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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 15.05.2001
Aktenzeichen: 8 UF 60/00
Rechtsgebiete: InsO, ZPO


Vorschriften:

InsO § 35
ZPO § 240
ZPO § 850 d.
ZuFrage, wie sich die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei im laufenden Unterhaltsverfahren auswirkt.

SchlHOLG, 1. FamS, Teil-Urteil vom 15. Mai 2001, - 8 UF 60/00 -


Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Teil-Urteil Im Namen des Volkes

51 F 61/97 AG Norderstedt

Verkündet am: 15. Mai 2001

als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

hat der 1. Senat für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 24. April 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Norderstedt vom 19. Januar 2000 für die Zeit ab 04. Oktober 2000 teilweise geändert und insoweit wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt an die Klägerin folgenden Unterhalt zu zahlen:

1. Ab 04. Oktober 2000 monatlich 460,00 DM, 2. ab 15. November 2000 monatlich 430,00 DM, 3. ab 01. Januar 2001 monatlich 440,00 DM.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen, die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schluss-Urteil vorbehalten.

Tatbestand

Die Parteien hatten am 02. August 1991 die Ehe geschlossen. Aus dieser Ehe stammen die Kinder F., geb. 1991 und M., geb. 1995. Sie leben bei der Klägerin, die auch die elterliche Sorge für sie erhalten hat.

Nach erstmaliger Trennung der Parteien ist der Beklagte durch Urteil des Familiengerichts vom 05. Dezember 1995 verpflichtet worden, Ehegattenunterhalt von monatlich 556,00 DM und Kindesunterhalt von je monatlich 241,00 DM zu zahlen (51 F 118/95). Der Ehegattenunterhalt ist durch Abänderungsurteil vom 07. April 1998 für die Zeit ab Oktober 1997 auf monatlich 210,00 DM herabgesetzt worden (51 f 64/97).

Die Ehe der Parteien ist durch Verbund-Urteil des Familiengerichts vom 16. Februar 1999 geschieden, die Folgesache nachehelicher Unterhalt abgetrennt worden. Der Scheidungsausspruch ist rechtskräftig seit dem 27. April 1999.

Die Klägerin hat im Jahre 1999 und im Januar 2000 Krankengeld bezogen. Von April bis September 2000 hat sie an einer Umschulungsmaßnahme des Arbeitsamtes teilgenommen und Unterhaltsgeld bezogen. Seit dem 15. November 2000 arbeitet sie halbtags beim Versand in Hamburg.

Die Klägerin hat im Verbund nachehelichen Unterhalt verlangt und beantragt den Beklagten zur Zahlung von monatlich 661,00 DM zu verurteilen. Der Beklagte hat Klagabweisung beantragt. Das Familiengericht hat der Klage im Umfange von 134,00 DM monatlich stattgegeben.

Die Klägerin hat Berufung eingelegt. Während des Berufungsverfahrens ist durch Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 04. Oktober 2000 am gleichen Tage über das Vermögen des Beklagten das Insolvenzverfahren eröffnet worden (68 b IK 76/00).

Die Klägerin hat zunächst beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten zur Zahlung folgender Unterhaltsbeträge zu verurteilen:

Ab 27. April 1999 monatlich 450,00 DM, ab Januar 2000 monatlich 525,00 DM, ab 15. November 2000 monatlich 580,00 DM.

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat die Klägerin diesen Antrag mit der Maßgabe gestellt, dass lediglich die Zeit ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens betroffen ist.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er macht geltend, dass er bei der Stadtreinigung in Hamburg Schichtdienst leiste und deswegen höhere Fahrtkosten habe. Die Klägerin lebe mit dem Zeugen N. in einem eheähnlichen Verhältnis zusammen und erbringe für ihn sämtliche Haushaltsleistungen.

Demgegenüber erwidert die Klägerin, dass sie mit dem Zeugen N. seit etwa anderthalb Jahren befreundet sei, aber erst seit 01. August 2000 mit ihm zusammengezogen sei.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat die Parteien im Termin vom 12. Dezember 2000 gehört.

Entscheidungsgründe

Zu entscheiden ist derzeit nur über die Berufung der Klägerin für die Zeit ab 04. Oktober 2000. Zwar erfasst das Insolvenzverfahren nach § 35 Insolvenzordnung auch das Vermögen, welches der Schuldner während des Verfahrens erlangt. Jedoch hat der Unterhaltsberechtigte die Möglichkeit, in den erweiterten pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens zu vollstrecken (§ 850 d ZPO), der nicht zur Insolvenzmasse gehört. Insoweit ist das vorliegende Verfahren nicht durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 240 ZPO unterbrochen worden (vgl. Gottwald-Klopp-Kluth, Insolvenzhandbuch, 2. Aufl., § 19, Rdnr. 30). In diesem Umfange ist deswegen über die Berufung der Klägerin durch Teil-Urteil zu entscheiden.

Die Berufung der Klägerin ist überwiegend begründet. Der Beklagte schuldet ihr nachehelichen Unterhalt gemäß § 1570 BGB, weil sie durch die Betreuung der gemeinsamen minderjährigen Kinder der Parteien jedenfalls an einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit gehindert ist. Der Unterhaltsbedarf ist im Wege der Differenzmethode zu ermitteln, wobei ihr ein Betreuungsbonus gutzubringen ist. Denn im Hinblick auf das Alter der gemeinsamen Kinder wäre die Klägerin nicht erwerbspflichtig.

Der Umstand, dass die Klägerin seit August 2000 mit dem Zeugen N. in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammenlebt, wirkt sich auf ihren Unterhaltsanspruch wegen der bisher noch kurzen Dauer des Zusammenlebens nicht aus.

Von dem Einkommen des Beklagten sind erhöhte Fahrtkosten abzuziehen, weil er wegen des Schichtdienstes an 263 Arbeitstagen seinen Arbeitsplatz aufsuchen muss. Die einfache Entfernung beträgt 17 km, die Fahrtkosten somit monatlich 335,33 DM. Es sind weiterhin ein Gewerkschaftsbeitrag als berufsbedingte Aufwendung zu berücksichtigen sowie ehebedingte Kreditabträge von monatlich 130,00 DM. Schließlich ist der Kindesunterhalt vorweg abzuziehen.

Es ergibt sich dann für die Zeit ab 04. Oktober 2000 folgende Unterhaltsberechnung:

Monatliches Nettoeinkommen des Beklagten einschließlich einer Steuererstattung 2.975,10 DM abzüglich Fahrtkosten 335,33 DM Gewerkschaftsbeitrag 36,50 DM Kreditabtrag 130,00 DM Kindesunterhalt 482,00 + 270,00 = 752,00 DM verbleiben 1.721,27 DM

Einkommen der Klägerin 747,90 DM abzüglich Betreuungsbonus 100,00 DM verbleiben 647,90 DM

Differenz 1.073,37 DM 3/7-Quote 460,00 DM.

Da dem Beklagten das hälftige Kindergeld verbleibt, ist seine Leistungsfähigkeit gegeben.

Ab 15. November 2000 hat die Klägerin Erwerbseinkommen von monatlich netto 1.525,80 DM abzüglich Fahrtkosten 84,00 DM verbleiben 1.441,80 DM.

Da die Klägerin nunmehr halbschichtig erwerbstätig ist, erscheint es gerechtfertigt, nur die Hälfte ihres Einkommens, also 720,90 DM in die Differenzrechnung einzustellen.

Die Einkommensdifferenz beträgt 1.037,00 DM, die 3/7-Quote 428,73 DM, gerundet 430,00 DM.

Ab Januar 2001 beträgt das monatliche Nettoeinkommen der Klägerin nur noch 1.468,51 DM.

Entsprechend der vorstehenden Berechnung erhöht sich ihr Unterhaltsanspruch auf monatlich 440,00 DM.

Wegen der Notwendigkeit einer einheitlichen Kostenentscheidung bleibt die Kostenentscheidung dem Schluss-Urteil vorbehalten.



Ende der Entscheidung

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