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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 10.01.2006
Aktenzeichen: 3 U 6/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 139
BGB § 242
BGB § 2290
Der Einwand des Rechtsmissbrauchs kann durchgreifen, wenn sich eine Vertragspartei unter Berufung auf § 139 BGB ihrer Vertragspflichten - hier aus einem Grundstücksgeschäft - insgesamt entledigen will, obwohl der abtrennbare nichtige Regelungsteil - hier eine wegen § 2290 I BGB unwirksame Erbvertragsaufhebung - nur den Gegner belastet, der aber am Vertrag im übrigen festhalten will.
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

3 U 6/05

verkündet am: 10. Januar 2006

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 20. Dezember 2005 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 6. Januar 2005 verkündete Urteil des Einzelrichters der 7. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Parteien - zwei Brüder - streiten um die Verteilung des restlichen Kaufpreises aus dem Verkauf eines bebauten Grundstücks durch ihre am 31. Oktober 2004 verstorbene Mutter.

Der Kläger hat von dem Beklagten Zahlung von 18.878,02 € zu viel erhaltenen Anteils an dem Verkaufserlös gefordert, der Beklagte von dem Kläger widerklagend Zahlung weiterer 7.269,35 €. Hinsichtlich der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien und ihrer dortigen Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat Klage und Widerklage abgewiesen. Ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung stehe dem Kläger nicht zu, denn die Zahlung sei mit Rechtsgrund erfolgt. Durch den notariellen Vertrag vom 13. Oktober 2003 habe zwar wegen § 2290 Abs. 1 BGB der Erbvertrag vom 4. März 1987 nicht wirksam aufgehoben werden können, wohl aber der am gleichen Tag geschlossene Vertrag über die Überlassung des Wohngebäudegrundstücks. Den Vertrag vom 13. Oktober 2003 habe der Kläger auch nicht wirksam anfechten können. Die Mutter habe über den Verkaufserlös wirksam in Form einer Schenkung unter Lebenden verfügen können, insoweit greife zugunsten des Klägers auch nicht der Schutz des § 2287 BGB. Auch dem Beklagten stehe kein bereicherungsrechtlicher Anspruch aus abgetretenem Recht zur Verfügung.

Gegen dieses Urteil hat lediglich der Kläger fristgerecht Berufung eingelegt und diese form- und fristgerecht begründet.

Der Kläger macht geltend:

Das Landgericht sei zu Unrecht von einer Teilwirksamkeit des notariellen Vertrages vom 13. Oktober 2003 im Hinblick auf die dort enthaltene Aufhebung der Grundstücksüberlassung ausgegangen. Tatsächlich sei der gesamte Vertrag nach den §§ 2290, 139 BGB unwirksam. Es sei - so schon sein erstinstanzlicher Vortrag - schlechterdings nicht vorstellbar, dass die Parteien das Grundstücksgeschäft auch hätten aufrechterhalten wollen, wenn der Erbvertrag nicht aufgehoben worden wäre. Zwischen dem 1987 am gleichen Tag abgeschlossenen Erbvertrag und dem Grundstücksüberlassungsvertrag bestünde ein deutlicher innerer Zusammenhang, der sich bereits aus dem Wortlaut der beiden Urkunden ergebe. Diese Verträge seien nach ihrem jeweiligen Inhalt miteinander verknüpft. Deshalb habe der Notar N. später auch beide Verträge in der von ihm gefertigten Urkunde angesprochen und insoweit Regelungen vorgenommen, wobei die Änderung des Erbvertrages aber nach § 2290 BGB nicht möglich gewesen sei. Die Rechtsprechung habe ein einheitliches Rechtsgeschäft im Sinne des § 139 BGB bei einer Mehrheit von äußerlich getrennten, in mehreren Urkunden niedergelegten Geschäften angenommen, wenn der Wille der Vertragsparteien darauf gerichtet sei, dass die äußerlich getrennten Geschäfte miteinander stehen und fallen sollten. Das sei hier hinsichtlich der beiden Verträge aus dem Jahre 1987 der Fall gewesen.

Was die spätere Urkunde des Notars N. angehe, ergebe sich der Einheitlichkeitswille schon daraus, dass es sich hier um eine Regelung innerhalb von einer Urkunde handele. Deshalb müsse logischerweise die Nichtigkeit der Erbvertragsaufhebung gemäß § 139 BGB auch zur Nichtigkeit der Vereinbarung betreffend die Aufhebung des Grundstücksübertragungsvertrages führen. Für die gegenteilige Argumentation des Beklagten, der nämlich meine, dass die fehlgeschlagene Erbvertragsaufhebung keine Auswirkung auf das Grundstücksrückabwicklungsgeschäft habe, trage er die Darlegungs- und Beweislast. Er müsse beweisen, dass es Wille der Vertragschließenden gewesen sei, das eine Geschäft nicht von dem anderen abhängig sein zu lassen.

Selbst wenn man dem nicht folgen wolle, wäre der Vertrag vom 13. Oktober 2003 aber wegen der vom Kläger erklärten Anfechtung insgesamt unwirksam. Das Landgericht übersehe, dass es bei der Auskunft, für die Veräußerung des Objekts sei die Zustimmung des Beklagten notwendig, um eine eigene Erklärung des Beklagten selbst gehe, die der Kläger angefochten habe. Der Notar N. habe diese Auskunft zwar bestätigt, den Kläger aber dabei nur in seiner Vorstellung bestärkt, er müsse den Kompromiss mit dem Beklagten schließen, um die Grundstücksveräußerung durchführen zu können. Es liege ein beiderseitiger Irrtum über die subjektive Geschäftsgrundlage vor, die zu dem Abschluss des notariellen Vertrages vom 13. Oktober 2003 geführt habe. Dies sei ein Fall des § 119 Abs. 2 BGB. Wenn beide Parteien gewusst hätten, dass es der Zustimmung des Beklagten zur Veräußerung des Hausgrundstückes nicht bedurft hätte, wäre der Vertrag vom 13. Oktober 2003 nicht abgeschlossen worden.

Das Landgericht habe § 2287 BGB mit der Begründung verneint, dass der Kläger seine Einwilligung zu der schenkweisen Übertragung des hälftigen Erlösanteils an den Beklagten durch den Vertrag vom 13. Oktober 2003 notariell erklärt habe. Diesem Argument sei der Boden entzogen, wenn man richtigerweise die Anfechtung durchgreifen lasse. Im Übrigen lägen nämlich die Voraussetzungen des § 2287 Abs. 1 BGB vor. Dem Beklagten sei infolge unentgeltlicher Zuwendung der Kaufpreisanteil zugeflossen, worin eine objektive Beeinträchtigung des Klägers als Schlusserben des Erbvertrages liege. Von einer Beeinträchtigungsabsicht der Mutter der Parteien werde man ausgehen müssen.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an den Kläger 18.878,02 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 1. Juni 2004 zu zahlen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte macht geltend:

Die vom Kläger beanspruchte Summe sei ihm von der Mutter schenkungsweise zugewendet worden, etwaige Formmängel seien durch Bewirkung der versprochenen Leistung geheilt worden. Für die Mutter habe zu keinem Zeitpunkt ein Anspruch auf Rückzahlung wegen ungerechtfertigter Bereicherung bestanden. Zudem hätte sie dem Beklagten gegenüber vorsichtshalber noch auf etwaige Rückforderungsansprüche verzichtet. Weil bereits zu ihren Lebzeiten keinerlei Ansprüche bestanden hätten, könne ein solcher Anspruch auch nicht mit ihrem Tode auf den Erben übergehen.

Eine etwaige Unwirksamkeit des notariellen Vertrages vom 13. Oktober 2003 könne nicht auf die Wirksamkeit des Schenkungsvertrages, der wesentlich später zustande gekommen sei, durchschlagen.

Im Übrigen sei der Vertrag vom 13. Oktober 2003 wirksam. Allenfalls komme eine Teilnichtigkeit nach Maßgabe der Auffassung des Landgerichts in Betracht. Grundlegendes Motiv des Klägers für den Vertragsschluss sei sein unbedingter Wille gewesen, das Haus der Mutter zu veräußern. Eine vollständige Unwirksamkeit dieses Vertrages hätte den Veräußerungsplan des Klägers vereitelt. Es sei daher von dem mutmaßlichen Willen der Parteien auszugehen, dass der Vertrag am 13. Oktober 2003 von ihnen auch ohne den unwirksamen Teil vorgenommen worden wäre, weil der Vertrag im Übrigen dem Gewollten entsprochen habe.

Ein Anfechtungsgrund habe dem Kläger nicht zugestanden. Soweit sich der Kläger nunmehr auf § 119 Abs. 2 BGB berufe, liege ein unbeachtlicher Motivirrtum vor. Die Anfechtung wäre auch verfristet, weil sie nicht unverzüglich im Sinne des § 121 BGB erfolgt sei. Der Vertrag datiere vom 13. Oktober 2003, die Anfechtung vom 24. Juli 2004.

Der Kläger könne sich auch nicht auf § 2287 Abs. 1 BGB berufen. Selbst wenn die notariell beurkundete Erklärung wirksam angefochten worden wäre, sei die tatsächlich bei der Schenkung des Geldbetrages konkludent erklärte Zustimmung des Klägers unter Arglistgesichtspunkten beachtlich. Sein jetziges Rückforderungsverlangen sei unbillig, weil es gerade der Kläger gewesen sei, der das Grundstück vorzeitig habe versilbern wollen. Das belege auch, dass die Mutter der Parteien nicht in Benachteiligungsabsicht gehandelt habe. Der überlebende Elternteil habe nur die sittlich achtenswerte Absicht umgesetzt, die Abkömmlinge gleich zu behandeln.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze einschließlich des nicht nachgelassenen Schriftsatzes des Klägers vom 21. Dezember 2005 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg, denn das Landgericht hat jedenfalls im Ergebnis richtig entschieden, dass dem Kläger der begehrte Zahlungsanspruch gegen den Beklagten nicht zusteht.

Der Kläger kann einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung auch aus § 822 BGB nicht erfolgreich geltend machen. Der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass seine Mutter ihm die fragliche Summe aus dem Kaufpreiserlös schenkungsweise zu Lebzeiten überwiesen hat und der Formmangel durch die Bewirkung der Leistung geheilt worden ist (§ 518 Abs. 2 BGB). Allerdings hat die zwischenzeitlich verstorbene Mutter der Parteien erst durch den notariellen Vertrag vom 13. Oktober 2003 die faktische Verfügungsmöglichkeit über das Grundstück wiedererhalten, weil der Kläger mit diesem Vertrag die Löschung der zu seinen Gunsten bestehenden Auflassungsvormerkung bewilligt hat. Infolgedessen konnte das Grundstück tatsächlich zu Gunsten der Mutter verkauft werden und ist ihr als Surrogat der Kaufpreiserlös zugeflossen. Einen Teil dieses Kaufpreiserlöses hat sie anschließend dem Beklagten geschenkt und ist insoweit im Sinne von § 818 Abs. 3 BGB entreichert. Deshalb wäre ein Kondiktionsanspruch des Klägers gegen seine Mutter zu Lebzeiten aus § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB gescheitert, selbst wenn man mit ihm davon ausgeht, dass das zugrundeliegende Kausalgeschäft, nämlich der Vertrag vom 13. Oktober 2003, insgesamt unwirksam war. Dann aber hätte gerade die Situation des § 822 BGB vorgelegen, weil die Mutter als Erstempfängerin das Erlangte unentgeltlich einem Dritten - eben dem Beklagten - zugewandt hat und infolgedessen (§ 818 Abs. 3 BGB) ihre Verpflichtung zur Herausgabe der Bereicherung ausgeschlossen gewesen wäre.

Ein Anspruch des Klägers aus § 822 BGB greift aber letztlich nicht durch. Zwar ist der Vertrag vom 13. Oktober 2003 nach § 139 BGB insgesamt unwirksam, der Kläger kann sich aber auf die Unwirksamkeitsfolge ausnahmsweise gemäß § 242 BGB nicht berufen. Das ergibt sich aus folgendem:

1.

Bei den in dem Vertrag vom 13. Oktober 2003 angesprochenen Verträgen vom 4. März 1987 zu den Urkundenrollen des Notars Dr. B. Nr. ... und Nr. ... handelt es sich trotz der getrennten Beurkundung um ein einheitliches Rechtsgeschäft im Sinne des § 139 BGB.

Der Vertrag Nr. 51/1987 ist ohne weiteres als Erbvertrag einzuordnen, wie sich schon aus der insoweit richtig gewählten Überschrift ergibt. Der Wohngebäudegrundstücksüberlassungsvertrag Nr. 49/1987 ist als ein auf den Tod der Überlasser befristetes (gemischtes) Schenkungsversprechen unter Lebenden zu qualifizieren, worin sich die Überlasser endgültig zur Leistung verpflichtet haben, aber vereinbart worden ist, dass die Erfüllung auf die Zeit des Todes des Überlebenden hinausgeschoben wird. Es handelt sich dabei um einen Vertrag, der nicht unter § 2301 Abs. 1 BGB fällt, weil keine Überlebensbedingung vorliegt. Der Kläger hat sich nämlich in diesem Vertrag bereits unmittelbar als teilweise Gegenleistung für die künftige Grundstücksüberlassung verpflichtet, sofort einen Betrag von 15.000,00 DM an den Beklagten, seinen Bruder, zu zahlen. Bei dieser Fallgestaltung kann nicht im Wege der Auslegung angenommen werden, dass die Vertragsbeteiligten die teilweise im Schenkungswege vereinbarte Grundstücksüberlassung nur unter der Bedingung des Überlebens des Beschenkten wollten. Ein solches Geschäft bedarf als reines Rechtsgeschäft unter Lebenden der Form des § 518 BGB, die hier eingehalten ist. Es lässt bereits zu Lebzeiten des Schenkers einen Anspruch entstehen, der bei Vorversterben des Beschenkten auf dessen Erben übergeht (MüKo zum BGB/Musielak, 4. Aufl. 2004, § 2301 Rn. 12; Soergel/Wolff, BGB, 13. Aufl. 2002, § 2301 Rn. 4 und Palandt/Edenhofer, BGB, 64. A. 2005, § 2301 Rn. 4). Im Hinblick auf die Bestimmungen in § 2 des Vertrages - Begünstigung des Beklagten - liegt im Übrigen ein echter Vertrag zu Gunsten Dritter im Sinne des § 328 BGB vor.

Die beiden getrennt beurkundeten Verträge stellen sich als einheitliches Rechtsgeschäft im Sinne des § 139 BGB dar. In § 2 des Erbvertrages wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Erb- und Pflichtteilsverzicht jedenfalls hinsichtlich des Beklagten darauf beruht, dass am gleichen Tag der Grundstücksüberlassungsvertrag geschlossen worden sei, in dem dem Beklagten als Dritten ein eigenes Recht auf den Betrag von 30.000,00 DM eingeräumt worden sei. Dadurch ist eine deutliche Verknüpfung zwischen den beiden Urkunden hergestellt und es ist auch der Sache nach davon auszugehen, dass der eine Vertrag mit dem anderen stehen und fallen sollte, so dass die Nichtigkeit des einen Vertrages auf den anderen durchgeschlagen hätte.

2.

Auch die in dem Vertrag vom 13. Oktober 2003 geregelte Aufhebung beider Verträge aus dem Jahre 1987 ist ein einheitliches Rechtsgeschäft i.S.d. § 139 BGB.

In diesem notariellen Vertrag haben Kläger und Beklagter zusammen mit ihrer damals noch lebenden Mutter einverständlich den Erbvertrag zur UR-Nr.... des Notars Dr.B. "hinsichtlich der beiden hier beteiligten Söhne" aufgehoben. Insoweit ist aber § 2290 Abs. 1 S. 2 BGB nicht beachtet worden. Nach dieser Vorschrift kann nach dem Tode einer der Personen, die den Erbvertrag geschlossen haben, der Erbvertrag nicht mehr aufgehoben werden. Diese Vorschrift schließt gerade auch die Aufhebung des Erbvertrages unter Mitwirkung der Erben des verstorbenen Beteiligten aus. Es soll sichergestellt sein, dass der in dem Erbvertrag zum Ausdruck kommende letzte Wille des verstorbenen Beteiligten nicht nach seinem Tod geändert und damit missachtet werden kann (MüKo zum BGB/Musielak, a. a. O., § 2290 Rn. 1 und 4).

Im Hinblick auf die Aufhebung des Erbvertrages ist der notarielle Vertrag vom 13. Oktober 2003 wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) nichtig. Der Senat folgt nicht der Auffassung des Landgerichts, die Unwirksamkeit der Erbvertragsaufhebung berühre den übrigen Vertragsinhalt nicht, weil anzunehmen sei, dass dieser von den Vertragsschließenden gewollt sei.

Hier liegt nämlich ein einheitliches Rechtsgeschäft gemäß § 139 BGB vor. Dafür spricht als Anhaltspunkt bereits der Umstand, dass die Aufhebung des Grundstücksüberlassungsvertrages und die damit einhergehenden Regelungen sowie die Aufhebung des Erbvertrages in derselben Urkunde geregelt worden sind (vgl. für die insoweit bestehende Indizwirkung MüKo zum BGB/Maver-Maly/Busche, BGB, 4. Aufl. 2001, § 139 Rn. 19). Es gibt aber - anders als der Beklagte selbst argumentieren möchte - gerade aus Sicht des Beklagten als damaligen Beteiligten des Vertrages vom 13. Oktober 2003 auch einen deutlichen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den beiden fraglichen Abreden. Die Aufhebung des Erbvertrages begünstigt nämlich allein den Beklagten insoweit, als dadurch die gesetzliche Erbfolge wiederhergestellt worden ist. Auf der anderen Seite belastet ihn die Aufhebung des Grundstücksüberlassungsvertrages aus dem Jahre 1987, weil dieser Vertrag ihm als Dritten im Sinne des § 328 BGB einen Anspruch auf 30.000,00 DM eingeräumt hat. Nach den Bestimmungen des Vertrages vom 13. Oktober 2003 verliert er demgegenüber diesen Anspruch und muss sogar die bereits erhaltenen 15.000,00 DM an den Kläger zurückerstatten. Entscheidend ist, dass er im Gegenzug keine Sicherheit erhält, an dem Erlös des beabsichtigten Hausverkaufes beteiligt zu werden. Denn in die Urkunde vom 13. Oktober 2003 ist nur die unverbindliche Absicht der Mutter der Parteien aufgenommen worden, von dem verbleibenden Kaufpreiserlös den beiden Söhnen Zahlungen in gleicher Höhe zukommen zu lassen. In welcher Höhe Zahlungen erfolgen sollen, ist dort nicht bestimmt und es ist ausdrücklich geregelt, dass es eine rechtliche Verpflichtung der Mutter zu solchen schenkweisen Zahlungen nicht geben solle. Vor diesem Hintergrund liegt auf der Hand, dass für den Beklagten die Aufhebung des Erbvertrages eine entscheidende, mit seiner Bereitschaft zur Mitwirkung an dem Grundstücksüberlassungsaufhebungsvertrag eng zusammenhängende Bedeutung haben musste. Denn im Gegenzug zu seinem Verzicht auf die Rechte aus dem Grundstücksüberlassungsvertrag bekam er immerhin die Stellung als gesetzlicher Erbe. Insoweit muss auch bedacht werden, dass die Mutter der Parteien zum damaligen Zeitpunkt bereits schwer krank war und es andererseits nicht absehbar war, wie schnell der Verkauf des Grundstückes und die Erzielung eines Erlöses erreicht werden konnten und wann etwa dann tatsächlich mit schenkweisen Zahlungen der Mutter zu rechnen war. Vor diesem Hintergrund liegt hier ein einheitliches Rechtsgeschäft vor.

3.

Nicht in Zweifel gestellt werden kann, dass das fragliche einheitliche Rechtsgeschäft - die vertraglichen Vereinbarungen vom 13. Oktober 2003 - zerlegt werden kann, sodass angesichts der feststehenden Unwirksamkeit der Aufhebung des Erbvertrages noch ein selbstständig geltungsfähiger Teil verbleibt (vgl. zu diesem Kriterium MüKo zum BGB, a. a. O., § 139 Rn. 24). Liegt somit ein einheitliches Rechtsgeschäft vor und ist es im Grundsatz zerlegbar, so muss nun in einem dritten Schritt gefragt werden, ob das ganze Rechtsgeschäft nichtig ist. Das ist nach § 139 BGB dann der Fall, wenn nicht anzunehmen ist, dass die hier fraglichen Regelungen über die Aufhebung des Grundstücksüberlassungsvertrages ohne die nichtigen Regelungen über die Aufhebung des Erbvertrages vorgenommen worden sein würden. Zu fragen ist nach dem hypothetischen Parteiwillen. Es kommt also nicht darauf an, ob die Parteien das Rechtsgeschäft ohne den nichtigen Teil tatsächlich gewollt hätten, sondern darauf, ob eine objektive Bewertung ergibt, dass das Rechtsgeschäft auch ohne den nichtigen Teil vernünftigerweise vorgenommen worden wäre (BGH NJW 1986, 2577; MüKo zum BGB, a. a. O., § 139 Rn. 28; Palandt/Heinrichs, a. a. O., § 139 Rn. 14). Dann aber kann wegen der oben bereits skizzierten Situation des Beklagten im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht zweifelhaft sein, dass jedenfalls er die Aufhebung des Grundstücksüberlassungsvertrages und die daran hängenden Regelungen vernünftigerweise nicht auch ohne die Aufhebung des Erbvertrages vorgenommen hätte.

4.

Auf eine Nichtigkeit des Vertrages vom 13. Oktober 2003 nach § 139 BGB kann sich der Kläger hier aber nicht berufen. Eine solche Möglichkeit wäre nämlich unbillig, weil die Nichtigkeit der Aufhebung des Erbvertrages den Kläger gerade begünstigt, indem er nämlich die Position des Alleinerben behält. Auch ist es aus Sicht des Klägers so, dass für ihn die in der Urkunde vom 13. Oktober 2003 geregelte Aufhebung des Erbvertrages keineswegs unabdingbar verknüpft sein musste mit der Aufhebung des Grundstücksüberlassungsvertrages. Aus seiner Sicht ist es unproblematisch und nur vorteilhaft, den Erbvertrag - zu seinen Gunsten - bestehen zu lassen.

In der Tat ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass die Geltendmachung der Gesamtnichtigkeit eines einheitlichen aber teilbaren Geschäftes im Sinne des § 139 BGB unter dem Vorbehalt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) steht. Im Prozess kann ihr die Arglisteinrede entgegengesetzt werden. Eine treuwidrige Berufung auf die Gesamtnichtigkeit eines Vertrages wird insbesondere dann angenommen, wenn die nichtige Bestimmung bei der Durchführung des Vertrages bedeutungslos geblieben ist oder wenn sie allein die andere - am Vertrag festhaltende - Vertragspartei begünstigt (BGH NJW-RR 1997, 684, 686 und NJW 1983, 1587, 1589; MüKo zum BGB, a. a. O., § 139 Rn. 33; Palandt/Heinrichs, a. a. O., § 139 Rn. 16).

Hier liegt gerade der Fall vor, dass die abtrennbare nichtige Regelung - nämlich die Aufhebung des Erbvertrages - ausschließlich den Beklagten begünstigt, der trotz des Fortfalls dieser Regelung aber am Vertrag festhalten will. Dann aber verwehrt es der Einwand des Rechtsmissbrauchs dem Kläger, sich unter Berufung auf § 139 BGB seiner Vertragspflichten insgesamt zu entledigen, obwohl der Wegfall der Aufhebung des Erbvertrages nur den Gegner belastet und ihm lediglich günstig ist.

Die dagegen gerichtete Argumentation des Klägers aus dem Schriftsatz vom 21. Dezember 2005, der dem Senat keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gibt (§§ 296 a, 156 ZPO), greift nicht durch. Zu fragen ist nicht danach, ob ein etwaiger Klagerfolg unbillig wäre. Gefragt werden muss im Hinblick auf § 242 BGB allein danach, ob die Berufung des Klägers darauf, der Vertrag vom 13. Oktober 2003 sei wegen der Nichtigkeit der Erbvertragsaufhebung gemäß § 139 BGB insgesamt nichtig, grob unbillig ist. Das aber ist wie aufgezeigt der Fall.

5.

Das Landgericht hat im Ergebnis richtig entschieden, dass die Irrtumsanfechtung des Klägers betreffend den Vertrag vom 13. Oktober 2003 - die dieser allerdings bereits in dem vorprozessualen Anwaltsschreiben vom 28. Mai 2004 (Bl. 25 d.A.) erklärt hat - keinen Erfolg haben kann.

Es ist schon im Ausgangspunkt infrage zu stellen, ob die Auffassung, für einen Verkauf des Grundstückes durch die Mutter bedürfe es der Mitwirkung des Beklagten - wie dies der Beklagte aus seiner laienhaften Sicht, aber auch (streitig) der Notar N. geäußert haben soll -, falsch ist. Zu bedenken ist nämlich, dass es sich bei dem Grundstücksüberlassungsvertrag vom 4. März 1987 auch um einen Vertrag zu Gunsten Dritter im Sinne des § 328 BGB handelt. Dem Beklagten wird dort in § 2 Abs. 1 ein eigener Anspruch gegen den Kläger auf Zahlung von 30.000,00 DM mit der Bemerkung eingeräumt, dass die Überlasser diesen Anspruch nicht aufheben oder ändern könnten. War gemäß § 2 Abs. 2 des Vertrages ein Betrag von 15.000,00 DM bereits bezahlt, so ergibt sich aus Abs. 3, dass die Fälligkeit der restlichen 15.000,00 DM nach dem Tod des Überlassers und der Überlasserin erst eintreten sollte, nachdem der Notar den Antrag auf Eintragung des Eigentums des Übernehmers bei dem Grundbuchamt eingereicht haben würde. Jedenfalls diese Bestimmung würde durch einen vorzeitigen Verkauf des Grundstückes an einen Dritten zu Lebzeiten der Mutter unterlaufen. Der Anwalt des Klägers hat allerdings die Auffassung vertreten, eine Abänderung dieses Überlassungsvertrages und eine Veräußerung des Objekts hätte dennoch ohne zustimmende Mitwirkung des Beklagten stattfinden können, weil solches lediglich dazu geführt hätte, dass die Zahlungsverpflichtung zu seinen Gunsten mit der Veräußerung und der Erzielung des Verkaufserlöses vorzeitig fällig geworden wäre. Im Hinblick auf die genannte Fälligkeitsbestimmung kann diese Rechtsansicht allerdings zumindest in Zweifel gezogen werden. Dem Beklagten als rechtlichem Laien kann keinesfalls ein Vorwurf gemacht werden, dass er die Auffassung vertreten hat, seine Mitwirkung und Zustimmung sei notwendig.

Die Frage der Notwendigkeit einer Mitwirkung des Beklagten kann aber letztlich dahinstehen, weil jedenfalls ein zur Anfechtung berechtigender Irrtum im Sinne von § 119 Abs. 1 oder 2 BGB nicht vorliegt, sondern allenfalls ein bloßer Motivirrtum des Klägers, der unbeachtlich ist. Dass ein Erklärungs- und Inhaltsirrtum im Sinne des § 119 Abs. 1 BGB nicht vorlag, hat das Landgericht bereits zutreffend dargestellt. Darauf kann verwiesen werden.

Der etwaige Irrtum des Klägers kann sich nur auf die Beurteilung der Rechtslage im Vorfeld seiner Entscheidung bezogen haben, den Vertrag vom 13. Oktober 2003 abzuschließen. Er hat nämlich allenfalls die Rechtslage insoweit falsch eingeschätzt, als er der Auffassung war, ohne Mitwirkung des Beklagten die Veräußerung des Grundstückes durch die Mutter nicht wirksam vornehmen zu können. Dieser Auffassung war seinerzeit wohl auch der Beklagte. Der Kläger meint deshalb, es liege ein Fall des gemeinsamen Irrtums der Parteien über die subjektive Geschäftsgrundlage vor, der nach teilweise vertretener Auffassung unter § 119 Abs. 2 BGB fallen und zur Anfechtung berechtigen soll (so etwa MüKo zum BGB/Kramer, 4. Aufl. 2001, § 119 Rn. 35 ff.). Dann müsste die fragliche Vorstellung über die Mitwirkungsnotwendigkeit des Beklagten aber tatsächlich auch zur subjektiven Geschäftsgrundlage gehört haben. Das ist jedoch nicht der Fall. Zur Geschäftsgrundlage gehören nämlich nur solche Umstände, auf dessen Berücksichtigung sich die andere Partei redlicherweise hätte einlassen müssen. Dabei handelt es sich um ein sogenanntes normatives Element, das durch den Blick auf die Risikoverteilung des jeweiligen Vertrages konkretisiert werden muss. Umstände, die allein in der Risikosphäre einer Partei liegen, gehören nicht zur subjektiven Geschäftsgrundlage und führen - wenn sie nicht vorliegen - lediglich zu einem bloßen Motivirrtum. Es handelt sich mit anderen Worten dann nicht um einen Wegfall der Geschäftsgrundlage, wenn durch die Störung lediglich ein Risiko verwirklicht worden ist, das eine Partei allein zu tragen hat, wobei sich aus dem Vertrag und dem Vertragszweck sowie ggf. dem anzuwendenden dispositiven Recht ergibt, wie die Risikosphären der Parteien gegeneinander abzugrenzen sind (vgl. Medicus, Bürgerliches Recht, 18. Aufl. 1999, Rn. 165, 166; Palandt/Heinrichs, a. a. O., § 313 Rn. 15 f.).

Die Beurteilung der Frage, ob vor der beabsichtigten Veräußerung des Grundstückes der Grundstücksüberlassungsvertrag besser unter Mitwirkung des Beklagten und mit seiner Zustimmung aufgehoben und geändert werden sollte, fällt aber allein in die Risikosphäre des Klägers. Der Beklagte hat in seinem eigenen Interesse - immerhin begünstigte ihn der Grundstücksüberlassungsvertrag als Dritten - die Auffassung vertreten, seine Mitwirkung sei notwendig. Darauf hat sich der Kläger allerdings keinesfalls verlassen, sondern vielmehr die Rechtsmeinung eines Notars beigezogen und sich auf dieser Grundlage dann zu dem fraglichen Vorgehen entschieden ("Nur aufgrund dieser Rechtsauskunft hat mein Mandant dann den Vertrag vom 13.10.2003 geschlossen" - vorprozessualer Schriftsatz des Klägers vom 28. Mai 2004, Bl. 24 d.A.). Es war allein Sache des Klägers, sich im eigenen Interesse darüber schlüssig zu werden, ob er eine dreiseitige Aufhebung bzw. Änderung des Grundstücksüberlassungsvertrages vorziehen oder das Risiko eingehen wollte, das Grundstück möglicherweise unwirksam allein unter Mitwirkung seiner Mutter zu verkaufen. Wenn er hier die Rechtslage im Vorfeld des Vertrages vom 13. Oktober 2003 falsch eingeschätzt haben sollte, ist das kein Umstand, der zur Anfechtung des Vertrages berechtigen könnte. Es handelt sich lediglich um ein vorgelagertes Motiv zum Abschluss des Vertrages und damit um einen unbeachtlichen Motivirrtum.

6.

Angesichts der dargestellten Rechtslage kann dem Kläger ersichtlich die Berufung auf § 2287 BGB nicht helfen. Er kann sich nach Treu und Glauben nicht darauf berufen, dass auch die Bestimmungen hinsichtlich der Aufhebung des Grundstücksüberlassungsvertrages in dem Vertrag vom 13. Oktober 2003 unwirksam sind. Dort ist aber gerade mit Wissen und Wollen des Klägers geregelt, dass die Mutter berechtigt, wenngleich nicht verpflichtet sein sollte, aus dem Erlös beiden Söhnen Zahlungen in gleicher Höhe zukommen zu lassen. Dann kann der Kläger - wie vom Landgericht zutreffend ausgeführt - nicht andererseits geltend machen, die spätere gleichmäßige Verteilung des Erlöses durch die Mutter beeinträchtige ihn in seiner Stellung als Vertragserbe. Es liegt vielmehr eine in notarieller Form erklärte Einwilligung des Klägers mit einem entsprechenden Vorgehen der Mutter vor, die ihm den Schutz des § 2287 BGB nimmt (Palandt/Edenhofer, a. a. O., § 2287 Rn. 8).

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO bestehen nicht. Insbesondere liegen zur Frage, wann sich ein Vertragspartner nach § 242 BGB nicht auf die Gesamtnichtigkeit gemäß § 139 BGB berufen kann, bereits mehrere einschlägige Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vor, in deren Rahmen sich der Senat hält.

Ende der Entscheidung

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