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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 20.02.2003
Aktenzeichen: 5 U 160/01
Rechtsgebiete: AktG, BGB


Vorschriften:

AktG § 9 I
AktG § 183
AktG § 189
BGB § 122
BGB §§ 320 ff.
BGB § 325
BGB § 326
BGB § 812 I
BGB § 818
1. Die dem Schutz der realen Kapitalaufbringung dienenden Vorschriften des Aktienrechts stehen einer Anwendung der §§ 320 ff BGB auf einen Vertrag über die Einbringung von GmbH-Geschäftsanteilen als Sacheinlage in eine AG gegen Ausgabe neuer Aktien insoweit entgegen, wie hierdurch die AG zur Durchführung der hiermit einhergehenden Kapitalerhöhung gezwungen würde.

2. Kommt es nicht zur beabsichtigten Kapitalerhöhung, ist der einbringende Teil bereits nach Vertragsrecht berechtigt, einen Ausgleich für die in Erwartung der Kapitalerhöhung erbrachten Leistungen zu verlangen. Hierbei kann er die erbrachten Leistungen vom Empfänger zurückzufordern oder sie dort belassen und Wertersatz verlangen.

3. Verbleiben die erbrachten Leistungen beim Empfänger, so bemisst sich der von diesem zu leistende Wertersatz nicht nach dem objektiven Wert, sondern nach dem zwischen den Vertragsparteien vereinbarten Umtauschverhältnis.


Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

5 U 160/01

Verkündet am: 20. Februar 2003

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 30. Januar 2003 durch den Richter am Oberlandesgericht Fechner als Vorsitzenden, den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Chlosta und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Probst für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten zu 1) wird zurückgewiesen.

Auf die Anschlussberufung des Klägers bleibt das am 26. September 2001 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Flensburg (6 O 110/00) mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass die Beklagte zu 1) verurteilt wird, an den Kläger 511.305,38 € (1.000.026,40 DM) nebst 5 % Zinsen p. a. über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 16. Oktober 2000 zu zahlen.

Die Beklagte zu 1) hat die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) zu tragen. Diese fallen dem Kläger zur Last.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Jedoch kann die Beklagte zu 1) die Vollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten zu 1) und dem Beklagten zu 2) die Rückzahlung erbrachter Bareinlagen und Schadensersatz wegen behaupteten Verstoßes gegen vertragliche Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Einbringung der von ihm gehaltenen Geschäftsanteile an der Firma GW Gasrohrbau und Wassertechnik GmbH in die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1).

Der Kläger war neben dem Beklagten zu 2) sowie dessen von ihm als Alleingesellschafter gehaltenen Firma H. Holding GmbH und weiteren Personen bis November 1998 Gesellschafter der "GW Gasrohrbau und Wassertechnik GmbH" (nachfolgend GW), welche seit Juni 1999 als "GW Holding GmbH" firmierte. Infolge des im Februar 1997 erfolgten Verkaufs der Anteile des bisherigen Mehrheitsgesellschafters M. der GW an den Beklagten zu 2) und Übernahme von Teilen der Geschäftsanteile des Klägers und weiterer Gesellschafter durch diesen kam es zu einer von dem Beklagten zu 2) als nunmehrigen Alleingeschäftsführer der GW durchgeführten Umgruppierung, in deren Folge die GW selbst nur noch Holding-Funktionen wahrnahm, während der tatsächliche Geschäftsbetrieb in mit der Holding durch Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträge verbundenen Tochtergesellschaften in F., Z., Go. und Gü.stattfand.

Nach Umwandlung der H. Holding GmbH in die M.H. Holding AG (nachfolgend AG), der Rechtsvorgängerin der früheren Beklagten zu 1), strebte es der Beklagte zu 2) an, sämtliche Beteiligungen der AG - neben der Beteiligung an der GW u. a. Beteiligungen an der Firma H.M. GmbH & Co. KG, der H.M. GmbH, der Firma MG L. GmbH sowie D. AG - in die AG selbst einzubringen und die bisherigen Gesellschafter der betreffenden Firmen als Aktionäre in die AG aufzunehmen. In Vorbereitung dieser Einbringung, die eine Kapitalerhöhung bei der AG mit sich brachte, wurde seitens des Beklagten zu 2) als seinerzeit alleinigem Vorstand der AG bei der seit Jahren für die Gesellschaft tätigen Wirtschaftsprüferin G. eine gutachterliche Stellungnahme zum Umtausch- und Barzahlungskurs der Aktien der AG in Auftrag gegeben. Dieser gutachterlichen Stellungnahme vom 13. November 1998 (K 3, Bl. 23 ff. d. A.) zufolge ergab sich für die vom Kläger gehaltenen Geschäftsanteile in Höhe eines Nennbetrages von insgesamt 345.100 DM ein Umrechnungskurs von 241,1 % und für den Wert der Namensaktien der AG - unter Einbeziehung der Vermögenswerte der gehaltenen Beteiligungen, darunter auch an der GW - ein aktueller Wert von 116,27 DM je Aktie. Zur Durchführung der beabsichtigten Einbringung seiner Geschäftsanteile in die AG erteilte der Kläger, wie auch die übrigen Gesellschafter der GaWa, dem Beklagten zu 1) unter dem 16. November 1998 eine unwiderrufliche Vollmacht (K 5, Bl. 37 f. d. A.), in der es u. a. wie folgt heißt:

"1. Ich, der unterzeichnete K., bin an der GW Gasrohrbau und Wassertechnik GmbH, Flensburg, mit Geschäftsanteilen von insgesamt DM 345.100,00 beteiligt. Diese Geschäftsanteile sollen als Sacheinlage in die M. H. Hahn Holding Aktiengesellschaft gegen Gewährung von 7.156 Namensaktien ohne Nennwert (Stückaktien) mit einem Kapitalerhöhungsbetrag von DM 35.780,00 und Einstellung in die Kapitalrücklage dieser Gesellschaft in Höhe von DM 796.248,12 eingebracht werden.

2. Zugleich soll ich in die M. H. Holding AG eine Bareinzahlung von DM 167.998,32 leisten. Als Gegenwert hierfür erhalte ich 1.084 Namensaktien ohne Nennwert (Stückaktien). Ein Betrag von DM 162.578,32 soll in die Kapitalrücklage dieser Gesellschaft eingestellt werden.

3. Die M. H. Holding Aktiengesellschaft soll eine außerordentliche Hauptversammlung abhalten, auf der über die Zustimmung zum Abschluß von Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen zwischen der

D. AG Informationssysteme, G.W. Gasrohrbau und Wassertechnik GmbH, M. Transportbänder GmbH, MH L.GmbH, E. C. GmbH Forschung und Entwicklung,

als beherrschte Gesellschaften und der M.H. Holding Aktiengesellschaft als herrschende Gesellschaft beschlossen werden soll.

II.

Dies vorausgeschickt bevollmächtige ich

Herrn H.

unwiderruflich zu folgendem:

1. Herr H. darf auf einer Hauptversammlung der M. H. Holding Aktiengesellschaft mich betreffend dem folgenden Beschluß zustimmen:

"Herr K. erhält 7.156 Namensaktien ohne Nennwert (Stückaktien).

Als Gegenleistung bringt als Sacheinlage Geschäftsanteile im Nennbetrag von insgesamt DM 345.100,00 an der GW Gasrohrbau und Wassertechnik GmbH, Flensburg, HR B 931, mit einem Wert von DM 832.028,12 ein. Von dem Einbringungswert werden DM 35.780,00 zur Kapitalerhöhung verwendet; DM 796.248,12 sind in die Kapitalrücklage einzustellen.

Herr K. zahlt ferner DM 167.998,32 als Bareinlage in die Gesellschaft ein. Von der Bareinlage werden DM 5.420,00 zur Kapitalerhöhung verwendet; DM 162.578,32 sind in die Kapitalrücklage einzustellen. Er erhält als Gegenwert 1.084 Namensaktien ohne Nennwert (Stückaktien).

2. Herr H. ist berechtigt 7.156 Namensaktien ohne Nennwert (Stückaktien) zu zeichnen und für mich die Zustimmung zur Einstellung von DM 796.248,12 in die Kapitalrücklage der Gesellschaft zu erklären und als Gegenleistung meine Geschäftsanteile an der GW Gasrohrbau und Wassertechnik GmbH auf die Marco Hahn Holding GmbH zu übertragen. Er ist berechtigt, sämtliche Erklärungen abzugeben, die erforderlich sind, um die Abtretung der Geschäftsanteile auf die Marco Hahn Aktiengesellschaft sicherzustellen.

3. Herr H. ist berechtigt für mich als Bareinlage in die M.H. Holding Aktiengesellschaft 1.084 Namensaktien ohne Nennwert (Stückaktien) zu zeichnen und mich als Gegenleistung hierfür zur sofortigen Zahlung von DM 167.998,32 an die Gesellschaft zu verpflichten.

4. Herr H. ist unwiderruflich berechtigt, dem auf der außerordentlichen Hauptversammlung der M.H. Holding Aktiengesellschaft zu beschließenden Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag gem. Ziff. I. 3. für mich als Aktionär der herrschenden Gesellschaft zuzustimmen.

5. Herr H. ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit."

Den über die von ihm gehaltenen Geschäftsanteile an der GW hinaus geschuldeten Betrag von 167.998,32 DM überwies der Kläger der Beklagten zu 1) am 27. November/1. Dezember 1998. Am 18. November 1998 wurde zu UR-Nr. 685/98 des Notars B. der Verkauf der Geschäftsanteile des Klägers und weiterer Gesellschafter der Firma GW an die AG als Sacheinlage gegen Gewährung von Stückaktien beurkundet (K 7, Bl. 43 ff. d. A.). Im fraglichen Vertrag heißt es u. a.:

"II.

Dies vorausgeschickt, schließt der Erschienene für die von ihm vertretene M.H. Holding Aktiengesellschaft einerseits mit sich bzw. den von ihm zu 1.-4. Vertretenen andererseits die nachstehenden

GmbH-Anteilsübertragungsverträge

1.

a) Herr K. verkauft und überträgt hiermit seine unter I. genannten Geschäftsanteile an bzw. auf die dies annehmende M.H. Holding Aktiengesellschaft.

b) Herr Ko. verkauft und überträgt hiermit seinen unter I. genannten Geschäftsanteil an bzw. auf die dies annehmende M.H. Holding Aktiengesellschaft.

c) Herr T.verkauft und überträgt hiermit seinen unter I. genannten Geschäftsanteil an bzw. auf die dies annehmende M.H. Holding Aktiengesellschaft.

d) Herr L. verkauft und überträgt hiermit seinen unter I. genannten Geschäftsanteil an bzw. auf die dies annehmende M.H. Holding Aktiengesellschaft.

2. Die Übertragungen zu Ziff. 1. erfolgen mit Wirkung vom heutigen Tage mit allen Rechten und Pflichten einschließlich des Gewinnbezugsrechtes.

3. Die Übertragungen zu Ziff. 1. a)-d) erfolgen in Erfüllung der Verpflichtung aus den Zeichnungsscheinen vom heutigen Tage und dienen als Sacheinlagen der M.H. Holding Aktiengesellschaft.

4. Als Gegenleistung für die abgetretenen Geschäftsanteile erhalten die diese annehmenden Veräußerer jeweils die folgenden Namensaktien ohne Nennwert (Stückaktien) der Gesellschaft und zwar:

a) K. 7.156 Stückaktien

b) Ko. 414 Stückaktien

c) T. 1.038 Stückaktien

d) L. 518 Stückaktien"

Ebenfalls am 18. November 1998 beschloss die AG zu UR-Nr. 644/98 des Notars B. (K 8, Bl. 48 ff. d. A.) die entsprechende Kapitalerhöhung. Kapitalerhöhung und Satzungsänderung der AG wurden zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet. Mit Zwischenverfügung vom 11. November 1999 (K 9, Bl. 62 d. A.) forderte das Registergericht weitere Unterlagen und Nachweise, die nicht erbracht wurden. Mit Beschluss vom 6. Oktober 1999 wies das Registergericht daher die Eintragungsanträge zurück. Ebenfalls am 18. November 1998 waren zwar noch zwischen der AG und der Firmen GW, M. Transportbänder, E. C., MG L. und D. AG Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge abgeschlossen worden. Gleichwohl veräußerte die GW am 11. und 12. Oktober 1999 ihre Geschäftsanteile an den abgespaltenen Tochtergesellschaften an Dritte auf der Grundlage von Bewertungen und Bilanzen der Wirtschaftsprüferin G. vom 31. Dezember 1997 und vom 13. November 1998 unter gleichzeitiger Aufkündung der zur GW bestehenden Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträge.

Zwischen den Parteien besteht Streit darüber, aus welchen Gründen die vollständige Durchführung des Geschäftsanteilseinbringungs-/Aktienerteilungskonzepts im Hinblick auf die klägerischen Geschäftsanteile gescheitert ist und welche Konsequenzen aus diesem Scheitern zu ziehen sind.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagten seien zunächst verpflichtet, die erbrachte Bareinlage in Höhe von 167.998,32 DM zurückzuzahlen und - nachdem er bisher keine Aktien erhalten habe - die übertragenen Geschäftsanteile in Geld zu vergüten. Der Kläger hat insoweit behauptet, dass der Beklagte zu 2) ihm und den anderen Gesellschaftern seine Konzernidee in glühenden Farben geschildert und ihn besonders im Hinblick auf die zukunftsträchtige Entwicklung der D. AG zum Umtausch seiner GW-Geschäftsanteile in Aktien seiner Holding bewogen habe. So sei vom Beklagten zu 2) in Aussicht gestellt worden, dass die D. AG Ende 1999/Anfang 2000 gewinnträchtig an die Börse geführt werden solle. Der Beklagte zu 2) habe jedoch weder dies getan, noch sich an andere Absprachen gehalten und ihm insbesondere bis heute auch nicht eine Aktionärsstellung verschafft. Hierzu sei der Beklagte zu 2) aber - jedenfalls in der Form der für ihn, den Kläger, eine Grundvoraussetzung seines Engagements darstellenden Verbindung mit der D. AG - heute auch nicht mehr in der Lage. Aber auch eine Rückübertragung seiner Geschäftsanteile an der GW an ihn komme nicht mehr in Betracht, da diese Firma nach Veräußerung der Tochterunternehmen lediglich noch eine wertlose Hülle darstelle.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, an ihn 1.000.026,40 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 16. Oktober 2000 (Rechtshängigkeit) zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben zunächst darauf verwiesen, dass der Beklagte zu 2) persönlich alle seine aus der Vollmacht vom 16. November 1998 übernommenen Verpflichtungen erfüllt habe. Aber auch die Beklagte zu 1) sei nicht schadensersatzpflichtig, weil sie nach wie vor den Zeichnungsvertrag erfüllen könne, sofern - was bisher nicht geschehen sei - der Kläger werthaltige Geschäftsanteile einbringe. Insoweit haben die Beklagten behauptet, dass die von der Wirtschaftsprüferin G. für die GW testierten Jahresabschlüsse 1995 bis 1997 unrichtig seien, da diese Firma entgegen den bilanziell ausgewiesenen Ergebnissen erhebliche Verluste gemacht habe. So sei im Nachhinein durch den Wirtschaftsprüfer E. bei der Prüfung des Jahresabschlusses 1998 festgestellt worden, dass für laufende Bauvorhaben in den Vorjahren viel zu hohe unfertige Leistungen und Bilanzen der G.W. aktiviert und viel zu geringe (Droh-) Verlustrückstellungen gebildet worden seien, was bei richtiger Bilanzierung für das Jahr 1998 zu einem höheren Verlustausweis in Höhe von insgesamt ca. 12,5 Mio. DM hätte führen müssen. Da die Bilanz der GaWa zum 31. Dezember 1998 einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in Höhe von ca. 6 Mio. DM aufgewiesen habe, seien die Geschäftsanteile bereits im November 1998 wertlos gewesen. Keinesfalls sei im Übrigen die Kapitalerhöhung bei der AG an die Entwicklung hinsichtlich der D. AG gekoppelt gewesen. Die Veräußerung der Aktien der D. AG sei im Übrigen zur Abwendung einer ansonsten unvermeidlichen Überschuldung der AG erfolgt. Diese Überschuldung habe gedroht, weil die AG aufgrund der zwischenzeitlich eingetretenen Erkenntnisse über die wirkliche Situation der GW verpflichtet gewesen sei, sei, ihre Beteiligung an der GW abzuschreiben. Auch die Veräußerungen der Tochtergesellschaften der GW hätten im Wesentlichen dazu gedient, dass durch die Verluste der Vorjahre entstandene negative Eigenkapital wieder auszugleichen.

Das Landgericht hat gegenüber dem Beklagten zu 2) die Klage abgewiesen und gegenüber der Beklagten zu 1) dem klägerischen Begehren stattgegeben. Der Beklagte zu 2) sei zunächst nicht Vertragspartner des Klägers gewesen, sondern habe lediglich als Vorstand der Beklagten zu 1) normales Verhandlungsvertrauen in Anspruch genommen, weshalb eine Eigenhaftung wegen der Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens nicht in Betracht komme. Aber auch eine deliktische Haftung gemäß §§ 823 Abs. 2 BGB, 263, 266 StGB komme nicht in Betracht. Insbesondere seien keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass der Beklagte zu 2) von vornherein anders als gegenüber dem Kläger seinem eigenen Vortrag nach dargelegt hätte handeln wollen. Demgegenüber sei gegenüber der Beklagten zu 1) die Klage gemäß § 325 BGB begründet. So habe nämlich die Beklagte zu 1) zu vertreten, dass die von ihr geplante Kapitalerhöhung mangels Registereintragung fehlgeschlagen und daher neue Aktien nicht u. a. an den Kläger hätten ausgegeben werden können. Bei der Bemessung des Schadensersatzes sei auf die Höhe des Wertes dieser Aktien und deren vermuteter Gleichwertigkeit mit der erbrachten Gegenleistung auf der Grundlage der gutachterlichen Stellungnahme der Wirtschaftsprüferin G. abzustellen. Die Angriffe der Beklagten zu 1) gegen die sachliche Richtigkeit dieser Stellungnahme seien letztlich unsubstantiiert.

Gegen dieses den Parteien am 4. Oktober 2001 zugestellte Urteil haben die Beklagte am 26. Oktober 2001 und der Kläger am 1. November 2001 rechtzeitig Berufung eingelegt und ihre Berufungen form- und fristgerecht begründet.

Die Beklagte zu 1) macht geltend:

- Entgegen der klägerischen Auffassung und der Auffassung des Landgerichts komme § 325 BGB überhaupt nicht zur Anwendung, da weder der Sacheinlagevereinbarung noch dem Zeichnungsvertrag eine im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende Verpflichtung der Beklagten entnommen werden könne, tatsächlich eine Kapitalerhöhung auch durchzuführen. Hinsichtlich der Sacheinlagevereinbarung sei die Kapitalerhöhung nur deren aufschiebende Bedingung. Aber auch auf Grund des Zeichnungsvertrages sei eine Aktiengesellschaft lediglich verpflichtet, dem Zeichner im festgelegten Umfang dann Mitgliedsrechte anzubieten, wenn die Kapitalerhöhung tatsächlich durchgeführt werde. Eine Verpflichtung zur Durchführung der Kapitalerhöhung selbst bestehe nicht. Scheitere die Kapitalerhöhung, habe der Zeichner lediglich einen bereicherungsrechtlichen Anspruch auf Rückgewähr seiner Einlagen. Diesen wolle sie, die Beklagte zu 1), auch nach wie vor erfüllen.

- Selbst wenn eine Verpflichtung zur Durchführung der Kapitalerhöhung bestanden hätte, habe jedoch der Kläger deren Nichtdurchführung selbst zu vertreten. Denn die Kapitalerhöhung habe nicht durchgeführt werden können und dürfen, weil die von dem Kläger eingebrachten Anteile an der GW bereits zum Einbringungszeitpunkt wertlos geworden seien.

- Die Wertlosigkeit der Anteile ergebe sich daraus, dass das Umtauschgutachten von der Wirtschaftsprüferin G. unter Verstoß gegen §§ 43 und 49 der Wirtschaftsprüferordnung (WPO) zustande gekommen und deshalb nichtig sowie im Übrigen auch aus mehreren Gründen inhaltlich falsch sei. So sei bereits das angewendete "Stuttgarter Verfahren" für die Unternehmensbewertung untauglich und auch noch falsch angewendet worden (Beweis: Sachverständigengutachten; Bewertungen der Dres. S. & U.Treuhand, BB 8-11).

- Wie bereits im Verfahren 5 U 144/01 (4 O 240/00 LG Flensburg) ausgeführt worden sei, seien zudem in den Jahresabschlüssen für 1995 und 1996 unfertige Leistungen zu hoch bewertet worden, namentlich bei den Bauvorhaben St., Lindenstraße, B., Schleswag Ba., ZV Ra. und HWW Riesserstraße. Ebenso hätten Rückstellungen für die Rückstellung von Investitionszuschüssen gefehlt. Diese seien nämlich zurückzuzahlen gewesen, weil deren Verbleib davon abhängig gewesen wäre, dass der Betriebsstätte F. der GW Dauerarbeitsplätze geschaffen worden wären. Demgegenüber sei die Handhabung so gewesen, dass über die Lohnbuchhaltung F. teilweise auch Mitarbeiter anderer Betriebsstätten geführt worden seien, die nunmehr im Nachhinein herauszurechnen seien.

- Hinzu komme, dass die GW Großteile ihres Geschäftsvolumens überhaupt nur deshalb habe tätigen können, weil zur Auftragsbeschaffung Schmiergelder an Mitarbeiter öffentlicher Unternehmen gezahlt worden seien. Insoweit habe gerade die Steuerberatungsgesellschaft S. und G. für die GW ein Schmiergeld-Sonderkonto geführt, zu dessen Auffüllen ein Schwesterunternehmen dieses Steuerberatungsbüros, nämlich die "N. GmbH" gefälschte Rechnungen an die GW übersandt habe. Dieses Verhalten sei nicht nur für frühere Zeiträume steuerrechtlich und strafrechtlich relevant, sondern habe auch Konsequenzen für die Zukunft: werde nämlich ein solches Verhalten bekannt, so sei jedenfalls die öffentliche Hand rigoros in ihren Konsequenzen. Der Vertragspartner, welcher bestochen habe, werde künftig nicht mehr bedacht. Insoweit stelle dieser Umstand einen gravierenden Makel am Wert der Gesellschaft dar, über welchem beim Kauf der Gesellschaft habe aufgeklärt werden müssen, was aber nicht der Fall gewesen sei.

- Dass die Einschätzung von Frau G. hinsichtlich der Werthaltigkeit der GaWa völlig falsch gewesen sei, zeige auch die zwischenzeitliche Entwicklung. Denn sämtliche GW-Firmen seien mittlerweile in Insolvenz gegangen. Die Anteile eines Unternehmens, das 12 Mio. DM Jahresverlust erwirtschaftet habe und danach ein nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 6 Mio. DM habe ausweisen müssen (Ende 1998), könnten schlechterdings keinen Wert haben.

- Demgegenüber habe weder sie, die Beklagte zu 1), selbst noch der Beklagte zu 2) entgegen der klägerischen Darstellung durch die Veräußerung der Tochterunternehmen der GW einen Gewinn gemacht. Denn die GW habe die Tochtergesellschaften zwar für 12,3 Mio. DM veräußern können. Gleichwohl seien für 1999 und 2000 Verluste der früheren Tochtergesellschaft in Höhe von rund 23 Mio. DM zu übernehmen gewesen, sodass im Ergebnis nahezu 18 Mio. DM Verlust verblieben seien.

- Schließlich habe der Kläger als Gesellschafter der GW und dort jahrelang tätiger leitender Projekt- sowie Niederlassungsleiter die wirkliche wirtschaftliche Situation der GW und daher auch die Unrichtigkeit der Bewertung der Wirtschaftsprüferin G. kennen müssen. Daher sei sie, die Beklagte zu 1) und heutige Berufungsklägerin, berechtigt - insoweit hat sie in ihrer Berufungsbegründung vom 22. Mai 2002 zugleich die Anfechtung erklärt - die mit dem Kläger abgeschlossenen vertraglichen Vereinbarungen auch gemäß §§ 119, 123 BGB anzufechten.

Ferner hat die Beklagte zu 1) - nach Abtretung eines erstrangigen Teilbetrages der seitens des Beklagten zu 2) gegen u. a. den Kläger im Verfahren 5 U 144/01 (4 O 240/00 LG Flensburg) gemachten Schadensersatzansprüche - mit diesen Ansprüchen in ihrer Berufungsbegründung vom 22. Mai 2002 gegenüber dem Anspruch des Klägers auf Rückzahlung der geleisteten Bareinlage die Aufrechnung erklärt. Ohnehin sei - so die Beklagte zu 1) - das erwähnte Verfahren vorgreiflich, da bei Rückabwicklung des im Februar 1997 durchgeführten Anteilskaufs auch die Geschäftsgrundlage für die hier zu betrachtende weitere Anteilsübertragung entfalle.

Die Beklagte zu 1) beantragt,

die angefochtene Entscheidung zu ändern und die Klage abzuweisen sowie die Anschlussberufung des Klägers kostenpflichtig zurückzuweisen.

Im Umfange bewilligter Prozesskostenhilfe und nach Zurücknahme seiner Berufung gegenüber dem Beklagten zu 2) beantragt der Kläger,

1. die Berufung der Beklagten zu 1) zurückzuweisen,

2. die Beklagte zu 1) im Wege der Anschlussberufung zu verurteilen, 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank auf die ausgeurteilte Hauptforderung zu zahlen.

Der Kläger macht geltend:

- Entgegen der Auffassung der Beklagten zu 1.) habe es sich bei dem Geschäftsanteilsübertragungsvertrag entsprechend seiner Bezeichnung um einen "Kaufvertrag" gehandelt, auf den § 325 BGB ohne Weiteres Anwendung finden könne. Jedenfalls aber habe die Beklagte zu 1) ihm, dem Kläger, analog § 122 BGB den Vertrauensschaden zu ersetzen und ihn so zu stellen, als ob der Zeichnungsvorgang nie eingeleitet worden sei. Schließlich hafte die Beklagte zu 1) aus §§ 812, 819, 818 Abs. 4, 292, 989 BGB auf Schadensersatz, da die offensichtlich eingetretene Verschlechterung der Werthaltigkeit der GW Geschäftsanteile auf die Unternehmensabverkäufe durch den Beklagten zu 2) zurückzuführen sei, welcher das Unternehmen bewusst zu seinem Eigenvorteil ausgehöhlt habe.

- Auch seien seine Geschäftsanteile werthaltig gewesen und hätten durchaus den in dem Umtauschgutachten von Frau G. festgestellten Wert gehabt. Das Gutachten sei nicht fehlerhaft. Zudem seien die zugrunde liegenden Bilanzen nicht fehlerhaft aufgestellt worden. Insoweit hat der Kläger auf seine im Verfahren 5 U 144/01 (4 O 240/00) als dortigem Beklagten zu 2) gemachten Ausführungen Bezug genommen (Bl. 586 ff. d. A.).

- Schließlich stehe ihm - hiermit begründet der Kläger seine Anschlussberufung - gemäß §§ 288, 291 BGB ein höherer als der ausgeurteilte Zinssatz zu.

Im Übrigen wird Bezug genommen auf das landgerichtliche Urteil und die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die in diesen jeweils enthaltenen Verweisungen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten zu 1) hat keinen Erfolg, sodass das Urteil des Landgerichts lediglich insoweit auf die Anschlussberufung des Klägers abzuändern war, als dieser über die ausgeurteilte Verzinsung hinaus gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 BGB zu Recht eine Verzinsung der Urteilssumme in Höhe von jeweils 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank begehrt.

Im Übrigen hat das Landgericht im Ergebnis zu Recht die Beklagte zu 1) zur Rückzahlung erbrachter Bareinlagen in Höhe von 167.998,32 DM (85.896,18 €) sowie zur Zahlung weiterer 832.028,12 DM (425.409,22 €), insgesamt also - entsprechend dem um 0,04 DM reduzierten Klagantrag - zur Zahlung von 1.000.026,40 DM (511.305,38 €) verurteilt.

Zwar kann der Zahlungsanspruch des Klägers noch nicht als Nichterfüllungsschaden wegen Nichtdurchführung der am 18. November 1998 zu UR-Nr. 685/1998 des Notars B. beurkundeten GmbH-Anteilsübertragungsverträge begründet werden, wohl aber als sich auf diese Verträge beziehender vertraglicher Rückabwicklungsanspruch bei Störung des Leistungsaustauschverhältnisses (1.). Dem steht die von der Beklagten zu 1) erklärte Arglistanfechtung dieser Verträge ebenso wenig entgegen wie ein möglicher Anspruch der Beklagten zu 1) aus Verschulden bei Vertragsschluss (2.). Zudem kann der Kläger jedenfalls bei vertragsrechtlicher Rückabwicklung statt Rückgewähr der bereits übertragenen GmbH-Anteile selbst Wertersatz erlangen, wobei dieser Wert an seinerzeit von den Parteien privatautonom bestimmten Äquivalenzverhältnis zu orientieren ist (3.). Gegenüber dem hieraus gerechtfertigten Anspruch des Klägers wird die Aufrechnung der Beklagten zu 1) mit bereits anderweitig anhängig gemachten Schadensersatzforderungen nicht zugelassen (4.).

1.

Im Ausgangspunkt zutreffend verweist die Beklagte zu 1) darauf, dass auf die zwischen den Parteien geschlossene Vereinbarung zunächst nicht die §§ 320 ff. BGB insoweit zu ihren Lasten angewendet werden können, wie sie hierdurch zur tatsächlichen Durchführung der beabsichtigten Kapitalerhöhung einschließlich Ausgabe neuer Aktien u. a. an den Kläger oder zur Herstellung einen für den Kläger wirtschaftlich äquivalenten Situation verpflichtet würde. Dies folgt aus dem auch das Aktienrecht beherrschenden Grundsatz der realen Kapitalaufbringung, welcher bei Kapitalerhöhung unter gleichzeitiger Erbringung von Sacheinlagen - gleich in welcher Höhe - zu Gunsten der Aktiengesellschaft verschiedene Sicherungsmechanismen einbaut, um dieser ein Maximum an Handlungsfreiheit zu gewähren.

a)

Bevor nicht die Kapitalerhöhung tatsächlich im Handelsregister eingetragen und damit wirksam ist (§ 189 AktG), ist die Aktiengesellschaft - und dort insbesondere als Beschlussorgan die Hauptversammlung - nämlich nicht zur Durchführung der Kapitalerhöhung verpflichtet; der seine Sacheinlage einbringende "Inferent", also der Kläger, besitzt vor Durchführung der Kapitalerhöhung kein hierauf gerichtetes Anwartschaftsrecht (Kölner Kommentar-Lutter, Rn. 29 zu § 185 AktG). Aus diesem Grund vermag zwar der Inferent bei Leistungsstörungen von seiner weiteren Sacheinlageverpflichtung frei zu werden (Krieger in Münchener Handbuch zum Gesellschaftsrecht, Band IV. § 56 Rn. 47; Kölner Kommentar-Lutter, Rn. 43 zu § 183 AktG; Hefermehl-Bungeroth, Rn. 110 zu § 185 AktG). Umgekehrt kann aber - so lag der Fall hier - bei bereits erbrachter Sacheinlage nicht auf Seiten der Gesellschaft bei Nichtvornahme der Kapitalerhöhung ein von dieser zu vertretendes Unvermögen eintreten (Kölner Kommentar-Lutter, Rn. 20 zu § 185 AktG; Hefermehl-Bungeroth, Rn. 108 zu § 185 AktG; Hüffer, 5. Aufl., Rn. 30 zu § 185 AktG; Krieger in Münchener Handbuch zum Gesellschaftsrecht Band IV., § 56 Rn. 107). Verhält es sich derart, kann auch letztlich offen bleiben, ob der am 18. November 1998 von der Beklagten zu 1) bereits gefasste Hauptversammlungsbeschluss im Sinne der §§ 249 Abs. 1 S. 2, 241 Nr. 3 AktG nichtig sein könnte, weil und soweit die Neuausgabe von Aktien im Verhältnis zur u. a. vom Kläger zu erbringenden Sacheinlage gegen das Verbot der Unter-pari-Emission nach § 9 Abs. 1 AktG verstoßen -(Hefermehl-Bungeroth, Rn. 101 zu § 183 AktG) oder der Wert der Sacheinlage wenigstens in besonders auffälliger Weise hinter dem Ausgabebetrag der Aktien zurückbleiben sollte (Hefermehl-Bungeroth, Rn. 102 zu § 183 AktG; Großkommentar-Wiedemann, 4. Aufl., Rn. 24 zu § 184 AktG).

Dass bereits ausweislich der am 16. November 1998 ausgefertigten Vollmachtsurkunde (K 5, Bl. 38 d. A.) bzw. des Protokolls der Hauptversammlung der Beklagten zu 1) vom 18. November 1998 (K 8, Bl. 52 d. A.) letztlich nur ein Teil des Werts der eingebrachten Sacheinlagen in die eigentliche Kapitalerhöhung eingebracht und der Rest in die Kapitalrücklage der Aktiengesellschaft eingestellt werden sollte, ändert an der unmittelbaren Nichtanwendbarkeit der §§ 320 ff. BGB nichts. Denn die Zahlung eines derartigen - in § 183 Abs. 2 S. 3 AktG (Zahlung des mit dem Nennwert nicht identischen "Ausgabebetrages") vorgesehenen - "Aufgeldes" stellt mit der Kapitalerhöhung einen einheitlichen und nicht abtrennbaren Vorgang dar, der sich daraus erklärt, dass das Reinvermögen einer Aktiengesellschaft in der Regel höher als das nominale Grundkapital ist und die Neuaktionäre deshalb ein ihrer wirtschaftlichen Beteiligung entsprechendes Entgelt entrichten müssen (vgl. Großkommentar-Wiedemann, 4. Aufl., Rn. 61 zu § 182 AktG).

b)

Kann damit die im Verhältnis der Parteien aufgrund der Nichtdurchführung der Kapitalerhöhung bei der Beklagten zu 1) eingetretene Leistungsstörung nicht durch Gewährung eines gegen die Beklagte zu 1) gerichteten Schadensersatzanspruchs wegen Nichterfüllung ausgeglichen werden, so stehen jedoch die erwähnten Wertungen des Aktienrechts nicht einer vertragsrechtlichen Rückgewähr der bereits einseitig vom Kläger erbrachten Leistungen im Wege. Ein derartiger Rückgewähranspruch kann - da zwischen den Parteien die endgültige Nichtdurchführung der Kapitalerhöhung bei der Beklagten zu 1) außer Streit steht - entweder bereits im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung den vertraglichen Vereinbarungen vom 18. November 1998 als mutmaßlicher Willen der Vertragsparteien für einen derartigen Fall entnommen oder zumindest auf eine analoge Anwendung des § 326 BGB gestützt werden, sofern nicht bereits eine Begründung analog § 122 BGB befürwortet wird (so etwa Kölner Kommentar-Lutter, Rn. 5 zu § 189 AktG).

2.

Gegenüber einem derart vertragsrechtlich begründeten Rückgewähranspruch kann die Beklagte zu 1) nicht damit gehört werden, dass aufgrund der von ihr erklärten Anfechtung wegen Irrtums und Arglist (§§ 119 Abs. 1, 123 BGB) die am 18. November 1998 beurkundeten Verträge unwirksam und deshalb eine Rückabwicklung allein im Rahmen des Bereicherungsrechts (§§ 812, 818, 819 BGB) vorzunehmen sei, oder dass einem entsprechenden Rückgewähranspruch des Klägers der Fortfall der Geschäftsgrundlage oder nach Treu und Glauben ein auf die Nichtdurchführung des Vertrages gerichteter eigener Schadensersatzanspruch der Beklagten aus Verschulden bei Vertragsschluss entgegengesetzt werden könne.

a)

Zunächst ist die im Rahmen der Berufungsbegründung vom 22. Mai 2002 erklärte Anfechtung nämlich ersichtlich verfristet, da sie weder unverzüglich im Sinne des § 121 BGB erfolgt ist, noch - dies betrifft die Arglistanfechtung - innerhalb eines Jahres nach Kenntnis der Beklagten zu 1) von der fraglichen Täuschung (§ 124 BGB). Denn dass die wirtschaftliche Lage der GW möglicherweise nicht den Erwartungen der Beklagten zu 1) und des - im ersten Rechtszug noch beteiligten - Beklagten zu 2) entsprach und aus dieser Perspektive heraus die vom Beklagten zu 2) als seinerzeit alleinigem Vorstand der Beklagten zu 1) in Auftrag gegebene gutachterliche Stellungnahme der Steuerberaterin und Wirtschaftsprüferin G. zum Umtausch- und Barzahlungskurs der Aktien inhaltlich unrichtig sein müsste, wusste die Beklagte zu 1) bereits nach ihrem eigenen Vortrag dadurch, dass der für das Jahr 1998 bestellte Abschlussprüfer E. die maßgeblichen Verluste im Verlaufe des Jahres 1999 aufgedeckt und in seinem Gutachten vom 17. Januar 2000 (B 3, Bl. 130 ff. d. A.) belegt haben will.

Anderes folgt auch nicht aus einer deshalb möglichen Anwendung des § 853 BGB (Arglisteinrede), weil und soweit die von der Beklagten zu 1) behauptete Täuschungshandlung neben der Anfechtbarkeit im Sinne des § 123 BGB zugleich auch eine unerlaubte Handlung im Sinne der §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB bzw. § 826 BGB darstellen würde (zum Erfordernis von zur bloßen Täuschung hinzutretenden "zusätzlichen Umständen" bereits BGH NJW 1969, 604, 605; vgl. im Übrigen Münchener Kommentar-Stein, 3. Aufl., Rn. 5 zu § 853 BGB; Staudinger-Vieweg (2002), Rn. 4 zu § 852 BGB). Denn ungeachtet ihrer Verfristung liegen auch der Sache nach weder Anfechtungsgründe vor noch Gründe für die Annahme einer durch eine etwaige Täuschung zugleich begründeten unerlaubten Handlung.

b)

Dies betrifft zunächst die behauptete Täuschung der Beklagten über die sachliche Richtigkeit des im Umtauschgutachtens der Wirtschaftsprüferin G. mittels des sog. "Stuttgarter Verfahrens" errechneten Umtauschkurses. Denn selbst die Unrichtigkeit der für die Berechnung angenommen Prämissen einschließlich der Sachwidrigkeit der gewählten Methode und des im Ergebnis ermittelten Umtauschkurses einmal unterstellt, wäre eine von der Wirtschaftsprüferin Gergen verübte Täuschung dem Kläger nur zuzurechnen, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste (§ 123 Abs. 2 S. 1 BGB). Eine derartige Kenntnis des Klägers hat die Beklagte zu 1) zwar behauptet, aber dies letztlich nicht substantiieren können.

Zunächst hat die Beklagte zu 1) nicht erklärt, aus welchen Gründen der Kläger die Untauglichkeit des "Stuttgarter Verfahrens" für die Unternehmensbewertung ebenso gekannt haben sollte wie die möglicherweise noch zusätzlich unrichtige Anwendung dieser Methode durch die Steuerberaterin und Wirtschaftsprüferin G. und damit das Ausmaß der Auswirkung möglicher bilanzieller Unrichtigkeiten für den derart ermittelten Unternehmens- und Umtauschwert der GW-Anteile in neu auszugebende Aktien der Beklagten zu 1). Insbesondere aber fehlt es an jeder wirklich nachvollziehbaren Darlegung der Beklagten zu 1), aus welchen Umständen der Kläger auf eine falsche Bewertung noch nicht abgewickelter Baustellen als "unfertige Leistungen" und somit auf eine falsche Bilanzierung hätte schließen müssen. Soweit die Beklagte zu 1) insoweit die Bewertung von sechs Baustellen in den Bilanzen der GW 1995 und 1996 anführt, ist nämlich schon nicht hinreichend deutlich geworden, in welchem Umfang gerade der Kläger Einblicke in die Kalkulation, Abrechnung und insbesondere Bewertung des jeweils zum Bilanzstichtag erbrachten Arbeitsstandes auf diesen Baustellen gehabt haben soll.

Weiter ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen dem Kläger Kenntnisse über eine generelle und grundsätzliche bilanzrechtliche Falschbewertung zugänglich gewesen sein sollten oder doch wenigstens Erkenntnisse über die Bilanzwirksamkeit einer Falschbewertung gerade der von der Beklagten zu 1) angeführten Bauvorhaben. Anders als der frühere Mehrheitsgesellschafter und langjährige Geschäftsführer M. der GW und später der Beklagte zu 2) selbst hatte nämlich jedenfalls der Kläger niemals eine derart ausgestaltete Position innerhalb der GW inne, als dass er schon aufgrund dieser sich nicht auf die Unkenntnis der erwähnten bilanzbedeutsamen Umstände berufen könnte. Seine wahrgenommenen Leitungsfunktionen bezogen sich lediglich auf abgegrenzte Bereiche wie etwa Projektleitungen bzw. - dies kann dem Organigramm für 1998 (K 2, Bl. 22 d. A.) entnommen werden - auf die Geschäftsführung der GW Güstrow. Sollten außerdem etwaige Fehlvorstellungen der Beklagten über den Wert der GW-Anteile schon auf die im Jahr 1997 geführten Verhandlungen hinsichtlich des früheren Anteilserwerbs zurückzuführen sein, musste der Kläger jedenfalls im November 1998 nicht mehr von einer Fortwirkung seinerzeitiger Erklärungen für die Motivation der Beklagten zum Erwerb weiterer Anteile ausgehen. Denn zwischenzeitlich hatte der Beklagte zu 2) über einen Zeitraum von über eineinhalb Jahren durch eigene Geschäftsführungstätigkeit einen hinreichenden Überblick über Strukturen und Ertragslage der GW und die mögliche Rentabilität eines weiteren Anteilserwerbs gewinnen können.

Ebenso verhält es sich schließlich hinsichtlich der Existenz und Folgen des von der Beklagten zu 1) behaupteten "Schmiergeldkontos", einmal abgesehen davon, dass die Führung dieses Kontos über die Nordische Revisions- und Treuhandgesellschaft mbH nach dem Vortrag der Beklagten zu 1) gerade dazu gedient haben soll, dieses Konto am - den Mitarbeitern der GW einschließlich des Klägers zugänglichen - regulären Rechnungswesen der Gesellschaft vorbeizuführen.

c)

Aber auch auf eine Irrtumsanfechtung kann die Beklagte zu 1) sich nicht berufen, da die aus dem fraglichen Umtauschgutachten zu entnehmende Kalkulation ausweislich der schriftlichen Vollmachtsurkunde vom 16. November 1998 (K 5, Bl. 37 d. A.) und der zu UR-Nr. 145/1998 des Notars B. errichteten notariellen Vertragsurkunde (K 7, Bl. 41 ff. d. A.) weder Bestandteil der Bevollmächtigung des Beklagten zu 2) noch der notariell beurkundeten Verträge geworden ist; diese benennen jeweils nur das Kalkulationsergebnis, also den festgesetzten Umtauschkurs. Hätte jedoch die Kalkulation des Umtauschkurses Gegenstand der vertraglichen Vereinbarungen - und sei es auch lediglich als "Geschäftsgrundlage" - sein sollen, hätte es nicht nur für die Parteien nahegelegen, sondern wäre auch aufgrund der Formbedürftigkeit aller mit der Anteilsübertragung zusammenhängenden wesentlichen Abreden (vgl. nur Lutter/Hommelhoff 15. Aufl., Rn. 18 zu § 15 GmbHG) geboten gewesen, die notarielle Urkunde entsprechend zu fassen, was ersichtlich nicht geschehen war. Ein lediglich einseitiger Kalkulationsirrtum berechtigt als bloßer Motivirrtum jedoch nicht zur Irrtumsanfechtung.

Nur vorsorglich angemerkt werden soll, dass selbst im Falle einer Zugrundelegung des Inhalts eines derartigen Umtauschgutachtens als gemeinsame Geschäftsgrundlage beim Verkauf eines lebenden Unternehmens das Ergebnis einer nach Treu und Glauben äußerstenfalls vorzunehmenden Anpassung nicht ohne weiteres "0" sein wird, die Beklagte zu 1) aber bisher keine realistische Dimension des Umtauschwerts aufgezeigt hat.

d)

Abweichendes folgt schließlich auch nicht aus einem auf Freihaltung von den vertraglichen Verpflichtungen gerichteten etwaigen Schadensersatzanspruch der Beklagten zu 1) aus Verschulden bei Vertragsschluss oder aus einer - wie die Beklagte zu 1) meint - inhaltlichen Verknüpfung des am 18. November 1998 erfolgten Anteilserwerbs mit dem im Februar 1997 erfolgten Anteilserwerb dergestalt, dass bei - einmal unterstellter - Unwirksamkeit des 1997 durchgeführten Anteilserwerbs auch von einer Unwirksamkeit des am 18. Februar 1998 erfolgten Anteilserwerbs ausgegangen werden müsste.

Was zunächst die grundsätzliche Möglichkeit einer Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluss neben dem Anwendungsbereich der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung anbelangt (zu dieser Möglichkeit nur BGH NJW 1998, 302, 303 f.; BGH NJW 1979, 1983, 1983 f.; a. A. OLG Hamm NJW-RR 1995, 205, 206), ist bereits nicht ersichtlich, welchem von der Beklagten zu 1) konkret geäußerten Aufklärungsbedarf der Kläger nicht nachgekommen sein soll, hatte doch der Beklagte zu 2) - auch für den Kläger ersichtlich - selbst ein Umtauschwertgutachten einer Wirtschaftsprüferin in Auftrag gegeben. Im Übrigen bleibt es selbstverständlich Sache des Erwerbers von Anteilen, sich über die Rentabilität dieses Anteilserwerbs kundig zu machen (vgl. BGH NJW 1970, 653, 655; NJW 1983, 2493, 2494; OLG Hamburg WM 1994, 1378, 1386). Schließlich wäre es wiederum Sache der Beurkundung eines entsprechenden Parteiwillens gewesen, falls die Wirksamkeit des am 18. November 1998 erfolgten weiteren Anteilserwerbs unter der Bedingung der Wirksamkeit des im Februar 1997 erfolgten Anteilswerbs hätte stehen sollen. Da die notariell beurkundete Vereinbarung sich hierzu aber keinesfalls verhält, hatte der Senat auch keine Veranlassung, den Rechtsstreit im Hinblick auf die Entscheidung des den Erwerb im Jahr 1997 behandelnden weiteren Verfahrens 4 O 240/00 LG Flensburg (vor dem Senat zu 5 U 144/01 anhängig) gemäß § 148 ZPO auszusetzen oder beide Verfahren gemäß § 147 ZPO zu verbinden.

3.

Verbleibt es somit bei der Möglichkeit einer vertragsrechtlichen Rückabwicklung, so ist der Kläger neben der insoweit von der Beklagten zu 1) in seiner Rechtfertigung nicht ernsthaft bestrittenen Rückgewähr der geleisteten Bareinlage von 167.998,32 DM (85.896,18 €) hinaus keineswegs gehalten, entgegen dem geltend gemachten Zahlungsanspruch lediglich Rückgewähr der übertragenen GW.Anteile zu begehren und lediglich ergänzend ggf. Herausgabe der gezogenen Nutzungen bzw. Schadensersatz wegen eingetretener Wertveränderungen dieser Anteile.

a)

Derart die nach dem 18. November 1998 eingetretenen Veränderungen im wirtschaftlichen Substrat der übertragenen Anteile zu berücksichtigen, wäre nämlich Folge allein einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung gemäß §§ 812 Abs. 1, 818, 819 BGB, wobei in diesem Rechtsstreit ausdrücklich offen bleiben mag, ob und inwieweit im Falle einer Anwendung der § 818 Abs. 1 und Abs. 2 BGB der Rückgabe von nach Umstrukturierung lediglich noch eine "Hülle" darstellen Unternehmensanteilen eine zwingende Priorität gegenüber einem bloßen Wertersatz einzuräumen wäre (gegen eine derartige Priorität etwa Erman/H. P. Westermann 10. Aufl., Rn. 15 zu § 818 BGB; Schwintowski, JZ 1987, 588, 591). Ebenso kann offen bleiben, ob und inwieweit der in einem derartigen Fall ggf. zu leistende Wertersatz nach dem objektiven Wert zur Zeit der Anteilsübertragung zu bemessen oder an den Äquivalenzvorstellungen der Parteien zu orientieren wäre.

b)

Kennzeichnend für eine vertragsrechtlich unterfangene Bewältigung von Störungen des beiderseitigen Leistungsaustausches ist vielmehr, dass der berechtigten Vertragspartei zumindest die Möglichkeit eingeräumt wird, das vertraglich begründete Austauschverhältnis ("Synallagma") weitmöglichst aufrechtzuerhalten. Aus diesem Grunde gewährt das § 326 BGB zu entnehmende gesetzliche Regelmodell der Rückabwicklung dem Berechtigten auch lediglich ein Rücktrittsrecht, aber keine Rücktrittsverpflichtung, sodass der Berechtigte insoweit wie selbst noch im Falle der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches mittels Berechnung entweder nach der Differenz- oder Surrogationsmethode entscheiden kann, ob er seine bereits erbrachte Gegenleistung bei seinem Schuldner belassen will oder nicht. Nicht anders verhält es sich bei einer Konstruktion eines Anspruchs des Klägers analog § 122 BGB, da auch dieser vertragsrechtlich unterfangene Anspruch seinem Gläubiger lediglich das Recht, keinesfalls aber die Verpflichtung einräumt, als Bestandteil des zu ersetzenden Vertrauensschadens die Rückgewähr bereits erbrachter Leistungen zu verlangen (vgl. Münchner Kommentar-Kramer, 4. Aufl., Rn. 8 zu § 122 BGB). Da der Kläger seine Gegenleistung durch Anteilsübertragung und Gewährung von Bareinlage bereits vollständig erbracht hatte, besteht schließlich auch nicht die Gefahr, trotz Umwandlung des primären Austauschverhältnisses in ein sekundäres Abwicklungsverhältnis die erloschenen Primär- und Erfüllungsansprüche noch als fortwirkend fingieren (vgl. zu derartigen Fallkonstellationen BGH ZIP 1994, 1781, 1782; BGH WM 1999, 1726, 1727).

c)

Hat der Kläger sich mittels Geltendmachung eines Zahlungsanspruchs o somit zu Recht dafür entschieden, angesichts der zwischenzeitlichen Umstrukturierung der GW deren Geschäftsanteile bei der Beklagten zu 1) zu belassen, so bestehen bei vertragsrechtlicher Abwicklung keine Bedenken, den begehrten Wertersatz am zwischen den Parteien vereinbarten Umtauschverhältnis zu orientieren. Denn dass etwa bei Vereinbarung von Geldleistungen der Kläger das Recht hätte, den sich aus der Vereinbarung der Parteien über das Wertverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung ergebenden Kaufpreis als Ersatz eines Mindestschadens zu beanspruchen, steht außer Frage (insoweit auch vom BGH ZIP 1994, 1781, 1782; BGH WM 1999, 1726, 1727 keinesfalls ausgeschlossen). Nicht anders liegt es aber, wenn zwar aus aktienrechtlichen Gründen die Gewähr vertraglich versprochener Aktien nicht möglich ist, das von den Parteien aber angenommene Äquivalenzverhältnis der vertraglichen Vereinbarung eindeutig zu entnehmen und daher eine Umrechnung in zu leistenden Mindestgeldersatz unschwer möglich ist.

Demgegenüber kann nicht eingewendet werden, dass der Kläger bei weiterer Durchführung der Kapitalerhöhung - eine sich dann ergebende objektive Äquivalenzstörung einmal unterstellt - nach Ausgabe neuer Aktien möglicherweise analog § 183 Abs. 3 AktG eine Differenzzahlung als Geldeinlage hätte erbringen müssen (vgl. Großkommentar-Wiedemann, 4. Aufl., Rn. 46 zu § 185 AktG; Hüffer, 5. Aufl., Rn. 30 zu § 185 AktG, jeweils m. w. N.). Denn zum einen ist es nicht zur Durchführung der Kapitalerhöhung gekommen und damit auch der Kläger nicht in den Genuss der sich hieraus ergebenden Gewinnerzielungschancen. Zum anderen bezweckt die aktienrechtliche Differenzhaftung gemäß § 183 Abs. 2 S. 3 AktG als Bestandteil des das Recht der Kapitalgesellschaften dominierenden Grundsatzes der realen Kapitalaufbringung vor allem dem Schutz des Rechtsverkehrs vor unterkapitalisierten Kapitalgesellschaften. Dieser Grundsatz wirkt sich - wie oben erörtert - auf das Verhältnis der Parteien ohne Zweifel insoweit aus, als die Beklagte zu 1) durch privatautonome Vereinbarungen mit dem Kläger nicht zur Durchführung der Kapitalerhöhung verpflichtet werden konnte. Eine Rechtfertigung dafür, die Bewältigung gestörten Leistungsaustausches auch hierüber hinaus zu dominieren, ist aber nicht ersichtlich. Dies betrifft insbesondere auch das von den Vertragsparteien der Verträge vom 18. November 1998 privatautonom vereinbarte Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung. Eine Aktiengesellschaft ist - vorbehaltlich des Schutzes des Rechtsverkehrs vor Unterkapitalisierung und gesellschaftsinternen Konsequenzen - durch den Grundsatz der realen Kapitalerbringung nämlich weder daran gehindert, noch davor geschützt, Verträge abzuschließen und durchführen zu müssen, die sich aus ihrer Sicht für sie später als nachteilig erweisen.

Aus den vertraglichen Vereinbarungen vom 18. November 1998 - UR-Nr. 645/1998 des Notars B. (K 7, Bl. 43 ff. d. A.) unter II. Ziffer 3. und 4. a) - lässt sich jedoch ein Äquivalenzverhältnis der vom Kläger eingebrachten Anteile an der GW in Höhe eines Nominalbetrages von 345.100 DM zu auszuhändigenden 7.156 Stückaktien der Beklagten zu 1) ebenso entnehmen wie der Verweis auf die Verpflichtung aus Zeichnungsscheinen. Insoweit kann aber dem Protokoll der Hauptversammlung der Beklagten zu 1) vom 18. November 1998 (UR-Nr. 644/1998, K 8, Bl. 48 ff. d. A.) als Beschluss der Hauptversammlung zu I. 3. b) entnommen werden, dass die Parteien - getreu der seitens dem Kläger dem früheren Beklagten zu 2) erteilten Vollmacht vom 16. November 1998 (K 5, Bl. 37 ff. d. A.) - diese Anteile mit einem Wert von 832.028,12 DM (425.409,22 €) bemessen haben. Diesen Betrag zzgl. der bereits geleisteten Bareinlage in Höhe von 167.998,32 DM (85.896,18 €) hat die Beklagte folglich zu 1) zurückzuzahlen, insgesamt also 511.305,40 € (1.000.026.,44 DM), nach maßgebender Rechnung des Klägers hiervon 511.305,38 € (1.000.026,40 DM)

4.

Soweit die Beklagte zu 1) gegenüber einem Zahlungsanspruch des Klägers mit ihrer Berufungsbegründung vom 22. Mai 2002 erstmals die Aufrechnung mit ihr vom Beklagten zu 2) abgetretenen Schadensersatzansprüchen u. a. auch gegenüber dem Kläger erklärt hat, lässt der Senat diese Aufrechnung gemäß § 530 Abs. 2 ZPO a. F. mangels Sachdienlichkeit nicht zu.

Denn die diesbezüglichen Schadensersatzansprüche des Beklagten zu 2), von denen dieser der Beklagten zu 1) ein erstrangigen Teilbetrag in Höhe von 167.998,32 DM (vom Kläger geleistete Bareinlage) abgetreten haben soll, sind Gegenstand des bereits erwähnten - beim Senat zu 5 U 144/01 anhängigen - weiteren Verfahrens, welches den bereits im Februar 1997 durchgeführten Erwerb von Anteilen der GW durch den Beklagten zu 2) betrifft. Soweit der Beklagte zu 2) als Kläger des dortigen Verfahrens gegenüber den früheren Gesellschaftern der GW, darunter der Kläger als dortigem Beklagten zu 2), sowie gegenüber der Steuerberaterin und Wirtschaftsprüferin G. als dortiger Beklagten zu 6) umfangreiche Schadensersatzansprüche wegen unrichtiger Bilanzierung, falscher Testaterteilung und hierdurch von ihm zu teuer bezahlter Gesellschaftsanteile geltend macht, betreffen diese Ansprüche einen vom streitgegenständlichen Geschehen abweichenden Lebenssachverhalt. Zudem wäre die Behandlung dieser bereits anderweitig anhängig gemachten Ansprüche in dem hier zu führenden Verfahren geeignet, die Entscheidung des im Übrigen entscheidungsreifen Rechtsstreits unvertretbar zu verzögern.

Eine Revision hat der Senat nicht zugelassen, weil der - im Wesentlichen durch vertragsrechtliche und hinreichend ausdiskutierte aktienrechtliche - Fragestellungen gekennzeichnete Rechtsstreit weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Rechtsfortbildung oder die Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung eine revisionsgerichtliche Entscheidung erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO n. F.).

Die übrigen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97 Abs. 1, 515 Abs. 3 a. F., 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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