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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 08.11.2005
Aktenzeichen: 3 U 90/04
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 281
ZPO § 580
ZPO § 584
ZPO § 586
BGB § 826
1. Keine teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs der Fristenbestimmung in § 586 Abs. 2 S. 2 ZPO für die Statthaftigkeit der Restitutionsklage wegen der Möglichkeit der Rechtskraftdurchbrechung mit Hilfe von § 826 BGB

2. Dem für eine Restitutionsklage zuständigen Oberlandesgericht fehlt die funktionelle Zuständigkeit für die Klage aus § 826 BGB. Die besondere Zuständigkeitsbestimmung des § 584 ZPO kann insoweit nicht angewandt werden. Auch eine Verweisung an das zuständige erstinstanzliche Gericht ist nicht möglich.


Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

3 U 90/04

verkündet am: 8. November 2005

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 18.10.2005 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Restitutionsklage und die hilfsweise auf § 826 BGB gestützte Klage werden als unzulässig verworfen.

Der Beklagte trägt die Kosten dieses Verfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Mit Urteil des Senats vom 25. August 1998 - 3 U 31/97 - wurde die Berufung des Beklagten gegen ein Urteil des LG Itzehoe, das ihn zur Zahlung von knapp 93.000,00 DM an die Klägerin verurteilt hat, im Wesentlichen zurückgewiesen. Dieses Urteil ist rechtskräftig geworden, nachdem der Beklagte seine bei dem Bundesgerichtshof eingelegte Revision mit einem dort am 17. März 1999 eingegangenen Schriftsatz zurückgenommen hatte.

Mit dem vorliegenden Verfahren versucht der Beklagte im Wege der Restitutionsklage die Aufhebung des rechtskräftigen Senatsurteils und Änderung des Urteils des Landgerichts Itzehoe zu erreichen. Er stützt sich dabei auf § 580 Nr. 4 ZPO. Hilfsweise begehrt er gestützt auf § 826 BGB die Unterlassung weiterer Zwangsvollstreckung und die Titelherausgabe. Die Restitutionsklage ist bei dem Oberlandesgericht am 16. November 2004 eingegangen.

Der Beklagte macht in seiner Begründung der Restitutionsklage zunächst geltend, er habe auf das genannte Urteil bislang 10.000,00 DM an die Klägerin gezahlt. Im Übrigen habe er mit einer Vollstreckungsabwehrklage erreichen können, dass die weitere Zwangsvollstreckung der Klägerin für unzulässig erklärt worden sei, solange der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Uelzen vom 13. November 2000, durch den die streitgegenständliche titulierte Forderung gepfändet worden sei, bestehe. Der Beklagte legt zwei Schreiben einer Frau C. vor, woraus sich ergibt, dass diese nunmehr aus angeblich abgetretenem Recht ihres Vaters von ihm Zahlung von 82.224,55 DM verlangt und sich ihrerseits mit einer Firma I. wegen der Frage der wirksamen Pfändung der Forderung auseinandersetzt.

Hintergrund der Restitutionsklage ist im übrigen ein zwischenzeitlich durchgeführtes Strafverfahren gegen den Inhaber der Klägerin, zu dem der Beklagte im Rahmen der Begründung seiner Restitutionsklage näher vorträgt. Die Strafakten 203 Js 795/00 StA Lüneburg hat der Senat beigezogen.

Das Strafverfahren wurde aufgrund einer Strafanzeige des Prozessbevollmächtigten des Beklagten vom 7. Dezember 1999 in Gang gesetzt. Darin warf der Beklagte dem Inhaber der Klägerin Betrug und Prozessbetrug zu seinen Lasten vor. Er habe ihm nämlich zur Zeit des Kaufvertragsabschlusses zugesichert, dass das fragliche Beregnungsaggregat generalüberholt gewesen sei, wobei es dem Beklagten - für den Inhaber der Klägerin erkennbar - auf eine besonders zuverlässige Beregnungsanlage angekommen sei. Die Staatsanwaltschaft Lüneburg erhob unter dem 29. August 2000 Anklage gegen den Inhaber der Klägerin (Bl. 126 ff. der Strafakten). Mit Beschluss des Amtsgerichts Uelzen vom 21. Februar 2001 (Bl. 161 ff. der Strafakten) wurde die Eröffnung des Hauptverfahrens zunächst abgelehnt. Auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gab das Landgericht Lüneburg mit Beschluss vom 25. April 2001 der sofortigen Beschwerde statt und eröffnete das Hauptverfahren vor dem Amtsgericht Uelzen (Bl. 191 ff. der Strafakten).

In der Hauptverhandlung vom 15. April 2002 (Bl. 249 der Strafakten) entfernte sich der Angeklagte unerlaubt vor Verlesung der Anklageschrift, nachdem sein Verteidiger nicht erschienen war. Ein darauf ergangener Haftbefehl wurde nicht ausgeführt. In der weiteren Hauptverhandlung vom 5. November 2002 erschien der Inhaber der Klägerin als dortiger Angeklagter mit einem Verteidiger, der erklären musste, ihm sei die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Steuerschulden entzogen worden. Daraufhin wurde die Hauptverhandlung zunächst ausgesetzt. In der Folge entfaltete sich ein längerer Streit um die Frage, ob der fragliche ehemalige Rechtsanwalt den Inhaber der Klägerin verteidigen dürfe. Nachdem diese Frage letztlich durch Beschluss des Landgerichts Lüneburg vom 3. April 2003 zum Nachteil des Inhabers der Klägerin entschieden worden war, teilte dieser einen Tag vor der erneut angesetzten Hauptverhandlung vom 3. Juni 2003 unter Vorlage eines allgemeinärztlichen Attestes mit, er sei akut erkrankt. Eine vom Amtsgericht angeforderte amtsärztliche Stellungnahme vom 25. Juni 2003 ergab, dass der von dem Allgemeinmediziner angeführte Bluthochdruck eine Verhandlungsunfähigkeit für den fraglichen 3. Juni 2003 nicht belegt habe (Bl. 424 ff. der Strafakten). Die Hauptverhandlung wurde dann schließlich am 25. September 2003 vor dem Amtsgericht Uelzen durchgeführt (Protokoll Bl. 444 der Strafakten). Mit Urteil vom gleichen Tag (Bl. 473 ff. der Strafakten) wurde der dortige Angeklagte wegen Betruges zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen verurteilt. Zur Begründung wurde gestützt auf verschiedene Zeugenaussagen ausgeführt, der Angeklagte habe dem hiesigen Beklagten zu dem verkauften Motor erklärt, es handele sich um ein hundertprozentig generalüberholtes Aggregat, einen zweiten Motor zur Sicherheit hinsichtlich der Beregnungsanlage benötige er nicht. Tatsächlich habe es sich allerdings um einen bereits 1960 gebauten Motor gehandelt, der ab 1989 auf dem Betriebsgelände des Angeklagten unter freiem Himmel gestanden habe und vor dem Verkauf 1991 nicht generalüberholt worden sei.

Gegen dieses Urteil legten sowohl der Angeklagte mit dem Ziel des Freispruchs als auch die Staatsanwaltschaft mit dem Ziel der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe Berufung ein. Die Berufungsverhandlung vor dem Landgericht Lüneburg fand am 9. September 2004 statt (Protokoll Bl. 88 ff. der Strafakten Bd. III). Dort wurde das Verfahren unter Zustimmung von Angeklagtem, Verteidiger und Staatsanwaltschaft gemäß § 153 a Abs. 2 StPO gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 300,00 € vorläufig eingestellt. Nach Erfüllung dieser Auflage stellte das Landgericht Lüneburg das Verfahren mit Beschluss vom 14. Oktober 2004 (Bl. 118 der Strafakten Bd. III) endgültig ein.

Der Beklagte und Restitutionskläger macht nunmehr geltend: Die Restitutionsklage sei statthaft. Die Fünf-Jahres-Frist des § 586 Abs. 2 S. 2 ZPO greife im vorliegenden Fall nicht. Das Datum der Rechtskraft der Entscheidung liege ungeachtet des Rechtskraftvermerks wohl erst später. Darüber hinaus müsse berücksichtigt werden, dass der Inhaber der Klägerin mutwillig und vorsätzlich das Strafverfahren immer weiter hinausgezögert habe. Deshalb müsse jedenfalls das Gesetz - § 586 Abs. 2 S. 2 ZPO - einschränkend und verfassungskonform angewandt werden. Ggf. müsse die Vereinbarkeit dieses Paragraphen mit dem Grundgesetz vom Bundesverfassungsgericht überprüft werden. Der Inhaber der Klägerin habe von Anfang an wegen der expliziten Ankündigung (nämlich des Beklagten im Strafverfahren) exakt mit einem Wiederaufnahmeverfahren rechnen müssen und das Strafverfahren bewusst und gesetzeswidrig verschleppt. Er verdiene deshalb nicht den Schutz des Gesetzes.

Im Übrigen lägen die Voraussetzungen für eine Restitutionsklage vor. Der Inhaber der Klägerin habe sich nämlich durch Betrug ein objektiv unrichtiges rechtskräftiges Urteil erschlichen. Da das Strafverfahren allerdings aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweisen nicht bis zu einem rechtskräftigen Urteil durchgeführt worden sei, seien hier die Voraussetzungen des § 581 Abs. 1 ZPO gegeben und müsste und könnte der Nachweis des strafbaren Verhaltens in diesem Restitutionsverfahren geführt werden. Der Beklagte habe seinerzeit dem Inhaber der Klägerin deutlich gemacht, dass er eine hundertprozentig sichere Frostschutzberegnungsanlage erwerben wolle. Deswegen habe er aus Sicherheitsgründen zwei voneinander getrennte Beregnungsanlagen erwerben wollen, um keinen Totalausfall zu erleiden, wenn eine Anlage ausfalle. Dies habe der Inhaber der Klägerin dem Beklagten aber ausgeredet und ihm das hier fragliche Aggregat mit dem Bemerken verkauft, es handele sich um ein hundertprozentig sicheres Aggregat, das kaum benutzt und darüber hinaus generalüberholt und insofern neuwertig sei. Diese Zusicherung sei aber falsch gewesen, weil es sich tatsächlich um einen sehr alten, seit längerem im Freien gelagerten und nicht generalüberholten Motor gehandelt habe, was der Inhaber der Klägerin gewusst habe. Zum Beweis stützt sich der Beklagte insbesondere auf verschiedene Zeugen und verweist auf deren eidesstattlichen Versicherungen bzw. Aussagen im Strafverfahren.

Der Beklagte ist der Ansicht, dass er sich hilfsweise jedenfalls auf § 826 BGB und die unter Heranziehung dieser Norm von der Rechtsprechung zur Durchbrechung der Rechtskraft entwickelten Grundsätze berufen könne.

Der Beklagte beantragt, im Wege des Versäumnisurteils wie folgt zu entscheiden:

1. Das rechtskräftige Urteil des Senats vom 25.8.1998 - 3 U 31/97 - aufzuheben;

2. auf die Berufung des Beklagten das Urteil des Landgerichts Itzehoe vom 3.2.1997 - 3 O 31/95 - abzuändern und die Klage der Klägerin abzuweisen;

3. die Klägerin zu verurteilen, an den Beklagten 5.112,92 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % vom 10.9.1999 bis Rechtshängigkeit und in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen;

hilfsweise im Rahmen einer Schadensersatzklage des Beklagten gegen die Klägerin nach § 826 BGB:

1. die Klägerin wird verurteilt, die Zwangsvollstreckung aus dem rechtskräftigen Urteil des Senats vom 25.8.1998 zu dem Az.: 3 U 31/97 = 3 O 31/95 LG Itzehoe zu unterlassen und den Titel an den Beklagten herauszugeben;

2. die Klägerin wird verurteilt, die Löschung der beiden zu eigenen Gunsten in dem Grundbuch des Amtsgerichts Elmshorn zum Geschäftszeichen Neuendeich Blatt 0063-113- eingetragenen Sicherungshypotheken über insgesamt 92.924,55 DM zu bewilligen und zu beantragen;

3. es wird festgestellt, dass die Klägerin verpflichtet ist, dem Beklagten sämtliche sonstigen materiellen Schäden zu ersetzen, die auf der Zwangsvollstreckung der Klägerin bzw. deren Rechtsnachfolgern aus dem rechtskräftigen Senatsurteil vom 25.8.1998 zu dem AZ.: 3 U 31/97 = 3 O 31/95 LG Itzehoe beruhen;

ganz hilfsweise,

den Rechtsstreit an das Landgericht Itzehoe zu verweisen.

Die Klägerin ist in der mündlichen Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen. Sie hat zuvor schriftsätzlich geltend gemacht:

Die Restitutionsklage sei verfristet, weil die Ausschlussfrist des § 586 Abs. 2 S. 2 ZPO nicht gewahrt sei. Auch die Monatsfrist des § 586 Abs. 1 ZPO sei nicht gewahrt.

Eine Durchbrechung der Rechtskraft komme auch nicht nach § 826 BGB in Betracht. Es sei der etwa von Baumbach/Hartmann (ZPO, § 586 Rn. 8) vertretenen Meinung zu folgen, dass nämlich nach Ablauf von fünf Jahren jede Anfechtung unstatthaft sei, auch eine auf § 826 BGB gestützte. Selbst wenn man dies anders sehen wolle, sei die hilfsweise auf § 826 BGB gestützte Klage jedenfalls keinesfalls im vorliegenden Verfahren vor dem Oberlandesgericht zulässig. Es fehle an der funktionellen Zuständigkeit des Oberlandesgerichts. Im Rahmen der Klage aus § 826 BGB müsste vor dem Gericht erster Instanz neu geklagt werden. Da es an der funktionellen Zuständigkeit fehle, komme auch nicht die hilfsweise von dem Beklagten beantragte Verweisung der Sache an das Landgericht nach § 281 ZPO in Betracht.

Im Übrigen habe sie - die Klägerin bzw. ihr Inhaber - niemanden hinters Licht geführt. Ihr Inhaber habe auch keine Zusicherung im Hinblick auf eine Generalüberholung etc. gegeben, sondern vielmehr lediglich einen werkstattüberprüften gebrauchten, aber sicheren Motor zu einem angemessenen Preis verkauft.

II.

Die Restitutionsklage ist verfristet und deshalb nicht zulässig, weshalb sie durch unechtes Versäumnisurteil (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 25. A. 2005, § 331 Rn. 15) zu verwerfen war (§ 589 I 2 ZPO). Für die hilfsweise erhobene Klage aus § 826 BGB fehlt die funktionelle Zuständigkeit des Oberlandesgerichts, weshalb auch diese Klage zu verwerfen war. Eine Verweisung kommt insoweit nicht in Betracht.

1.

Die Restitutionsklage unterliegt einer doppelten Frist. Gemäß § 586 Abs. 1 ZPO ist die Klage zunächst vor Ablauf der Notfrist von einem Monat zu erheben. Diese Frist ist hier noch gewahrt.

Die Frist beginnt nach § 586 Abs. 2 S. 1 ZPO mit dem Tag, an dem die Partei von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erhalten hat, jedoch nicht vor eingetretener Rechtskraft des Urteils. Im vorliegenden Fall geht es um eine Restitutionsklage nach § 580 Ziff. 4 ZPO. Danach findet die Restitutionsklage statt, wenn das Urteil von dem Gegner durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt worden ist. Diese Klage wiederum findet nach § 581 Abs. 1 ZPO aber nur statt, wenn wegen der Straftat eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist oder wenn die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweis nicht erfolgen kann. Geht es um die Kenntnis von dem Restitutionsgrund als maßgeblichem Fristbeginn für die genannte Monatsfrist, dann muss also in dem Falle der §§ 580 Nr. 4, 581 Abs. 1 ZPO in erster Linie nach der Rechtskraft der Verurteilung wegen der Straftat gefragt werden. Im vorliegenden Fall ist es zu einem rechtskräftigen Strafurteil aber deshalb nicht gekommen, weil das Verfahren in der mündlichen Berufungsverhandlung vor dem Landgericht Lüneburg vorläufig unter einer Auflage nach § 153 a Abs. 2 StPO eingestellt worden ist. Die endgültige Einstellung ist dann jedoch erst nach Erfüllung der Auflage durch den Beschluss des Landgerichts Lüneburg vom 14. Oktober 2004 (Bl. 118 der Strafakten) erfolgt.

Erst mit dieser Entscheidung stand fest, dass es zu einer strafrechtlichen Verurteilung des Inhabers der Klägerin aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweisen nicht kommen würde und mithin der Fall des § 581 Abs. 1, 2. Alt. ZPO vorlag (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 581 Rn. 8).

Wird die Einstellung unter Auflage nach § 153 a StPO ausgesprochen, ist die Restitutionsklage erst zulässig, wenn die Auflage erfüllt worden ist (Musielak, ZPO, 4. Aufl. 2005, § 581 Rn. 4). Es ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich, dass der Beklagte vor der endgültigen Einstellung des Strafverfahrens durch Beschluss vom 14. Oktober 2004 Kenntnis von der Zahlung der 300,00 € durch den Inhaber der Klägerin und damit der Erfüllung der Auflage gehabt hat. Der Inhaber der Klägerin hat die Zahlung der 300,00 € mit Anwaltsschriftsatz vom 21. September 2004 dem Landgericht mitgeteilt (Bl. 110 der Strafakte Bd. III). Auf der Rückseite dieses Schreibens ist gerade nicht verfügt worden, dass der dort erwähnte Anwalt des Beklagten eine Ablichtung auch dieses Schreibens erhalten sollte. Der Anwalt des Beklagten hat dann unter dem 28. September 2004 (Bl. 112 der Strafakte) angefragt, ob der Inhaber der Klägerin den Geldbetrag an die Landeskasse gezahlt habe. Daraufhin ist zunächst keine Antwort verfügt worden. Der Anwalt des Beklagten hat unter dem 12. Oktober 2004 (Bl. 115 der Strafakte) erneut nachgefragt und wiederum keine unmittelbare Antwort erhalten. Vor dem 14. Oktober 2004 ist eine Benachrichtigung des Beklagten deshalb nicht ersichtlich.

Der Beklagte trägt selbst vor, er sei dann am 14. Oktober 2004 telefonisch von der Geschäftsstelle der Strafkammer über die endgültige Einstellung und die Zahlung des Inhabers der Klägerin informiert worden. Dies habe er seinem Anwalt am 15. Oktober 2004 mitgeteilt. Dann aber lief die fragliche Monatsfrist des § 586 Abs. 1 ZPO am Montag, dem 15. November 2004, ab. Die Restitutionsklage ist hier per Fax an diesem Tag wenige Minuten vor Mitternacht eingegangen. Das Fax ist - wie auf allen Seiten oben und unten jeweils erkennbar - tatsächlich insgesamt noch am 15. November 2004 bei dem Oberlandesgericht vollständig empfangen worden.

2.

Die weitere Frist des § 586 Abs. 2 S. ZPO ist dagegen nicht gewahrt. Nach dieser Norm ist die Restitutionsklage nach Ablauf von fünf Jahren, von dem Tag der Rechtskraft des Urteils an gerechnet, unstatthaft.

Das vom Senat weitgehend bestätigte Urteil des Landgerichts Itzehoe vom 3. Februar 1997 ist mit der Rücknahme der Revision durch den Beklagten (Faxeingang beim Bundesgerichtshof am 17. März 1999) mit diesem Tag - also dem 17. März 1999 - formell rechtskräftig geworden (vgl. dazu Thomas/Putzo, ZPO, 26. Aufl. 2004, § 705 Rn. 8 f.). Die Restitutionsklage ist mehr als 5 1/2 Jahre später bei dem Oberlandesgericht eingegangen, sodass die Frist des § 586 Abs. 2 S. 2 ZPO nicht gewahrt ist.

Allerdings ist die fünfjährige Ausschlussfrist des § 586 Abs. 2 S. 2 oft als zu kurz kritisiert worden. Nicht selten liegt gerade der hier fragliche Fall vor, dass sich ein Strafverfahren aus Gründen, die der Betroffene nicht in der Hand hat und auch nicht steuern kann, erheblich herauszögert und eine als Restitutionsgrund maßgebliche strafrechtliche Verurteilung erst nach Ablauf dieser Ausschlussfrist von fünf Jahren erreicht wird. Vorschlägen in Richtung auf eine Verlängerung dieser Frist - bereits ursprünglich war von den Gesetzesverfassern eine Zehnjahresfrist vorgesehen worden - ist der Gesetzgeber aber in der Folgezeit (vgl. dazu MüKo zur ZPO/Braun, 2. Aufl. 2000, § 586 Rn. 2 m. w. N.) und auch mit der jüngsten Reform von 2002 nicht gefolgt.

Vor diesem Hintergrund gibt es in Rechtsprechung und Literatur verschiedene Ansätze, gerade in einem Fall wie dem vorliegenden die Härte der Ausschlussfrist zu korrigieren. Grunsky ist etwa der Ansicht, im Hinblick auf ein sich hinstreckendes Strafverfahren müsse es trotz des entgegenstehenden Wortlautes von § 581 Abs. 1 ZPO zulässig sein, eine Restitutionsklage unter Wahrung der Fünfjahresfrist aus § 586 Abs. 2 S. 2 ZPO schon dann anhängig zu machen, wenn ein Strafurteil zwar schon ergangen, dieses aber noch nicht rechtskräftig sei. In entsprechender Anwendung von § 149 ZPO müsse dann das Verfahren bis zum Abschluss des Strafverfahrens ausgesetzt werden. Auf diese Weise könne der Verlust der Wiederaufnahmemöglichkeit wegen des drohenden Ablaufs der Fünfjahresfrist umgangen werden (Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl. 1994, § 581 Rn. 2 und § 586 Rn. 10). Diesen - in der Rechtsprechung bislang ohnehin nicht anerkannten - Weg ist der Beklagte nach dem Strafurteil des Amtsgerichts Uelzen nicht gegangen, das noch deutlich vor Ablauf der Fünfjahresfrist vorlag.

Mit durchaus beachtlichen Argumenten wird von zwei Stimmen der Rechtswissenschaft vorgeschlagen, § 586 Abs. 2 S. 2 ZPO teleologisch eingeschränkt auszulegen und jedenfalls dann nicht anzuwenden, wenn aus dem Urteil - wie hier - noch vollstreckt werden kann und der Wiederaufnahmegrund erst nach Ablauf von fünf Jahren entstanden ist. Hingewiesen wird darauf, dass ohnehin die Angemessenheit der Ausschlussfrist des § 586 Abs. 2 S. 2 ZPO bereits im Gesetzgebungsverfahren kritisiert worden sei. Wo es nur um die Verteidigung dagegen gehe, dass sich der Gegner aufgrund eines materiell falschen Titels staatlicher Hilfe bediene - also im Fall der Vollstreckung aus dem Urteil auch nach Ablauf der Fünfjahresfrist -, könne die Norm nach Sinn und Zweck nicht eingreifen und finde im Wege der teleologischen Reduktion keine Anwendung (MüKo zur ZPO/Braun, a. a. O, § 586 Rn. 4; Smid WuB VII A § 586 ZPO 1.93 - Anmerkung zum Urteil des OLG Düsseldorf, WM 1992, 1397).

Der mit dieser Begründung vorgeschlagenen teleologischen Reduktion, die von anderen Autoren deutlich abgelehnt wird (Musielak, a. a. O., § 586 Rn. 7; Baumbach/Hartmann, ZPO, 61. Aufl. 2003, § 586 Rn. 8), vermag der Senat deshalb nicht zu folgen, weil der Bundesgerichtshof gerade auch für diesen Fall ausdrücklich einen anderen Weg verfolgt, nämlich den der richterrechtlichen Rechtskraftdurchbrechung mit Hilfe von § 826 BGB (BGHZ 50, 115, 120 f.).

Ist die Möglichkeit der Klage aus § 826 BGB im Grundsatz eröffnet, liegt aber auch auf der Hand, dass die Überlegungen des Beklagten, die verfassungsrechtliche Haltbarkeit der Ausschlussfrist infrage zu stellen oder jedenfalls hier eine Durchbrechung der Fünfjahresfrist aus Gründen der Einzelfallgerechtigkeit stattfinden zu lassen, nicht durchgreifen können. Einzelfallabwägungen unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben können nicht zu einer Ausdehnung von Fristen des Gesetzgebers durch die Rechtsprechung führen (OLG Düsseldorf, a. a. O.; zustimmend Smid, a. a. O.). Betrachtet man im vorliegenden Fall den Ablauf des Strafverfahrens, so wird deutlich, dass der Inhaber der Klägerin dort seine Rechte recht extensiv genutzt hat und seinerseits sicherlich einiges dazu beigetragen hat, dass sich dieses Verfahren in die Länge gezogen hat. Ob dies allerdings gezielt nur mit dem Ziel der Verfristung einer drohenden Restitutionsklage erfolgte, lässt sich nicht feststellen. Die Ausschöpfung der Verteidigungsrechte im Strafverfahrens allein kann ohnehin nicht dazu führen, hier im Einzelfall die Ausschlussfrist des § 586 Abs. 2 S. 2 ZPO zu durchbrechen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Frist bestehen im übrigen jedenfalls deshalb nicht, weil - wie dies tatsächlich seit langem anerkannt ist - gerade auch in Fällen des Fristablaufs nach § 586 Abs. 2 S. 2 ZPO eine Korrektur durch den Anspruch aus § 826 BGB stattfinden kann.

3.

In dem laufenden Verfahren vor dem Senat ist aber auch die hilfsweise erhobene Klage nach § 826 BGB unzulässig.

Zwar hat der Bundesgerichtshof in der grundlegenden Entscheidung BGHZ 50, 115, 120 f., entschieden, dass für die Schadensersatzklage aus § 826 BGB die Frist aus § 586 Abs. 2 S. 2 ZPO nicht gilt (vgl. auch Zöller/Greger, a. a. O., § 586 Rn. 26). Er hat die Notwendigkeit der Durchbrechung der Rechtskraft mit Hilfe von § 826 BGB gerade auch unter dem Gesichtspunkt begründet, dass die Frist aus § 586 Abs. 2 S. 2 ZPO ohne jedes Verschulden des Betroffenen verstreichen kann, weil die maßgebliche Straftat zu spät entdeckt wird und er es ohnehin nicht in der Hand hat, das rechtzeitig in Gang gesetzte Strafverfahren vor Fristablauf zum rechtskräftigen Abschluss zu bringen. Soweit sich die Literatur zu der richterrechtlichen Ausdehnung von § 826 BGB kritisch äußert, wird auch dort teilweise ausdrücklich anerkannt, dass gerade für den vorliegenden Fall des sogenannten verjährten Restitutionsgrundes - § 586 Abs. 2 S. 2 ZPO - eine Ausnahme gemacht und die Klage aus § 826 BGB zugelassen werden müsse (so insbesondere Zeiss, Zivilprozessrecht, 9. Aufl. 1997, Rn. 617; vgl. auch Musielak, a. a. O., § 322 Rn. 94).

Ist die Klage aus § 826 BGB zur Durchbrechung der Rechtskraft hier also im Grundsatz denkbar, so fehlt es es aber doch an der funktionellen Zuständigkeit des Senats. Der Senat wäre für die Restitutionsklage aufgrund der besonderen Regelung in § 584 Abs. 1, 2. Hs. ZPO zuständig. Der Vorstellung des Beklagten, im Falle der Unzulässigkeit der Restitutionsklage sei das Oberlandesgericht dann aber quasi auch als Annex zu dieser Norm - nämlich zu § 584 Abs. 1 ZPO - auch für die Klage aus § 826 BGB zuständig, kann nicht gefolgt werden. § 584 ZPO ist eine Sonderregelung der ausschließlichen sachlichen und örtlichen Zuständigkeit für Restitutionsklagen und als Sonderregelung eng auszulegen. Allein für den besonderen Fall, dass ein Berufungsgericht in der Sache entschieden hat, soll auch für die Wiederaufnahmeklage nur das Berufungsgericht zuständig sein und etwaige Mängel des erstinstanzlichen Urteils dann in einem erneuten Berufungsverfahren beheben (Zöller/Greger, a. a. O., § 584 Rn. 2). Demgegenüber handelt es sich bei der auf § 826 BGB gestützten Klage, durch die gegen die Erschleichung oder sittenwidrige Ausnutzung eines Urteils vorgegangen wird, um ein neues Verfahren mit einem anderen Streitgegenstand als im Vorprozess (Musielak, a. a. O., § 322 Rn. 93). In dem Verfahren nach § 826 BGB geht es nämlich darum, ob aufgrund eines materiell unrichtigen Titels ein Schaden entstanden ist und deshalb Unterlassung der Zwangsvollstreckung, Herausgabe des Titels und - soweit schon vollstreckt worden ist - Schadensersatz in Geld verlangt werden kann. Die Restitutionsklage zielt dagegen auf die neue Verhandlung der alten Hauptsache mit dem gleichen Streitgegenstand, soweit sie von dem Anfechtungsgrund betroffen ist (§ 590 Abs. 1 ZPO).

Deshalb ist es nicht möglich, die Schadensersatzklage aus § 826 BGB als Annex einer, aus welchen Gründen auch immer, unzulässigen Restitutionsklage zu sehen und sie der besonderen Zuständigkeitsbestimmung des § 584 ZPO zu unterwerfen. Gilt § 584 ZPO aber nicht, dann besteht ersichtlich keine funktionelle Zuständigkeit des Oberlandesgerichts. Die Klägerin macht zu Recht geltend, dass ihr auf diese Weise nicht eine Instanz genommen werden kann. Auf die weitere Frage, ob einer erneuten Klage aus § 826 BGB die Rechtskraft des Urteils des 7. Zivilsenats vom 20. September 2001 - 7 U 205/00 OLG Schleswig = 3 O 67/00 LG Itzehoe - entgegensteht, kommt es für die vorliegende Entscheidung nicht mehr an.

Der Beklagte hat auch mit seinem weiter hilfsweise gestellten Antrag auf Verweisung der Sache an das Landgericht Itzehoe keinen Erfolg. Allerdings hat das angegangene Gericht auf Antrag durch Beschluss zu verweisen, wenn es aufgrund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit nicht zuständig ist (§ 281 Abs. 1 ZPO). Hier fehlt es aber nicht an der örtlichen oder sachlichen Zuständigkeit, vielmehr ist die funktionelle Zuständigkeit nicht gegeben. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass eine Verweisung trotz entsprechenden Antrages an das zuständige Gericht nicht in Betracht kommt, wenn ein Rechtsmittel bei einem funktionell unzuständigen Gericht eingelegt wird. In diesen Fällen soll sowohl die unmittelbare als auch die entsprechende Anwendung von § 281 ZPO ausscheiden und ist das Rechtsmittel vielmehr als unzulässig zu verwerfen (BGH VersR 1996, 1390 f.; Zöller/Greger, § 281 Rn. 4). Dieser Rechtsprechung folgt der Senat auch für die vorliegende Fallkonstellation.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.

Ende der Entscheidung

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