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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 10.05.2004
Aktenzeichen: 2 W 74/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1908 Abs. 1
BGB § 1802 Abs. 1 Satz 1
Zu den Anforderungen an ein im Betreuungsverfahren zu erstellendes Vermögensverzeichnis.
2 W 74/04

Beschluss

In dem Betreuungsverfahren

hier: Festsetzung eines Zwangsgeldes

hat der 2. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die weitere Beschwerde des Beteiligten vom 1.4.2004 gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck vom 10.3.2004 durch die Richter ....... am 10.5.2004 beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde beträgt 250,00 €.

Gründe:

Das Amtsgericht bestellte durch Beschluss vom 5.3.2003 den Beteiligten zum Betreuer der Betroffenen. Zum Aufgabenkreis gehörte auch die Vermögenssorge. Die Betreuung wurde am 5.11.2003 aufgehoben. Das Amtsgericht hat den Beteiligten seit dem 11.04.2003 in regelmäßigen Abständen siebenmal vergeblich zur Einreichung eines Vermögensverzeichnisses aufgefordert. Nach zweimaliger Androhung eines Zwangsgeldes am 30.10.2003 und 12.11.2003 hat es durch Beschluss vom 1.12.2003 wegen Nichteinreichung des Vermögensverzeichnisses ein Zwangsgeld in Höhe von 250,00 € gegen ihn festgesetzt. Hiergegen hat er "Erinnerung" eingelegt. Er hat geltend gemacht, unverschuldet gehindert gewesen zu sein, fristgerecht ein Vermögensverzeichnis vorzulegen, weil die Festplatte seines PC "defekt gegangen" sei und zeitaufwendig durch ein Spezialunternehmen habe rekonstruiert werden müssen. Gleichzeitig hat er einen Bericht über die Betreuung eingereicht, dessen Abschnitt über die wirtschaftlichen Verhältnisse der Betroffenen er als ausreichendes Vermögensverzeichnis ansieht. Das Landgericht hat das Rechtsmittel zurückgewiesen. Nach seiner Auffassung genügt der Bericht des Beteiligten nicht den Anforderungen an ein Vermögensverzeichnis. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten.

Die nach §§ 27, 29 FGG zulässige weitere Beschwerde ist unbegründet. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts (§§ 27 FGG; 546 ZPO). Die Voraussetzungen für das festgesetzte Zwangsgeld liegen vor.

Nach §§ 1908 i Abs. 1, 1802 Abs. 1 Satz 1 BGB hat der Betreuer das Vermögen, das bei der Anordnung der Betreuung vorhanden ist, zu verzeichnen und das Verzeichnis, nachdem er es mit der Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit versehen hat, dem Vormundschaftsgericht einzureichen. Diese Verpflichtung gilt auch noch nach Beendigung der Betreuung. Das Amtsgericht hat dem Beteiligten die Vorlage eines Vermögensverzeichnisses aufgegeben und ihm das festgesetzte Zwangsgeld angedroht (§ 33 Abs. 1, 3 FGG). Der Beteiligte ist auch schuldhaft seiner Verpflichtung nicht nachgekommen. Bis zur Festsetzung des Zwangsgelds am 1.12.2003 hatte er keine Gründe vorgetragen, weshalb er das Vermögensverzeichnis nicht eingereicht hatte. Dieses ist unverzüglich nach Bestellung anzufertigen und dem Gericht zur Kenntnis zu geben (Zimmermann, Betreuungsrecht, 3. Aufl., § 1802 BGB Rdnr. 2). Ansonsten bestünde die Gefahr, dass sich das Land einer Haftung aus Art. 34 GG, 839 BGB aussetzt. Gründe, weshalb dem Beteiligten die Einreichung des Verzeichnisses nicht binnen Monatsfrist seit seiner Bestellung am 5.3.2003 möglich war, sind nicht ersichtlich. Die zulässige (vgl. Keidel/Zimmermann, FGG, 15. Aufl., § 33 Rdnr. 24) nachträgliche Entschuldigung des Beteiligten überzeugt nicht. Sie lässt nicht erkennen, wann der angebliche Fehler auf der Festplatte des PC aufgetreten ist und dieser wieder beseitigt war. Es lässt sich deshalb nicht ausschließen, dass ihm die Erstellung des Vermögensverzeichnisses noch vor der Festsetzung des Zwangsgelds am 1.12.2003 möglich war.

Der Mangel ist auch nicht dadurch geheilt, dass nunmehr das geforderte Verzeichnis vorläge (zur zulässigen nachträglichen Vornahme der aufgegebenen Handlung vgl. Keidel/Zimmermann Rdnr. 24). Die Auffassung des Landgerichts, dass die Angaben im Bericht des Beteiligten vom 27.2.2004 den Anforderungen an ein Vermögensverzeichnis in wesentlichen Teilen nicht genügen, trifft zu.

Das Vermögensverzeichnis soll Klarheit über das Vermögen und die wirtschaftliche Lage des Betreuten geben. Es dient als Grundlage der Vermögensverwaltung durch den Betreuer und der Aufsicht durch das Vormundschaftsgericht. Ferner soll es Beweise für Ansprüche des Mündels aus § 1890 BGB sichern. Es ist außerdem Grundlage für die Beurteilung der Mittellosigkeit des Betroffenen im Rahmen einer Vergütungsbewilligung und für die Erhebung von Gerichtsgebühren (vgl. zu allem KG OLGE 24 (1912), 45; Palandt/Diederichsen, BGB, 63. Aufl., § 1802 Rdnr. 1; Bienwald, Betreuungsrecht, 3. Aufl., Anh. zu § 1908 e Rdnr. 18; Staudinger/Engler, 13. Aufl., § 1802 Rdnr. 1, 8;). Zur Erreichung der genannten Zwecke ist eine lückenlose Bestandsaufnahme des gesamten Vermögens erforderlich. Diese muss grundsätzlich so genau erfolgen, dass Zweifel über die Identität einzelner Gegenstände ausgeschlossen sind (KG a.a.O.; Wagenitz in Münche-ner-Kommentar BGB, 4. Aufl., § 1802 Rdnr. 3). Hausrat, Wäsche und Bücher können zusammenfassend angegeben werden, wenn der Wert verhältnismäßig gering ist (Zimmermann Rdnr. 3; Staudinger-Engler Rdnr. 14; Wagenitz Rdnr. 3; a.A.: Palandt-Diederichsen Rdnr. 2; Dickescheid in RGRK, BGB, 12. Aufl., § 1802 Rdnr. 1). Grundbuchmäßige Bezeichnungen für Grundstücke sind jedenfalls dann anzugeben, wenn die nur straßenmäßige Bezeichnung zu Unklarheiten über Lage und Größe des Grundstücks führen würde (a.A. - stets: Palandt/Diederichsen Rdnr. 2). Allerdings wird der Betreuer in aller Regel ohnehin das Grundbuch einsehen müssen, um das Eigentum zuverlässig festzustellen und auch die Belastungen zu ermitteln. Forderungen sind nach Betrag, Person des Schuldners, Schuldgrund und Zinshöhe aufzuführen (RGZ 80, 65, 66; Bienwald Rdnr. 27; Erman-Holzhauer, BGB, 10. Aufl., § 1802 Rdnr. 5). Die Gegenstände sind grundsätzlich durch Schätzung zu bewerten, um dem Gericht einen Überblick über die wirtschaftliche Lage des Betreuten zu ermöglichen (Palandt/Diederichsen Rdnr. 2; Staudinger/Engler Rdnr. 13; Erman/Holzhauer Rdnr. 5; a.A.: Dickescheid in RGRK Rdnr. 8; zur Schätzung von Gebäuden vgl. Zimmermann Rdnr. 8). Außer Schriftlichkeit ist keine bestimmte Form vorgegeben. Stichtag der Vermögensaufnahme ist der Zugang der Bestellung beim Betreuer (Bienwald Rdnr. 30; Zimmermann Rdnr. 6). Das Vermögensverzeichnis ist - wie bereits aus dem Gesetz ersichtlich - mit einer Versicherung der Vollständigkeit und Richtigkeit zu versehen.

Aus den Akten geht hervor, dass die Betroffene zurzeit der Anordnung der Betreuung am 5.3.2003 ungeachtet ihres Aufenthalts in Krankenhäusern noch eine Wohnung mit Inventar unterhielt. Aus ihrer Anhörung am 17.6.2003 vor dem Amtsgericht ergibt sich, dass sie den Wunsch hatte, nach Hause zurückzukehren. Insoweit findet ein Silberbesteck Erwähnung, auf welches die Tochter der Betroffenen Ansprüche geltend macht. Dazu hat der Beteiligte selbst erklärt, er werde einen Hausschlüssel nicht herausgeben, weil nachher etwas fehle. Über den seinerzeit vorhandenen Hausrat enthält der Bericht keinerlei Angaben. Aus ihm ergibt sich, dass hinsichtlich der vermieteten zwei Wohnungen und dem Ladengeschäft im Hause B.-straße in B. Mietrückstände bestanden, ohne dass die ausstehenden Forderungen mit den erforderlichen Einzelangaben im Bericht erwähnt sind. Bei dem Hausgrundstück fehlen Wertangaben und Angaben zu eventuellen Belastungen. Die sog. Reiterkoppel lässt sich zudem mangels näherer Angaben überhaupt nicht lokalisieren. Für den Fall der Vollständigkeit des Verzeichnisses wäre die erforderliche Versicherung noch nachzuholen.

Nach allem besteht das Zwangsgeld zu Recht und war das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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