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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 24.04.2003
Aktenzeichen: 5 U 188/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 242
BGB § 765
BGB § 767
Wird für die Finanzierung eines Bauvorhabens eine Höchtsbetragsbürgschaft übernommen, so wird das Bürgschaftsrisiko nicht ohne weiteres dadurch unzulässig ausgeweitet, dass die Gläubigerin dem Hauptschuldner infolge einer Umplanung des Bauvorhabens ein insgesamt größeres Kreditvolumen einräumt.
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

Verkündet am: 24. April 2003

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 27. März 2003 durch die Richter am Oberlandesgericht Fechner, Prof. Dr. Reuter und Dr. Probst für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 15. November 2001 verkündete Urteil des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen II des Landgerichts Lübeck - 11 O 82/01 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Jedoch kann die Beklagte die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin, eine Sparkasse, nimmt die Beklagte, ebenfalls ein Kreditinstitut, aus einer Bürgschaft vom 31. Oktober 1997 über 200.000 DM in Anspruch.

In der Bürgschaftserklärung (K 1, Bl. 5 f. d. A.) heißt es u. a.:

"Die V.Bank ... übernimmt für die Firma A. & Partner ... aus Universalvertrag für Geschäftskredite vom 07.10.1997 über DM 3.700.000,00 wegen Objekt in Pinneberg, A-.twiet 23, gegenüber der Sparkasse zu L. ... unter Verzicht auf die Einrede der Anfechtbarkeit, Aufrechenbarkeit und Vorausklage gemäß den §§ 770, 771 BGB hinsichtlich eines im Grundbuch am schlechtesten abgesicherten Darlehensteilbetrages von DM 200.000,00 die Bürgschaft in Höhe eines Teilbetrages von DM 200.000,00 ...".

Die Klägerin hatte am 7. Oktober 1999 der Firma A. & Partner einen Universal-Geschäftskredit über 3,7 Mio. DM (K 2, Bl. 6-7 d. A.) gewährt. In Nr. 11 Abs. 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin, auf welche in dem Kreditvertrag Bezug genommen worden ist, heißt es (K 4, Bl. 10 f. d. A.):

"Die Sparkasse darf bestimmen, auf welche von mehreren fälligen Forderungen Zahlungseingänge, die zur Begleichung sämtlicher Forderungen nicht ausreichen, zu verrechnen sind. Dies gilt nicht, soweit der Kunde anderes bestimmt hat oder eine andere Verrechnung gesetzlich zwingend vorgeschrieben ist."

Hinsichtlich der Verwendung des Kredits bestand die - wie sich auch aus einem Schreiben der Klägerin vom 7. Oktober 1997 (B 12, Bl. 126 d. A.) ergibt - dieser bekannte Planung der Firma A.& Partner GmbH zunächst darin, mit dem Kredit von zwei grundsätzlich geplanten Mehrfamilienhäusern mit jeweils zwei Wohnungen zunächst den Erwerb des Gesamtgrundstücks und die Erstellung des Hauses Nr. 1 mit 12 Wohnungen einschließlich Nebenkosten zu erstellen, für welchen Bauabschnitt ein Kreditbedarf von 3,7 Mio. DM veranschlagt wurde. Wie im ersten Rechtszug auch aufgrund eigener Darstellung der Beklagten unstreitig gewesen ist, sollten sodann unter Verwendung der Erlöse der ersten 12 Wohnheiten als zweiter Bauabschnitt 12 weitere Wohneinheiten errichtet werden. Gleichwohl hat die Beklagte in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat unter Vorlage eines eigenen Schreibens vom 28. Oktober 1998 (Bl. 284 d. A.) behauptet, dass aus den Erlösen der ersten 12 Wohneinheiten zunächst die Darlehensforderung von 3,7 Mio. DM zurückgeführt und erst zu einem späteren - überhaupt noch nicht feststehenden - Zeitpunkt der zweite Bauabschnitt in Angriff genommen habe werden sollen. Tatsächlich wurden jedoch beide geplanten Bauabschnitte nicht nacheinander, sondern - so die Klägerin - aufgrund einer Umplanung mit je 12 Eigentumswohnungen nahezu zeitgleich verwirklicht, wozu die Klägerin noch eine weitere Kreditinanspruchnahme bis zu einem Volumen per 14. Oktober 1998 5.916.471,16 DM (K 11, Bl. 28 d. A.) zuließ.

Aus dem Verkauf der 12 Eigentumswohnungen aus dem ersten Bauabschnitt flossen aufgrund der von der Kreditnehmerin gegebenen Abtretung der Klägerin laut deren Darlegungen im ersten Rechtszug bisher 3.444.664,64 DM zu, gemäß ihren Darlegungen im zweiten Rechtszug 3.285.887,98 DM, welche die Klägerin - ihrer Darstellung nach wegen noch nicht abgeschlossener Abwicklung im Sinne der Makler- und Bauträgerverordnung - jedoch nicht sofort auf das Darlehens-Kontokorrentkonto verbuchte, sondern auf ein - im Vergleich zu den auf dem Kontokorrentkonto anfallenden Sollzinsen niedriger verzinsliches - Tagesgeldkonto.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass die vorgenommene Verrechnung der aus dem Verkauf der Wohnungen erzielten Erlöse zunächst auf den für den zweiten Bauabschnitt gewährten Kredit dem Vertrag entspreche. Weitere Zahlungseingänge aus der Veräußerung von Wohnungen aus dem ersten Bauabschnitt seien zudem nicht erfolgt. Auch seien der Beklagten Zinsen überhaupt nicht in Rechnung gestellt worden.

Nach Erlass eines im Urkundsverfahren antragsgemäß ergangenen Anerkenntnis-Vorbehalts-Urteils, mit welchem die Beklagte verurteilt worden ist, an die Klägerin 200.000 DM nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB gemäß § 1 DGÜ seit dem 5. August 2000 zu zahlen, hat die Klägerin im Nachverfahren beantragt,

das Anerkenntnisurteil für vorbehaltlos zu erklären.

Die Beklagte hat beantragt,

das Vorbehaltsurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat geltend gemacht, der Kredit sei zweckgerichtet für den Erwerb des Grundstücks und für die Erstellung des ersten Bauabschnitts - ein Haus mit 12 Eigentumswohnungen - ausgereicht worden. Insoweit habe sich die Bürgschaft nur auf ein derartiges Projekt bezogen. Auch hat die Beklagte die Höhe der Zahlungseingänge aus dem ersten Bauabschnitt mit Nichtwissen bestritten, weil nach den eigenen Angaben der Klägerin teilweise Restkaufpreisforderungen noch ausständen. Zudem seien zwischenzeitlich auch die Eigentumswohnungen aus dem zweiten Bauabschnitt veräußert worden, sodass der Klägerin Zahlungen in Höhe von insgesamt 6,5 Mio. DM zugeflossen sein müssen. Durch die unzulässige Verbuchung der Zahlungseingänge auf einem Tagesgeldkonto sei zudem ein Zinsschaden in Höhe von mindestens 300.000 DM entstanden.

Das Landgericht hat antragsgemäß das Anerkenntnisurteil für vorbehaltlos erklärt, da eine Haftung der Beklagten aus §§ 765, 760 BGB begründet sei. Der Beschränkung des Bürgschaftsrisikos auf das Bauvorhaben Aschooptwiet 23 in Pinneberg habe die Klägerin bereits dadurch entsprochen, dass sie die Abrechnung/ Verrechnung auf dieses Bauvorhaben beschränkt und das Bürgschaftsrisiko damit nicht noch auf weitere allgemeine Geschäftskredite erstreckt habe. Keinesfalls sei die Bürgschaftsgewährung allein auf den ersten Bauabschnitt des Bauprojekts beschränkt worden. Da nämlich der Erlös aus dem ersten Bauabschnitt gerade auch der Finanzierung des zweiten Bauabschnitts habe dienen sollen, sei letztlich erst der Erlös des zweiten Bauabschnitts für die Tilgung des Darlehens bestimmt gewesen. Hieraus folge aber, dass das Risiko der Bürgschaft sich auf das Objekt insgesamt bezogen habe. Auch habe die Beklagte substantiierte Einwendungen gegen die von der Klägerin vorgetragenen Zahlungseingänge nicht erhoben, obwohl ihr dies aufgrund ihres Grundverhältnisses zur Gemeinschuldnerin möglich gewesen wäre. Auf einen möglichen Zinsschaden durch falsche Verrechnung seitens der Klägerin komme es bereits deshalb nicht an, weil die Klägerin der Beklagten bislang nicht aufgelaufene Zinsen auf die Hauptforderung in Rechnung gestellt habe.

Gegen dieses ihr am 21. November 2001 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 21. Dezember 2001 rechtzeitig Berufung eingelegt und diese form- und fristgerecht wie folgt begründet:

- Entgegen der Auffassung des Landgerichts habe die Klägerin zu ihren, der Beklagten, Lasten durch die Erweiterung der Kreditverpflichtung auch das Bürgschaftsrisiko entscheidend erweitert. Denn die Kreditierung habe sich zunächst nur auf den Ankauf des Grundstücks und die Errichtung des ersten Bauabschnitts beziehen sollen (Beweis: Zeugnis M., S.).

- Unabhängig hiervon sei die Klägerin aufgrund vollzogener Abtretung seitens der Gemeinschuldnerin verpflichtet, sämtliche Erlöse aus den Grundstücks- und Wohnungseigentumsverkäufen auf die ursprüngliche Hauptforderung zu verrechnen. So sei es auch zwischen der Gemeinschuldnerin und der Klägerin einerseits und der Gemeinschuldnerin bzw. Herrn Michael Sch. andererseits abgesprochen worden (Beweis: Zeugnis M.). Ersichtlich habe die Klägerin die eingehenden Zahlungen jedoch zunächst dazu benutzt, ihre eigene Kreditlinie zu reduzieren.

- Auch die Verbuchung eingehender Erlöse zunächst auf ein Tagegeldkonto und nicht auf die Kreditlinie stelle eine weitere einseitige Verschiebung des Haftungsrisikos zu Lasten der Beklagten dar. Hierdurch sei ein Mindestzinsbetrag von 300.000 DM als Schaden entstanden (Beweis: Sachverständigengutachten).

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das landgerichtliche Urteil und vertieft ihr bisheriges Vorbringen.

Im Übrigen wird auf das landgerichtliche Urteil und die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze - einschließlich der nicht nachgelassenen Schriftsätze der Beklagten vom 31. März 2003 und der Klägerin vom 3. April 2003 - sowie die jeweiligen Bezugnahmen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

Zutreffend hat das Landgericht gemäß §§ 765, 767 BGB die Beklagte als Bürgin zur Zahlung von 200.000 DM zzgl. sich aus den §§ 284, 286, 288 Abs. 1 BGB rechtfertigenden Zinsen verurteilt. Denn der Bürgschaftsfall gemäß von der Klägerin angenommener Bürgschaftserklärung der Beklagten vom 31. Oktober 1997 über 200.000 DM (K 1, Bl. 5 f. d. A.) ist eingetreten (1.). Auch kann die Beklagte gegen die Inanspruchnahme aus dieser Bürgschaft nicht einwenden, dass die Klägerin treuwidrig den Bürgschaftsfall herbeigeführt oder das Bürgschaftsrisiko erhöht hätte (2.).

1.

Mit Bürgschaftserklärung vom 31. Oktober 1997 übernahm die Beklagte in Höhe eines Teilbetrages von 200.000 DM hinsichtlich eines im Grundbuchamt am schlechtesten abgesicherten Darlehensteilbetrages die Bürgschaft für Ansprüche der Klägerin aus deren Geschäftskredit vom 7. Oktober 1997 über 3,7 Mio. DM "wegen Objekt in Pinneberg, A.-twiet 23" gegenüber der Hauptschuldnerin A. & Partner. Obgleich die Klägerin später unstreitig den erwähnten Kreditrahmen von 3,7 Mio. DM zumindest faktisch auf über 5,9 Mio. DM ausweitete, ist nach - in ihrer Berechtigung nicht bestrittener - Kreditkündigung angesichts des Verzichts auf die Einrede der Vorausklage (§ 771 BGB) zu Lasten der Beklagten der Bürgschaftsfall deshalb eingetreten, weil und soweit das durch die Bürgschaft teilbesicherte Kreditvolumen in dem tatsächlich in größerem Ausmaß gewährten Kredit enthalten ist (a) und die Klägerin auch den entsprechenden Bestand der Hauptforderung hinreichend dargelegt hat (b).

a)

Was die Identität zwischen der durch die Bürgschaft gesicherten Hauptforderung und der tatsächlichen Hauptforderung anbelangt, verhält es sich keinesfalls derart, dass - etwa vergleichbar mit den der "Anlassrechtsprechung" des Bundesgerichtshofs (vgl. etwa BGHZ 126, 175 ff.; 130, 19 ff.; 137, 153 ff.; 143, 95 ff.) zugrunde liegenden Fällen - bei Gewährung einer "Globalbürgschaft" das in Betracht kommende Haftungsvolumen in für den Bürgen unerwarteter Weise gegenständlich ausgeweitet worden wäre. Denn dieses beträgt nach wie vor nur 200.000 DM eines projektbezogenen Universalkredits in Höhe von 3,7 Mio. DM, mag dieser - als einheitlich geführter Kontokorrentkredit - sich auch aus Sicht des Hauptschuldners aufgrund nachträglicher weiterer Kreditierung in größeren Verhältnissen bewegt haben. Dass hierbei nur die Bürgschaftserklärung vom 31. Oktober 1997 einen den Verwendungszweck des Kredits beschreibenden Zusatz "wegen Objekt in Pinneberg, A.-twiet 23" enthielt, nicht aber der formularmäßige "Universalvertrag für Geschäftskredite" der Klägerin mit der A. & Partner GmbH vom 7./12. Oktober 1997 (K 2, Bl. 6-7 d. A.) selbst, steht der Annahme einer hinreichenden Identität schon deshalb nicht entgegen, weil unstreitigerweise der Kredit von 3,7 Mio. DM ebenso wie der auf bis zu rund 5,9 Mio. DM vergrößerte Kredit tatsächlich für das fragliche Bauvorhaben verwendet worden ist und über diesen Verwendungszweck - ungeachtet der Ausweitung des Kreditvolumens - auch unstreitig von Beginn an Einverständnis zwischen allen Beteiligten bestand.

Abweichendes kann die Beklagte auch nicht daraus herleiten, dass die Kreditmittel entgegen ursprünglicher Intention der Klägerin und der Hauptschuldnerin nicht zunächst allein für die Errichtung eines ersten Bauabschnitts mit 12 Wohnungen verwendet wurden, sondern - aufgrund einer Umplanung mit der Folge nahezu gleichzeitiger Errichtung beider Bauabschnitte mit jeweils 12 Wohnungen - diese Kreditmittel ungeachtet der Ausweitung des Kreditvolumens von Beginn an zumindest auch anteilig in die Errichtung des zweiten Bauabschnitts geflossen sind. Zwar muss sich eine für die Finanzierung eines bestimmten Bauvorhabens gewährte Bürgschaft bei dessen Nichtdurchführung nicht ohne weiteres auf die Besicherung der Inanspruchnahme desselben Darlehens für ein völlig anderes Bauvorhaben erstrecken; der Bürge kann nämlich ein schützenswertes Interesse daran haben, nur die Verwendung von Kreditmitteln für bestimmte Zwecke zu besichern. Jedoch war die Verwendung der hier fraglichen Kreditmittel zumindest von vornherein auch für den zweiten Bauabschnitt des Bauvorhabens "Pinneberg, A.-twiet 23" ebenso eindeutig durch den erwähnten Wortlaut der in der Bürgschaftserklärung enthaltenen Sicherungszweckabrede gedeckt, wie die - als Kaufmann gemäß §§ 17 Abs. 2 GenG, 6 Abs. 2, 350 HGB nicht durch die Formvorschrift des § 766 BGB geschützte und behinderte - Beklagte auch nicht die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der erwähnten schriftlichen Beschreibung des Sicherungszwecks hat erschüttern können. Konnte zwar die Beklagte im Anschluss an die ursprünglichen Planungen der Hauptschuldnerin von einer zeitlich mehr oder weniger gestaffelten Errichtung beider Bauabschnitte von jeweils 12 Wohnungen des Objekts A.-twiet 23 ausgehen, so ist doch nichts dafür ersichtlich, dass sie - als rechtlich und wirtschaftlich erfahrene Bank - diese Einschätzung der Klägerin seinerzeit hinreichend erkennbar gegenüber zu einem verbindlichen Bestandteil der Sicherungsabrede selbst hätte verdichten wollen, zumal die baldige Realisierung eines zweiten Bauabschnitts sich angesichts der Grundstücksgröße geradezu aufdrängte. Nicht zuletzt das von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgelegte eigene Schreiben vom 28. Oktober 1998 deutet in eine andere Richtung, wird doch die in diesem Schreiben thematisierte Rückführung des ursprünglich gewährten Kredits von 3,7 Mio. DM mit Erlösen von ca. 4,16 Mio. DM "aus dem Verkauf des Objektes insgesamt" begründet, also nicht etwa aus dem Verkauf von nur 12 Wohnungen des ersten Bauabschnitts.

b)

Auch bestreitet die Beklagte - was den Bestand der Hauptforderung anbelangt - letztlich nicht, dass sowohl die ursprünglichen 3,7 Mio. DM als auch noch weitere Beträge bis zur Höhe von 5.916.471,16 DM per 14. Oktober 1998 von der Hauptschuldnerin tatsächlich in Anspruch genommen worden sind und dass die Klägerin gemäß eigener Bürgschaftserklärung der Beklagten eingehende Zahlungen zunächst auf die nicht durch die Bürgschaft gesicherten Teile des Kredits verrechnen durfte, was es ihr in der Tat erlaubte, in gewissen Grenzen zunächst ihre eigene Kreditlinie zurückzuführen.

Im Übrigen hat die Klägerin zwar bisher weder eine vollständige Zuordnung der Erlöse aus der Veräußerung aller 24 Wohneinheiten zum Gesamtkreditvolumen von 5.916.471,16 DM dargelegt noch die hypothetische Entwicklung der Rückführung des ursprünglichen 3,7 Mio. DM-Kredits verbunden mit der im ersten Rechtszug unstreitigen Annahme, dass die Erlöse aus der Veräußerung der ersten 12 Wohneinheiten noch nicht den 3,7 Mio. DM Kredit zurückführen, sondern erst der Errichtung des zweiten Bauabschnitts zur Verfügung stehen sollten. Gleichwohl kann aus der Darlegung von Verkaufserlösen aus den ersten 12 Wohnungen von - im ersten Rechtszug 3.444.564,64 DM bzw. im zweiten Rechtszug 3.285.887,98 DM - deshalb auf einen die Bürgenhaftung der Beklagten begründenden Ausfall der Klägerin jedenfalls in Höhe von 200.000 DM geschlossen werden, weil ihr Vortrag dahingehend auszulegen ist, dass sie sich jedenfalls hilfsweise die zwischenzeitliche Behauptung der Beklagten zu eigen macht, die Erlöse aus den ersten 12 Wohnungen hätten sofort der Zurückführung eines Teilbetrages von 3,7 Mio. DM des Gesamtkredits dienen müssen. Da die Beklagte eine in der Dimension abweichende Rechnung aber nicht dargelegt bzw. plausibel gemacht hat, ist davon auszugehen, dass die Erlöse aus den ersten 12 Wohnungen ungeachtet der Differenzen zwischen der erstinstanzlichen und zweitinstanzlichen Darlegung der Klägerin ein Kreditvolumen von 3,7 Mio. DM jedenfalls um mehr als 200.000 DM - der Höhe der Klagforderung - unterschreiten. Vor diesem Hintergrund kann im Anschluss an dass Landgericht auch offen bleiben, inwieweit die Verbuchung der eingehenden Erlöse zunächst auf Tagegeldkonten zulässig war oder nicht.

2.

Gegenüber der Inanspruchnahme aus der streitbefangenen Bürgschaft kann die Beklagte aber der Klägerin schließlich auch nicht eine treuwidrige Verschärfung des Bürgenrisikos deshalb vorwerfen, weil die nach Behauptung der Beklagten zeitgleiche Realisierung beider Bauabschnitte aufgrund des höheren Kreditvolumens die Wahrscheinlichkeit des Eintritts von Liquiditätsschwierigkeiten der Hauptschuldnerin und damit des Bürgschaftsrisikos vergrößert haben könnte.

Zunächst ist es nach Auffassung des Senats bereits nicht zweifelsfrei, dass jede Erhöhung des Kreditvolumens zu Gunsten der Hauptschuldnerin zwingend zu einer Vergrößerung des Bürgschaftsrisikos für die Beklagte führen musste. Denn der hierdurch bewirkten Ausweitung der Verbindlichkeiten der Hauptschuldnerin stand zunächst auch ein Zufluss an Liquidität und die Eröffnung von Erwerbschancen gegenüber. Auch war im ersten Rechtszug unstreitig, dass die Erlöse aus dem ersten Bauabschnitt nicht sogleich der Rückführung des 3,7 Mio. DM-Kredits dienen sollten, sondern der Finanzierung des zweiten Bauabschnitts, sodass eine Rückführung des Kredits erst nach dessen Fertigstellung aus den sodann vorhandenen Erlösen hätte erfolgen können. Bei einem derartigen Geschehensablauf - dessen Projektierrung im zweiten Rechtszug in Abrede zu stellen, die Beklagte auch in ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 31. März 2003 nicht hat plausibel begründen können - hätten diese Erlöse aber zunächst ebenfalls nicht der Kreditrückführung dienen können, sodass der Unterschied zwischen der tatsächlichen und der im ersten Rechtszug unstreitigerweise zunächst beabsichtigten Projektdurchführung allein in der kurzfristigen Ausweitung des Kreditvolumens bei gleichzeitiger oder zeitlich verschränkter Errichtung beider Wohneinheiten im Vergleich zu einem niedrigeren, aber längerfristigen Kreditvolumen bei nachgeschalteter Errichtung besteht. Inwieweit die eine oder andere Fallgestaltung für einen Bürgen größere Risiken birgt, wird sich jedoch nur schwer allgemein ermitteln lassen und maßgeblich von der wirtschaftlichen Situation des konkreten Hauptschuldners abhängen. Insoweit ist aber nichts dafür ersichtlich, dass jede Ausweitung des Kreditvolumens der A. & Partner GmbH seinerzeit für einen Bürgen von vornherein zu einer Verschärfung seines Risikos führen musste. Nochmals ist außerdem darauf zu verweisen, dass die Parteien weder - wie bereits erörtert - eine gegenständliche Verwendung der Mittel aus dem Kredit von 3,7 Mio. DM zumindest auch für den zweiten Bauabschnitt in ihren Vereinbarungen ausgeschlossen, noch - was immerhin möglich gewesen wäre - einen bestimmten Bauzeitenplan hinsichtlich der zeitlichen Abfolge der einzelnen Bauabschnitte im Gesamtprojekt vereinbart hatten.

Anderes würde selbst dann nicht gelten, wenn zu Gunsten der Beklagten unterstellt würde, dass bei zutreffender Verwendung der Erlöse aus dem ersten Bauabschnitt diese voll umfänglich und sofort zur Rückführung des Teilkredits von 3,7 Mio. DM hätten verwendet werden müssen. Denn auch dies hätte die Klägerin nicht daran gehindert, der Hauptschuldnerin neben diesem Kredit weitere Kredite zu gewähren - ggf. auch für andere Projekte - und durch die hierdurch geförderte Expansion des Geschäftsumfangs letztlich das Insolvenzrisiko und damit das Risiko des Eintritts des Bürgschaftsfalls für die Beklagte zu erhöhen. Denn grundsätzlich kommt dem Gläubiger gegenüber dem Bürgen keine vermögensbezogene Sorgfaltspflicht zu (vgl. nur BGH WM 1997, 1045, 1047; BGH WM 1999, 1614, 1615). Ausnahmen kommen - abgesehen von den seltenen Fällen eines ausdrücklich vereinbarten Verbots einer weiteren Kreditvergabe an den Hauptschuldner (BGH WM 1968, 1391, 1392) oder Fällen kollusiven Zusammenwirkens von Hauptschuldner und Gläubiger (vgl. hierzu OLG Bamberg WM 2000, 1582 ff.) - lediglich dann in Betracht, wenn der Gläubiger durch sein Verhalten und nur für ihn erkennbar das Bürgschaftsrisiko erhöht hätte (BGH WM 1984, 586, 586; BGH WM 1986, 11, 12), oder wenn angesichts besonderer Umstände des Einzelfalls davon auszugehen ist, dass im Verhältnis zum Gläubiger der Bürge über das Bürgschaftsrisiko nicht hinreichend informiert ist (BGH WM 1997, 1045, 1047 f.; OLG Stuttgart OLGR 2001, 242, 243 f.). Anhaltspunkte für ein kollusives Verhalten der Klägerin und der A. & Partner GmbH liegen jedoch ebenso wenig vor wie für allein der Klägerin zugängliche Informationen über die wirtschaftliche Lage der A. & Partner GmbH. Vielmehr durfte die Klägerin von der Beklagten als Bank und Kaufmann erwarten, dass sie sich über die Bonität der Hauptschuldnerin hinreichend informiert hatte, um bei wesentlicher Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation der Hauptschuldnerin äußerstenfalls auch ihrerseits aus wichtigem Grund die übernommene Bürgschaft zu kündigen (vgl. BGH NJW 1986, 252, 252 f.).

Eine Revision hat der Senat nicht zugelassen, weil der Rechtsstreit weder grundsätzliche Bedeutung besitzt, noch die Rechtsfortbildung oder die Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung eine revisionsgerichtliche Entscheidung erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Die übrigen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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