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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 06.06.2008
Aktenzeichen: 2 W 76/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 6
ZPO § 104 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 690 Abs. 1 Nr. 3
ZPO § 690 Abs. 1 Nr. 5
ZPO § 699 Abs. 3 Satz 1
Kosten, die das Mahngericht an sich in den Mahnbescheid und/oder Vollstreckungsbescheid hätte aufnehmen müssen, sind von diesem - und nicht vom fiktiven Prozessgericht - zu ergänzen.
2 W 76/08

Beschluss

In dem Rechtsstreit

hat der 2. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die Aktenvorlage des Amtsgerichts Schwarzenbek vom 22.04.2008 durch die Richter am 06.06.2008 beschlossen:

Tenor:

Zum zuständigen Gericht wird das Amtsgericht Schleswig bestimmt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin hat am 10.1.2008 gegen die Antragsgegnerin beim AG Schleswig als zuständigem Mahngericht einen rechtskräftig gewordenen Vollstreckungsbescheid über 616,38 € nebst Kosten und Zinsen erwirkt. Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 30.1.2008 hat der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin beim AG Schleswig beantragt, gegen die Antragsgegnerin seine Gebühren in Höhe von 117,00 € festzusetzen. Das AG Schleswig hat daraufhin dem AG Schwarzenbek als Streitgericht die Akten zur Kostenfestsetzung übersandt. Dieses hat mit Beschluss vom 18.2.2008 den Antrag wegen fehlender sachlicher Zuständigkeit zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Vollstreckungsbescheid keine Kostengrundentscheidung darstelle, auf Grund derer eine Kostenfestsetzung erfolgen könne. Mit Beschluss vom 28.3.2008 hat das AG Schleswig sich für sachlich unzuständig erklärt und zur Begründung ausgeführt, im Mahnverfahren finde die Festsetzung der Kosten ebenfalls gemäß §§ 103, 104 ZPO statt. Für eine nachträgliche Ergänzung oder Festsetzung der Verfahrenskosten sei das fiktive Streitgericht gemäß § 104 Abs. 1 S. 1 ZPO i.V.m § 690 Abs. 1 Nr. 5 ZPO zuständig. Es hat die Akten dem AG Schwarzenbek zur ergänzenden Kostenfestsetzung zurückgesandt. Dieses hat die Sache dem Senat zur Entscheidung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO vorgelegt.

II.

Die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor, da sich sowohl das AG Schwarzenbek als Streitgericht als auch das AG Schleswig als Mahngericht rechtskräftig in der Sache für unzuständig erklärt haben. Eine Zuständigkeitsbestimmung gem. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO findet auch Anwendung, sofern Streit wie im vorliegenden Fall über die sachliche Zuständigkeit besteht (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 36 Rn 22).

Zum zuständigen Gericht ist in Anlehnung an die Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts SchlHA 1986, 63 (= JurBüro 1985, 781) das AG Schleswig zu bestimmen (so auch bereits die den beteiligten Gerichten bekannten Beschlüsse des Senats vom 16.04.2008 - 2 W 59/08- und vom 1.06.2008 - 2 W 77/089).

Der Gesetzgeber hat die Kostenfestsetzung wegen der im Mahnverfahren entstehenden Gerichts - und Rechtsanwaltskosten des Antragstellers ausdrücklich dem Mahngericht zugewiesenen. So sind im Mahnbescheid bereits Kosten anzugeben (§ 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO), in den Vollstreckungsbescheid sind gem. § 699 Abs. 3 S. 1 ZPO die bisher entstandenen Kosten des Verfahrens aufzunehmen. Es handelt sich mithin um nichts anderes als ein dem Mahngericht zugewiesenes vereinfachtes Kostenfestsetzungsverfahren (OLG Nürnberg JurBüro 2006, 141; OLG München Rpfleger 1997, 172). Daraus folgt, dass der Vollstreckungsbescheid wegen der Kosten, die an sich in den Mahnbescheid und/oder den Vollstreckungsbescheid aufzunehmen gewesen wären, vom Mahngericht zu ergänzen ist (KGR 2001, 69; zustimmend Zöller-Vollkommer a.a.O. § 699 Rn 10; OLG München a.a.O.; OLG Nürnberg a.a.O.). Der vorstehenden Systematik würde widersprechen, wenn sich mit der Festsetzung der Kosten, die im Mahnverfahren entstanden sind und die auch hätten festgesetzt werden können, nunmehr das Streitgericht zu befassen hätte. Vielmehr entspricht es dem Zweck des Mahnverfahrens, dem Gläubiger auf schnellem und einfachem Wege einen Vollstreckungstitel zu verschaffen, wenn das Mahngericht den Vollstreckungsbescheid um die versehentlich nicht aufgenommenen Kosten ergänzt (vgl. OLG Nürnberg a.a.O.; KG a.a.O.; KG MDR 1995, 530).

Eine Divergenzvorlage nach § 36 Abs. 3 ZPO an den Bundesgerichtshof ist nicht veranlasst. Soweit das AG Schleswig auf die Entscheidung BGH NJW 1991, 2084 Bezug genommen hat, ist der zu Grunde liegende Fall nicht vergleichbar. Denn dort hat der Prozessbevollmächtigte die Festsetzung seiner Kosten gegen seinen Mandanten begehrt, was ohnehin gem. §§ 690 Abs. 1 Nr. 3, 699 Abs. 3 S. 1 ZPO nicht möglich gewesen wäre. Im Fall des BayObLG MDR 2005, 769 (= NJW-RR 2005, 1012) wird die nachträgliche Verzinsung der festgesetzten Verfahrenskosten beantragt, mithin nicht von Kosten, die bereits während des Verfahrens entstanden sind.

Ende der Entscheidung

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