machten geltend, dass die Eintragung der Zwangssicherungshypothek zu Unrecht erfolgt sei, weil die Beteiligten zu 2. und 3. nicht mehr Inhaber der Gesellschaftsanteile der noch in Abteilung 1 des Grundbuchs eingetragenen GbR seien.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 05.12.2005 die Rechtsmittel als Beschwerden gegen die Entscheidung des Grundbuchamts für statthaft erachtet, jedoch die Beschwerden der Beteiligten zu 2. und 3. als unzulässig, die Beschwerden der Beteiligten zu 4. und 5. sowie der GbR, bestehend aus den Beteiligten zu 2. und 3., als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen haben sich die Beteiligten zu 4. und 5. mit der weiteren Beschwerde vom 22.12.2005 gewandt, die beim Senat am selben Tag eingegangen ist.

Am 21.12.2005 hatte das Grundbuchamt die Beteiligten zu 4. und 5. als Eigentümer des Grundstücks in GbR im Grundbuch eingetragen (Anl. BF 5). Die Beteiligte zu 1. erteilte unter dem 26.01.2006 die Löschungsbewilligung hinsichtlich der Zwangssicherungshypothek (Anl. BF7). Die Beteiligten zu 4. und 5. haben das Verfahren daraufhin für erledigt erklärt und beantragt, der Beteiligten zu 1. die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Die Beteiligte zu 1. hat beantragt, von der Anordnung der Kostenerstattung abzusehen.

II.

Nachdem sich das Verfahren vor der Entscheidung in der Hauptsache erledigt hat, war noch über die Kosten zu entscheiden. Das erledigende Ereignis ist nach Einlegung der weiteren Beschwerde eingetreten. Es liegt in der Erteilung der Löschungsbewilligung durch die Beteiligte zu 1. am 26.01.2006; die Einlegung des Rechtsmittels ist am 22.12.2005 erfolgt. Die Beteiligten zu 4. und 5. haben die weitere Beschwerde auf den Kostenpunkt beschränkt (vgl. BGHZ 86, 395; BayObLGZ 1993, 138), indem sie ausdrücklich beantragt haben, der Beteiligten zu 1. die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Im Rahmen der Kostenentscheidung ist auch über die Gerichtskosten für sämtliche Rechtzüge zu befinden. Denn die Kostenfolge ergibt sich - anders als bei einem die Hauptsache abschließenden Beschluss - nicht aus dem Wortlaut der die Kostenpflicht auslösenden Entscheidung in Verbindung mit § 131 KostO, so dass der Kostenbeamte nicht ohne Weiteres in der Lage ist, die Kosten anzufordern (BayObLG, MDR 1963, 690). Darüber hinaus bedarf es einer Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens.

Nach dem Rechtsgedanken des § 131 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 5 KostO sind die Gerichtskosten und entsprechend § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG die außergerichtlichen Kosten den Beteiligten zu 4. und 5. aufzuerlegen. Nach Auffassung des Senates wäre die weitere Beschwerde im Zeitpunkt der Erledigung der Hauptsache unbegründet gewesen, weil die angefochtene Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 78 GBO, 546 ZPO).

Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass hier allenfalls die Eintragung eines Amtswiderspruchs gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO in Betracht komme. Das setze allerdings voraus, dass das Grundbuchamt unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften eine Eintragung vorgenommen habe, durch die das Grundbuch unrichtig geworden sei. Im Zeitpunkt der Eintragung der Zwangshypothek seien die Beteiligten zu 2. und 3. jedoch als Eigentümer des betreffenden Grundstücks eingetragen gewesen. Weder die Beteiligte zu 1. noch das Grundbuchamt hätten im Zeitpunkt der Eintragung der Zwangssicherungshypothek Kenntnis davon gehabt, dass die Beteiligten zu 2. und 3. nicht mehr Eigentümer des Grundstücks seien. Das Grundbuchamt habe daher auf den ihm unterbreiteten Sachverhalt das Gesetz richtig angewendet, selbst dann, wenn der zugrunde gelegte Sachverhalt unrichtig gewesen sei. Eine analoge Anwendung des § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO auf solche Fallgestaltungen sei nicht geboten; das hätte zur Folge, dass der Zweck der §§ 71 Abs. 2, 53 GBO, eine Amtshaftung zu vermeiden, grundlegend verändert werde. Die Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes fordere keine andere Sichtweise; der Grundsatz gebiete nur, dass dem Betroffenen Verfahren zur Verfügung stünden, um eine Beeinträchtigung zu verhindern oder zu beseitigen. Eine mögliche Gefährdung der Belange der Beteiligten zu 2. bis 5. könne ebenso dadurch vermieden werden, dass zu deren Gunsten nach §§ 894, 899 BGB ein Widerspruch aufgrund einer einstweiligen Verfügung eingetragen werde. Dies hätte grundsätzlich nicht länger gedauert, als die Eintragung eines Amtswiderspruchs nach §§ 71 Abs. 2, 53 GBO.

Diese Ausführungen lassen Rechtsfehler nicht erkennen. Das Landgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die Eintragung eines Amtswiderspruchs auch im Beschwerdewege nach § 71 Abs. 2 Satz 2 GBO nicht verlangt werden kann, wenn die Eintragung nicht unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften i. S. des § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO, sondern lediglich objektiv zu Unrecht erfolgt ist. Diese Auffassung, der der Senat folgt, befindet sich in Einklang mit den Oberlandesgerichten Hamm (FGPrax 2005, 192 = ZfIR 2005, 825) und Frankfurt (FGPrax 2003, 197) sowie einem Teil des Schrifttums (Demharter, a.a.O. § 53 Rn. 23 ; Münzberg, Rpfleger 1990, 252; Eickmann, ZfIR 2005, 827).

Das Landgericht hat zunächst mit zutreffender Begründung eine Verletzung gesetzlicher Vorschriften im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO durch das Grundbuchamt verneint. Eine solche liegt - wie der BGH bereits in der Entscheidung vom 13.07.1959 (BGHZ 30, 255 = NJW 1959, 1635) festgestellt hat - nicht vor, wenn das Grundbuchamt auf den ihm unterbreiteten Sachverhalt das Gesetz zutreffend angewendet hat, dieser aber unrichtig gewesen ist, ohne dass dies dem zuständigen Rechtspfleger bekannt gewesen ist oder bei gehöriger Prüfung hätte erkannt werden müssen.

Etwas anderes gilt auch dann nicht, wenn - wie hier - das Grundbuchamt im Wege der Zwangsvollstreckung eine Zwangshypothek zu Lasten des Grundvermögens in das Grundbuch eingetragen hat, weil das Grundbuch im Zeitpunkt der Eintragung nicht berichtigt war und das Grundbuchamt von der Unrichtigkeit des Grundbuchs keine Kenntnis hatte. Bereits aus der Verweisung des § 71 Abs. 2 Satz 2 GBO auf § 53 GBO folgt, dass sich die Beschwerde nur gegen solche Eintragungen richten kann, die unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften zustande gekommen sind. Maßgebend ist auch hier allein die dem Grundbuchamt zugewiesene formelle Prüfungskompetenz, nicht hingegen die materiell-rechtliche Richtigkeit der Eintragung (vgl. auch OLG Hamm FGPrax 2005, 192 = ZfIR 2005, 825, 826). Vorliegend hat das Grundbuchamt auf den ihm unterbreiteten Sachverhalt das Gesetz richtig angewendet, da sich aus dem Grundbuch nicht ergab, dass die Beteiligten zu 2. und 3. nicht mehr Eigentümer des mit der Zwangshypothek belasteten Grundstückes waren.

Diese Sichtweise steht auch nicht in Widerspruch zu der Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle (RPfleger 1990, 112), da die vorgenannte Rechtsfrage nicht Gegenstand dieser Entscheidung war. In dem dort zu entscheidenden Fall war darüber zu befinden, ob die Beschwerde nach §§ 71 Abs. 2 Satz 2, 53 Abs. 1 Satz 1 GBO gegeben ist, wenn sich nach der Eintragung der Zwangshypothek herausstellt, dass die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung von einer Gegenleistung abhängt und diese weder erbracht noch angeboten worden war. Während in jenem Fall dem Schuldner die allgemeinen Rechtsbehelfe der §§ 576 ff., 766, 793 ZPO nicht zur Verfügung standen und ohne die Eintragung eines Widerspruches ein effektiver Rechtsschutz nicht gewährleistet war, fehlt es vorliegend an einer Rechtsschutzlücke. Denn einem aus dem Grundbuch nicht ersichtlichen Eigentümer, dessen Grundstück entgegen der materiellen Rechtslage mit einer Zwangshypothek belastet wurde, steht die Möglichkeit zu, dagegen im Wege der Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO vorzugehen.

Ende der Entscheidung

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