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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 23.10.2001
Aktenzeichen: 8 UF 180/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1361
Ein Unterhaltspflichtiger, der auf Dauer nur geringe Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit erzielen wird, kann verpflichtet sein, sich um eine feste Anstellung zu bemühen.
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

8 UF 180/00

Verkündet am: 23. Okt. 2001

In der Familiensache (Ehegattenunterhalt)

hat der 1. Senat für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 18. September 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Amtsgericht für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Rendsburg vom 17. August 2000 teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin folgenden Unterhalt zu zahlen:

Von November 1999 bis Juni 2000 monatlich 500,- DM, von Juli 2000 bis Juni 2001 monatlich 130,- DM, ab Juli 2001 monatlich 400,- DM.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen, die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 1/4 und der Beklagte 3/4.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Parteien haben am 5. Mai 1989 die Ehe geschlossen. Aus der Ehe stammen die Töchter , geboren am 1990, und geboren am 1993. Die Ehewohnung befand sich in , einem Einfamilienhaus, welches im Eigentum des Beklagten stand. Der Beklagte war Eigentümer eines weiteren Einfamilienhausgrundstückes in . Dort hatten die Parteien zunächst gewohnt. Die Parteien trennten sich am 1. Oktober 1999. Die Klägerin ist mit beiden Kindern aus der Ehewohnung ausgezogen. Sie wohnte zunächst in , jetzt in . Die Klägerin arbeitete zunächst teilschichtig als Zahnarzthelferin, seit dem 1. Juli 2001 als Sekretärin in .

Der Beklagte war bei der Firma in beschäftigt. Laut Einkommensteuerbescheid für 1997 verdiente er dort im Monat 7500 DM brutto. Das Arbeitsverhältnis wurde aufgrund eines Aufhebungsvertrages vom 10. Juli 1997 zum 31. Juli 1997 beendet. Danach machte der Beklagte sich selbständig und arbeitet seitdem als Handelsvertreter in der Möbelbranche. Er veräußerte am 31. August 1999 das Haus Hoffelder Weg 20, in der Folgezeit auch das Hausgrundstück in . Aus dem Erlös hat er etwa 120 000 DM in ausländischen Aktien angelegt.

Der Beklagte zahlt für die beiden Kinder der Parteien den jeweiligen Mindestbedarf. Er hat den Unterhalt durch Jugendamtsurkunden vom 26. Juli 2001 titulieren lassen.

Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin zunächst Kindesunterhalt nach der Einkommensgruppe 6 sowie Ehegattenunterhalt von monatlich 987 DM ab November 1999 verlangt. Ihr ist Prozesskostenhilfe lediglich für den Ehegattenunterhalt in Höhe von monatlich 500 DM bewilligt worden. Daraufhin hat die Klägerin beantragt, den Beklagten zur Zahlung dieses Betrages ab November 1999 zu verurteilen. Der Beklagte hat Klagabweisung beantragt und mangelnde Leistungsfähigkeit eingewendet.

Durch das angefochtene Urteil ist die Klage abgewiesen worden. In den Gründen heißt es, im Zeitpunkt der Trennung der Parteien sei die eheliche Situation durch Einkünfte des Beklagten aus seiner selbständigen Tätigkeit geprägt gewesen. An einem zuvor überzogenen Lebensstandard könne der Beklagte nicht festgehalten werden. Seine Leistungsfähigkeit sei vielmehr nach seinen tatsächlichen Einkommensverhältnissen zu bemessen. Daraus könne er Trennungsunterhalt nicht bestreiten.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie hat zunächst in zweiter Instanz neben Ehegattenunterhalt auch höheren Kindesunterhalt verlangt und dazu geltend gemacht, die Entscheidung des Familiengerichts sei nur eine Teilentscheidung gewesen. Den Antrag auf Kindesunterhalt hat sie dann nicht weiterverfolgt.

Die Klägerin trägt vor, es sei eine Leistungsfähigkeit des Beklagten auch für den Ehegattenunterhalt gegeben. Er sei verpflichtet, seine Arbeitskraft bestmöglichst einzusetzen. Auch nach Aufgabe seiner Angestelltentätigkeit hätten die Parteien den bisherigen Lebensstandard aufrechterhalten. Eine Übergangszeit hätte mit Krediten finanziert werden müssen. Der Beklagte habe auch Vermögenserträge.

Die Klägerin beantragt (im Rahmen der Prozesskostenhilfebewilligung), das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, an sie ab November 1999 monatlichen Ehegattenunterhalt von 500 DM zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er erwidert, nicht leistungsfähig zu sein. Zur Kreditaufnahme sei er nicht in der Lage. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung habe er nicht mehr. Auch aus seinem Kapitalvermögen habe er keine realen Erträgnisse.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat die Parteien im Termin vom 24. Juli 2001 gehört.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist überwiegend begründet. Der Beklagte schuldet ihr auch Unterhalt für die Zeit des Getrenntlebens der Parteien gemäß § 1361 Abs. 1 BGB. Denn sie betreut die gemeinsamen minderjährigen Kinder der Parteien. Ihr derzeitiges Erwerbseinkommen reicht zur Deckung ihres Mindestbedarfs nicht aus, der Beklagte ist deswegen verpflichtet insoweit an sie Unterhalt zu zahlen. Eine entsprechende Leistungsfähigkeit des Beklagten ist auch anzunehmen. Zwar sind die Gewinne aus seiner selbständigen Tätigkeit noch immer so gering, dass das daraus resultierende monatliche Nettoeinkommen unter 1000 DM monatlich liegt. Andererseits hat der Beklagte Kapitalvermögen aus dem Übererlös der beiden Hausverkäufe, welches nach der von ihm vorgelegten Aufstellung per 30. September 1999 einen Wert von insgesamt 62 686,73 Dollar gehabt hat, umgerechnet also mehr als 120 000 DM. Wieso dieses Vermögen zwischenzeitlich auf 48 234,83 DM geschrumpft sein soll, wie der Beklagte zuletzt vorgetragen hat, ist nicht nachvollziehbar. In jedem Falle ist der Beklagte gehalten, aus diesem Vermögen den Unterhalt für die Klägerin zu bestreiten, soweit noch ein Bedarf besteht. Das ist auch deswegen angemessen, weil die Klägerin überobligationsmäßig arbeitet. Im Hinblick auf das Alter der gemeinsamen Kinder der Parteien wäre sie überhaupt nicht zu einer Erwerbstätigkeit verpflichtet.

Der Beklagte kann sich ohnehin nicht auf Dauer darauf berufen, dass seine Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit gering seien. Er ist dann gehalten, sich wieder um eine abhängige Beschäftigung zu bemühen. Jedenfalls für eine Übergangszeit ist es deswegen gerechtfertigt, von ihm den Einsatz seines Vermögens für Unterhaltszwecke zu verlangen. Der Unterhalt für die Klägerin muss so hoch sein, dass jedenfalls ihr Mindestbedarf gewahrt ist. Dieser errechnet sich aus den Wohnkosten abzüglich der Wohnanteile im Kindesunterhalt und dem allgemeinen Lebensbedarf, der für einen erwerbstätigen Ehegatten jedenfalls 750 DM im Monat beträgt. Hierauf ist dann noch der auf sie entfallende Kindergeldanteil anzurechnen.

Daraus ergibt sich folgende Unterhaltsberechnung:

1999

Wohnkosten der Klägerin (Warmmiete) 1280,00 DM abzgl. Wohnanteile im Kindesunterhalt 431 DM:4 108,00 DM 108,00 DM verbleiben 1064,00 DM zuzüglich allgemeiner Lebensbedarf 750,00 DM abzüglich Einkommen der Klägerin 1091,46 DM - Fahrtkosten 24 km 396,00 DM verbleiben 695,00 DM Kindergeldanteil 250,00 DM ungedeckter Rest 869,00 DM.

Das ist mehr als die beantragten 500 DM.

Für die Zeit ab Januar 2000 ergibt sich nur eine unwesentliche Änderung, weil das Einkommen der Klägerin mit 1109,49 DM etwas höher ist und die Fahrtkosten (18 km) mit 297 DM etwas niedriger. Es verbleibt aber auf jeden Fall bei dem Unterhaltsbetrag von 500 DM monatlich.

Ab Juli 2000 ist das Einkommen der Klägerin höher. Es beträgt monatlich 1493,43 DM. Die Fahrtkosten sind deutlich geringer (1 km). Daraus ergibt sich folgende Berechnung:

Warmmiete 1280,00 DM abzgl. Wohnanteile wie zuvor 108,00 DM 108,00 DM verbleiben 1064,00 DM zuzüglich allgemeiner Lebensbedarf 750,00 DM zuzüglich Kosten für die betreute Grundschule für 62,00 DM abzüglich eigenes Einkommen 1493,43 DM - Fahrtkosten 16,50 DM 1477,00 DM abzüglich Kindergeldanteil 270,00 DM verbleiben 129,00 DM.

Ab Juli 2001 betragen die Fahrtkosten der Klägerin nach einer einfachen Entfernung von 18 km wieder 297 DM monatlich. Auf der anderen Seite sind die Wohnanteile beim Kindesunterhalt etwas höher. Es ergibt sich deswegen jetzt ein ungedeckter Rest von etwa 400 DM monatlich.

In diesem Umfange hat die Berufung der Klägerin Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1, 515 Abs. 3 ZPO, die Vollstreckbarkeitsentscheidung auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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