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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 19.10.2001
Aktenzeichen: 16 UF 105/01
Rechtsgebiete: BGB, UTAG, ZPO, Regelbetragsverordnung, EStG, GKG


Vorschriften:

BGB § 1612 b Abs. 5
BGB § 1612 b
BGB § 1612 b Abs. 1
UTAG § 2
ZPO § 655
ZPO § 655 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3
ZPO § 656
Regelbetragsverordnung § 1
EStG § 31 S. 1
EStG § 32 Abs. 6
GKG § 17
1. § 1612 b Abs. 5 BGB in der seit 01.01.2001 gültigen Fassung ist nicht verfassungswidrig.

2. § 2 Unterhaltstitelanpassungsgesetz in Verbindung mit § 655 ZPO ist nicht verfassungswidrig, soweit das Vereinfachte Verfahren nach diesen Bestimmungen sich auf Unterhaltstitel erstreckt, die auf mindestens 110 % des bei ihrer Errichtung maßgebenden Regelbedarfs oder Regelbetrages oder des jeweiligen Regelbetrages (abzüglich des anteiligen Kindergeldes) lauten.


Oberlandesgericht Stuttgart - 16. Zivilsenat - - Familiensenat - Beschluss

Geschäftsnummer: 16 UF 105/01

vom 19.10.2001

In der Familiensache

wegen Abänderung von Kindesunterhalt (vereinfachtes Verfahren)

hat der 16. Zivilsenat - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Stuttgart unter Mitwirkung

des Vors. Richters am OLG Amelung, des Richters am OLG Ziemer und des Richters am OLG Kodal

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Biberach vom 19.2.2001 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 1.536,00 DM

Gründe:

I.

Die am 1986 geborene Antragstellerin ist die Tochter des Antragsgegners. Dieser hat sich durch vollstreckbare Urkunde vom 00.7.1999 vor dem Landratsamt L. verpflichtet, an die Antragstellerin 110 % des jeweiligen Regelbetrags der 3. Altersstufe abzüglich des hälftigen Kindergeldes für ein zweites Kind zu bezahlen. Die Antragstellerin nimmt ihn im vereinfachten Verfahren gemäß §§ 2 Unterhaltstitelanpassungsgesetz (im Folgenden: UTAG; Art. 4 des Gesetzes zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung und zur Änderung des Kindesunterhalts vom 2.11.2000), 655 ZPO auf Abänderung der vollstreckbaren Urkunde ab 1.1.2001 dahin in Anspruch, dass der Antragsgegner nunmehr 110 % des jeweiligen Regelbetrags der 3. Altersstufe gemäß § 1 Regelbetragsverordnung abzüglich der jeweils für ein zweites Kind anrechenbaren Kindergeldleistung nach § 1612 b BGB schuldet, somit zunächst 561,00 DM (Rundung gemäß § 1612a Abs. 2 S. 2 BGB) - 7,00 DM = 554,00 DM. Das Familiengericht (Rechtspfleger) hat nach Anhörung des Antragsgegners durch den angefochtenen Beschluss antragsgemäß entschieden. Gegen die ihm am 6.3.2001 zugestellte Entscheidung hat der Antragsgegner sofortige Beschwerde eingelegt, die am 8.3.2001 beim Familiengericht einging. Er hält die Neuregelung des § 1612 b Abs. 5 BGB, die zu der Abänderung geführt hat, für verfassungswidrig, weil der Rechtsstaats- und Sozialstaatsgedanke (Art. 20 GG) und die verfassungsrechtlichen Elternrechte des Vaters sowie die Gleichberechtigung der Geschlechter hierdurch verletzt worden seien, und führt hierzu aus, nach der Neuregelung zahlten wenig verdienende Väter ebenso viel Unterhalt wie besser verdienende; gerade die schlecht verdienenden Väter erhielten damit kein Kindergeld, während Millionäre weiterhin Kindergeld erhalten könnten oder den Aufwand steuerlich freistellen könnten. Die schlechter verdienenden Väter würden auch dadurch im Vergleich zu anderen besonders hart betroffen, dass sie weiterhin zum Umgang mit ihren Kindern berechtigt und verpflichtet seien und die Umgangskosten nunmehr nicht mehr aus dem Kindergeld bestreiten könnten.

Nach der Neuregelung obliege es allein dem barunterhaltspflichtigen Elternteil, in aller Regel bei Nichtehelichkeit dem Vater, das - willkürlich bei 135 % des Regelbetrags festgelegte - Existenzminimum des Kindes zu bestreiten, während die Mütter ihren Anteil am Unterhalt weiterhin nur durch Erziehung leisten könnten, wobei ihnen der Kindergeldanteil unabhängig davon belassen werde, wie qualitätvoll diese Erziehung ausfalle. Außerdem bezweifelt er die Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens, wenn, wie nach seiner Ansicht hier, verfassungsrechtlich bedeutende Fragen zu erörtern seien. Er beantragt zum Verfahren die Vorlage der Akten an das Bundesverfassungsgericht zur Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Neuregelung und in der Sache die Aufrechterhaltung des alten Titels. Das Familiengericht Biberach hat die Akten nicht dem Bundesverfassungsgericht, sondern dem OLG Stuttgart zur Entscheidung über die Beschwerde vorgelegt.

II.

Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt worden und auch sonst zulässig. Zwar sieht § 655 Abs. 5 ZPO i.V.m. Abs. 3 der Vorschrift (auf beide verweist § 2 UTAG) vor, dass mit der sofortigen Beschwerde nur Einwendungen gegen die Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens, gegen den Zeitpunkt der Abänderung, gegen die Berechnung des Betrags der anzurechnenden Kindergeldleistungen sowie die Unrichtigkeit der Kostenfestsetzung geltend gemacht werden und im Falle eines (nach Meinung des Beschwerdeführers) sofortigen Anerkenntnisses die Kostengrundentscheidung angegriffen werden können. Die verfassungsrechtlichen Bedenken des Beschwerdeführers stellen aber jedenfalls auch die Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens in Frage. Wenn es zuträfe, dass § 1612 b Abs. 5 BGB in der gesetzlichen Neuregelung durch Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung und zur Änderung des Kindesunterhaltsrechts verfassungswidrig wäre, dürfte eine Neufestsetzung entsprechend dieser Vorschrift schlechthin nicht, also auch nicht im vereinfachten Verfahren, erfolgen. Auch wenn die materiell-rechtliche Änderung für verfassungsgemäß erachtet wird, ihre gerichtliche Durchsetzung im vereinfachten Verfahren jedoch verfassungswidrig wäre, müsste letzteres als unzulässig angesehen werden.

Der Antragsgegner beanstandet zu Unrecht, dass das Familiengericht die Akten nicht dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt hat. Die Durchführung des vereinfachten Verfahrens beim Familiengericht ist dem Rechtspfleger übertragen. Dieser ist, selbst wenn er die anzuwendenden Vorschriften für verfassungswidrig hält, nicht zur Richtervorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG befugt (vgl. BVerfGE 61, 75, 77; FamRZ 2000, 731, 732 f.). Die Frage stellt sich erstmals für den erkennenden Senat.

Die Überprüfung ergibt jedoch, dass durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Neufassung des § 1612 b Abs. 5 BGB überhaupt nicht und gegen § 2 UTAG jedenfalls nicht in der vorliegenden Fallkonstellation gegeben sind.

III.

§ 1612 b Abs. 5 BGB verstößt nicht gegen das Grundgesetz.

1.

Die Vorschrift hatte bis zur gesetzlichen Neuregelung folgenden Wortlaut:

"Eine Anrechnung des Kindergeldes unterbleibt, soweit der Unterhaltspflichtige außerstande ist, Unterhalt in Höhe des Regelbetrages nach der Regelbetrag-Verordnung zu leisten."

Durch die Neuregelung wurden die Wörter "Unterhalt in Höhe des Regelbetrages" durch die Wörter "Unterhalt in Höhe von 135 % des Regelbetrages" ersetzt. Gesetzgeberischer Zweck ist, zum einen das Barexistenzminimum des Kindes (das der Barunterhaltspflichtige, wenn sonstige Mittel fehlen, auch unter Einsatz des ihm dem Grunde nach zustehenden, hälftigen Kindergeldanteils aufbringen soll) nach Möglichkeit zu gewährleisten und eine unterhaltsrechtliche Entlastung der Alleinerziehenden zu bewirken.

2.

Dem liegt folgende historische Entwicklung zu Grunde:

a) Bis zum Inkrafttreten des Kindesunterhaltsgesetzes am 1.7.1998 enthielt § 1610 Abs. 3 eine gesetzliche Bestimmung des Mindestbedarfs eines Kindes, das im Haushalt eines getrennt lebenden oder geschiedenen Elternteiles lebt und den anderen Elternteil auf Barunterhalt in Anspruch nimmt. Der Mindestbedarf belief sich hiernach auf den Regelbedarf, der nach der Regelbedarfsverordnung für ein nichteheliches Kind der entsprechenden Altersstufe festgesetzt war.

Im Gesetzgebungsverfahren zum Kindesunterhaltsgesetz bestand Einigkeit, dass die bisherigen Regelbeträge das Existenzminimum eines Kindes nicht abdecken. Eine Anhebung des Regelbetrages (zu dessen Geltendmachung für alle Kinder ein vereinfachtes Verfahren eingeführt werden sollte) erschien dem Gesetzgeber jedoch im Hinblick auf die Zielsetzung des Regelunterhaltsverfahrens nicht sinnvoll. Die im Regelunterhaltsverfahren zu erlangenden "Pauschalsätze" sollten so bestimmt werden, dass sie für die große Mehrzahl der Unterhaltsverpflichteten ohne weiteres tragbar seien. Bei der Festlegung der Regelbeträge wurde daher dem Gesichtspunkt der Leistungsfähigkeit eine entscheidende Bedeutung beigemessen. Da die als Grundlage für die Berechnung des Regelunterhalts vorgesehenen Unterhaltssätze (die aus dem bisherigen Regelbedarf fortgeschrieben wurden) somit in erster Linie den Gesichtspunkt der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten berücksichtigten, hat der Gesetzgeber darauf verzichtet, sie als den "Bedarf eines Kindes in einfachen Lebensverhältnissen" abdeckenden Regelbedarf zu bezeichnen; das Gesetz sprach daher nur von "Regelbeträgen", ohne diese näher zu definieren. Gleichwohl sollten diese Regelbeträge - wie bisher die Regelbedarfssätze - als Basiswerte für die Unterhaltstabellen dienen (vgl. BR-Drucksache 959/96, S, 27 f.). Diese Erwägungen führten dazu, dass das Gesetz seither von einer Definition des Mindestbedarfs minderjähriger Kinder absieht. Die Funktion der Regelbeträge erschöpfte sich in einer Rechengröße ohne materiellen Gerechtigkeitsgehalt. Um dem Interesse des Kindes, auch im vereinfachten Verfahren Unterhalt in Höhe des Existenzminimums geltend machen zu können, Rechnung zu tragen, wurde diesem - abweichend vom ursprünglichen Gesetzesentwurf - schließlich die Möglichkeit eingeräumt, bis zu 150 % des Regelbetrags im vereinfachten Verfahren geltend zu machen.

Die Rechtsprechung hat in der Folgezeit überwiegend die Regelbeträge als Mindestbedarf eines Kindes angesehen. Einzelne Obergerichte haben jedoch stattdessen das sozialhilferechtliche Existenzminimum eines Kindes (jeweils zwischen 125 und 135 % des seinerzeit maßgeblichen Regelbetrages) als Mindestbedarf angesehen (vgl. OLG Stuttgart, FamRZ 2000, 376; OLG Zweibrücken, FamRZ 2000, 765). Um einen Bedarf in dieser Höhe zu gewährleisten, musste der barunterhaltspflichtige Vater nach Auffassung des OLG Stuttgart a.a.O. auch seinen Kindergeldanteil einsetzen.

Die Neufassung des § 1612 b Abs. 5 BGB greift diese Rechtsprechung auf und stellt damit das Interesse des Kindes, Unterhalt in bedarfsdeckender Höhe vom barunterhaltspflichtigen Elternteil erhalten zu können, über dasjenige des Barunterhaltspflichtigen nach finanzieller Entlastung durch das staatliche Kindergeld.

b) Letzteres hat eine Doppelfunktion: In erster Linie dient es der steuerlichen Freistellung eines Einkommensbetrags in Höhe des Existenzminimums eines Kindes einschließlich des Betreuungsbedarfs (§ 31 S. 1 EStG in der Fassung des Art. 1 des Gesetzes zur Familienförderung vom 22.12.1999). Soweit es hierfür nicht ausreichend ist, sind bei der Veranlagung zur Einkommensteuer die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG vom zu versteuernden Einkommen abzuziehen, wobei von dem sich so ergebenden Steuerentlastungsbetrag das bereits gewährte Kindergeld abzuziehen ist. Soweit es hierfür nicht erforderlich ist (weil es höher ist als der bei Einsatz des Fallbetrages sich ergebende steuerliche Entlastungsbetrag), dient es der Förderung der Familie.

Die durch das Kindergeld bezweckte steuerliche Freistellung des Existenzminimums eines Kindes, für das der Steuerpflichtige Unterhaltsleistungen erbringt, ist verfassungsrechtlich geboten; dies folgt aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsgrundsatz des Art. 20 Abs. 1 GG sowie aus Art. 6 Abs. 1 GG (BVerfG, FamRZ 1990, 955, 959 ff.). Dies gilt unabhängig davon, ob der Unterhalt in bar oder durch persönliche Betreuung geleistet wird (BVerfG, FamRZ 1999, 285, 287 f.); das Bundesverfassungsgericht erklärt die persönliche Betreuung ausdrücklich als einen dem Barunterhalt gleichwertigen Beitrag zum Unterhalt eines Kindes. Das Gebot richtet sich gegen den Staat, der von Verfassungs wegen gehalten ist, bei der Einkommensbesteuerung nach Leistungsfähigkeit die Belastung zu berücksichtigen, die die Unterhaltspflicht gegenüber einem Kind für jeden Steuerpflichtigen - unabhängig von seiner finanziellen Lage - mit sich bringt. Ihm wird nur genügt, wenn der Einkommensteil, der von der Besteuerung freigestellt wird, für die Bestreitung des Existenzminimums eines Kindes ausreicht.

3.

Hieraus folgt:

a) Das Kindergeld in seiner Doppelfunktion als steuerlicher Ausgleich für die Belastung durch Kindesunterhalt in Höhe des Existenzminimums und als staatlicher Beitrag zur Familienförderung wird den Eltern nicht zur freien Verwendung nach eigenem Gutdünken zur Verfügung gestellt, sondern zur finanziellen Erleichterung ihrer Rechtspflicht, den Unterhaltsbedarf ihrer Kinder zu decken. Können sie diesen aus ihrem sonstigen Einkommen (ohne Einbezug des Kindergeldes) aufbringen, wirkt es sich für sie entlastend aus (§ 1612 b Abs. 1 BGB). Ist dies nicht der Fall, so führt die durch § 1612 b Abs. 5 BGB (alter wie neuer Fassung!) gebotene Einbeziehung des Kindergeldes nur dazu, dass der Unterhaltspflichtige der Verpflichtung, um derentwillen ihm die Vergünstigung gewährt wird, auch tatsächlich nachkommen kann. Eine verfassungswidrige Überforderung könnte damit nur verbunden sein, wenn er durch die Zahlung des Unterhalts selbst in wirtschaftliche Not gerät (vgl. BGH, FamRZ 1990, 849, 850). Um dies zu verhindern, ist es aber weder erforderlich noch ausreichend, das staatliche Kindergeld zu "unterhaltsfestem" Einkommen zu erklären. Diese Funktion kommt in der Gerichtspraxis dem notwendigen Selbstbehalt zu, der jedem Unterhaltspflichtigen zur Selbsterhaltung zu belassen ist, auch soweit Unterhaltsansprüche minderjähriger Kinder in Frage stehen, und der so zu bemessen ist, dass er merklich über dem Sozialhilfebedarf (also dem Existenzminimum) des in Anspruch Genommenen liegt (BGH, a.a.O. m.w.N.). Diese Rechtslage wird durch § 1612 b Abs. 5 BGB nicht berührt. Die Vorschrift verhindert nur, dass dem Unterhaltspflichtigen zusätzlich zu seinem Selbstbehalt das Kindergeld belassen wird, wenn der Unterhalt, zu dessen Leistung er dann noch im Stande ist, hinter dem Betrag von 135 % des Regelbetrages zurückbleibt, den der Gesetzgeber für die Deckung des Existenzminimums eines Kindes als erforderlich ansieht.

Das heißt: Bereits durch die Beachtung des notwendigen Selbstbehalts des Unterhaltspflichtigen ist gewährleistet, dass dieser für den Eigenbedarf mehr als das eigene Existenzminimum zur Verfügung hat. Durch § 1612 b Abs. 1 und 2 BGB ist gewährleistet, dass der Barunterhaltspflichtige, der - ggf. zusammen mit dem anderen Elternteil, sofern dieser ebenfalls barunterhaltspflichtig ist - das Existenzminimum seines Kindes durch Leistungen aus seinem sonstigen Einkommen abdeckt, auch dann in den Genuss des hälftigen Kindergeldes kommt, wenn es nicht an ihn, sondern an den anderen Elternteil ausbezahlt wird. Durch § 1612 b Abs. 5 BGB wiederum ist gewährleistet, dass der Unterhaltspflichtige das Kindergeld nicht zusätzlich zum Selbstbehalt für sich selbst verwenden kann, wenn und soweit seine Leistungen zum Kindesunterhalt hinter dem Existenzminimum des Kindes zurückbleiben, das der Gesetzgeber mit 135 % des Regelbetrags gleichsetzt.

c) Diese Gleichsetzung ist gerechtfertigt. Ab 1999 betrug das Existenzminimum eines Kindes - ermittelt auf der Grundlage des Sozialhilfebedarfs - jährlich 6.696,00 DM = monatlich 558,00 DM (BT-Drucksache 13/9561, S. 4), wobei, verteilt auf die einzelnen Altersstufen, in der ersten Altersstufe 461,00 DM, in der zweiten 544,00 DM und in der dritten 670,00 DM anzusetzen waren. Nach der Regelbetragsverordnung 1999, die bei Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung des § 1612 b Abs. 5 BGB noch gültig war, hätten diese Beträge in der 1. und 3. Altersgruppe zwischen 128 und 135 % und in der 2. Altersgruppe zwischen 121 und 128 % der Regelbeträge gelegen. Wenn der Gesetzgeber in § 1612 b Abs. 5 BGB 135 % des jeweiligen Regelbetrages als maßgebliche Größe für die Bestimmung des Existenzminimums gewählt hat, so hält sich dies ganz offensichtlich im Rahmen zulässiger Pauschalierung. Mit anderen Worten: Dem Kind kommt nach der gesetzlichen Neuregelung nicht mehr zugute, als es zum Leben existenziell benötigt. Dem Unterhaltspflichtigen wird (weil sein notwendiger Selbstbehalt unangetastet bleiben soll) mehr als das für den eigenen Lebensbedarf unabdingbar Notwendige belassen. Weggenommen wird ihm nur eine Vergünstigung, die ihm der Staat gerade deshalb gewährt, weil ihm die Leistung des Existenzminimums des Kindes ermöglicht werden soll. Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung im Verhältnis zwischen dem Barunterhaltspflichtigen und dem Barunterhaltsberechtigten ist hiernach nicht gegeben.

d) Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung zum anderen, betreuenden Elternteil ergibt sich ebenfalls nicht, denn dieser leistet mit der Betreuung einen Beitrag zum Unterhalt, der dem Barunterhalt gleichwertig ist (BVerfG, FamRZ 1999, 285, 287 f.). Eine qualitative Bewertung der Betreuungsleistung, die es rechtfertigen könnte, den betreuenden Elternteil - sei es auch nur bis zur Höhe des ihm zustehenden Kindergeldanteiles - anteilig mit zum Barunterhalt heranzuziehen, wenn er, vereinfacht gesagt, "schlecht betreut", sieht das Gesetz nicht vor. Sie ist auch nicht von Verfassungs wegen geboten: nach BVerfG a.a.O. soll ihm der ihm zustehende Kindergeldanteil u.a. auch ermöglichen, (entgeltlich) fremde Hilfe zur Betreuung mit heranzuziehen.

e) Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung gegenüber Beziehern höherer Einkommen, die durch die Vorschrift des § 1612 b Abs. 5 BGB n.F. von vornherein nicht tangiert werden, weil sie auch ohne Einsatz des staatlichen Kindergeldes das Existenzminimum des Kindes aus ihrem sonstigen Einkommen bestreiten können (bejaht von AG Kamenz, FamRZ 2001, 1090), ergibt sich nur auf den ersten Blick. Ihnen kommt das Kindergeld zugute, weil sie im Vergleich zu anderen Steuerpflichtigen mit gleichem Einkommen, aber niedrigeren familiären Belastungen steuerlich gleichgestellt werden müssen (BVerfG a.a.O. - beide Entscheidungen). Die Ungleichbehandlung mit den von § 1612 b Abs. 5 BGB betroffenen Eltern beruht nicht auf einer Disprivilegierung der letzteren (rechtliche Ungleichbehandlung tatsächlich gleicher Sachverhalte), sondern auf einer Ungleichheit im Tatsächlichen. Es beruht nicht auf der Tücke des Gesetzgebers, dass, wer mehr Geld hat, auch mehr übrig behält, wenn er den Unterhalt geleistet hat. Dem Gesetzgeber ist es nicht verwehrt, tatsächlich Ungleiches auch rechtlich ungleich zu behandeln. Auf jeden Fall wäre die Ungleichbehandlung durch das gesetzgeberische Ziel, das Existenzminimum eines Kindes durch Unterhaltszahlungen nach Möglichkeit zu gewährleisten, ohne dass der Unterhaltspflichtige selbst hierdurch in wirtschaftliche Not gerät, gerechtfertigt (ebenso OLG Düsseldorf, FamRZ 2001, 1096).

f) Die weiteren Erwägungen des Beschwerdeführers führen ebenfalls nicht zu der Beurteilung, dass § 1612 b Abs. 5 BGB verfassungswidrig ist. Besonderen Belastungen, wie sie durch die Wahrnehmung des Umgangsrechts im Einzelfall entstehen können, kann dadurch Rechnung getragen werden, dass sie bei der Unterhaltsbemessung entweder durch Vorwegabzug oder, was rechnerisch auf dasselbe hinausläuft, durch Erhöhung des Selbstbehalts berücksichtigt werden. Ein weiteres Bedenken, das gegen die Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung eingewandt wird, lautet: Bei der in der Praxis üblichen Fortschreibung der Düsseldorfer Tabelle im Übrigen führe die Neuregelung dazu, dass Unterhaltspflichtige in einfacheren bis mittleren finanziellen Verhältnissen (also mit untereinander durchaus unterschiedlicher Lebensstellung) ihren wirtschaftlich unselbständigen Kindern, die diese Lebensstellung teilen (sollten), alle denselben Unterhalt schulden und eine Unterhaltserhöhung (auf mehr als 135 % des Regelbetrages) nur bei wirtschaftlich gut situierten Unterhaltspflichtigen in Betracht komme (nur bei unterdurchschnittlicher Unterhaltslast ab einem Einkommen von rund 3.700,00 DM, im Regelfall erst ab einem Einkommen von 4.500,00 DM, wobei nach Leistung des Unterhalts dem Pflichtigen noch ein Eigeneinkommen von 2.250,00 DM verbleiben müsste). Dem ist zu entgegnen, dass eine solche Fortschreibung der Düsseldorfer Tabelle vom Gesetzgeber mit der Neuregelung nicht vorgeschrieben worden ist. Die Rechtsprechung ist nicht gehindert, sich bei Unterhaltspflichtigen im unteren bis mittleren Einkommensbereich von der bisherigen Handhabung der Düsseldorfer Tabelle zu verabschieden und auch in diesem Bereich bereits eine Differenzierung vorzunehmen, den Kindern also einen höheren Bedarf als das Existenzminimum zuzuerkennen, auch wenn dem Barunterhaltspflichtigen hiernach weniger als der bisher maßgebliche Bedarfskontrollbetrag von 2.250,00 DM verbleibt.

IV.

Bedenklicher erscheint dem Senat aus verfassungsrechtlicher Sicht die Bestimmung des § 2 UTAG. Die Vorschrift sieht vor, dass Urteile, Beschlüsse und andere Schuldtitel, in denen Unterhaltsleistungen für ein minderjähriges Kind nach dem bisherigen Recht zuerkannt, festgesetzt oder übernommen sind, auf Antrag im vereinfachten Verfahren nach § 655 ZPO dahin abgeändert werden können, dass die Anrechnung von kindbezogenen Leistungen (insbesondere Kindergeld) nach Maßgabe der Neuregelung des § 1612 b Abs. 5 BGB unterbleibt. § 655 ZPO sieht die Abänderung eines Unterhaltstitels im vereinfachten Verfahren vor, wenn sich ein für die Berechnung kindbezogener Leistungen, die im Unterhaltstitel angerechnet wurden, maßgebender Umstand ändert. In seinem originären Anwendungsbereich kann eine Änderung im Extremfall auch darin bestehen, dass die Anrechnung gänzlich unterbleibt, z.B. wenn der Unterhaltspflichtige seine Kindergeldberechtigung dem Grunde nach (etwa durch Umzug ins Ausland) verliert. Im Regelfall wird sich jedoch nur eine geringfügige Änderung der Höhe nach ergeben, wenn das Kindergeld entweder durch Entscheidung des Gesetzgebers für alle Kinder geändert wird oder wenn die Kindergeldberechtigung für ein anderes (erstes) Kind entfällt und für ein (bisher) drittes oder viertes Kind nur noch ein vermindertes Kindergeld bezahlt wird.

In diesem Verfahren kann der Antragsgegner nur Einwendungen gegen die Zulässigkeit des Verfahrens als solchen, gegen den Zeitpunkt der Abänderung oder gegen die Berechnung des Betrags der anzurechnenden Leistungen geltend machen. Die Einwendung, er sei zur Leistung des geänderten Unterhaltsbetrages nicht im Stande, ist ihm verschlossen. Er wird damit auch nicht im Beschwerdeverfahren gehört (§ 655 Abs. 5 ZPO). Das Gesetz eröffnet ihm jedoch in § 656 ZPO die Möglichkeit, im Wege der Klage eine entsprechende Abänderung des nach § 655 ZPO ergangenen Beschlusses zu verlangen. Über diese Möglichkeit ist er im Abänderungsbeschluss zu belehren (§§ 655 Abs. 6, 649 Abs. 3 ZPO). Eine solche Klage auf Abänderung der Abänderung" ist jedoch nur zulässig, wenn sie innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses erhoben wird.

Das Gesetz mutet dem Unterhaltsschuldner, der mit einem Verfahren gemäß § 655 ZPO (ggf. i.V.m. § 2 UTAG) überzogen wird, also zu, auch dann einen (sogleich vollstreckbaren) Unterhaltstitel im vereinfachten Verfahren gegen sich ergehen zu lassen, wenn er sich für den neu festzusetzenden Unterhalt nicht für leistungsfähig hält, und diesen Einwand sodann in einem Nachverfahren geltend zu machen, wobei er, wenn er die Frist versäumt, mit diesem Einwand jedenfalls so lange ausgeschlossen bleibt, bis sich in den für die Unterhaltsbemessung maßgeblichen Umständen eine Änderung ergibt. Dahinter steht die gesetzgeberische Erwägung, dass die Neufassung des § 1612 b Abs. 5 BGB in einer Vielzahl von Fällen zu einer Neufestsetzung des Unterhalts führen muss und dass hierfür ein leicht zu handhabendes Massenverfahren zur Verfügung gestellt werden muss. Hierdurch wird im Interesse einer generellen Verfahrensbeschleunigung und -erleichterung die Effektivität des Rechtsschutzes für den Unterhaltsschuldner im Einzelfall in Frage gestellt.

1.

Die aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 GG) abzuleitende Rechtsschutzgarantie gewährleistet in zivilrechtlichen Streitigkeiten - ebenso wie Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG für den Bereich des öffentlichen Rechts - nicht nur, dass überhaupt ein Rechtsweg zu den Gerichten offensteht. Sie garantiert vielmehr auch die Effektivität des Rechtsschutzes. Die Rechtsschutzgewährung durch die Gerichte bedarf allerdings einer normativen Ausgestaltung durch eine Verfahrensordnung. Dabei kann der Gesetzgeber auch Regelungen treffen, die für ein Rechtsschutzbegehren besondere formelle Voraussetzungen aufstellen und sich dadurch für den Rechtssuchenden einschränkend auswirken. Solche Einschränkungen müssen aber mit den Belangen einer rechtsstaatlichen Verfahrensordnung vereinbar sein und dürfen den einzelnen Rechtssuchenden nicht unverhältnismäßig belasten. Darin findet die Ausgestaltungsbefugnis des Gesetzgebers zugleich ihre Grenze. Der Rechtsweg darf danach nicht in unzumutbarer, durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (BVerfGE 88, 118, 123 f.).

In § 2 UTAG i.V.m. § 655 ZPO beschneidet der Gesetzgeber die Verteidigungsmöglichkeiten des Antragsgegners im Interesse einer Verfahrensvereinfachung bei der Anpassung bereits bestehender Unterhaltstite! (in denen die Leistungsfähigkeit des Antragsgegners regelmäßig schon überprüft wurde) an die neue Rechtslage gemäß § 1612 b Abs. 5 BGB. Er nimmt in Kauf, dass im vereinfachten Verfahren Unterhaltstitel errichtet werden, die der materiellen Rechtslage nicht entsprechen, weil der neu festzusetzende Unterhalt die Leistungsfähigkeit des Schuldners überfordert, und verweist ihn in diesen Fällen auf die Wahrnehmung seiner Rechte in einem von ihm selbst zeitnah anzustrengenden Nachverfahren, in dem erstmals eine richterliche Kontrolle stattfindet (das vereinfachte Verfahren ist dem Rechtspfleger übertragen). Diese Hintansetzung der Interessen des Schuldners ist dann gerechtfertigt, wenn der Gesetzgeber davon ausgehen konnte, dass die Neufestsetzung in der Regel zu einem auch materiell richtigen Unterhaltsbetrag führt. Wäre dies nicht der Fall, erschiene zumindest zweifelhaft, ob der Gesichtspunkt der Verfahrensvereinfachung so schwer wiegt, dass in Bezug auf die Auswirkung der Regelung auf den einzelnen Rechtssuchenden (Unterhaltsschuldner) der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet ist (vgl. hierzu BVerfG a.a.O.).

2.

Ob die Anpassung bestehender Unterhaltstitel in der Mehrzahl der Fälle zu einem materiell richtigen Ergebnis führt, lässt sich nicht ohne einen Blick auf die Praxis der Unterhaltsbemessung in der Vergangenheit beantworten. Die Überprüfung ergibt, dass die Anpassung im vereinfachten Verfahren jedenfalls dann regelmäßig nicht zu einer Überforderung der Unterhaltsschuldner führt, wenn der zuvor festgesetzte Unterhalt mehr als eine Einkomensgruppe über dem Regelbetrag gelegen hat. Da dies auch vorliegend der Fall ist, verneint der Senat einen Verfassungsverstoß. Ob ein solcher zu bejahen wäre, soweit auch Titel, die nur den Regelbetrag abzüglich des hälftigen Kindergeldes umfasst haben, im vereinfachten Verfahren abänderbar sind, kann vorliegend dahinstehen.

a) Bis zum Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung hat die große Mehrzahl der Familiengerichte in Deutschland die Bemessung von Unterhalt für minderjährige Kinder nach der Düsseldorfer Tabelle vorgenommen. Diese orientierte die Höhe des Kindesbedarfs in den jeweiligen Altersgruppen (die denjenigen der Regelbetragsverordnung entsprechen) am Einkommen des Unterhaltspflichtigen und an der Zahl der Unterhaltsberechtigten, denen er Unterhalt schuldete. Die Beratungspraxis der Notare und der Jugendämter, bei denen ein Unterhaltspflichtiger ebenfalls Unterhaltstitel (in Form vollstreckbarer Urkunden) errichten lassen konnte, hat sich an derselben Rechtsprechung orientiert. Von der gesetzlichen Neuregelung potentiell betroffen sind Unterhaltspflichtige, die bisher Unterhalt nach Gruppe 1 bis 5 der Düsseldorfer Tabelle (100 bis 128 % des Regelbetrages) leisten mussten.

Ein höherer Bedarf als der Mindestbedarf (der regelmäßig mit 100 % des Regelbetrages angesetzt wurde) wurde dem Kind dabei regelmäßig nur zuerkannt, wenn dem Unterhaltspflichtigen nach Leistung des Barunterhaltes zumindest der Bedarfskontrollbetrag nach Gruppe 2 oder der entsprechend höheren Gruppe der Düsseldorfer Tabelle verblieb. Nur wenige Oberlandesgerichte (Frankfurt, Rostock und Thüringen) sehen in ihren unterhaltsrechtlichen Leitlinien keine Beachtung des Bedarfskontrollbetrages vor (der eine ausgewogene Verteilung des Einkommens zwischen Unterhaltsberechtigtem und -verpflichtetem gewährleisten soll).

Bis 1995 (vor Erhöhung des gesetzlichen Kindergeldes) entsprach es herrschender Meinung, dass zur Bedarfskontrolle der Kindesunterhalt mit den Bedarfsbeträgen (also nicht mit den um das hälftige Kindergeld verminderten Zahlbeträgen) vom Einkommen des Verpflichteten abzusetzen war (vgl. das Berechnungsbeispiel von Scholz, FamRZ 1993, 125, 133). Nachdem das Kindergeld ab 1996 deutlich erhöht worden ist und nunmehr auch die Funktion eines Steuerentlastungsbetrages übernommen hat (der bisher ein selbstverständlicher Einkommensbestandteil war), wird dies nicht mehr einheitlich gehandhabt. Eine Vielzahl von Gerichten setzt zur Bedarfskontrolle nur noch die Zahlbeträge vom Einkommen ab. Mit welcher statistischen Häufigkeit das eine oder andere praktiziert wird, lässt sich aus Sicht des Senats nicht zuverlässig beurteilen; relativ sicher ist nur, dass beide Berechnungsmethoden angewendet werden, ohne dass zwischen ihnen von einem eindeutigen Regel-Ausnahme-Verhältnis gesprochen werden könnte. Dies ist dem Senat sowohl aus Gesprächen mit Kollegen wie aus Erörterungen mit Anwälten bekannt, die mit der Bemessungspraxis bei anderen (erst- und zweitinstanzlichen) Familiengerichten vertraut sind. Wurde bei der Erstfestsetzung von Unterhalt die zweite Methode praktiziert, musste z.B. ein Unterhaltspflichtiger mit einem Nettoeinkommen zwischen 2.700,00 und 3.100,00 DM (wenn die Unterhaltsfestsetzung nach dem 1.7.1999 erfolgt ist), der (nur) für drei minderjährige Kinder Unterhalt schuldet, Unterhalt nach Gruppe 3 der Düsseldorfer Tabelle (also von 114 % des Regelbetrages) leisten, wenn ihm von seinem anrechenbaren Einkommen nach Abzug der Zahlbeträge noch 1.700,00 DM oder mehr verblieben. Hält sich das verbleibende Einkommen im Bereich dieser Untergrenze, so kann die gesetzliche Neuregelung je nach Alter der Kinder dazu führen, dass im vereinfachten Verfahren ein Unterhalt festgesetzt wird, wonach ihm nur noch ein Einkommen zwischen 1.379,00 und 1.475,00 DM verbleibt: Der Unterschiedsbetrag zwischen dem Kindesbedarf nach Gruppe 3, 3. Altersstufe, der seinerzeit maßgeblichen Düsseldorfer Tabelle und 135 % des Regelbetrags in derselben Altersstufe beträgt 107,00 DM, das Dreifache hiervon 321,00 DM; in diesem Umfang hat der Kindergeldabzug nach der gesetzlichen Neuregelung zu unterbleiben; war der Bedarfskontrollbetrag von 1.700,00 DM beachtet worden, dem Pflichtigen aber auch kein höherer Betrag verblieben, so reduziert sich das für ihn selbst verfügbare Einkommen nach einer Neufestsetzung ohne Rücksicht auf seine Leistungsfähigkeit auf den genannten (untersten) Betrag von 1.379,00 DM. Gehörten die drei Kinder der ersten Altersstufe an, beträgt der Unterschied zwischen 114 % und 135 % des Regelbetrages der Düsseldorfer Tabelle, Stand: 01.07.1999, je 75 DM, das Dreifache hiervon 225 DM; nach Abzug dieses Betrages vom Bedarfskontrollbetrag von 1.700 DM blieben dem Unterhaltspflichtigen noch 1.475 DM.

Überprüft man sämtliche Einkommensgruppen nach diesem Schema und unterstellt (was der Rechtswirklichkeit in vielen Fällen nahekommen dürfte), dass bei der bisherigen Unterhaltsfestsetzung die Bedarfskontrollbeträge zwar beachtet wurden, hierbei aber nur die Unterhaltszahlbeträge (und nicht die Tabellenbeträge) berücksichtigt worden sind, so kann einer Neufestsetzung des Unterhalts ohne Überprüfung der Leistungsfähigkeit im Extremfall (also wenn bei der Erstfestsetzung der Bedarfskontrollbetrag nicht wesentlich überschritten war) zu Lasten des Unterhaltspflichtigen folgendes herauskommen (alle Beträge in DM):

 nach Neuregelung verbleibendes Einkommen
Erstfestsetzung nachverbleibendes Einkommenbei 1 Kindbei 2 Kindernbei 3 Kindern
Gruppe 11.5001.3651.2301.080
Gruppe 21.6001.465 - 1.5001.330-1.4001.187-1.300
Gruppe 31.7001.593 - 1.6251.486-1.5501.379-1.475
Gruppe 41.8001.721 - 1.7501.658-1.7001.587-1.650
Gruppe 51.9001.864 - 1.8751.828-1.8501.792-1.825

Die meisten Unterhaltsschuldner mit minderjährigen Kindern stehen im Erwerbsleben und leisten den Unterhalt aus Erwerbseinkommen. Der Mindestselbstbehalt für Erwerbstätige ist bei Inkrafttreten der Neuregelung mit monatlich 1.500,00 DM angenommen worden. Die obige Berechnung zeigt, dass eine Neufestsetzung des Unterhalts ohne Rücksicht auf die Leistungsfähigkeit des Schuldners in den Fällen nahezu zwangsläufig zu einer Unterschreitung des Selbstbehalts und damit zu einer Überforderung des Unterhaltsschuldners führt, in denen bisher Unterhalt nach Gruppe 1 der Düsseldorfer Tabelle (abzüglich des hälftigen Kindergeldes) tituliert worden ist. In den Fällen, in denen der Unterhalt bisher nach Gruppe 2 der Düsseldorfer Tabelle bemessen wurde, ist dies nicht zwangsläufig, aber häufig der Fall. Bei einer Unterhaltsfestsetzung oberhalb von Gruppe 2 der Düsseldorfer Tabelle (Gruppe 3 bis 5) ist eine Überforderung des Unterhaltsschuldners durch die Neuregelung kaum zu befürchten: Zum einen ist der Extremfall (bei der bisherigen Festsetzung wurde der Bedarfskontrollbetrag "ausgereizt") nicht der Regelfall. Zum zweiten stellt eine Barunterhaltspflicht für drei minderjährige Kinder heutzutage die Ausnahme dar (die Durchschnittsfamilie hat ein bis zwei Kinder). Zum dritten schließlich ist vorliegend unterstellt worden, dass bei der Bedarfskontrolle nicht die Bedarfs- sondern die Zahlbeträge abgesetzt wurden, was, wie ausgeführt, einer zwar verbreiteten, aber nicht durchgängigen Praxis entspricht. In den wenigen Fällen, in denen die Neufestsetzung im vereinfachten Verfahren trotzdem auch bei Schuldnern, die bisher schon Unterhalt nach einer höheren als der zweiten Einkommensgruppe geschuldet haben, zu einer Unterschreitung des Selbstbehalts führt, sieht der Senat die Korrekturmöglichkeit nach § 656 ZPO als ausreichend zur Vermeidung eines verfassungswidrigen Ergebnisses an. Das Gleiche gilt für die (statistisch wohl wenigen) Fälle, in denen bisher eine Unterhaltsfestsetzung auf einen höheren als den Regelbetrag ohne Rücksicht auf den Bedarfskontrollbetrag vorgenommen worden ist. Ob dagegen der Zweck des vereinfachten Verfahrens auch die Einbeziehung von Unterhaltstiteln rechtfertigt, in denen bisher Unterhalt im Bereich zwischen Gruppe 1 und 2 der Düsseldorfer Tabelle festgesetzt wurde, erscheint zweifelhaft, bedarf jedoch, wie ausgeführt, im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, weil der Beschwerdeführer sich 1999 bereits zur Zahlung eines höheren Betrages als 107 % des Regelbetrags verpflichtet hatte.

V.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und ist kostenpflichtig zurückzuweisen. Der Beschwerdewert ergibt sich aus § 17 GKG.

Ende der Entscheidung

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