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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 16.12.2008
Aktenzeichen: 12 U 172/08
Rechtsgebiete: BGB, GmbHG


Vorschriften:

BGB § 242
GmbHG § 35
1. Ein Missbrauch der Vertretungsmacht durch einen Geschäftsführer einer GmbH ist für einen Rechtsanwalt als Geschäftspartner objektiv evident, wenn der Geschäftsführer in Vertretung der Gesellschaft einen hohen Geldbetrag auf ein Anderkonto des Rechtsanwalts überweist, um sich diesen sogleich in bar übergeben zu lassen, ohne dss für die Transaktion ein plausibler Grund vorliegt.

2. Zur Berücksichtigung des Einwands des rechtmäßigen Alternativverhaltens im Falle eines für den Geschäftspartner objektiv evidenten Missbrauchs der Vertretungsmacht.


Oberlandesgericht Stuttgart 12. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 12 U 172/08

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

Verkündet am: 16. Dezember 2008

hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 18. November 2008 unter Mitwirkung von

Vors. Richter am Oberlandesgericht Oleschkewitz Richter am Oberlandesgericht Fischer Richter am Amtsgericht Seichter

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 5. August 2008 - 9 O 124/08 - abgeändert:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 457.482,12 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 16.2.2008 zu bezahlen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.452,26 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 3.4.2008 zu bezahlen.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 457.482,12 €.

Gründe:

A.

1.

Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen der Übernahme und Durchführung eines Mandats zur Abwicklung eines vermeintlichen Bargeschäfts über dessen Rechtsanwalts-Anderkonto auf Schadensersatz in Höhe von 457.482,12 € in Anspruch.

Die beiden Gesellschafter der Klägerin, die in S. wohnhaften V. N. und V. S., erwarben auf Vorschlag des Berliner Kaufmanns J.-J. B. die Geschäftsanteile der zunächst als Vorratsgesellschaft gegründeten Klägerin im Oktober 2006 je zur Hälfte, um über diese in den Erwerb von Binnenschiffen für die Donau zu investieren. B. wurde zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer der Klägerin bestellt.

Im 16.2.2007 bot B. in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Klägerin dem Eigner der M. C. an, das Schiff für 1,3 Millionen Euro zu erwerben. Im Anschluss an die Besichtigung des Schiffes in B., bei der auch der Gesellschafter N. zugegen war, kam es Anfang April zum Abschluss eines entsprechenden Vorvertrages. Der aufzubringende Kaufpreis sollte durch Gesellschafterdarlehen in Höhe von ca. 500.000 €, im Übrigen durch Bankkredit finanziert werden. Mit E-Mail vom 8.7.2007 teilte B. dem Gesellschafter N. die Bankverbindung hinsichtlich des von ihm eingerichteten Girokontos der Klägerin bei der Bank in H. zur Einzahlung der Darlehensbeträge mit. B. hatte für dieses Konto Einzelvollmacht. Zwar hatten die Gesellschafter auf eine gemeinsame Vollmacht mit dem Gesellschafter N. gedrängt, doch war B. darauf nur zum Schein eingegangen und hatte den Gesellschaftern ein gefälschtes Schreiben der C. übersandt, in dem die gemeinsame Verfügungsberechtigung bestätigt wurde. Die beiden Gesellschafter bezahlten unter Beteiligung von Familienangehörigen in Teilbeträgen zwischen 40.000 € und 45.000 € insgesamt 501.000 € auf dieses Konto ein. Zu einem Ankauf der M. C. kam es jedoch in der Folgezeit nicht. Auf Nachfrage der Gesellschafter verwies B. auf die noch ausstehende endgültige Entscheidung der Bank über den Kreditantrag.

Im September 2007 nahm B. telefonisch Kontakt zum Beklagten auf, der ihm von seinem Bekannten L. N., einem langjährigen Mandanten des Beklagten, empfohlen worden war. Daraufhin kam es im Oktober 2007 zu einem Treffen zwischen B. und dem Beklagten im Hotel M. am S. F.. Bei diesem Gespräch teilte B. dem Beklagten mit, die Gesellschafter der Klägerin, deren Geschäftsführer er sei, hätten 4,5 Millionen Euro Eigenmittel, die in Binnenschiffe für die Donau investiert werden sollten. Einige Schiffe seien schon erworben worden. Es sei vorgesehen, mit den Eigenmitteln und Bankkrediten in weitere Schiffe zu investieren. Das Geld befinde sich auf einem Konto bei der C. in H.. Aktuell sei der Kauf eines solchen Schiffes von einem ukrainischen Reeder beabsichtigt, der Barzahlung verlange. Die Barabhebung des als Anzahlung benötigten Betrages von 450.000 € solle nach Überweisung von zwei Tranchen über 200.000 € und 250.000 € auf das Rechtsanwalts-Anderkonto des Beklagten von dort erfolgen. Auf die Frage des Beklagten, warum B. sich das Geld nicht direkt von der Bank in bar auszahlen lasse, hat B. angegeben, die C. solle derzeit nicht von dem Erwerb der M. C. in Kenntnis gesetzt werden. Er habe bei der C. bereits mehrere Kreditanträge für den Ankauf von Binnenschiffen gestellt. Eine Umschreibung eines Kreditantrages auf die M. C. hätte eine mehrmonatige Verzögerung der Kreditvergabe zur Folge. Da wegen der aktuellen großen Nachfrage nach Binnenschiffen ein kurzfristiges Handeln erforderlich sei, wolle er die C. erst nach Genehmigung der Kreditanträge informieren und einen Kreditvertrag auf die M. C. umschreiben lassen. Um eine Kenntniserlangung der C. zu vermeiden, solle der Transfer des Geldes durch eine Überweisung von 450.000 € in zwei Beträgen, zunächst zeitversetzt mit einer Woche, auf das Anderkonto des Beklagten erfolgen. Da die Aufspaltung für den Beklagten nach seiner Darstellung keinen Sinn ergab, verständigte man sich darauf, dass der Betrag auf einmal auf sein Anderkonto überwiesen wird.

Mit Schreiben vom 24.10.2007 teilte der Beklagte dem Geschäftsführer B. seine Bankverbindung mit und bat zudem um Übersendung der vereinbarten Unterlagen von den Gesellschaftern. Daneben richtete der Beklagte am 24.10.2007 eine Anfrage an das Registergericht in C. mit der Bitte um kurzfristige Überlassung der Gesellschafterliste der Klägerin. Zudem übersandte er mit Schreiben vom selben Tag eine Honorarrechnung über insgesamt 7.482,12 €. Der Betrag setzt sich zusammen aus einer vereinbarten Beratungsgebühr in Höhe von 5.000 € und einer Hebegebühr in Höhe von 1.287,50 €, jeweils zuzüglich 19% Mehrwertsteuer. Die Rechnung wurde am 7.11.2007 durch Überweisung des Geschäftsführers B. von dem Guthaben der Klägerin bei der C. in H. bezahlt.

Der Beklagte fasste in einer Aktennotiz (Bl. 27 d.A.) den Sachverhalt zusammen und hielt darin unter anderem fest, dass der Geschäftsführer B. hinsichtlich der Auszahlung des Betrages die Genehmigung der beiden Gesellschafter vorlegen wird. Wegen des zu erwartenden Zahlungseinganges hielt der Beklagte Rücksprache mit seiner Bank, die ihm riet, aufgrund der Höhe des Betrages hierfür ein gesondertes Rechtsanwalts-Anderkonto einzurichten. Dem kam der Beklagte nach und teilte B. am 5.11.2007 telefonisch die neue Kontonummer des eigens eingerichteten Anderkontos mit.

Mit Schreiben vom 5.11.2007 wies B. die C. in H. an, vom Konto der Klägerin 450.000 € auf das Anderkonto des Beklagten zu überweisen. Als Verwendungszweck ist "MS Calypso - Anzahlung lt. Vorvertrag" genannt. Das Schreiben wies zwar die Unterschriften von B. und Nemet auf, doch hatte B. die Unterschrift des Gesellschafters Nemet gefälscht. Der Betrag von 450.000 € ging am 8.11.2007 auf dem Anderkonto des Beklagten ein, wobei der von B. genannte Verwendungszweck auf dem Kontoauszug abgedruckt ist.

Nachdem der Beklagte die von B. gewünschte Übergabe des Geldes in seinen Kanzleiräumen abgelehnt hatte, trafen sich der Beklagte und B. am 13.11.2007 in der Filiale K. der Bank. Dort hob der Beklagte den gesamten Betrag von 450.000 € von seinem Anderkonto ab und übergab die Banknoten in zwei Umschlägen an B.. Dieser kehrte nach der Barabhebung in S. nicht mehr nach B. und in seine dortige Wohnung zurück. Er ist seither flüchtig und wird mit Haftbefehl gesucht. Ein von der Staatsanwaltschaft beantragter dinglicher Arrest konnte bisher nicht erfolgreich vollstreckt werden.

Die Klägerin hat behauptet,

der Beklagte hätte aufgrund der offensichtlichen Sinnlosigkeit des an ihn herangetragenen Anliegens, welches von Anfang an den Verdacht eines unrechtmäßigen Handelns des Geschäftsführers nahegelegt habe, den Auftrag von vornherein ablehnen, zumindest aber sich vor deren Ausführung der Genehmigung der beiden Gesellschafter vergewissern müssen. Dagegen habe sich der Beklagte aus reinem Gebühreninteresse den sich auch ihm aufdrängenden Zweifeln an der Redlichkeit von B. verschlossen. Im Rahmen der Abwicklung des Auftrages habe er letztlich nicht einmal mehr die von ihm selbst zunächst geforderte Genehmigung der Gesellschafter verlangt, sondern sich blind auf die Angaben des Geschäftsführers B. verlassen.

Eine Nachfrage bei den Gesellschaftern habe sich auch deshalb aufdrängen müssen, weil für über 7.000 € Anwaltsgebühren ein Umweg über sein Anderkonto gewählt worden sei, obwohl eine Barabhebung in H. sehr viel günstiger zu bekommen gewesen wäre. Die von B. hierfür gegebene Begründung sei nicht geeignet gewesen, die Bedenken an der Notwendigkeit des Rechtsgeschäfts und damit an der Seriosität der Abwicklung zu zerstreuen. Denn insoweit hätte sich dem Beklagten aufdrängen müssen, dass es - auch mit Blick auf die von B. abgegebene Begründung - keinen Unterschied mache, ob das Geld bar oder, wie letztlich erfolgt, als Überweisung bei der C. abfließe.

Wenn der Beklagte die Genehmigung der Gesellschafter eingeholt hätte, wäre deutlich geworden, dass B. ohne Zustimmung der Gesellschaft gehandelt hat, so dass der Geldabfluss vermieden worden wäre.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen,

1. an sie 457.482,12 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 16.2.2008 Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche der Klägerin gegen Herrn B. zu bezahlen;

2. vorgerichtliche Kosten in Höhe von 4.452,26 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat behauptet,

B. habe auf ihn einen seriösen und vertrauenserweckenden Eindruck gemacht. Zweifel an der Seriosität des abzuwickelnden Geschäfts hätten sich für ihn nicht ergeben, nachdem B. sich mit profunden Kenntnissen im Schifffahrtsgewerbe präsentiert habe und auch die Abwicklung über sein Anwaltskonto dahingehend plausibel habe erklären können, dass man die Bank wegen laufender Kreditanfragen durch größere Bargeldabhebungen nicht habe verunsichern wollen.

Auf die Vorlage weiterer Genehmigungen der Gesellschafter habe er verzichtet, nachdem B. auf die Mitteilung der neuen Kontonummer in überzeugender Weise seinen Unmut geäußert habe, dass dies noch einmal die zustimmende Unterschrift der Gesellschafter nötig mache. Selbst wenn er weiter auf die Vorlage von Genehmigungen der Gesellschafter bestanden hätte, hätte B. gefälschte Schriftstücke vorgelegt.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien im erstinstanzlichen Verfahren wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

2.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil vom 5.8.2008 (Bl. 115 d.A.) die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Der Klägerin stehe der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht zu. B. sei zur Vertretung berechtigt gewesen. Die Risiken einer im Innenverhältnis nicht gedeckten Ausübung der Vertretungsmacht träfen grundsätzlich den Vertretenen.

Zwar sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass wegen fehlender Schutzwürdigkeit des Vertragsgegners die Bindung des Vertretenen dann entfallen könne, wenn der Vertreter die Vertretungsmacht missbrauche und der Geschäftsgegner dies erkennen müsse. Dies setze aber voraus, dass der Vertreter von seiner Vertretungsmacht in ersichtlich verdächtiger Weise Gebrauch mache, so dass beim Vertragspartner begründete Zweifel bestehen müssten, ob nicht ein Treueverstoß des Vertreters gegenüber dem Vertretenen vorliege.

Es sei schon fraglich, ob man trotz der seitens der Klägerin dargetanen Auffälligkeiten eine objektive Evidenz des Missbrauchs der Vertretungsmacht bejahen könne. B. habe eine zumindest nicht von vornherein völlig unplausible Erklärung geliefert, warum die Abwicklung des Geschäfts über das Anderkonto des Beklagten erfolgen solle. Dem Anspruch stehe aber jedenfalls der Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens entgegen. Aufgrund der von B. gezeigten kriminellen Energien sei davon auszugehen, dass dieser im Falle des Insistierens des Beklagten auf Beibringung von Genehmigungen der Gesellschafter entsprechende gefälschte Schriftstücke vorgelegt hätte. B. habe auch nicht davor zurückgeschreckt, sich die alleinige Verfügungsbefugnis über das Girokonto dadurch zu sichern, dass er den Gesellschaftern von ihm gefälschte Bankdokumente vorgelegt habe, die die von den Gesellschaftern gewünschte Umstellung von Einzel- auf Gesamtverfügungsbefugnis bescheinigten. Zudem habe B. auch die Unterschrift auf dem Überweisungsauftrag gefälscht.

Der Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, persönlich mit den Gesellschaftern Kontakt aufzunehmen. Er habe keine wirklich greifbaren Anhaltspunkte gehabt, an der Redlichkeit von B. zu zweifeln. Darüber hinaus wäre es schwierig gewesen, direkt zu den in Se. ansässigen Gesellschaftern der Klägerin Kontakt aufzunehmen. Zudem hätte ein solches persönliches Herantreten an die Gesellschafter zwangsläufig eine massive Misstrauensbekundung gegenüber dem Geschäftsführer dargestellt. Daher könne eine persönliche Vergewisserung beim Vollmachtgeber nur gefordert werden, wenn es klar zutage getretene, auf greifbare Tatsachen gestützte Verdachtsmomente gebe. Dies sei aber vorliegend (noch) nicht der Fall gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

3.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 8.8.2008 zugestellte Urteil (Bl. 127 d.A.) mit Schriftsatz vom 1.9.2008, der am 3.9.2008 bei Gericht eingegangen ist (Bl. 136 d.A.) Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung ist am 11.9.2008 eingegangen (Bl. 158 d.A.).

Die Klägerin verfolgt ihr erstinstanzliches Begehren weiter. Sie ist der Auffassung, das Landgericht habe zu Unrecht einen Schadensersatzanspruch des Beklagten verneint.

Die Voraussetzungen eines Missbrauchs der Vertretungsmacht lägen vor. Das treuwidrige Verhalten von B. sei für den Beklagten objektiv evident gewesen, da die von B. abgegebene Erklärung für die Überweisung auf das Anderkonto und die anschließende Barabhebung völlig unplausibel sei. Für die Bank sei es unerheblich, ob Geld in bar oder durch Überweisung abfließe. Daher hätte eine Barabhebung bei der C. keinerlei andere Auswirkungen auf die begehrte Kreditvergabe gehabt. Auch für die von Herrn B. behauptete Absicht, den Schiffserwerb in der U. zu verschleiern, habe es keinen nachvollziehbaren Grund gegeben. Die Kreditbeziehungen zu einer Bank würden im Wesentlichen auf einem Vertrauensverhältnis zwischen Bank und Kreditnehmer beruhen. Dieses sei aber gefährdet, wenn der Bank wichtige Informationen vorenthalten werden sollen. Im Übrigen hätte der Beklagte erkennen müssen, dass es gerade nicht darum gegangen sei, den Erwerb des Schiffs vor der Bank zu verschleiern, nachdem in der Gutschrift zum Eingang auf dem Anderkonto als Verwendungszweck die Anzahlung für die M. C. genannt sei.

Ferner sei zu berücksichtigen, dass durch die Einschaltung des Beklagten erhebliche Kosten entstanden seien, die durch eine Barabhebung bei der C. in H. hätten vermieden werden können. Zudem habe auch keinerlei Bezug zu S. bestanden, weshalb gerade die Beauftragung des Beklagten nicht verständlich sei. Schließlich sei auch eine Barabhebung von 450.000 € in hohem Maße ungewöhnlich.

Der Beklagte habe selbst damit gerechnet, dass das Geschäft nicht redlich sei. Dies folge daraus, dass er zunächst beabsichtigt habe, sich die Genehmigungen der Gesellschafter vorlegen zu lassen. Dass er die Genehmigung nur deshalb angedacht habe, um B. wegen eines Verlustrisikos zu schützen, sei genauso wenig nachvollziehbar wie die Begründung, warum er hiervon später abgesehen habe. Die Beteuerung B., dass die Gesellschafter Kenntnis von der Überweisung hätten, weil er ihre Unterschriften wegen der geänderten Kontonummer nochmals benötige, würde einen einmal bestehenden Verdacht nicht ausräumen.

Aufgrund der Verdachtsmomente hätte der Beklagte das Anderkonto nicht bereitstellen dürfen. Nachdem er gleichwohl auf das Geschäft eingegangen ist, hätte er bei der Abwicklung des Anderkontos eine sorgfältige Überprüfung vor der Auszahlung vornehmen müssen. Dies sei nicht geschehen.

Das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, dass Schadensersatzansprüche aufgrund des Einwands des rechtmäßigen Alternativverhaltens ausgeschlossen seien. Dieser Einwand sei im Falle des Missbrauchs der Vertretungsmacht schon aus Rechtsgründen nicht beachtlich. Im Übrigen habe der Beklagte nicht bewiesen, dass derselbe Erfolg im Falle eines rechtmäßigen Verhaltens mit Sicherheit herbeigeführt worden wäre. Ein Nachweis, dass B. die Unterschrift der Gesellschafter gefälscht hätte, sei nicht erbracht. Die Fälschung des Überweisungsauftrages sei kein Indiz, da zum einen nur die Unterschrift eines Gesellschafters gefälscht worden sei und zum anderen eine Fälschung gegenüber einem Rechtsanwalt eine andere Qualität habe. Zudem habe sich B. gerade deshalb an den Beklagten gewandt, weil die C. im Falle einer Barabhebung eine genaue Überprüfung angekündigt habe. Daher hätte B. von einer Beauftragung abgesehen, wenn der Beklagte den Nachweis der Zustimmung der Gesellschafter verlangt hätte. Hinzu komme, dass angesichts der gravierenden Verdachtsmomente eine persönliche Kontaktaufnahme erforderlich gewesen wäre. Die Telefonnummer hätte der Beklagte durch Nachfragen bei B. in Erfahrung bringen können. Mögliche Sprachbarrieren hätten sich mittels eines Dolmetschers überwinden lassen.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des am 5. August 2008 verkündeten Urteils des Landgerichts Stuttgart, 9 O 124/08, den Beklagten zu verurteilen,

1. an sie 457.482,12 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 16.2.2008 zu bezahlen;

2. vorgerichtliche Kosten in Höhe von 4.452,26 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Beklagte trägt vor,

ein Missbrauch der Vertretungsmacht liege nicht vor. Nachdem die Vertretungsmacht von B. nicht beschränkt gewesen sei und das beabsichtigte Geschäft sich innerhalb des Gegenstands des Unternehmens gehalten habe, könne ein Missbrauch nur dann angenommen werden, wenn das Geschäft offensichtlich gegen den Willen des Bevollmächtigenden verstoßen und der Vertragspartner eine Tatsache gekannt habe, die den Schluss ermögliche, dass das Geschäft unredlich sei. Eine solche Kenntnis habe bei ihm nicht vorgelegen.

B. habe den Grund für die Überweisung auf sein Anderkonto und die anschließende Barabhebung plausibel erklärt. Die Absicht, der Bank den Erwerb des Schiffes zu verschweigen, sei durchaus nachvollziehbar. B. habe insoweit erklärt, es liege ein sehr günstiges Angebot für die M. C. vor und er müsse daher schnell handeln. Hierdurch sei schlüssig dargetan, warum von einem Umschreiben der Kreditanträge abgesehen werden sollte. Von einer Gefährdung der Kreditanträge durch das Verschweigen dieses Umstandes könne man nicht ausgehen. Die Klägerin hätte die M. C. als Sicherheit für einen Kreditantrag anbieten können. Im Übrigen wäre es angesichts der von B. dargelegten Eigenmittel der Klägerin auch möglich gewesen, das Schiff ohne Finanzierung zu erwerben.

Sein Honorar sei für die Tätigkeit angemessen gewesen. Es sei auch nicht eindeutig gewesen, dass für die Abwicklung des Geschäfts ein Bezug zu S. fehle.

Die Angabe des Verwendungszwecks "M. C. Anzahlung" in der Überweisung sei eine Bestätigung gewesen, dass der Betrag für den Ankauf des Schiffes verwendet werden sollte. Zudem sei dadurch auch deutlich geworden, dass die Gesellschafter von der Transaktion Kenntnis gehabt hätten, nachdem B. für die Überweisung die Unterschriften benötigt habe. Ein Widerspruch zu dem Ziel des Verschweigens des Erwerbs gegenüber der Bank liege darin nicht, da die Bank im Falle einer Überweisung den Verwendungszweck nicht prüfe.

Er habe nie Zweifel an der Redlichkeit von B. gehabt. Der Grund für die ursprüngliche Absicht, sich eine Genehmigung der Gesellschafter vorlegen zu lassen, habe darin bestanden, dass er ein gewisses Risiko gesehen habe, dass B. die Barmittel abhanden kommen. Aufgrund der Behauptung B.., dass er für die Überweisung des Geldes die Unterschriften der Gesellschafter benötige, habe er davon ausgehen können, dass eine entsprechende Genehmigung vorgelegen habe. Es habe auch kein Hinweis darauf bestanden, dass die Unterschriften der Gesellschafter gefälscht worden seien.

Im Übrigen habe das Landgericht zu Recht den Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens durchgreifen lassen. Die Klägerin sei insoweit beweispflichtig. Aufgrund seiner erheblichen kriminellen Energie sei mit Sicherheit davon auszugehen, dass B. auch gefälschte Gesellschafterbestätigungen beigebracht hätte. Eine weitere Nachfrage wäre eine massive Misstrauensbekundung gewesen. Dies sei, auch nachdem es keine greifbaren Verdachtsmomente gegeben habe, für ihn unzumutbar gewesen. Im Übrigen hätte B. im Falle einer Nachfrage nach Telefonnummern der Gesellschafter die Nummern anderer Personen angegeben, die dann entsprechende Erklärungen abgegeben hätten.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die von ihnen vorgelegten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 18.11.2008 (Bl. 198 d.A.) verwiesen.

Die nach Schluss der mündlichen Verhandlungen vom Beklagten eingereichten Schriftsätze vom 21.11.2008 und vom 25.11.2008 haben kein Anlass gegeben, wieder in die mündliche Verhandlung einzutreten. Der Beklagte behauptet nunmehr, von dem Kontoauszug für die Gutschrift der 450.000 € auf sein Anderkonto erst nach der Barabhebung Kenntnis erlangt zu haben.

B.

I.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet. Anders als das Landgericht meint, hat die Klägerin gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 457.482,12 €. Der Anspruch folgt aus § 681 Satz 2 BGB i.V.m. § 667 BGB sowie auch aus § 678 BGB.

1.

Der Beklagte handelte als Geschäftsführer ohne Auftrag. Ein Vertrag zwischen der Klägerin und dem Beklagten ist nicht zu Stande gekommen. Zwar hatte Herr B. nach § 35 GmbHG für den Abschluss des Vertrages Vertretungsmacht. Zu Recht macht die Klägerin jedoch geltend, dass der Geschäftsführer die Vertretungsmacht missbraucht hat und es dem Beklagten nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt ist, sich auf die Willenserklärungen des Vertreters zu berufen. Dies hat zur Folge, dass er sich wie ein Geschäftsführer ohne Auftrag behandeln lassen muss (BGH NJW 1984, 1461).

a)

Die Annahme eines Missbrauchs der Vertretungsmacht setzt in der Person des Vertreters voraus, dass mit der durch die Vertretungsmacht gewährten Befugnis in treuwidriger Weise verfahren und dem Vertretenen dadurch ein Nachteil zugefügt wird (vgl. BGH NJW 2006, 2776 Tz. 3; BGH NJW 1968, 1379, 1380). Dies ist vorliegend der Fall. Herr B. hat den Vertrag mit dem Beklagten unstreitig abgeschlossen, um den dann auf das Anderkonto des Beklagten überwiesenen Betrag von 450.000 € nach der Auszahlung für sich zu verwenden, diesen also zu veruntreuen. Hierzu war er im Verhältnis zur Klägerin nicht berechtigt.

b)

Es liegen auch die in der Person des Geschäftspartners erforderlichen Voraussetzungen dafür vor, dass der Beklagte sich auf die objektiv bestehende Vertretungsmacht nicht berufen darf. Der Missbrauch ist für ihn auf Grund massiver Verdachtsmomente evident gewesen.

aa)

Nach ständiger Rechtsprechung ist das Risiko eines Missbrauchs der Vertretungsmacht allerdings grundsätzlich vom Vertretenen zu tragen (vgl. etwa BGH NJW 1999, 2883; BGH NJW 1994, 2082, 2083). Dem Vertragspartner obliegt im Allgemeinen keine besondere Prüfungspflicht, ob und inwieweit der Vertreter im Innenverhältnis gebunden ist, von einer nach außen unbeschränkten Vertretungsmacht nur begrenzten Gebrauch zu machen (BGH NJW 1999, 2883; BGH NJW 1994, 2082, 2083; BGH WM 1989, 1068, 1069). Wer einen Vertrag mit einer GmbH abschließen will, braucht sich daher grundsätzlich nicht darum zu kümmern, ob der Geschäftsführer die sich aus dem Innenverhältnis ergebenen Schranken seiner Befugnis einhält. Nachforschungen hierüber sollen dem redlichen Rechtsverkehr erspart bleiben. Darin liegt gerade der Sinn der gesetzlichen Regelung des § 37 Abs. 2 GmbHG, nach der die Vertretungsmacht der Geschäftsführer Dritten gegenüber unbeschränkbar ist (BGH NJW 1984, 1461). Das Vertrauen des Geschäftspartners ist aber dann nicht mehr schutzwürdig, wenn der Missbrauch für den Geschäftspartner aufgrund massiver Verdachtsmomente objektiv evident ist (BGH NJW 1984, 1461; vgl. auch BGH NJW 1999, 2883; BGH NJW 1994, 2082, 2083). Dies ist dann der Fall, wenn der Vertreter von seiner Vertretungsmacht in ersichtlich verdächtiger Weise Gebrauch macht, so dass beim Vertragspartner begründete Zweifel entstehen mussten, ob nicht ein Treueverstoß des Vertreters gegenüber dem Vertretenen vorliegt (BGH NJW 2002, 1497, 1498; BGH NJW 1994, 2082, 2083). Dabei ist an die für § 242 BGB geforderte Evidenz des Vollmachtsmissbrauchs ein strenger Maßstab anzulegen (BGH NJW 2002, 1497, 1498).

bb)

Der Vollmachtsmissbrauch von B. war bereits beim Gespräch am Flughafen im Oktober 2007, als der Vertrag mit dem Beklagten geschlossen wurde, objektiv evident.

(1)

Es ist in einem hohen Maße ungewöhnlich, dass ein Unternehmen einen sechsstelligen Geldbetrag auf ein Anderkonto eines Rechtsanwaltes überweist, um diesen sich sogleich in bar übergeben zu lassen.

(a)

Zwar mag es zutreffen, dass Geschäfte mit osteuropäischen Unternehmen zum Teil noch in bar abgewickelt werden. Es hätte dann aber wesentlich näher gelegen, dass eine derartige Bezahlung noch in der Bank erfolgt. Durch eine solche Vorgehensweise, die auch der Beklagte für die Abwicklung der Transaktion gewählt hat, wäre zum einen das Verlustrisiko ausgeschlossen worden, zum anderen hätte man Zeugen für die Übergabe gehabt. Soweit die Übergabe nicht in H. hätte stattfinden können, wäre eine Abhebung bei entsprechender Vorbereitung auch bei einer C.-Filiale in einer anderen Stadt möglich gewesen. Anhaltspunkte dafür, dass das Geld im Ausland übergeben werden sollte, bestanden für den Beklagten nicht, zumal ein Bargeldtransfer in dieser Größenordnung nicht unproblematisch ist und darüber hinaus auch hierfür zur Vermeidung von Verlustrisiken andere kostengünstige Möglichkeiten - beispielsweise mittels der weltweit agierenden Western Union - bestehen.

(b)

Hinzu kommt, dass die Beauftragung des Beklagten unwirtschaftlich war, nachdem dadurch Kosten in Höhe von 7.482,12 € entstanden sind. Diese Kosten wären vermieden worden, wenn das Geld bei der C. in bar abgehoben worden wäre. Schließlich gab es auch keinen erkennbaren Grund, die Abwicklung in S. vorzunehmen, nachdem der Sitz der Klägerin in B. ist und das Konto bei einer Bank in H. geführt wird.

(2)

Für die Überweisung auf das Konto des Beklagten mit anschließender Barabhebung gab es - wie die Klägerin zu Recht geltend macht - auch keinen plausiblen Grund.

(a)

Die Erklärung, man wolle den Kauf der M. C. der C. erst nach Genehmigung der laufenden Kreditanträge mitteilen und dann einen Kreditvertrag auf die M. C. umschreiben lassen, ergibt keinen Sinn. Die Klägerin war - wie der Beklagte wusste - noch nicht lange am Markt tätig. Daher bestand die Gefahr, im Falle einer Verschleierung des Erwerbs das Vertrauen der C. zu verlieren. Vor diesem Hintergrund lag eine Änderung des Kreditantrages wesentlich näher, zumal auch die Auswechslung des Sicherungsgutes bei Antragsstellung einen geringeren Aufwand verursachen dürfte als nach Abschluss des Darlehensvertrages. Zwar ist nicht auszuschließen, dass die Änderung eines Antrages zu einer gewissen Verzögerung der Kreditbewilligung geführt hätte. Es war aber offensichtlich genügend Geld für eine Baranzahlung vorhanden, so dass man den Vertrag gleichwohl hätte schließen können. Zudem hätte - wovon jedenfalls der Beklagte ausgegangen ist - aufgrund der von B. angegebenen Eigenmittel der Kaufpreis auch ohne Finanzierung geleistet werden können.

(b)

Selbst wenn man die Erklärung, man wolle den Erwerb der M. C. gegenüber der Bank verschleiern, noch als ansatzweise plausibel ansehen würde, bleibt die Frage offen, warum das Geld nicht bei der C. abgehoben, sondern der wesentlich kostspieligere und aufwändigere Weg über das Anderkonto des Beklagten gewählt wurde. Die Angabe B., man wolle die Situation hinsichtlich der Kreditanträge der Klägerin bei ihrer Hausbank nicht verschlechtern, vermag dies nicht zu erklären. Für die Kreditwürdigkeit eines Unternehmens ist es in aller Regel völlig unerheblich, ob das Geld in bar oder durch Überweisung abfließt. Eine Erklärung dafür, warum dies im konkreten Fall anders sein sollte, hat der Beklagte nicht verlangt und auch nicht erhalten.

(3)

Hinzu kommt, dass auch die Beklagte zunächst ein treuwidriges Handeln in Betracht gezogen hat. Dies ergibt sich aus seiner Aktennotiz, in der er festgehalten hat, die Auszahlung nur mit Genehmigung der beiden Gesellschafter vornehmen zu wollen. Soweit der Beklagte ausführt, er habe die Zustimmung der Gesellschafter vor allem deshalb angestrebt, weil bei einer Barabhebung das Risiko bestehe, dass das Geld Herrn B. abhanden komme, ist dies nicht glaubhaft. Nachdem keine überzeugende Erklärung für den Geldfluss über das Anderkonto bestand, war auch aus der damaligen Sicht des Beklagten das Verlustrisiko im Vergleich zu der Gefahr der Veruntreuung überschaubar.

(4)

Jedenfalls in der Gesamtschau der Auffälligkeiten ergibt sich ein derart massiver Verdacht eines Missbrauchs der Vertretungsmacht, dass dieser als objektiv evident i.S.d. Rechtsprechung anzusehen ist. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Barauszahlung an den Geschäftsführer diesem die Möglichkeit, Gelder zum Nachteil der Klägerin zu veruntreuen und im Ausland unterzutauchen, erheblich erleichtert hat. Anders als bei missbräuchlichen Überweisungen ist ein Nachverfolgen des Geldflusses in einer derartigen Konstellation nicht mehr möglich.

cc)

Trotz dieser objektiven Evidenz des Missbrauchs der Vertretungsmacht hat der Beklagte keine Maßnahmen ergriffen, um bestehende Zweifel zu klären. Daher hat er die durch die Verdachtsmomente ausgelöste Informationspflicht (vgl. BGH NJW 1999, 2883; BGH WM 1986, 1068; BGH NJW 1968, 1379, 1380; gegen diese Voraussetzung allerdings Schilken in Staudinger, BGB, 2004, § 167 Rdnr. 97 m.w.N.; Schramm in Münchener Kommentar zum BGB, 5. Auflage, § 164 Rdnr. 116) zumindest fahrlässig verletzt. Der Beklagte durfte auch nicht auf die Aussage des Geschäftsführers vertrauen, dass er eine Überweisung in dieser Größenordnung nur mit Zustimmung eines Gesellschafters vornehmen könne. Dies folgt schon daraus, dass der Beklagte nicht wissen konnte, ob dies zutrifft. Es ist auch unerheblich, dass Herr B. auf dem Überweisungsauftrag die Unterschrift eines Mitgesellschafters gefälscht hat, nachdem der Beklagte hiervon keine Kenntnis hatte.

c)

Anders als das Landgericht meint, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Schaden auch bei pflichtgemäßem Verhalten des Beklagten entstanden wäre. aa)

Soweit der Beklagte einwendet, dass B. im Falle des Insistierens auf die Vorlage von schriftlichen Genehmigungen Fälschungen vorgelegt hätte, betrifft dies - wovon auch das Landgericht ausgegangen ist - einen hypothetischen Kausalverlauf im Falle des rechtmäßigen Alternativverhaltens, für den der Beklagte beweispflichtig ist (vgl. BGH NJW 2005, 1718, 1719; BGH NJW 1993, 520, 521). Nachdem vorliegend der Nachweis der haftungsausfüllenden Kausalität zu erbringen ist, gilt § 287 ZPO. Der Beklagte hat diesen Nachweis nicht erbracht. Daher kann offen bleiben, ob der Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens im Falle des Missbrauches der Vertretungsmacht überhaupt erheblich sein kann.

bb)

Das Verlangen einer schriftlichen Bestätigung der Gesellschafter stellt kein rechtmäßiges Alternativverhalten dar, da der Beklagte allein damit seine Pflichten nicht erfüllt hätte. Die durch die objektive Evidenz des Vollmachtsmissbrauchs entstehende Informationspflicht ist nur erfüllt, wenn der Geschäftspartner Maßnahmen ergreift, die grundsätzlich geeignet sind, den Verdacht auszuräumen. Dies wäre im Falle einer schriftlichen Bestätigung nicht gegeben. Der Beklagte hatte unstreitig keine Unterschriftenprobe. Daher hätte B. die Bestätigungen leicht fälschen können, ohne dass der Beklagte dies hätte bemerken können. Soweit aber der Verdacht besteht, dass der Geschäftsführer seine Vertretungsmacht missbraucht, liegt es nicht fern, dass er auch gefälschte Erklärungen der Gesellschafter vorlegt.

cc)

Daher war vom Beklagten im konkreten Fall zu verlangen, dass er vor der Zurverfügungstellung des Anderkontos eine persönliche Kontaktaufnahme mit zumindest einem Gesellschafter vornimmt.

(1)

Eine persönliche Kontaktaufnahme war dem Beklagten auch zumutbar. Es stellt gegenüber dem Verlangen einer schriftlichen Bestätigung keine deutlich größere Misstrauensbekundung dar, wenn der Geschäftspartner den persönlichen Kontakt zu einem Gesellschafter sucht. Zudem ging es um einen erheblichen Betrag, so dass der Beklagte angesichts der objektiven Evidenz des Vollmachtsmissbrauchs einen Entzug des Mandats durch B. hätte in Kauf nehmen müssen. Eventuelle Sprachbarrieren hätten mittels eines Dolmetschers überwunden werden können.

(2)

Es steht nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit fest, dass B. eine Telefonnummer einer anderen Person angegeben hätte, die dann entsprechende Erklärungen abgegeben hätte. Hiergegen spricht, dass im Vergleich zu einer Fälschung eines Schriftstücks der Aufwand deutlich höher gewesen wäre. B. hätte zunächst eine Person ausfindig machen müssen, die bereit gewesen wäre, unter dem Namen eines Gesellschafters der Klägerin aufzutreten. Zudem wäre B. ein wesentlich größeres Risiko eingegangen, da er diese Person in seine Tat zumindest in den Grundzügen hätte einweihen müssen. Daher wäre es dann, wenn der Beklagte eine persönliche Kontaktaufnahme verlangt hätte, eher wahrscheinlich gewesen, dass B. einen anderen Anwalt beauftragt hätte, um diese Komplikationen möglicht zu vermeiden. Diesem Anwalt hätten dann allerdings die gleichen Pflichten oblegen wie dem Beklagten, so dass auch nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Schaden der Klägerin gleichermaßen entstanden wäre.

dd)

Eine andere Beurteilung wäre auch dann nicht geboten, wenn man eine persönliche Kontaktaufnahme nicht als geeignet ansehen würde. In diesem Falle hätte der Beklagte, wenn keine Möglichkeit bestand, die erheblichen Verdachtsmomente zu klären, das Mandat ablehnen müssen.

2.

Der Kläger kann sowohl als Schadensersatzanspruch (§ 678 BGB) als auch als Herausgabeanspruch (§ 681 Satz BGB i.V.m. § 667 BGB) die Rückzahlung des auf das Anderkonto überwiesenen Betrages von 450.000 € sowie des erlangten Anwaltshonorar in Höhe von 7.482,12 € verlangen.

a)

Für die Annahme eines Mitverschuldens der Klägerin bestehen keine Anhaltspunkte. Daher kann offen bleiben, ob eine Schadensteilung nach § 254 BGB im Falle des Missbrauchs der Vertretungsmacht möglich ist (vgl. hierzu Schramm in Münchener Kommentar zum BGB, a.a.O., § 164 Rdnr. 122).

b)

Ein Zurückbehaltungsrecht nach §§ 255, 273 BGB hinsichtlich der Abtretung möglicher Ansprüche gegen Herrn B. besteht nicht. Herr B. und der Beklagte haften der Klägerin nach § 421 BGB als Gesamtschuldner. Der Leistungsinhalt der Forderungen ist identisch. Die Klägerin kann von beiden Beteiligten die Rückerstattung der 450.000 € sowie des Anwaltshonorars verlangen. Die für die Annahme einer gesamtschuldnerischen Haftung erforderliche Gleichstufigkeit der Verpflichtungen (vgl. hierzu BGH NJW 2007, 1208 Tz. 17) liegt vor, nachdem im Außenverhältnis keine subsidiäre oder nachrangige Haftung angenommen werden kann.

3.

Eine andere Beurteilung wäre auch dann nicht geboten, wenn man davon ausgeht, dass der Vertragsschluss selbst noch wirksam gewesen ist. In diesem Fall hat der Geschäftsführer B. jedenfalls seine Vertretungsmacht missbraucht, als er die Auszahlung des Geldes vom Treuhandkonto an sich selbst verlangte.

4.

Die geforderten Zinsen folgen aus §§ 286, 288 BGB. Der Beklagte hat mit Schreiben vom 16.2.2008 die Erfüllung endgültig verweigert, so dass es einer Mahnung nicht bedurfte. Die außergerichtlichen Anwaltskosten sind nach § 678 BGB zu erstatten.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Voraussetzungen der Annahme eines Missbrauchs der Vertretungsmacht sind durch die Rechtsprechung hinreichend geklärt. Die Feststellung, ob eine objektive Evidenz des Vollmachtsmissbrauches vorliegt, obliegt im Wesentlichen dem Tatrichter (vgl. BGH NJW 1999, 2883). Gleiches gilt für die Frage, ob die Voraussetzungen des Einwands des rechtmäßigen Alternativverhaltens gegeben sind.

Ende der Entscheidung

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