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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 07.04.2004
Aktenzeichen: 13 W 15/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 269 Abs. 3 Satz 2
ZPO § 92 Abs. 1
Nehmen Kläger und Widerkläger ihre Anträge mit identischem Gegenstand und Wert wechselseitig zurück, so sind in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 1 ZPO die Kosten gegeneinander aufzuheben.
Oberlandesgericht Stuttgart 13. Zivilsenat Beschluss

Geschäftsnummer: 13 W 15/04

07. April 2004

In dem Rechtsstreit

wegen Unterlassung und Feststellung

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart unter Mitwirkung von Vors. Richter am Oberlandesgericht Dr. Eberle Richter am Oberlandesgericht Steck Richter am Oberlandesgericht Andelfinger beschlossen:

Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Kostenbeschluss der 26. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 18. März 2004 dahin

abgeändert,

dass die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben werden.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Beschwerdewert: 1.300,00 €

Gründe:

Die gemäß § 269 Abs. 5 S. 1 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig. In der Sache hat sie teilweise Erfolg. Die Kosten des Rechtsstreits waren aufgrund von § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO i.V.m. § 92 ZPO gegeneinander aufzuheben, nachdem Klage und Widerklage zurückgenommen wurden.

Der Kläger begehrte Verurteilung des Beklagten zur Unterlassung einer Behauptung und die Feststellung, dass er dem Beklagten keinen Schadensersatz schulde. Der Beklagte seinerseits forderte vom Kläger genau diesen Schadensersatz, und zwar in Höhe von 5.083,68 €. Ursprünglich handelte es sich um zwei verschiedene Verfahren, die später verbunden wurden, sodass das Zahlungsverlangen des Beklagten zur Widerklage wurde. Der Kläger übergab deshalb in der mündlichen Verhandlung vom 18.3.2004 einen Schriftsatz, mit welchem er seinen Feststellungsantrag für erledigt erklärte. Der Beklagte äußerte sich dazu nicht. Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage regte das Landgericht an, Klage und Widerklage zurückzunehmen. Diesem Vorschlag folgten die Parteien. Das Landgericht setzte daraufhin den Streitwert auf insgesamt 5.983,68 € fest, wobei es von einem Wert von 900,00 € für den Unterlassungsantrag und im Hinblick auf die Identität des Streitgegenstandes mit der Widerklage von keinem eigenen Wert des Feststellungsantrags ausging. Gleichzeitig sprach es aus, dass der Kläger die Kosten der Klage und damit 15 % der Kosten des Rechtsstreits und der Beklagte die Kosten der Widerklage und damit 85 % der Kosten des Rechtsstreits zu tragen habe.

Gegen diese Kostenentscheidung wendet sich der Beklagte mit seiner sofortigen Beschwerde. Er ist der Auffassung, die Kosten des Feststellungsantrags und der Widerklage seien gegeneinander aufzuheben, weshalb dem Kläger im Hinblick auf den Unterlassungsantrag 85 und ihm, dem Beklagten, nur 15 % der Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen seien.

Richtig ist es, die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufzuheben. Nehmen Kläger und Widerkläger ihre Anträge mit identischem Gegenstand und Wert wechselseitig zurück, so sind in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 1 ZPO die Kosten gegeneinander aufzuheben. Die Kosten sind generell entsprechend § 92 ZPO quotenmäßig zu teilen, wenn Klage und Widerklage zurückgenommen werden (vgl. etwa Zöller-Greger, ZPO, 24. Aufl., § 269 Rn. 18 a). Die Quote ist abhängig von der Kostenverursachung. Inwieweit Klage und Widerklage Kosten verursacht haben, hängt vom Gebührenstreitwert der einzelnen Anträge ab. Der Wert der Widerklage beträgt dem Zahlungsbegehren entsprechend 5.083,68 €. Der Wert des Feststellungsantrags des Klägers ist praktisch identisch. Er beläuft sich auf 5.092,30 €. Diesen Betrag gab der Kläger in seiner Klage als vorläufig geschätzten Gesamtstreitwert an. Aus der Begründung bzw. den Anlagen ergibt sich, dass der Unterlassungsantrag dabei nicht berücksichtigt ist. 5.092,30 € sind die Summe der Beträge, die der Beklagte vorgerichtlich vom Kläger forderte und die der Kläger mit seiner negativen Feststellungsklage abwehren wollte. Die negative Feststellungsklage des Klägers und die Widerklage des Beklagten hatten denselben Gegenstand, sodass ihre beiden Werte nicht zu addieren sind (§ 19 Abs. 1 S. 1 und S. 3 GKG). Die negative Feststellungsklage war durch die Verbindung der beiden Verfahren unzulässig geworden, weshalb der Kläger sie für erledigt erklärte. Dies führt jedoch nicht dazu, dass die negative Feststellungsklage im Rahmen der Ermittlung der Kostenverursachungsbeiträge nach § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO unberücksichtigt bleibt. Vielmehr sind Klage und Widerklage insoweit gleich zu beurteilen, auch wenn der Kläger sein Feststellungsbegehren vor der Klagrücknahme für erledigt erklärte. Zum einen schloss sich der Beklagte dieser Erledigungserklärung nicht an, sodass die Feststellungsklage prozessual wie wertmäßig noch nicht erledigt war. Zum anderen erscheint es nicht angemessen, die negative Feststellungsklage im Falle ihrer wie der Rücknahme der ihr entsprechenden Zahlungswiderklage wertmäßig unberücksichtigt zu lassen. Demgemäß hat das OLG Hamm mit Beschluss vom 27.9.1978 (6 UF 267/78; FamRZ 79, 169) ausgesprochen, dass wenn beide Ehegatten einen eigenen Antrag auf Scheidung einreichen und beide später ihren Antrag zurücknehmen, die Kosten gegeneinander aufzuheben sind. Diese Kostenfolge erachtet der Senat auch für zutreffend, wenn Klage und Widerklage mit identischem Streitgegenstand zurückgenommen werden.

Der vom Landgericht mit 900,00 € bewertete Unterlassungsantrag spielte für die Kostenentscheidung keine Rolle. Er verursachte keine weiteren Kosten, da zwischen 5.000,00 und 6.000,00 € kein Kostensprung liegt.

Weil der Beklagte mit seinem Beschwerdebegehren nur zur Hälfte obsiegte, waren auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens gegeneinander aufzuheben (§§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO).

Die Rechtsbeschwerde war zuzulassen, nachdem eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Kostentragung im Falle der Rücknahme von Klage und Widerklage mit identischem Streitgegenstand bisher nicht vorliegt (§ 574 ZPO).

Der Beschwerdewert war auf 70 % der gemäß § 3 ZPO zu schätzenden Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz festzusetzen, nachdem der Beklagte Abänderung der Kostenentscheidung von 15 zu 85 % zu seinen Lasten auf 85 zu 15 % zu seinen Gunsten begehrte.



Ende der Entscheidung

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