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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 17.04.2003
Aktenzeichen: 7 U 51/01
Rechtsgebiete: BGB, StVG, SGB VII


Vorschriften:

BGB § 823 Abs. 1
BGB § 831
StVG § 7 Abs. 1
StVG § 8 2. Alt
SGB VII § 105
SGB VII § 106 Abs. 3 3. Alt.
1. Das Abladen von einem Fahrzeug auf ein anderes Fahrzeug erfolgt bei dem Betrieb des anderen Fahrzeuges, wenn dieses nicht nur als reines Arbeitsgerät benutzt wird; das Abladen kann aber zu einem Haftungsausschluss führen, weil der Verletzte bei dem Betrieb tätig war.

2. Das Haftungsprivileg für "Beschäftigte auf gemeinsamer Betriebsstätte"(§ 106 Abs. 3 SGB VII) greift schon dann ein, wenn die Beschäftigten,obgleich Angehörige verschiedener Unternehmen, zum Unfallzeitpunkt "vorübergehend betriebliche Tätigkeiten auf einer gemeinsamen Betriebsstätte" verrichten; auf eine vorübergehende Eingliederung oder ein Tätigwerden für das andere Unternehmen kommt es nicht an.


Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

7 U 51/01

Verkündet am: 17. April 2003

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 27. Februar 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 01. November 2000 verkündete Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Kiel wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Es wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen; das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen.

Dem Kläger steht kein Anspruch auf Ersatz des materiellen Schadens aus Gefährdungshaftung gemäß § 7 Abs. 1 StVG zu.

Zwar ist der Unfall bei dem Betrieb des Traktors des Beklagten zu 2) erfolgt; der Betriebsbegriff des § 7 Abs. 1 StVG umfasst auch ein Ladegeschäft, soweit es im Schutzbereich der Norm liegt, wenn sich mithin eine Gefahr vom Kraftfahrzeug bei dessen Verkehr verwirklicht und es nicht nur als Arbeitsmaschine eingesetzt wird (vgl. BGH VRS 58, 401; NZV 91, 185); nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten hat sich die Gefahr vom Traktor bei dessen Verkehr verwirklicht (Der Zeuge Moitzi begann gerade damit, das Fahrzeug zurückzusetzen, um die Schaufel mit dem Fass abzusenken, als der Kläger unvermittelt die Ladeschaufel betrat). Weil der Kläger damit aber bei dem Betrieb des Traktors tätig war, entfällt die Gefährdungshaftung nach § 8 2. Alt. StVG; der Kläger hat sich durch seine Tätigkeit freiwillig den besonderen Gefahren des Betriebs des Traktors ausgesetzt, in dem er schon zuvor nach dem unstreitigen Vorbringen der Parteien das abzuladende Ölfass in die Ladeschaufel des Traktors hineinrollte.

Dem Kläger steht kein Anspruch aus Verschuldenshaftung nach den §§ 823 Abs. 1, 831 BGB zu.

Zugunsten der Beklagten greift der Haftungsausschluss für "Beschäftigte auf gemeinsamer Betriebsstätte" nach den §§ 106 Abs. 3 3. Alt., 105 SGB VII. Für die Haftungsfreistellung eines Betriebstätigen bei Verletzung eines anderen Betriebstätigen reicht es aus, wenn beide, obgleich Angehörige verschiedener Unternehmen, zum Unfallzeitpunkt "vorübergehend betriebliche Tätigkeiten auf einer gemeinsamen Betriebsstätte" verrichten; die "gemeinsame Betriebsstätte" wird zum "Unfallbetrieb", der Unfallbetrieb ist mithin nicht mehr unternehmensbezogen; auf eine vorübergehende Eingliederung oder ein Tätigwerden für das andere Unternehmen kommt es für die Anwendung des § 106 Abs. 3 3. Alt. SGB VII nicht an; wo allerdings Beschäftigte verschiedener Unternehmen nur zufällig und beziehungslos an einer Betriebsstätte zusammentreffen und einander verletzten, entfällt die Haftungsfreistellung; das Haftungsprivileg gilt auch für die Haftung der Unternehmer und die Haftung gegenüber einem Unternehmer (Jahnke, VersR 2000, 155 ff. mit weiteren Nachweisen). Der Kläger und der Zeuge Moitzi verrichteten betriebliche Tätigkeiten auf einer gemeinsamen Betriebsstätte, dabei sogar gemeinsam und parallel, indem der Zeuge Moitzi mit dem Traktor an die Ladefläche des vom Kläger gefahrenen LKW herangefahren war und die Ladeschaufel des Traktors auf der Ladekante abgelegt hatte, während der Kläger das Ölfass in die Schaufel hineinrollte und dabei stürzte und so kopfüber mit der Schaufel zusammenprallte, dass seine Brille in das Nasenbein und in das Auge gedrückt wurden.

Als Folge des Haftungsprivilegs sind Ansprüche auf Schmerzensgeld und Ersatz von Personenschäden ausgeschlossen; hierzu gehören die Schäden, die unmittelbar aus der Körperverletzung entstehen, mithin auch Nachteile, die sich als Folge aus dem in der Person des Verletzten entstandenen Schaden ergeben, was bei den Fahrtkosten des Klägers zum Hals-Nasen-Ohrenarzt und den Kosten für das ärztliche Attest der Fall ist.

Für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO besteht kein Anlass.

Ende der Entscheidung

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