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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 20.12.2007
Aktenzeichen: 5 U 98/04
Rechtsgebiete: BBodSchG, UmweltHG


Vorschriften:

BBodSchG § 4
BBodSchG § 24
UmweltHG § 6
UmweltHG § 7
1. Eine Feststellungsklage betreffend die Ausgleichspflicht eines Sanierungspflichtigen nach § 24 Abs. 2 BBodSchG setzt weder die Durchführung von Sanierungsmaßnahmen noch die vorherige behördliche Heranziehung eines Sanierungspflichtigen voraus. Für das Feststellungsinteresse des Grundstückseigentümers gegenüber dem Handlungsstörer reicht es aus, wenn eine baurechtliche Nutzungsänderung wegen planerischer Vorarbeiten der Gemeinde jedenfalls möglich erscheint und für diesen Fall ein Sanierungsbedürfnis mit großer Wahrscheinlichkeit entsteht.

2. Hat eine Gemeinde auf einem gepachteten Grundstück eine Hausmülldeponie betrieben, so ist sie unter analoger Heranziehung der Ursachenvermutung aus § 6 I UmweltHG als pflichtige Handlungsstörerin iSd §§ 4, 24 BBodSchG anzusehen, wenn sich die Schadstoffbelastung, aus der die Sanierungsnotwendigkeit resultiert, innerhalb der Spannweite von Befunden hält, die bei nach damaligem Stand betriebenen Hausmülldeponien zu erwarten sind. Der Grundstückseigentümer wird weder durch die Verpachtung an die Gemeinde zu dem genannten Zweck noch durch eine gelegentliche Mitnutzung der von der Gemeinde auf seinem Grundstück betriebenen Hausmülldeponie zum weiteren Handlungsstörer im Sinne dieser Normen.


Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

5 U 98/04

verkündet am: 20. Dezember 2007

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 22.11.2007 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Kläger wird das am 1. Juli 2004 verkündete Urteil des Einzelrichters der 7. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe geändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern sämtliche Kosten, die diesen im Zusammenhang mit einer nach den Vorschriften des Bundesbodenschutzgesetzes (BBodSchG) erforderlichen Sanierung ihrer nachfolgend bezeichneten Grundstücke entstehen, zu erstatten oder die Kläger von den Kosten freizuhalten, und zwar soweit es um die ehemalige Hausmülldeponie der Beklagten geht und soweit die Sanierung erforderlich ist, um eine gemischte Wohn- und Gewerbenutzung zu ermöglichen:

1. Grundbuch von ... Blatt 10079, Gemarkung ..., Flur 5, Flurstück 13/8,

2. Grundbuch von ... Blatt 10098, Gemarkung ..., Flur 5, Flurstück 13/10.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung der Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.

Gründe:

I.

Die Kläger begehren die Feststellung von Ausgleichsansprüchen nach § 24 Abs. 2 S. 1 Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG).

Die Kläger erwarben mit Kaufvertrag vom 14. März 1991 von der I-GmbH i.L., Pinneberg - bis zum 17. Dezember 1975 als R-GmbH firmierend - zum Preis von 12,5 Mio. DM (UR-Nr. 1091/91 des Notars Dr. ...) ein u. a. im Grundbuch von .... Blatt L 10097 und L 10098 eingetragenes und zum Teil am Fluss "M" belegenes Grundvermögen, welches die R-GmbH jedenfalls hinsichtlich der Flurstücke 13/8 und 13/10 - seinerzeit noch in den unaufgeteilten Flurstücken 13/4 und 13/5 enthalten - von dem Kaufmann B am 23. Juni 1958 zu UR-Nr. 1063/1958 des Notars ... erworben hatte. Zumindest die heutigen Flurstücke 13/8 und 13/10, möglicherweise aber auch die Flurstücke 13/9 und 13/11 sowie benachbarte Grundstücke - der genaue Umfang ist streitig -, wurden von der Beklagten zumindest in den Jahren 1958 bis 1962 als Hausmülldeponie genutzt. Dies geschah im Verhältnis zum Voreigentümer B - wie ein Schriftwechsel vom 12.Mai/16. Mai 1958 (BV 7, BV 8) zeigt - mit dessen Einverständnis, auf welches § 4 Satz 2 und 3 des Vertrages vom 23. Juni 1958 (BV 5) wie folgt verweist:

" Die Stadt ... füllt das Gelände mit Müll und Schutt auf, ohne dass hierüber vertragliche Feststellungen bestehen. Der Grundeigentümer ist jederzeit zur Einstellung der Anfuhr berechtigt."

Ein weiterer Bereich - die heutigen Flurstücke 13/14 und 13/15 - wurde aufgrund eines im Berufungsrechtszug vorgelegten Verfüllungsvertrages mit der Firma G. vom 14.August 1959 (BV 2) ebenfalls von der Beklagten genutzt. Im angrenzenden Bereich, welcher Teil des mit Kaufvertrag vom 14. März 1991 von den Klägern erworbenen Grundvermögens ist, betrieb die R-GmbH - später I-GmbH - eine Motorenfabrik einschließlich Gießerei und Lackiererei, ließ diese aber später auch zum Teil durch andere Firmen und Gesellschaften betreiben. Auf dem Industriegelände existierten eine Vielzahl von Öltanks für Benzin, zum Teil auch unterirdisch. In § 7 des erwähnten Kaufvertrages vom 14. März 1991 (B 2) hatten die Kläger als Käufer erklärt, dass ihnen bekannt sei,

" dass die Grundstücke für den Betrieb einer Motorenfabrik einschließlich Gießerei und Lackiererei benutzt wurden. Nähere Einzelheiten über die Arten der Nutzung der Lagerstätten für Material und der Versorgungseinrichtungen ergeben sich aus dem diesem Vertrag beigefügten Objektplan (Anlage). Der Käufer hat sich über den Zustand des Grundstücks informiert. Der Käufer akzeptiert uneingeschränkt, dass der Verkäufer für das Fehlen von Bodenverunreinigungen keine Gewähr übernimmt."

Weiter hatte sich der Verkäufer lediglich verpflichtet, auf seine Kosten alle planmäßig verzeichneten unterirdischen Tanks für Benzin und Heizöl zu entsorgen. Gemäß § 6 Abs. 7 des Vertrages hatten die Kläger sich außerdem verpflichtet, die Verkäuferin ab Verrechnungstag von allen Ansprüchen Dritter freizustellen.

Die Kläger beabsichtigen eine Überbauung des gesamten Grundstücks mit Wohneinheiten und Gewerbeobjekten. Nach in diesem Zusammenhang mit der Beklagten geführten Verhandlungen hat die Beklagte auf der Grundlage eines entsprechenden Grundsatzbeschlusses ihres Hauptausschusses vom 28. April 1999 (K 13, Bd. I, Bl. 102 d.A.) zwar entsprechende Vorplanungen eingeleitet - insoweit wird auf das Anlagenkonvolut K 10 (Bd. I, Bl. 72 ff d. A.) verwiesen -, es zu einem förmlichen Planaufstellungsverfahren aber bisher nicht kommen lassen. Der für die Umgebung aufgestellte Bebauungsplan Nr. 84 nimmt den fraglichen Teil des ehemaligen I-Geländes von der Planung aus. Im Zuge der Vorplanungen wurden die Grundstücke mehrfach untersucht, mit dem Ergebnis, dass dort in verschiedenen Schadensbereichen des Grundstücks Altlasten festgestellt wurden, u. a. auch im Schadensbereich 7, der sich in etwa mit dem Bereich der ehemaligen Hausmüllverfüllungsanlage deckt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die "Vorstellungnahme" der Prof. Dipl.-Ing. E und Dipl.-Ing. D vom 29. August 1994 (K 3) sowie deren "Schadenseingrenzung" vom 10. September 1996 (K 4), "Machbarkeitsstudie zu möglichen nutzungsabhängigen Sicherungs-/Sanierungsmaßnahmen" vom 25. Oktober 1996 (K 5), 1. Bericht über eine "Orientierende Untersuchung" vom 26. Januar 1996 (B 5) und Bohrsondierungsplan (B 6) verwiesen.

Laut "Schadenseingrenzung" (Ziffer 7.1.5, S. 44) wurden "im Bereich der Altablagerung (Schadensbereich 7) ... in dem ehemals abgelagerten Bauschutt, Industrie- und Gewerbematerialien ein Schadstoffgemisch aus Mineralölkohlenwasserstoffen, Phenolen, polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK), Schwermetallen (Blei, Kadmium, Kupfer, Nickel, Zink) und Arsen mit zum Teil sanierungsrelevanten Konzentrationen nachgewiesen". In der "Machbarkeitsstudie" wurden je nach Nutzungsart unterschiedliche Sanierungsmaßnahmen und Sanierungskosten ermittelt, für den Fall einer "Totalsanierung der Altdeponie (Bodenaustausch)" Sanierungskosten bis zu 25 Mio. DM (K 5, S. 23 ff.). Insgesamt empfahlen die Ingenieure "im Bebauungsplan den Bereich der Altdeponie nicht für eine Gewerbe- oder Wohnnutzung, sondern (nach Umgestaltung) als Parkanlage auszuweisen" (a. a. O. S. 30).

Sanierungsmaßnahmen führten die Kläger und die Beklagte bisher ebenso wenig durch, wie an die Kläger behördlich näher herangetreten worden wäre. Insoweit hat der Landrat des Kreises ... - Fachdienst Umwelt - in einem Schreiben an die Beklagte vom 31. Oktober 2000 (B 7) - bestätigt durch ein weiteres Schreiben vom 29. April 2004 (B 10, Bd. I, Bl. 130 f. d.A.) - ausgeführt:

"Wie aus den Gutachten des Büros E und D hervorgeht, befinden sich im Deponiekörper umweltrelevante Kontaminationen an MKW, Phenole, PAK, Arsen, Cadmium, Kupfer und Zink. Im Stauwasser, welches nicht flächenhaft ausgebildet ist, sind LCKW, MKW und Zink ebenfalls in umweltrelevanten Konzentrationen nachgewiesen worden. Zur Beurteilung, ob von o. g. Kontaminationen, welche für eine Altablagerung nicht ungewöhnlich sind, tatsächlich eine Gefahr für die Schutzgüter Wasser, Boden, Mensch ausgeht, wurden weitergehende Untersuchungen durchgeführt. ...

Aufgrund der heutigen bestehenden Nutzung auf dem Areal der ehemaligen Deponie ist z. Zt. kein weiterer Handlungsbedarf als eine regelmäßige Überwachung der Grundwasserbeschaffenheit und der Raumluftmessung gegeben.

Eine Anordnung zur Sicherung bzw. Sanierung der Altablagerung ist bisher an keinen der bodenschutzrechtlichen Verantwortlichen ergangen, da nach den vorliegenden Untersuchungsergebnissen von der Altablagerung keine akute Gefährdung für das Grundwasser, für Personen oder die Allgemeinheit ausgeht. Eine weitere Beobachtung der Altablagerungen im Rahmen von Grundwasser- und Gasmessungen ist jedoch erforderlich, um eine ggf. spätere Schadstoffausbreitung rechtzeitig zu erfassen und entsprechende Sanierungsmaßnahmen einleiten zu können. Diese Überwachungsmaßnahmen wurden bisher von der Stadt .... beauftragt bzw. durchgeführt.

Wie auch schon öfter dem Investor über die von ihm beauftragte Firma P (siehe Anlagen) mitgeteilt wurde, läge der Sachverhalt anders, wenn die Fläche der Altablagerung einer anderen Nutzung zugeführt werden soll. Hier sind dann die Maßstäbe des/der BBodSchG/BBodSchV anzulegen entsprechend der Ausweisung als Wohn- oder Gewerbegebiet. In solch einem Fall ist eine Sanierung z. B. durch Auskofferung des Deponiekörpers erforderlich."

Nach Zuleitung des Klagentwurfs mit Klägerschreiben vom 22. Mai 2000 nahm die Beklagte zunächst inhaltlich nicht Stellung (K 6). Nach Klagerhebung am 5. Oktober 2000 wurde im Hinblick auf Vergleichsverhandlungen mit Beschluss vom 22. Juni 2001 das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Die Kläger haben das Verfahren im November 2003 wieder aufgenommen.

Die Kläger haben ihr Feststellungsbegehren erstinstanzlich damit begründet, dass unter Zugrundelegung der durchgeführten Untersuchungen und ggf. ergänzender Vernehmung eines instruierten Vertreters der Ingenieure E und D die Sanierungsverantwortlichkeit der Beklagten als Handlungsstörerin feststehe und - ihr Grundstück habe ein Flächenanteil von ca. 40 % am Gebiet der Altdeponie - sie mit 10 Mio. DM Sanierungskosten für eine uneingeschränkte Wohnnutzung des Gebiets rechnen müssten, die Beklagte aber sich ihnen gegenüber nicht zur Übernahme der Sanierungskosten bereit erklärt, sondern im Zuge der Vorarbeitung zur Bauleitplanung von ihnen wiederholt eine Übernahme der Sanierungskosten erfordert habe. Für die Feststellungsklage sei - so die klägerische Auffassung - nicht Voraussetzung, dass bereits behördliche Maßnahmen ergriffen worden seien.

Die Beklagte hat erstinstanzlich vor allem eine Ursächlichkeit der Deponieablagerungen für die in diesem Bereich festgestellten Kontaminationen bestritten. Angesichts der diversen Lagerungen von Öl u. ä auf dem übrigen Industriegelände müsse von einem Eintrag von dort auch in den Deponiebereich ausgegangen werden. Zudem stehe die Sanierungsnotwendigkeit auf Grund der bisherigen Gutachten keinesfalls fest. Im Übrigen müssten die Kläger sich zurechnen lassen, dass sie auf jegliche Gewährleistungsrechte in dem Kaufvertrag vom 24. März 1991 verzichtet hätten. Auch hat die Beklagte sich auf die Einrede der Verjährung berufen.

Das Landgericht, auf dessen Urteil gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO verwiesen wird, hat die Feststellungsklage zwar für zulässig erachtet, aber als unbegründet abgewiesen. Zweifelhaft sei bereits, ob § 24 Abs. 2 BBodSchG auf den vorliegenden Altfall anwendbar sei oder ob es nicht bei Anwendung zu einer verfassungsrechtlich bedenklichen Rückwirkung komme. Weiter sei zweifelhaft, ob alle Verunreinigungen auf der Deponie dem Deponiebetrieb der Beklagten zuzurechnen seien. Als Verursacher einer Altlast oder Handlungsstörer sei nicht nur derjenige anzusehen, welcher die Deponieeinlagerung vornehme, sondern auch der Grundstückseigentümer, der dies gestattet habe. Könnten folglich die Kläger schon deshalb nicht als Zustandsstörer von der Beklagten als Handlungsstörerin den gesamten Sanierungsbetrag erfordern, so hafte diese den Klägern außerdem wegen des Vorrangs einer vertraglichen Vereinbarung nicht. Eine derartige Vereinbarung sei aber der Vermüllungsvertrag zwischen der Beklagten und dem damaligen Grundstückseigentümer, da dieser von der Beklagten seinerzeit Geld dafür bekommen habe, dass sich die Stadt ... des Mülls dort endgültig habe entledigen können. An dieser Vereinbarung seien die Kläger zwar nicht beteiligt gewesen, gleichwohl hätten sie in ihrem mit den I-Werken als Voreigentümerin geschlossenen Vertrag sämtliche Pflichten für Maßnahmen nach dem Bundesbodenschutzgesetz übernommen. Auf Grund entsprechender Anwendung der Regelungen über ein gestörtes Gesamtschuldverhältnis müsse der Anspruch eines Gesamtschuldners gegen einen anderen Gesamtschuldner jedoch dann gekürzt werden, wenn der Gläubiger mit einem anderen Gesamtschuldner eine Vereinbarung getroffen habe, die diesen von der Haftung für Sanierungskosten freistelle. Da aber im Verhältnis zwischen der Beklagten und dem I-Werk diese ursprünglich allein die Kosten der Sanierung zu tragen gehabt hätten, könne den Klägern gegen die Beklagte ein Anspruch nicht zustehen.

Gegen dieses Urteil haben die Kläger rechtzeitig Berufung eingelegt und diese nachfolgend form- und fristgerecht wie folgt begründet:

- Klarzustellen sei zunächst, dass eine für die Nutzung als gemischte Wohn- und Gewerbenutzungsfläche erforderliche Sanierung allein hinsichtlich der Flurstücke 13/8 und 13/10 begehrt werde, da im Wesentlichen diese Flurstücke den Schadensbereich 7 bildeten und der Kontaminierungsgrad der Flurstücke 13/9 und 13/11 - welche einen schmalen Uferstreifen an dem Fluss M bildeten - ohnehin nicht eindeutig feststehe.

- Entgegen der Auffassung des Landgerichts könne es keinesfalls einem ernsthaften Zweifel unterliegen, dass die Hausmülldeponie (Schadensbereich 7) im Wesentlichen durch die Einbringung von Deponieabfällen kontaminiert worden sei. Aber auch in Ansehung der von der Beklagten im Berufungsrechtszug vorgelegten Unterlagen über eigene Schuttablagerungen der R-GmbH - so das Schreiben des Ordnungsamtes der Beklagten vom 13. Juni 1966 (BV 13) und der vorangegangene Aktenvermerk (BV 14) - ergebe sich nichts anderes, sei doch in diesen Unterlagen nur von Papierabfällen die Rede und könne doch den von der Beklagten eingereichten Fotografien (BV 10 -12) für die Jahre 1954, 1958/1959 und heute in Relation zu den vorhandenen Baulichkeiten Müllablagerungen und eine "Müllkante" entnommen werden, die nichts mit den seinerzeitigen Werksaktivitäten zu tun gehabt hätten. Auch hätte die R-GmbH Müllablagerungen erst ab 1964 vorgenommen. Zudem rührten die feststellbaren Verunreinigungen allein von der Hausmülldeponie her.

- Keinesfalls habe zudem das Landgericht einen Hausmüllverfüllungsvertrag der Entscheidung zugrunde legen dürfen, ohne diesen überhaupt zu kennen. Ohnehin dürfe entgegen der Auffassung des Landgerichts aus diesem nichts zu Gunsten der Beklagten hergeleitet werden. Denn dieser Vertrag sei weder mit ihnen - den Klägern - geschlossen worden, noch mit der Voreigentümerin I-GmBH/ R-GmbH selbst. Ebenso seien sie selbst nicht am Vertrag der R-GmbH mit B (BV 5) beteiligt gewesen, dem allerdings ohnehin keine Freistellung der Beklagten von Haftungsrisiken zu entnehmen sei. Aber auch ihr eigener Kaufvertrag mit der I-GmbH regele das Altlasten-Risiko nur hinsichtlich der Kontaminierungen aus der industriellen Nutzung des I-Geländes, aber nicht darüber hinaus, etwa hinsichtlich der den Beteiligten seinerzeit unbekannten Altlasten aus Deponienutzungen. Allerdings komme dem nunmehr vorgelegten Hausmüllverfüllungsvertrag mit der Firma E vom 14. August 1959 (BV 2) insoweit indizielle Wirkung zu, als die Beklagte sich auch auf dessen Grundlage ausweislich des nunmehr von ihr selbst vorgelegten Aktenvermerks vom 16. Mai 1962 (BV 30 b) bereits seinerzeit zur Beseitigung des angefahrenen Mülls nach Schließung des Müllplatzes verpflichtet gesehen habe.

- Keinesfalls habe die Belegenheit der früheren Hausmülldeponie bei der Kaufpreisgestaltung eine Rolle gespielt, dies auch deshalb nicht, weil die Geschäftsführung der I-Werke vom Betrieb der Hausmülldeponie nichts gewusst habe. Die Wertangaben im Bewertungsgutachten T (K 16, Bl. 144 ff d-A.) seien überhöht, habe dieses Gutachten als von Verkäuferseite in Auftrag gegebenes Gutachten doch den Kaufpreis in die Höhe treiben sollen. Auch habe die Mülldeponie bei der Erstellung des Gutachtens T keine Rolle gespielt. Dass der Kaufpreis dann doch geringer ausgefallen sei, liege am schnellen Abwicklungsinteresse der amerikanischen Muttergesellschaft der I-GmbH, sei doch das Grundstück "gegen Gebot" angeboten worden.

- Schließlich habe die Beklagte seit mehr als 10 Jahren auf dem im Kerngebiet der Stadt ... belegenen Grundstück eine Wohnbebauung durchführen wollen, demzufolge die als Anlage K 15 (Bd. I, Bl. 143 d.A.) vorgelegte Planung zwischen den Parteien abgestimmt gewesen sei und die Planung nicht am mangelnden Planungswillen der Beklagten, sondern an deren finanziellen Forderungen gegenüber den Investoren gescheitert sei.

Die Kläger beantragen,

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern sämtliche Kosten, die diesen im Zusammenhang mit einer nach den Vorschriften des Bundesbodenschutzgesetzes (BBodSchG) erforderlichen Sanierung ihrer nachfolgend bezeichneten Grundstücke zu erstatten oder die Kläger von diesen Kosten frei zu halten, und zwar soweit es um die ehemalige Hausmülldeponie der Beklagten geht und soweit die Sanierung erforderlich ist, um eine gemischte Wohn- und Gewerbenutzung zu ermöglichen:

1. Grundbuch von ... Blatt 10079, Gemarkung ..., Flur 5, Flurstück 13/8,

2. Grundbuch von ... Blatt 10098, Gemarkung ..., Flur 5, Flurstück 13/10.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil in seinem Ergebnis und vertieft ihr bisheriges Vorbringen wie folgt:

- Festzuhalten sei zunächst, dass die Kläger ursprünglich auch Feststellungen hinsichtlich der Flurstücke 13/9 und 13/11 begehrt hätten und insoweit eine Teilklagrücknahme vorliege.

- Der nunmehr als Anlage BV 2 vorgelegte Hausmüllverfüllungsvertrag vom 14. August mit der Firma E sei für die streitgegenständlichen Flurstücke 13/8 und 13/10 unerheblich. Aus dem notariellen Kaufvertrag zwischen B und der R-GmbH vom 23. Juni 1958 (BV 5) einerseits und dem Schriftwechsel B's mit ihr - der Beklagten - vom 12./16. Mai 1958 (BV 7/BV 8) andererseits ergebe sich jedoch, dass der Voreigentümer B die Stadtwerke .... geradezu um weitere Auffüllungen gebeten habe. Später habe dann die R-GmbH selbst Schutt abgelagert - also die Deponie selbst betrieben -, ohne im Besitz einer Genehmigung auf der Grundlage der seinerzeit noch gültigen "Polizeiverordnung betr. das Abladen von Müll, Schutt und Gerümpel" vom 7. Januar 1937 (BV 34) zu sein, was zu ordnungsbehördlichem Vorgehen - dokumentiert in einem Schreiben vom 13. Juni 1966 (BV 13) und in Einsatzvermerken vom 10. September und 16. Oktober 1964 (BV 21) - und u.a. zu einer Entschuldigung der R-GmbH vom 1. Juli 1966 für einen Brand "auf unserem Schuttplatz" (BV 15) geführt habe. Die Müllablagerung auf dem R-/I-Gelände einschließlich des nicht durchgeführten Baus einer Müllverbrennungsanlage und der Einebnung/Räumung des Müllplatzes sei aber auch nachgängig ein Thema gewesen - dies ergebe sich aus diversen im Berufungsrechtszug vorgelegten Aktenstücken BV 15 - 30 , was zeige, dass die früheren Grundstückseigentümer B und R-GmbH zunächst mit der Müllablagerung einverstanden gewesen seien und dass die R-GmbH/I-GmbH diese sodann später auch selbst organisiert habe. Im Übrigen habe annehmbar nicht nur sie, die Beklagte, sondern - wie einem Schreiben des Bauamtes an den Magistrat vom 17. November 1961 (BV 30 c) entnommen werden müsse - auch etwa die ... Müllabfuhr auf dem Gelände Müll abgelagert.

- Was die Situation bei Vertragsschluss der Kläger mit den ILO-Motorenwerke GmbH anbelange, habe der Kläger X sich Anfang 1991 in Begleitung durch den Liquidator der I-Werke K bei dem städtischen Mitarbeiter S über den Betrieb der städtischen Mülldeponie unterrichtet und hierbei Akteneinsicht - u. auch in die Mülldeponieerfassungskarte (BV 34, Bl. 424 d.A.) - genommen. Dies habe der Zeuge K auch später gegenüber dem Mitarbeiter St der Beklagten erklärt. Weiter könne der eingeschaltete Makler L - insoweit berufen sich die Kläger gegenbeweislich auf das Zeugnis des Zeugen K - bestätigen, dass dieser Deponiebetrieb der Grund für die Kaufpreisermäßigung im Verhältnis zu dem Wertgutachten T gewesen sei, wobei auch der Verkehrswert in diesem Gutachten eher zu niedrig angesetzt worden sei. Dieser Deponiebetrieb sei auch der Hintergrund für die Altlastenfreistellungsklausel im Kaufvertrag gewesen, was auch dem Zeugen St gegenüber erklärt worden sei.

- Im Übrigen könne aus den vorliegenden und vor Inkrafttreten des BBodSchG getätigten Untersuchungen nichts für die heute gültigen Grenzwerte abgeleitet werden. Die bisher festgestellte Cadmium-Belastung entfalle zudem auf das Flurstück 13/16, die festgestellte Arsen-Belastung zwar noch auf das Flurstück 13/10, sei aber - wie dem Bohrsondierungsplan B 6 zu entnehmen sei - weit außerhalb der Hausmüllablagerungsfläche in unmittelbarer Nähe zum allein durch die I-Werke kontaminierten Schadensbereich 6 festgestellt worden. Auch müssten die Kläger sich die Haftungsfreistellungserklärungen ihrer Rechtsvorgänger im Eigentum ebenso zurechnen lassen wie den Umstand, dass sie in voller Kenntnis ein kontaminiertes Grundstück erworben hätten.

- Ungeachtet dessen habe sich eine Sanierung aber ausschließlich an den sich aus einer bauplanungsrechtlich zulässigen Nutzung ergebenden Anforderungen auszurichten. Derzeit sei das fragliche Gelände indes allein nach § 34 BauGB zu beurteilen, wobei die jahrzehntelange gewerbliche Nutzung prägend sei. Eine Wohnbebauung sei folglich zur Zeit nicht zulässig; auf eine entsprechende Planaufstellung hätten die Kläger keinen Anspruch. Ohnehin bestehe bei Fortdauer des derzeitigen Zustands nur Beobachtungs-, aber kein Sanierungsbedarf. Schon deshalb müsse der Feststellungsantrag auch bereits unzulässig sein. Dasselbe folge daraus, dass eine Inanspruchnahme der Kläger als reine Zustandstörer in jedem Fall rechtswidrig sein würde.

Im Übrigen wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die jeweils beigefügten Anlagen.

Der Senat hat die Zeugen S, K, L und E gemäß Beweisbeschluss vom 1. September 2005 gehört. Hinsichtlich dieses Beschlusses und der Aussagen der Zeugen wird auf das Sitzungsprotokoll von diesem Tag Bl. 477 bis 495 d.A. Bezug genommen.

Der Senat hat sodann aufgrund der Beschlüsse vom 29. September 2005 (Bl. 537 bis 540 d.A.) und 21. Dezember 2005 (Bl. 569 d.A.) Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. W vom 21. Mai 2007 (Anlagenband) wird Bezug genommen. Der Sachverständige ist ergänzend zu Protokoll vom 22. November 2007 gehört worden (Bl. 630 bis 633 d.A.).

II.

Die zulässige Berufung der Kläger hat Erfolg.

Der von den Klägern geltend gemachte Anspruch auf Feststellung einer Verpflichtung der Beklagten zur Freihaltung wegen etwa erforderlicher Sanierung der ehemaligen Hausmülldeponie ist in den sich aus dem Tenor ergebenden Grenzen aus § 24 Abs. 1 und 2 BundesbodenschutzG begründet. Nach dieser Norm haben mehrere Verpflichtete untereinander unabhängig von ihrer Heranziehung einen Ausgleichsanspruch. Verpflichtung zum Ausgleich sowie der Umfang des zu leistenden Ausgleichs hängen - soweit nichts anderes vereinbart wird - davon ab, inwieweit die Gefahr oder der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht worden ist.

1.

Die Feststellungsklage, für die die Zivilgerichte gemäß § 24 Abs. 2 Satz 5 Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG) zuständig sind, ist zulässig im Sinne des § 256 ZPO. Es fehlt nicht an dem erforderlichen Feststellungsinteresse.

Die Beklagte bestreitet schon jetzt eine Ausgleichspflicht im Verhältnis zu den Klägern, ohne dass diese mangels bisher durchgeführter Sanierungsmaßnahmen schon Leistungsklage erheben könnten. Andererseits setzt die in diesem Rechtsstreit noch näher zu thematisierende Ausgleichspflicht zwischen mehreren Sanierungspflichtigen nach § 24 Abs. 2 BBodSchG als solche weder die Durchführung von Sanierungsmaßnahmen, noch die explizite behördliche Heranziehung eines Sanierungspflichtigen voraus (OLG Bremen, Urteil vom 23.3.2007, 5 U 44/06, bei Juris RdNr. 25 mwN; Wagner, BB 2000, 417, 421; Frenz DB 2000, 2461, 2462; derselbe NVwZ 2000, 647, 648; Schönfeld NVwZ 2000, 648, 649 f.; Sondermann/Henke in Versteyl/Sondermann, BBodSchG § 24 Rn. 22; Dombert in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, BBodSchG § 24 Rn. 21 ff; a.A. allerdings Knoche, NVwZ 1999, 1198, 1199 f.). Für diese Sicht streiten sowohl der Wortlaut als auch die auf ein frühzeitiges kooperatives Verhalten aller denkbaren Sanierungsbeteiligten hinwirkende Zielsetzung der Vorschrift. Ob eine Eingrenzung dahin notwendig ist, dass eine Inanspruchnahme des Anspruchstellers durch die Behörde wahrscheinlich sein müsse (in diese Richtung etwa Dombert a. a. O., Rn. 28 f.; Wagner, ZfIR 2003, 841, 843 f. und bereits Schlette, VerwArch 2000, 41, 70 ff.), braucht nicht entschieden zu werden. Denn daran fehlt es im vorliegenden Fall nicht. Der Landrat des Kreises ... als zuständige Umwelt- und Gefahrenabwehrbehörde hält nämlich ausweislich der Schreiben vom 31. Oktober 2000 (B 7) und vom 29. April 2004 (B 10, Bd. I, Bl. 130 f d.A.) ersichtlich Maßnahmen für erforderlich "wenn die Fläche der Altablagerung einer anderen Nutzung zugeführt werden soll" (Schreiben vom 31. Oktober 2000 a. a. O.). Zwar ist eine derartige Nutzungsänderung mangels von der Beklagten bisher aufgestellter Bauleitplanung noch nicht erfolgt. Das steht hier aber dennoch der erforderlichen Konkretheit und Gegenwärtigkeit des festzustellenden Rechtsverhältnisses nicht entgegen, weil die Beklagte entsprechend dem Grundsatzbeschluss ihres Hauptausschusses vom 28. April 1999 (K 13, Bd. I, Bl. 103 d.A.) die Überplanung des I-Geländes zum Zwecke einer gemischten Wohn-, Gewerbe- und Dienstleistungsnutzung immerhin anstrebt und entsprechende planerische Vorarbeiten veranlasst hat (K 10, Bd. I, Bl. 72 ff. d.A.). Dementsprechend haben die Parteien auch unstreitig gerade über die Möglichkeit einer - wie es die Kläger nunmehr in ihrem Klagantrag präzisieren -"gemischten Wohn- und Gewerbenutzung" verhandelt. Gerade für diesen Fall wird sich aber unter Zugrundelegung des klägerischen Vortrags mit größter Wahrscheinlichkeit das Sanierungsbedürfnis einstellen.

Anderes folgt auch nicht etwa daraus, dass derzeit auf der streitgegenständlichen Fläche als unbeplantem Innenbereich gemäß § 34 Abs. 1 und 2 BauGB allenfalls eine dem Betrieb der I-Werke vergleichbare gewerblich-industrielle Nutzung zulässig sein dürfte und die Beklagte ein Mehr an zulässiger Nutzung erst durch Überplanung schaffen müsste, auf welche die Kläger keinen Individualanspruch haben (vgl. § 2 Abs. 3 BauGB; auch drittbezogene Amtspflichten ihnen gegenüber bestehen erst innerhalb des planerischen Abwägungsprozesses, vgl. BGH NJW 1984, 2516, 2519). Denn zum einen ist die Überplanung eine Bedingung, deren Eintritt nicht völlig ungewiss ist, sondern von der Beklagten selbst hergestellt werden kann und angesichts schon erfolgter Vorplanung auch mehr als eine bloße Möglichkeit darstellt (vgl. insoweit ähnlich BGHZ 28, 225, 233 f.: Zulässigkeit der Feststellung künftiger Schadensersatzpflicht eines Steinbruchbetreibers, wenn vom die Ersatzpflicht auslösenden Weiterbetrieb des Steinbruchs auszugehen ist). Zum anderen steht - insoweit weicht die Sachlage ab von der für unzulässig gehaltenen Feststellung künftiger Erbberechtigung (BGHZ 37, 137, 144 f.) - die Planaufstellung keinesfalls im völlig ungebundenem Ermessen einer Gemeinde. Der Satz von der "kommunalen Planungshoheit" bezieht sich lediglich auf die Beschränkung der Aufsichtsmöglichkeiten auf die Mittel der Kommunalaufsicht. In diesem Rahmen ist aber die Bindung der Beklagten an § 1 Abs. 3 BauGB "Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist" nicht nur objektiv vorhanden, sondern nötigenfalls auch tatsächlich durchsetzbar. Dabei ist auch von Bedeutung, dass die Beklagte mit ihrem Grundsatzbeschluss vom 28. April 1999 selbst die Planungserforderlichkeit bejaht hatte und das I-Gelände auch tatsächlich eine der wenigen entwicklungsfähigen Reserveflächen im Innenstadtbereich von Pinneberg darstellt.

Der Senat folgt nicht der Auffassung der Beklagten, an einem Feststellungsinteresse der Kläger fehle es deshalb, weil ihre etwaige Inanspruchnahme als Zustandstörer rechtswidrig sein werde. Die etwaige Rechtswidrigkeit einer Inanspruchnahme des Zustandsstörers ändert nichts daran, dass die Behörde ihn zunächst einmal - vielleicht anfechtbar - in Anspruch nehmen kann. Der Zustandsstörer kann (und muss ggf.) im Übrigen rechtmäßig in Anspruch genommen werden, wenn ein Handlungsstörer zunächst nicht feststeht oder allenfalls mit großem Aufwand ermittelt werden kann. Keinesfalls muss nämlich die Behörde - die zur Gefahrenabwehr verpflichtet ist - bei einer gegenwärtigen Gefahr mit der Inanspruchnahme zuwarten, bis die Verursachereigenschaft des Handlungsstörers aufwändig ermittelt worden ist. Da die Verursachereigenschaft vorliegend im Streit steht, wäre somit eine Inanspruchnahme der Kläger keineswegs rechtswidrig, so dass auch unter diesem Aspekt ein Feststellungsinteresse der Kläger nicht zu verneinen ist.

Die Kläger haben in der mündlichen Verhandlung vom 13. Januar 2005 zu Protokoll (Bl. 389 d.A.) erklärt "dass der Feststellungsantrag so zu verstehen sei, dass er abhängig sei von einer Inanspruchnahme der Kläger durch die öffentliche Hand." Einer ausdrücklichen Einschränkung des Tenors bedarf es insoweit aber nicht, weil aus dem doppelten Hinweis auf die Erforderlichkeit der Sanierung nach dem Bundesbodenschutzgesetz und der Erforderlichkeit der Sanierung, um eine gemischte Wohn- und Gewerbenutzung zu ermöglichen diese Zielrichtung des Feststellungsantrags, dem der Senat stattgegeben hat, ausreichend deutlich wird.

2.

Die Beklagte ist Schuldnerin des Ausgleichsanspruchs nach § 24 Abs. 2 BBodSchG. Sie ist Sanierungsverpflichtete im Sinne dieser Norm und im Sinne von § 4 Abs. 3 BBodSchG, nämlich Verursacherin einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast.

a)

Die Inanspruchnahme der Beklagten als jedenfalls auch Sanierungsverantwortliche im Sinne der §§ 4, 24 BBodSchG unterliegt keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

Zwar kommt dem Bundesbodenschutzgesetz insoweit eine (unechte) Rückwirkung zu, als seiner Begrifflichkeit ("Altlast") und den in den § 4 Abs. 5 und Abs. 6 BBodschG enthaltenen Regelungen (Sonderregelungen für vor dem 1. März 1999 geschehene Vorgänge) entnommen werden kann, dass es gerade auch bei seinem Inkrafttreten bereits vorhandene Bodenbelastungen erfassen will. Doch hat bereits das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 102, 1 ff. = NJW 2000, 2573 ff.) die Thematik nicht am Rückwirkungsverbot gemessen, sondern an der Frage der zulässigen Sozialbindung des Eigentums. Insbesondere aber ist die Beklagte als frühere Deponiebetreiberin keinesfalls lediglich Zustandsverantwortliche im Sinne des § 4 Abs. 2 BBodSchG, sondern auch unmittelbar im Sinne des § 4 Abs. 3 BBodSchG Handlungsverantwortliche ("Verursacher").

Dass aber der Handlungsstörer zur Gefahrenbeseitigung als solcher in Anspruch genommen werden kann, entspricht bereits schon von jeher den hergebrachten Grundsätzen des polizeilichen Gefahrenabwehrrechts und vermag von daher die Beklagte nicht neu zu belasten. Dies gilt auch, soweit das eigentliche Novum des § 24 Abs. 2 BBodSchG - nämlich die gesetzliche Regelung eines internen Ausgleichs unter den nach öffentlichem Recht zur Sanierung verpflichteten Sanierungsverantwortlichen, was noch von BGH NJW 1981, 2457, 2458 ausdrücklich abgelehnt worden war - selbst dann im Ergebnis zu einer Inanspruchnahme der Beklagten führen kann, wenn zuvor behördlicherseits nicht die Beklagte, sondern die Kläger als Zustandsverantwortliche in Anspruch genommen worden wären. Denn hiermit bezweckt § 24 Abs. 2 BBodSchG lediglich die Korrektur des behördlicherseits allein unter Effektivitätsgesichtspunkten ausgeübten Auswahlermessens bei der Inanspruchnahme mehrerer Störer.

b)

Eine etwaige Genehmigung der von der Beklagten vorgenommenen Müllablagerung in den Jahren 1958 bis 1962 oder auch nur eine Genehmigungsfähigkeit ändert an der Sanierungspflichtigkeit der Beklagten als Handlungsstörerin nach dem BBodSchG nichts.

Ohnehin wird eine sog. Legalisierungswirkung einer etwaigen öffentlich-rechtlichen Genehmigungserteilung noch nicht aus einer bloßen behördlichen Duldung oder Untätigkeit abgeleitet werden können (VGH Mannheim NVwZ-RR 1996, 387, 389) und auch im Übrigen nur dann anzunehmen sein, wenn die Genehmigung ihrem Inhalt nach das realisierte Risiko überhaupt thematisieren konnte (vgl. BVerwGE 55, 118, 121 ff.). Daran aber fehlt es hier. Auf der Grundlage der von der Beklagten beigebrachten Rechtsquellen könnte frühestens seit Geltung der Müllplatz-Verordnung vom 27. Januar 1967 (BV 33; GVObl. Schl.-H, 1967, 47) von einer im Genehmigungsverfahren annähernd erfolgten Thematisierung von Umweltbelangen ausgegangen werden (arg. §§ 2, 4 MüllplatzVO). Muss für den hier maßgeblichen Zeitraum der Hausmülleinbringung - bis 1962 - durch die Beklagte aber deren Vortrag zufolge noch von der Geltung der Polizeiverordnung betr. das Abladen von Müll, Schutt und Gerümpel vom 7. Januar 1937 (B V 34) ausgegangen werden, so stellt diese Verordnung nur auf Aspekte der Geruchsbelästigung, des Verwehens von Müll und der Ungezieferbekämpfung ab. Einer etwaigen Genehmigung des Handelns der Beklagten auf dieser Grundlage kann eine Legalisierungswirkung im Hinblick auf die nunmehr zu thematisierende Schadstoffeinbringung ersichtlich nicht zukommen.

Das Bundesbodenschutzgesetz hat ohnehin die vor seinem Inkrafttreten geführte "Legalisierungsdiskussion" (vgl. etwa Kniesel a. a. O., aber auch Papier, DVBl. 1985, 873 ff.) ebenso wenig berücksichtigt wie etwa seinerzeit erhobene Forderungen nach einer zeitlichen Begrenzung einer polizeirechtlichen Gefahrenhaftung (Ossenbühl, NVwZ 1995, 547 ff.: "Verzicht, Verwirkung und Verjährung als Korrektive einer polizeilichen Ewigkeitshaftung"). Es schützt selbst das Vertrauen auf die Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen nur in der Sondersituation des § 4 Abs. 5 BBodSchG (eingeschränkte Verpflichtung des Eigentümers zur Beseitigung von "Neulasten" bei schutzwürdigem Vertrauen auf seinerzeit eingehaltene gesetzliche Anforderungen; parallel ist der Verursacher gemäß § 4 Abs. 3 BBodSchG aber weiter dafür verantwortlich, "so zu sanieren, dass dauerhaft keine Gefahren ... entstehen"). Dahinter steht die Wertung des Gesetzgebers, dass der Verursacher einer zeitlich weit zurückliegenden Altlast bzw. dessen Rechtsnachfolger der Sanierungspflicht immer noch näher als die Allgemeinheit der Steuerzahler steht (Frenz, BBodSchG § 4 Abs. 3, Rn. 182).

c)

Es fehlt nicht an einer schädlichen, sanierungsbedürftigen Bodenveränderung, wie sie § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG voraussetzt. Dafür ergaben sich bereits aus den Ermittlungen und Stellungnahmen der Ingenieure E/D erhebliche Anhaltspunkte. So findet sich in deren Gutachten "Schadenseingrenzung" vom 10.9.1996 (Anlage K4) auf S. 63 f der zusammenfassende Hinweis, dass die Altdeponie sanierungsrelevante Schadstoffkonzentrationen enthalte und von ihr ein Gefährdungspotential ausgehe, weshalb ein Sicherungs-/Sanierungskonzept zu entwickeln sei.

Weil die Beklagte die Sanierungsbedürftigkeit der streitgegenständlichen Flächen dennoch bestritten hat und bisher eine Bewertung nach Maßgabe der §§ 8 f BBodSchG sowie der Bundesbodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) nicht vorlag, hat der Senat den Sachverständigen Dr. W beauftragt (Beweisfrage 1 des Beschlusses vom 29.9.2005). Dieser hat den Sanierungsbedarf insbes. auf der Grundlage des "Pfades Boden-Mensch" - also der Frage nach der Gefährdung des Menschen durch oberflächennahe Kontaminationen - für jede Art künftiger baulicher Nutzung jedenfalls dann bejaht, wenn es dabei zu baulichen Eingriffen in den Deponiekörper komme. Das gelte für eine Wohnnutzung - für die eine Sanierung mit vollständiger Entnahme der Deponiesubstrate notwendig würde - aber auch für eine gewerbliche/industrielle Nutzung, selbst wenn es dabei nur zu Baumaßnahmen mit einer ebenerdigen Sohlplatte kommen sollte. Insbesondere wegen der erheblichen Belastung des Deponiesubstrats mit Arsen und PAK bestehe auch bei einer nur gewerblichen Nutzung Sanierungsbedarf jedenfalls im Bereich der durch die Baumaßnahmen unmittelbar betroffenen Flächen und ihrer Nachbarschaft.

Die gemessenen Konzentrationen gerade bei den polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) lagen zum Teil weit oberhalb der Prüfwerte. Sie sind - wie Herr Dr. W auch bei seiner ergänzenden Anhörung vor dem Senat hervorgehoben hat - der eigentliche, schwerpunktmäßige Grund für den Sanierungsbedarf, der entsteht, wenn dieses Material etwa bei Baumaßnahmen in die Nähe der Bodenoberfläche gelangt. Im Einzelnen hat der Gutachter seine Ergebnisse der Schadstoffanalytik des Bodens im Untersuchungsgebiet - nämlich den Flurstücken 13/8 und 13/10 - in der Anlage 16 zu seinem Gutachten und die Ergebnisse der Schadstoffanalytik des Stauwassers im Untersuchungsgebiet in der Anlage 18 dargestellt und dort farblich hervorgehoben, in welchen Bereichen die Prüfwerte nach der BBodSchV überschritten werden.

Insoweit ist am Rande darauf hinzuweisen, dass das Bundesbodenschutzgesetz zwar in § 2 Abs. 1 das Grundwasser aus dem Begriff des Bodens herausnimmt. Dennoch bezieht sich gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG die Sanierungsverantwortlichkeit auch auf die der Bodenverunreinigung nachfolgenden Gewässerverunreinigungen - insbesondere auch des Grundwasserleiters - und sind lediglich die Sanierungsanforderungen gemäß § 4 Abs. 4 Satz 3 BBodSchG dem Wasserrecht zu entnehmen.

Es kommt im vorliegenden Zusammenhang nicht darauf an, ob eine Sanierungsbedürftigkeit auch dann bereits aktuell oder in Zukunft besteht, wenn im Untersuchungsgebiet keine Veränderungen vorgenommen werden und in die Altablagerung nicht eingegriffen wird. Diese Frage hatte der Sachverständige nach dem Beweisbeschluss des Senats nicht zu untersuchen, weshalb er dazu - wie er bei seiner ergänzenden Anhörung in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht hat - keine Angaben machen kann. Denn der zulässige Feststellungsantrag der Kläger betrifft die Sanierungsnotwendigkeit bei Ermöglichung einer gemischten Wohn- und Gewerbenutzung und die insoweit bestehende Ausgleichspflicht der Beklagten. Der Sachverständige hatte mithin davon auszugehen, dass es zu Bodenbewegungen und Eingriffen in die Altablagerung kommt und dabei diese Schichten oberflächennah werden können.

Die grundsätzliche Sanierungsbedürftigkeit im Sinne von § 4 Abs. 3 Satz 1 Bundesbodenschutzgesetz unter diesen Vorgaben ist nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen gegeben, gegen die durchgreifende Einwendungen seitens der Beklagten auch nicht erhoben werden.

d)

Die Beklagte ist Verursacherin - also Handlungsstörerin im ordnungsrechtlichen Sinne - dieser schädlichen Bodenveränderungen gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 bzw. 24 Abs. 2 BBodSchG.

Sie hat bei dem damaligen Eigentümer der fraglichen Flurstücke, Herrn B, mit Scheiben vom 12.5.1958 Anlage BV 7 (Bd. II der Akten) angefragt, "ob wir ihr Grundstück jetzt auch mit Müll auffahren können". Im Antwortschreiben vom 16.5.1958, Anlage BV 8, hat Herr B ausgeführt, dass auch der bisher schon aufgefüllte Müllplatz (westlich der Flurstücke 13/8 und 13/10) zu seinem Grundstück gehöre und es sich deshalb nur darum handele, "dass das Aufschütten des Grundstücks mit Müll fortgesetzt werde. Dagegen habe ich nichts einzuwenden. Ich bitte darum, dass Sie jetzt mein Grundstück bis zu den I-Werken und bis zur M in vollem Umfang mit Müll aufschütten ...". Auf dieser Grundlage ist zweitinstanzlich nicht mehr streitig, dass die Beklagte dort tatsächlich zwischen 1958 und 1962 Müll abgelagert hat.

Dieser Befund entsprach auch bereits der Feststellung der Gutachter E/D in ihrer "Schadenseingrenzung" vom 10.9.1996, Anlage K 4, wo S. 14 f ausgeführt wird, dass es in dem Schadensbereich 7 Altdeponie (vgl. zur Lage des Schadensbereiches die Anlage 3 zum Sachverständigengutachten Dr. W) unterhalb der Oberflächenbefestigung "eine 0,6 m (...) bis 3,7 m (...) mächtige inhomogen ausgebildete Auffüllung" gebe, in der u. a. Anteile wie Beton- und Ziegelsteinbruch, Holz, Plastikreste, Aluminium, Schlacke, Metallspäne, Metalldraht, Glas, Zellulose und Bitumen sowie auch mineralisierter Müll (Industrie-, Gewerbeabfälle und Hausmüll) angetroffen worden seien.

Auch der Sachverständige Dr. W hat Bl. 23 des Gutachtens in dem von ihm untersuchten Gebiet eine Schicht mit Industrie- und Gewerbeabfällen sowie Hausmüll und entsprechend diesem Befund mineralisierten Abfall aufgefunden. Unter Berücksichtigung der dort festgestellten Substrate und Schadstoffbelastungen ist er insgesamt zu dem Ergebnis gekommen, dass sich der Befund "innerhalb der Spannweite von Befunden, die man in vielen nach damaligen Stand betriebenen Hausmülldeponien erwarten kann", bewege.

Bei der Frage, ob die Bodenverunreinigungen von der Beklagten als Handlungsstörerin verursacht worden sind - Voraussetzung für einen Ausgleichsanspruch nach § 24 Abs. 2 BBodSchG - kommen den Klägern als Grundstückseigentümer nach der grundlegenden Entscheidung des BGH in NJW-RR 2004, 1243, 1247 Beweiserleichterungen insoweit zugute, als sie sich zunächst auf eine analoge Anwendung der Ursachenvermutung aus den §§ 6, 7 Umwelthaftungsgesetz stützen können. Nach § 6 Abs. 1 UmweltHG wird vermutet, dass der Schaden durch eine Anlage verursacht worden ist, wenn die Anlage zur Schadensverursachung nach den Gegebenheiten des Einzelfalles geeignet ist. Dann aber ist die Beklagte unter Berücksichtigung der vorstehend geschilderten Umstände und der Ergebnisse des Sachverständigengutachtens Verursacherin im Sinne der §§ 4 Abs. 3 Satz 1, 24 Abs. 2 BBodSchG. Aus den Ausführungen des Sachverständigen Dr. W ergibt sich, dass von einer Mülldeponie, wie sie die Beklagte jedenfalls von 1958 bis 1962 im vorliegenden Gebiet betrieben hat, typischerweise derartige Belastungen ausgehen, wie sie nunmehr tatsächlich vorgefunden worden sind. Eine solche Deponie ist also auch nach den Gegebenheiten des hier vorliegenden Einzelfalles im Sinne von § 6 Abs. 1 UmweltHG geeignet, den entstandenen Schaden - nämlich die Kontamination des Bodens sowie des Stauwassers und die dadurch hervorgerufene Sanierungsbedürftigkeit - zu verursachen. Zugunsten der Kläger greift die Vermutung, dass der Schaden auch durch diese Anlage verursacht worden ist. Eine Ausnahme nach § 6 Abs. 2 und 3 UmweltHG liegt nicht vor, weil eingehaltene besondere Betriebspflichten - etwa als Ergebnis verwaltungsrechtlicher Rechtsvorschriften - nicht aufgezeigt worden sind.

e)

Allerdings gilt nach § 7 Abs. 1 UmweltHG die Vermutung aus § 6 nicht, wenn mehrere Anlagen geeignet sind, den Schaden zu verursachen und zugleich nach den Gegebenheiten des Einzelfalles ein anderer Umstand geeignet ist, den Schaden zu verursachen. Diese Fallgestaltung liegt hier aber nicht vor.

(1) Die Untersuchungen von Prof. E/Dauf dem Gelände der I-Werke haben außerhalb der Altdeponie verschiedene Bereiche mit erheblichen Bodenverunreinigungen ergeben, die von Art und Substanz her deutlich auf den Betrieb der Motorenfabrik (Montage von Motoren und Kompressoren verbunden mit dem Betrieb einer Gießerei und einer Lackiererei) hinweisen. Diese räumlich getrennten Schadensbereiche (alte Betriebstankstelle, Heizzentrale, Motorenprüfstand, Öltanks, Trafostation) hat der Sachverständige Dr. W in der Anlage 3 seines Gutachtens dargestellt. Es kann aber ausgeschlossen werden, dass diese Bodenverunreinigungen als anderer Umstand geeignet sind, die Sanierungsbedürftigkeit auf der streitgegenständlichen Fläche hervorzurufen. Bereits die Untersuchungen von Prof. E/D haben keinen Hinweis auf eine Migration dieser Verunreinigungen - etwa über das Stauwasser - in die Fläche der Altmülldeponie ergeben. Der Sachverständige Dr. W hat seinerseits aufgezeigt, dass ein Diffundieren der Schadstoffe aus den genannten anderen Verschmutzungsbereichen auf Grund der hydrobiologischen Situation, insbesondere auch der Fließrichtung des Stauwassers, auszuschließen sei. Auch spiegeln sich die typischen Verunreinigungen durch das Motorenwerk in den genannten verunreinigten Gebieten nicht in der spezifischen Verunreinigung der Altmülldeponiefläche wieder. Denn dort liegen die Befunde nur in einer Spannweite, wie man sie in einer nach damaligen Stand betriebenen Hausmülldeponie erwarten kann.

(2) Die Beklagte hat im Berufungsverfahren vorgebracht, die R-GmbH als Inhaberin der I-Werke habe später - nach den Auffüllungen durch die Beklagte - eine eigene Deponie in räumlicher Nähe zur Altmülldeponie oder gar am gleichen Standort betrieben und dort selbst Schutt abgelagert. Eine solche weitere, von den I-Werken betriebene Anlage am gleichen Standort, gleichsam über der Ablagerung von Hausmüll in den Jahren 1958-1962 durch die Beklagte, hat die Beweisaufnahme aber nicht ergeben.

Dazu ist der Sachverständige Dr. W mit der Beweisfrage 3 des Beschlusses vom 29.9.2005 gefragt worden, ob die feststellbaren Belastungen typische Folge des Betriebes einer Hausmülldeponie durch die Beklagte oder des Betriebes der I-Werke auf den angrenzenden Flächen einschließlich dort betriebener Erdtanks und Schuttablagerungen insbes. von Papierabfällen sei.

Hintergrund der Behauptung der Beklagten, dass die I-Werke jedenfalls in räumlicher Nähe zu der "Hausmülldeponie" eine eigene Deponie betrieben hätten, sind die Anlagen BV 13 ff zum Schriftsatz der Beklagten vom 30.11.2004, Bl. 290 ff. Danach gab es dort im Jahre 1966 Anwohnerbeschwerden wegen eines - so in einem Schreiben des Ordnungsamts der Beklagten an die Firma R vom 13.6.1966, BV 13 - auf dem Fabrikgelände hauptsächlich mit Papierabfällen betriebenen Schuttabladeplatzes. Bereits in dem Vermerk des Ordnungsamtes vom 20.5.1966, BV 14, heißt es, dass die Firma I-R das Fabrikgelände mit Abfällen auffülle, die überwiegend aus Papier und Pappe bestehen und gelegentlich auch in Brand geraten würden. Im Jahre 1971 meldete die Firma R der Ordnungsbehörde allerdings, dass der betriebseigene Müllplatz jetzt nicht mehr vorhanden sei, Anlage BV 19.

Die Kläger haben auf der Grundlage dieser Dokumente zwar eingeräumt, im Bereich der Hausmülldeponie sei von den I-Werken Pappe und Papier verbrannt und möglicherweise auch eine "Müll-Zwischenlagerung" vorgenommen worden, diese Zwischenlagerung und die Spuren der Müllverbrennung seien aber auf Anordnung der Beklagten später beseitigt worden. Zudem habe dies alles nicht im Entferntesten die Dimensionen der Hausmüllablagerungen durch die Beklagte erreicht (Bl. 368 d. A.).

Die Untersuchungen des Sachverständigen Dr. W haben keinen Anhaltspunkt dafür geben, dass die I-Werke bzw. die Firma R mit Auswirkungen für die heute vorhandene Bodenbelastung gleichsam ihren eigenen Müllplatz - eine eigene "Anlage" im Sinne von § 7 I UmweltHG - am selben Ort oder in unmittelbarer räumlicher Nähe (mit der Folge, dass Schadstoffe von dort auch in den Bereich der Altmülldeponie eingedrungen sind) betrieben haben. Die typische Zusammensetzung der betriebseigenen Abfälle der Firma I-R ergibt sich aus deren Bauantrag für eine Müllverbrennungsanlage vom 7.6.1967, BV 25. Danach sollte das Verbrennungsgut aus 40 % Kartonage, 30 % Papier, 10 % Holz und Holzwolle, 10 % PVC-haltigen Kunststoffe sowie 10 % diversen Materialien bestehen. Wäre zuvor im fraglichen Bereich eine eigene Deponie betrieben worden, hätte also in durchaus umfangreichem Maße Kartonage und Papier bzw. das Verbrennungsgut einschl. entsprechender Schadstoffe aufgefunden werden müssen.

Das aber war nicht der Fall. Die chemische Analyse des Bodens - hier insbesondere die PAK-Profile des Bodens aus den 13 verschiedenen Proben, die der Gutachter Dr.W genommen hat - hätten Hinweise auf eine in der Umgebung vorgenommene "unkontrollierte Verbrennung" ergeben müssen. Solches hat sich aber nur bei einer einzigen Probe am RKS 12 gezeigt (S. 29 des Gutachtens). Obwohl also die I-Werke Papierabfälle abgelagert und auch verbrannt haben sollen, sind entsprechende Profile nur in einer einzigen Probe aufgefunden und auch im Übrigen keine massiven Papierlagen erbohrt worden (Zusammenfassung des Gutachtens S. 55 und 58).

Es gibt deshalb keinen ausreichenden Hinweis, dass neben der feststehenden, von der Beklagten angelegten und betriebenen Mülldeponie 1958 - 1962 noch eine weitere "Anlage" durch die Firma R später betrieben worden ist, die im Sinne des § 7 Umwelthaftungsgesetz geeignet wäre, den eingetretenen Schaden auf den Flurstücken 13/8 und 13/10 zu verursachen.

Die Beklagte ist pflichtige Handlungsstörerin iSd § 4 Abs. 3, 24 Abs. 2 BBodSchG.

f)

Die Beklagte ist auch einzige feststellbare Handlungsstörerin im Hinblick auf die sanierungsbedürftigen Bodenverunreinigungen in den streitgegenständlichen Flächen.

Bei gegebener Verantwortlichkeit der Beklagten als Handlungsstörerin ("Verursacher") im Sinne des § 4 Abs. 3 BBodSchG käme es im Verhältnis der Beklagten zu etwaigen anderen Verantwortlichen gemäß § 24 Abs. 2 S. 2 BBodSchG, "soweit nichts anderes vereinbart wird", hinsichtlich der Verpflichtung zum Ausgleich sowie zum Umfang des zu leistenden Ausgleichs darauf an, "inwieweit die Gefahr oder der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist; § 426 Abs. 1 S. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches findet entsprechende Anwendung." Ist die Beklagte aber im Verhältnis zu anderen Verantwortlichen tatsächlich der einzige feststellbare Handlungsstörer ("Verursacher"), so muss sie im Innenverhältnis allein haften, da nur sie - und nicht etwa die Eigentümer oder Sachgewaltsinhaber - im Sinne der polizeirechtlichen Unmittelbarkeitshaftung die Sanierungsbedürftigkeit "verursacht" hat (allgemeine Meinung, s. nur Dombert in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Rn. 20 zu § 24 BBodSchG).

(1) Der frühere Eigentümer und Verpächter der Deponie ist nicht schon durch den Verpachtungs- oder Überlassungsakt an die Beklagte zum Zwecke der Betreibung einer Mülldeponie auf der fraglichen Fläche gleichzeitig zum weiteren Handlungsstörer ("Verursacher") geworden, wie aber offenbar das Landgericht meint. Bisher wurde dies nämlich nur für den Fall bejaht, dass der Grundstückseigentümer selbst eine - letztlich gefahrenträchtige - Deponie eingerichtet und diese dann an einen Dritten überlassen hatte, nicht aber bereits in der hier vorliegenden Konstellation, wo der Grundstückseigentümer lediglich das Grundstück an einen Dritten zu dem Zweck verpachtet hatte, dass dieser dort eine Deponie eröffnet (hier im Anschluss an die bereits begonnene Müllablagerung auf dem Nachbargundstück) und nutzt (Schink, VerwArch 1991, 357, 376; Frenz, Rn. 44 zu § 4 Abs. 3 BBodSchG).

Auch unter Heranziehung des neuen Vortrags der Beklagten im Berufungsverfahren - dessen Berücksichtigungsfähigkeit nach den §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO der Senat dahinstehen lässt - kann in ihrem Verhältnis zum Voreigentümer B nur von einer schlichten Überlassung des Grundstücks zu Deponiezwecken gesprochen werden. Die Beklagte hatte Herrn B von sich aus mit Schreiben vom 12. Mai 1958, Anlage BV 7, gefragt, "ob wir ihr Grundstück jetzt auch mit Müll auffahren können". Nach seinem Antwortschreiben vom 16. Mai 1958, Anlage BV 8, hatte er "dagegen ... nichts einzuwenden". § 4 des Vertrages vom 23. Juni 1958, BV 5, sieht dementsprechend vor: "...Die Stadt .... füllt das Gelände mit Müll und Schutt auf...". Ersichtlich ist Herr B angesichts dieses Ablaufs nicht selbst zum Betreiber einer Deponie und zum Handlungsstörer geworden (zum eindeutigen Vorrang der Haftung des Handlungsstörers gegenüber dem Zustandsstörer nach § 24 Abs. 2 S. 2 BBodSchG vgl. OLG Celle in NVwZ 2004, 379, 381).

(2) Liegen zwar die Voraussetzungen nach § 7 UmweltHG nicht vor, weil die I-Werke im Umfeld der Altdeponie keine eigene, zur Verursachung des festgestellten Schadens geeignete Anlage betrieben haben, fehlt es zudem an einer Mitverursachung der Sanierungsbedürftigkeit im Wege der Migration von Schadstoffen aus anderen Flächen, so lässt sich schließlich auch nicht feststellen, dass die I-Werke die Altmülldeponie der Beklagten auf ihrem Gelände jedenfalls mitgenutzt und dabei einen eigenen maßgeblichen Beitrag zur Bodenverschmutzung mit der Folge geleistet haben, dass sie deshalb mit einem gewissen Anteil als weitere Handlungsstörer neben der Beklagten in Frage kommen und die Beklagte im Wege des Ausgleichsanspruchs nach § 24 Abs. 2 Satz 2 BBodSchG dann nicht in vollem Umfang herangezogen werden könnte.

Insoweit hat das Gutachten Dr. W zwar ergeben, dass sich die Befunde im Untersuchungsgebiet - dem östlichen Teil der ehemaligen Mülldeponie - innerhalb der Spannbreite bewegen, wie man sie in vielen nach damaligem Stand betriebenen Hausmülldeponien vorfindet. Es finden sich aber doch signifikante Unterschiede der Schadstoffbelastungen einerseits in diesem östlichen, seinerzeit zum Betriebsgelände gehörenden Teil und andererseits in den westlichen, nicht zum Betriebsgelände gehörenden Flächen der Altdeponie. Für diese Erkenntnis greift der Gutachter, S. 53 ff, auf die Untersuchungen der Sachverständigen Prof. E und D aus dem Jahre 1996 zurück. Er stellt heraus, dass die Belastung mit Mineralölkohlenwasserstoffen (MKW) die typischerweise bei dem Betrieb der I-Werke zu erwarten waren, in dem östlichen Teil durchaus höher liegt als im westlichen Teil der Deponie. Auch seien die Mediane der Konzentration an Schwermetallen im östlichen Teil durchschnittlich 2,5 Mal größer als in dem anderen Teil der Deponie. Allerdings belegen die Anlagen 4 und 5 seines Gutachtens zur Konzentration von Blei und Arsen, dass jedenfalls bei Blei auch im westlichen Teil der Altmülldeponie durchaus Befunde vorliegen, die die Grenzwerte für Kinderspielflächen nach der BBodSchV überschreiten. Auch stellt der Gutachter S. 53 heraus, dass die Konzentrationen der MKW in den Bodenproben im Schadensbereich 7, also der Altmülldeponie, durchweg erheblich geringer seien, als in den von den Vorgutachtern untersuchten Bereichen der Betriebstankstelle, der Heizzentrale und des Motorenprüfstandes. Insgesamt kommt er zu dem Ergebnis, dass es zwar "plausible Hinweise" auf die I-Werke im Bereich der Altmülldeponie gebe, die Befunde aber keine Aussage zu Anteil und Ausmaß der Abfallablagerung zulassen würden.

Es erscheint möglich, dass die von der Beklagten eröffnete und 1958 bis 1962 betriebene Altmülldeponie in einem gewissen, nicht näher einzugrenzenden Ausmaß auch von den I-Werken mitgenutzt wurde. Dafür könnten die festgestellten Befunde durchaus sprechen. Dadurch sind die I-Werke aber noch nicht zu einem Handlungsstörer iSv § 24 Abs. 2 BBodSchG geworden, dem neben der Beklagten als Betreiberin der Altmülldeponie maßgebliches Gewicht zukommt. § 24 Abs. 2 Satz 2 BBodSchG bestimmt, dass die Verpflichtung zum Ausgleich sowie der Umfang des zu leistenden Ausgleichs davon abhänge, inwieweit die Gefahr oder der Schaden "vorwiegend" von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Auch bei mehreren Handlungsstörern lässt das Gesetz jedenfalls den Rückgriff ausschließlich gegen jenen Beteiligten zu, der den Schaden ganz überwiegend verursacht hat (vgl. Sandner NJW 2001, 2045, 2047). Wer aber eine Mülldeponie eröffnet - wie die Beklagte - setzt die entscheidende Ursache dafür, dass diese Mülldeponie auch von Dritten - wie hier von dem Grundstückseigentümer - mitgenutzt wird.

Der Gutachter Dr. W hat zudem zu Schaden und Sanierungsbedürftigkeit zwei Belastungen herausgehoben, bei denen nicht erkennbar ist, dass sie zu einem Teil den I-Werken angelastet werden könnten. Er hat nämlich Bl. 44 bis 46 einerseits die "hohe Toxizität der nachgewiesenen PAK" als Grundlage für den Sanierungsbedarf insbes. bei einer Wohnnutzung in den Vordergrund gestellt und andererseits "die zu besorgende Methangasfreisetzung", die bei Baumaßnahmen auch für eine nur gewerbliche oder industrielle Nutzung berücksichtigt werden müsse und Sanierungsbedarf hervorrufe. Methangas entsteht aber beim Abbau organischen Mülls und ist typisch für Hausmülldeponien. Insoweit fehlt ein Hinweis auf die ILO-Werke als Verursacher.

Die PAK-Kontaminationen - so der Gutachter - seien wegen ihrer Toxizität kritisch und lägen "zum Teil weit oberhalb der Prüfwerte bezüglich des Pfades Boden-Mensch" auch für die gewerbliche Nutzung. In der Tabelle 20, Bl. 43, und ebenso in den Anlagen 16 und 18 werden die Prüfwertüberschreitungen im Bereich PAK deutlich hervorgehoben. Bei den PAK liegt der höchste Konzentrationswert jedoch nicht einmal in dem östlichen Teil der Altmülldeponie, sondern im westlichen Teil, wie Tabelle 23, Bl. 55 des Gutachtens, ergibt (vgl. auch Bl. 54). Hier fehlt mithin ein Zusammenhang mit der Tätigkeit der I-Werke, wie der Sachverständige auch bei seiner ergänzenden Anhörung in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat. Nach seinen dortigen Angaben zu Protokoll vom 22. 11. 2007 sind die hohen PAK-Kontaminationen aber der eigentliche, schwerpunktmäßige Grund für den Sanierungsbedarf.

Vor diesem Hintergrund ist die gefährliche Bodenverunreinigung ganz überwiegend von dem Betreiber der Hausmülldeponie, nämlich der Beklagten als Handlungsstörerin, verursacht worden. Ein abgrenzbarer, maßgeblicher (dann nach § 287 ZPO zu schätzender) Verursachungsbeitrag der I-Werke lässt sich nicht feststellen. Der Sachverständige hat lediglich plausible Hinweise darauf gefunden, dass auch von den I-Werken Altlasten eingebracht worden sein könnten. Er hat dies aber nicht sicher feststellen können, weil sich die Belastung letztlich in einem Rahmen hält, wie sie sich in ähnlichen Hausmülldeponien aus dem fraglichen Zeitraum finden lässt.

(3) Ohnehin kein Konkurrenzverhältnis besteht vorliegend zwischen den Klägern als Zustandsstörer, der Beklagten als Handlungsstörerin und weiteren Zustandsstörern, da die Kläger ihr Eigentum selbst von den unmittelbaren Voreigentümern - den I-Werken - schon auf Grundlage des Vertrages vom 14. März 1991 (B 2) erworben hatten, dieser Erwerbsvorgang aber und auch der zuvor liegenden Erwerb der Flurstücke 13/8 und 13/10 von B am 23. Juni 1958 (BV 5) nicht vom Bundesbodenschutzgesetz erfasst werden, ordnet dies doch die Nachhaftung früherer Grundstückseigentümer gemäß § 4 Abs. 6 BBodSchG erst für Erwerbsvorgänge nach dem 1. März 1999 an.

(4) Die von der Beklagten anhand des Schreibens des Bauamtes an den Magistrat vom 17. November 1961 (BV 30 c) angesprochene Anlieferung auch durch die ... Müllabfuhr ist nach Menge, Umständen, Zeit und Ablagerungsort (Gelände der Firma E oder auch streitgegenständliche Flurstücke?) unsubstantiiert geblieben und ergibt deshalb keinen Hinweis auf einen weiteren eigenständigen, jedenfalls für Teile der sanierungsbedürftigen Bodenverunreinigung auf den streitgegenständlichen Flächen verantwortlichen Handlungsstörer. Das Handeln von Transportunternehmern kann als lediglich "mittelbare" Verursachung nicht deren Eigenschaft als Handlungsstörer iSd §§ 4, 24 BBodSchG begründen. Die nunmehr zu bekämpfenden negativen Auswirkungen schädlicher Bodenveränderungen oder Altlasten beruhen nicht spezifisch auf dem Verhalten dieser Personen (etwa wegen ungeeigneter Art und Weise der Entsorgung, vgl. etwa Frenz, Rn. 36 zu § 4 Abs. 3 BBodSchG).

g)

Der Ausgleichsanspruch gegen die Beklagte als Handlungsstörerin, auf den die Kläger ihr Feststellungsbegehren stützen können, besteht nach § 24 Abs. 2 Satz 2 BBodSchG nur "soweit nichts anders vereinbart" wird. Etwas anderes in diesem Sinne ist im vorliegenden Fall aber nicht vereinbart worden.

(1) Eine derartige anderweitige Vereinbarung lässt sich nicht den ursprünglichen Verfüllungsvertragsverhältnissen der Beklagten mit ihren damaligen Vertragspartnern - also B und der R-GmbH einerseits sowie der Fa. E andererseits - entnehmen. Diese Vertragspartner sind - wie dargelegt - nämlich einerseits nicht Handlungsverantwortliche und können mangels bereits einschlägiger "Nachhaftung" (s.o.) heute auch nicht Zustandsstörer sein, weshalb sich das umstrittene Problem des Ausgleichs zwischen mehreren Zustandsstörern untereinander (hierzu Wagner, ZfIR 2003, 841, 846; Schlette, VerwArch 2000, 41, 58 f.; Sandner, NJW 2001, 2045, 2048 f.) nicht stellt. Ersichtlich setzt § 24 Abs. 2 S. 2 BBodSchG - wie die gleichlautende Bestimmung in § 426 Abs. 1 S. 1 BGB - eine Vereinbarung zwischen zwei oder mehreren sanierungspflichtigen und deshalb ausgleichspflichtigen Beteiligten voraus. Daran jedenfalls fehlt es hier.

Zwar hat der Bundesgerichtshof inzwischen auch vor dem Inkrafttreten des Bundesbodenschutzgesetzes getroffene Abreden als "Vereinbarungen" im Sinne des § 24 Abs. 2 Satz 2 BBodSchG angesehen (BGH, Urteil des XII. Zivilsenats vom 28. Juli 2004 - XII ZR 163/03 -, NJW-RR 2004, 1596, 1597: Verantwortung des Vermieters für den Erhalt der Mietsache und damit auch für die Beseitigung von Bodenkontaminationen; Urteil des V. Zivilsenats des BGH vom 2. April 2004 - V ZR 267/03 -, NJW-RR 2004, 1243, 1246). Dem Landgericht kann aber bereits nicht in der Annahme gefolgt werden, dass allein deshalb, weil ein Grundstückseigentümer seinerzeit Geld oder anderweitige Vorteile für die Einräumung der Möglichkeit von Müllablagerungen erhalten habe, der Müllanlieferer zugleich sämtliche Risiken auf diesen seinerzeitigen Vertragspartner übertragen habe.

Aber selbst wenn man dem Landgericht folgen würde, ergibt sich daraus doch keine Bindung der Kläger, die an einer diesbezüglichen Abrede ersichtlich nicht beteiligt waren. Anhaltspunkte für eine wirksame - auch nur - Einzelrechtsnachfolge hinsichtlich dieser Abrede bestehen nicht. Selbst aus den §§ 581 Abs. 2, 571 BGB ergibt diese sich keinesfalls, da der Grundstückserwerber gemäß § 571 Abs. 1 BGB an Stelle des bisherigen Vermieters oder Verpächters lediglich "in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Verpflichtungen" eintritt, hier aber ersichtlich die Rückgabe der Mietsache oder Pachtsache bereits vor Eigentumserwerb durch die Kläger erfolgt war, sich für diese folglich Fragen des vertraglichen Rückgabeverhältnisses überhaupt nicht mehr stellen konnten.

Aber auch aus der in § 6 Abs. 7 des Kaufvertrages vom 14. März 1991 (B 2) erfolgten Übernahme sämtlicher Verkehrssicherungspflichten und Freistellung der Verkäufer von allen Ansprüchen Dritter durch die Kläger im Verhältnis zu den Voreigentümern - den I-Werken - kann der Senat nicht auf eine derart weitreichende Vertrags- oder Pflichtenübernahme schließen.

Da die I-Werke GmbH in Ansehung des § 4 Abs. 2 und 6 BBodSchG nicht "nachhaftende" Zustandsstörer sind, stellt sich schon deshalb nicht das Problem eines dadurch gestörten Gesamtschuldnerausgleichs, dass die Kläger als Zustandsstörer nur von weiteren Handlungsstörern, nicht aber wegen des Gewährleistungsverzichts von den I-Werken als weiteren Zustandsstörern Regress verlangen könnten (vgl. hierzu etwa Wagner BB 2000, 417, 424 f.).

(2) Lässt sich eine ausdrückliche anderweitige Vereinbarung - wie hier - nicht feststellen, hat der Bundesgerichtshof (in NJW-RR 2004, 1243, 1246 a. E.) erwogen, ob ein Grundstückseigentümer durch § 242 BGB an der Geltendmachung des bodenrechtlichen Ausgleichsanspruchs gegen den Verursacher gehindert ist, wenn er bei Abschluss des Kaufvertrages - auch mit einem dritten Veräußerer - Kenntnis von den schädlichen Bodenveränderungen oder der Einordnung als Altlast hatte. Hat er in einem solchen Fall mit Blick auf einen konkreten Sanierungsaufwand einen entsprechenden Preisnachlass erhalten, könnte es treuwidrig sein, auch noch den Ausgleichsanspruch aus § 24 Abs. 2 BBodSchG geltend zu machen und gleichsam doppelt zu kassieren.

Eine derartige Erwägung erscheint im Rahmen der Anwendung des § 24 Abs. 2 S. 2 BBodSchG diskutabel, wenn nämlich der Zustandsstörer von seinem Voreigentümer wegen des konkreten Sanierungsaufwands einen geminderten Kaufpreis hatte durchsetzen können und eine ungekürzte Verursacherhaftung vor diesem Hintergrund zu einer ungerechten Gewinnverschaffung auf Seiten des Regressberechtigten führen würde (Schlette, VerwArch 2000, 41, 55; vgl. auch Körner ZfIR 2001, 889, 892).

Im vorliegenden Fall hat allerdings der Zeuge S, Bauingenieur bei der Beklagten, ausgesagt, der Kläger X habe sich bei ihm nach den planungsrechtlichen Zulässigkeiten für das Grundstück erkundigt und er - der Zeuge - habe ihm bei dieser Gelegenheit erklärt, dass auf diesem Grundstück eine Mülldeponie gewesen sei. Der Zeuge K hat dazu angegeben, Herr X habe ihm gesagt, er sei in der Stadtverwaltung gewesen, um sich über die Belastung zu erkundigen. Letztlich hat dieser Zeuge allerdings erklärt, er habe mit dem Kläger X nicht konkret über die Mülldeponie gesprochen. Ob danach als bewiesen angesehen werden kann, dass die Kläger vor dem Kauf von dem früheren Betrieb einer Hausmülldeponie auf dem fraglichen Gelände erfahren hatten, muss nicht entschieden werden. Kenntnis vom Risiko einer Altlast begründet nämlich nicht ohne weiteres Kenntnis von der konkreten Altlast (BGH NJW-RR 2004, 1243, 1246, rechte Spalte sub c). Ganz abgesehen hiervon hat der BGH aaO die Frage der Rechtsfolgen selbst bei einer Kenntnis von der Altlast im von ihm zu entscheidenden Sachverhalt zwar offen gelassen, aber gleichwohl nachfolgend die Unschädlichkeit einer Kenntnis zumindest im Verhältnis zum Verursacher herausgestellt (BGH NJW-RR 2004, 1243, 1247).

Der Zeuge S hat ausgesagt, keiner hätte seinerzeit genau gewusst, ob dort gefährliche Stoffe entsorgt worden seien. Detailuntersuchungen hätten - so der Zeuge L - nicht stattgefunden. Die Kläger konnten deshalb vor näheren Bodenuntersuchungen nicht mehr als das auch dem Telefaxsschreiben des Klägers X - vorgelegt vom Zeugen L (Bl. 496 d.A.) - zu entnehmende, nur sehr allgemeine Risikobewusstsein entwickeln. Dort schreibt der Kläger unter dem 25.2.1991 an den Makler, dass "allen Parteien die Sanierungskosten (Altlasten) verborgen sind". Dem entspricht die Aussage des Zeugen K, für den das Thema Umweltbelastung im Zusammenhang mit dem Vertrag "global" war und der als Verkäufer gerade auch im Zusammenhang mit dem allgemeinen Thema der Grundstücksbelastung bereit war, den von den Klägern gebotenen Preis zu akzeptieren, obwohl andere Interessenten mindestens 10 % mehr geboten hatten, allerdings Probebohrungen vornehmen und bei Verunreinigungen von ihrem Angebot zurücktreten wollten. Der Zeuge E - Schlossermeister bei den I-Werken seit 1968 - hat ausgesagt, dass er von einer Mülldeponie seinerzeit nichts wusste, wohl aber Herrn X die einzelnen Tanks und einzelne verseuchte Stellen - also die Rückstände aus dem Betrieb der Motorenwerke - gezeigt habe.

Die Beweisaufnahme hat deshalb über die schon erwähnten Anhaltspunkte für ein allgemeines Risikobewusstsein der Kläger - welches sich jedenfalls auch auf die Verschmutzungen durch den Betrieb der I-Werke bezogen hat - und dessen Umsetzung in ein Kaufpreisangebot hinaus keine Anhaltspunkte für eine seinerzeit bereits hinreichend konkrete und wissentliche Dimensionierung eines etwaigen Sanierungsaufwandes gerade für die ehemalige Mülldeponie ergeben. Dieser besondere Sanierungsaufwand ist bei den Kaufverhandlungen unter Zugrundelegung der Aussage des Zeugen K, der die Aussage des Zeugen und Maklers L nicht entgegensteht, gerade nicht ausdrücklich und im Unterschied zu den übrigen Altlasten thematisiert worden. Die Differenz zwischen dem letztlich vom Verkäufer akzeptierten Kaufpreis von 12,5 Mio. DM und anderweitigen Kaufangeboten in Höhe von 14 -15 Mio. DM (laut Aussage der Zeugen K und L) erklärt sich nicht vor dem Hintergrund in dieser Höhe etwa angenommener Sanierungskosten gerade für die Mülldeponie. Solche Kosten waren der Höhe nach damals mangels näherer Untersuchung nicht einmal in einem groben Ansatz prognostizierbar. Vielmehr hatten sich die Interessenten mit dem höheren Angebot den Rücktritt von diesem vorbehalten, wenn sich der Boden nach durchzuführenden Probebohrungen als verunreinigt herausstellen würde, wobei die Untersuchungskosten dann auch noch zu Lasten des Verkäufers gehen sollten. Demgegenüber waren die Kläger bereit, das allgemein gesehene Altlastrisiko ihrerseits zu übernehmen und einen Gewährleistungsausschluss auch insoweit zu akzeptieren. Nur vor diesem Hintergrund ist der Verkäufer auf das Angebot der Kläger eingegangen, in das deshalb nicht ein abgrenzbarer Nachlass für konkrete Sanierungskosten gerade wegen der Altlast Mülldeponie eingeflossen ist.

Ist mithin tatsächlich der von den Klägern an die I-Werke entrichtete Kaufpreis nicht schon um einen dimensionierten Sanierungsaufwand für die Mülldeponie ermäßigt worden, kann auch nicht ausnahmsweise die Verursacherhaftung nach Treu und Glauben unter dem Gesichtspunkt eingeschränkt oder gar ausgeschlossen werden. Es liegt kein Fall vor, wo die Kläger als Erwerber über § 24 Abs. 2 BBodSchG ein zweites Mal entschädigt würden (vgl. insoweit auch BGH NJW-RR 2004, 1243, 1246, rechte Spalte sub cc).

3.

Ausgleichsansprüche der Kläger sind schließlich auch nicht verjährt. Gemäß § 24 Abs. 2 S. 3 und 4 BBodSchG verjährt der Anspruch zwar in 3 Jahren, aber erst nach der Beendigung der Maßnahmen durch den Verpflichteten zu dem Zeitpunkt, zu dem der Verpflichtete von der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt und im Übrigen ohne Rücksicht auf diese Kenntnis 30 Jahre nach der Beendigung der Maßnahmen.

Maßnahmen sind jedoch noch gar nicht begonnen worden, allein die Kenntnis eines denkbar Ausgleichspflichtigen setzt den Lauf von Verjährungsfristen noch nicht in Gang.

4.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO. Die Kläger haben ihren Antrag mit der Klagschrift zunächst auch auf die Flurstücke 13/9 und 13/11 erstreckt, den Antrag dann erstinstanzlich aber bereits beschränkt. Es handelt sich dabei um kleine Uferrandstreifen zur M hin. Durch diesen zunächst erweiterten Antrag sind aber besondere Kosten nicht entstanden, so dass es auch unter Berücksichtigung von § 269 III 2 ZPO gerechtfertigt ist, die Kosten der Beklagten insgesamt aufzuerlegen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO bestehen nicht.

Ende der Entscheidung

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