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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 14.02.2008
Aktenzeichen: 2 U 73/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 249
BGB § 280
BGB § 421
BGB § 426 Abs. 1
BGB §§ 631 ff
1. Ein Gesamtschuldnerausgleichsanspruch des Sonderfachmanns (hier: Statiker) gegen den Architekten setzt voraus, dass dem Architekten ein für den festgestellten konkreten Schaden mitursächlicher Vertragsverstoß in Form eines Planungs- oder Überwachungsfehlers anzulasten ist.

2. Grundsätzlich schuldet der Architekt dem Bauherrn die Vorlage einer Planung, die für den Sonderfachmann so eindeutig ist, dass sie die diesem gestellte Aufgabe zweifelsfrei erkennen lässt.

3. Bei einem Planinhalt, der ansonsten einer Wohnnungstrennwand entspricht, liegt kein ausreichender Hinweis auf eine bloße Raumtrennwand darin, dass die fraglichen Räumlichkeiten keine Küche aufweisen. Gleiches gilt für die Planung von schalltechnisch nicht entkoppelten Sparren.

4. Die Ansprüche auf Schadensersatz wegen Schallschutzmangels aufgrund planwidriger Mauerdichte-Berechnung des Statikers einerseits und schalltechnisch nicht entkoppelter Sparren andererseits beruhen auf unterschiedlichen Mängeln und fallen daher nicht ins Gesamtschuldverhältnis.

5. Die Pflicht des Architekten zur Überprüfung der Arbeit des Statikers erstreckt sich zwar auch darauf, ob von technischen Vorgaben abgewichen wurde, sie umfasst aber nur die Kontrolle bezüglich grundlegender und offensichtlicher Fehler.


Oberlandesgericht Stuttgart 2. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 2 U 73/07

Verkündet am 14. Februar 2008

wegen Regressforderung

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 24. Januar 2008 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Müller, den Richter am Oberlandesgericht Holzer und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Hofmann

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil 2. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Ulm vom 31. Juli 2007 (Az.: 2 O 416/06) wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung jedes Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des durch ihn gegen sie vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht der Vollstreckende vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 6.696,69 €.

Gründe:

I.

Die klagende Versicherungsgesellschaft verlangt von den beklagten Architekten im Regresswege Gesamtschuldnerausgleich.

Wegen des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem Urteil der 2. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Ulm vom 31. Juli 2007 (GA 64/70) nach § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen und ausgeführt:

Die Klage sei zulässig, aber unbegründet. Wie schon im Urteil des Landgerichts Ulm vom 01. März 2006 (6 O 23/04) festgestellt, sei anhand der Pläne der Architekten hinreichend deutlich gewesen, dass es sich bei dem streitigen Bereich um eine abgeschlossene Wohneinheit im Sinne eines Appartements bzw. einer Einliegerwohnung gehandelt habe. Dies ergebe sich insbesondere aus der eingezeichneten durchgehenden Wand. Der vorsorglich einzubauenden Türsturz ändere daran nichts. Hierbei stützt sich das Landgericht auf den Sachverständigen, der einleuchtend und nachvollziehbar ausgeführt habe, man könne nach seiner Auffassung aus den Architektenplänen ersehen, dass zwei getrennte Wohnungen gewollt gewesen seien. Dafür spreche insbesondere auch, dass der Statiker eine Wohnungstrennwand berechnet habe, die in ihrer Mauerstärke der herzustellenden Haustrennwand entsprochen habe. Jedenfalls sei aus der Statikerberechnung für den Architekten nicht ersichtlich gewesen, dass der Statiker nicht erkannt gehabt habe, dass eine getrennte Wohneinheit geschaffen werden sollte. Nichts anderes ergebe sich aus den mit schallschutztechnischen Vorgaben nicht zu vereinbarenden, durch die Architekten geplanten Sparren. Diese Planung sei nicht unüblich, da mit der Trennung der Sparren zusätzliche Kosten einhergingen, wegen optischer Gesichtspunkte oder aus Unkenntnis über die schallschutzbezogenen Folgen. Die Prüfungspflicht des Architekten hinsichtlich der Arbeit von Sonderfachleuten bedeute nicht, dass deren fachliche Arbeit wiederholt werden müsse; zu prüfen sei, ob der Statiker von den richtigen tatsächlichen Voraussetzungen ausgegangen sei und die an ihn herangetragenen Wünsche dabei berücksichtigt habe (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 12. Mai 2004 - Az.: 3 U 158/03 - m. w. N.). Eine diesbezügliche Pflichtverletzung des Architekten liege jedoch nicht vor. Die planerischen Vorgaben seien für den Statiker hinreichend deutlich gewesen. Zudem sei nicht ersichtlich gewesen, dass die Architekten den Berechnungen des Statikers ohne Weiteres hätten entnehmen können, dass diese falsch seien bzw. nicht den planerischen Vorgaben entsprächen. Hinsichtlich der Trennwand folge dies daraus, dass der Statiker sie genauso berechnet habe wie die Haustrennwand, bei der eine schallschützende Funktion selbstverständlich gewesen sei. Bezüglich der durchlaufenden Sparren sei eine Kenntnis der Architekten von der Mangelhaftigkeit nicht erwiesen.

Die Klägerin hat gegen dieses Urteil form- und fristgerecht Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel prozessordnungsgemäß begründet.

Sie bringt vor:

Das Landgericht habe fälschlicherweise angenommen, die dem Statiker vorgelegten Pläne wären hinreichend deutlich gewesen. Aus den beigezogenen Akten zum Az. 6 OH 6/96 (Landgericht Ulm) hätte dem Gericht der Vortrag im Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 18. August 1998 auffallen müssen, dass besagte Trennwand Durchbrüche enthalten sollte, um die Räume später einmal als Büro nutzen zu können, weshalb nur eine normale Trennwand innerhalb einer Wohnung vorliege. Ausweislich dessen hätten die Beklagten dies dem Statiker nicht besonders mitteilen wollen und schon gar nicht müssen. Aus ihrer Sicht sei es nicht darum gegangen, die Trennwand als Schallschutzwand i. S. einer Wohnungstrennwand auszubilden. Etwas anderes habe der Statiker anhand der ihm vorgelegten Pläne auch nicht verstanden, noch sei es ersichtlich gewesen. Dass der Sachverständige im nachhinein etwas anderes aus den Plänen herauslese, sei für das Gericht unbeachtlich, weil die Parteien übereinstimmend das Gleiche gemeint hätten, möge es ein Dritter auch anders verstehen können.

Wie bereits im ersten Rechtszug vorgetragen, weise der Plan in den fraglichen Räumlichkeiten keine Küche auf. Es sei Aufgabe des Architekten, den Statiker klar und unmissverständlich auf die planungsbedürftigen Umstände hinzuweisen.

Soweit es die durchlaufenden Sparren angehe, sei die tatsächliche Kenntnis der Beklagten unbeachtlich. Sie hätten um die Vorgaben des Schallschutzes jedenfalls wissen müssen. Der Sachverständige habe bestätigt, dass ein Architekt wissen müsse, dass mit durchgehenden Sparren der erforderliche Schallschutz zwischen zwei getrennten Wohnungen nicht erreicht werden könne. Die durchlaufenden Sparren seien ein weiteres Indiz dafür, dass es den Architekten bei der Planung auf Schallschutz in Bezug auf diese Wand nicht angekommen sei.

Der mangelnde Schallschutz beruhe auf den durchlaufenden Sparren und der zu geringen Dichte der Steine. Dies sei aber kein spezifisch rechnerisches Problem des Tragwerkplaners.

Indem das Landgericht darauf abgestellt habe, dass der Statiker die umstrittene Trennwand genauso berechnet habe, wie die Haustrennwand, übergehe es die Ausführungen des Sachverständigen, es sei überhaupt nicht ersichtlich, dass die Beklagten den Schallschutznachweis überhaupt zur Kenntnis genommen hätten. Die schriftliche Bezeichnung in dem Plan verdeutliche, dass der Statiker nichts anderes gemeint habe, als die Haustrennwand. Eine Bezeichnung als 24er Wand lasse nicht auf eine Haustrennwand schließen.

Schon aus den Ausführungen des Sachverständigen, ein Architekt müsse wissen, dass durchgehende Sparren in einer Wohnungstrennwand nicht zulässig seien, begründe sich ein Schadensersatzanspruch, sodass ein Gesamtschuldverhältnis bestehe. Selbst wenn man von einem schuldhaften Fehlverhalten des Statikers ausgehe, überwiege das Verschulden der Beklagten bei Weitem. Die Beklagten hätten anhand der Statikerpläne feststellen können und müssen, dass eine Schallschutzwand nicht vorhanden sei.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 6.696,69 € nebst Zinsen zu bezahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das landgerichtliche Urteil und ergänzen:

Bereits in seinem Urteil in Sachen 6 O 23/04 habe das Landgericht zutreffend ausgeführt, dass es auf die von der Berufungsklägerin dem Beweisverfahren entnommenen subjektiven Umstände nicht entscheidend ankomme. Bei einem abweichenden subjektiven Informationswillen hätte der Fachingenieur nachfragen müssen, um Klarheit zu schaffen. Deshalb treffe ihn in jenem Fall das alleinige Verschulden.

Außerdem vermenge die Berufungsklägerin das Rechtsverhältnis zwischen den Beklagten und der Bauherrschaft mit demjenigen zwischen Architekt und Statiker. Der Sachvortrag der Beklagten, welchen die Berufungsklägerin zitiere, gebe den Gegenstand der Verhandlungen zwischen den Architekten und der Bauherrschaft zu Beginn der Planungen wieder. Später habe dann festgestanden, dass eine Einliegerwohnung geplant werden solle. Dementsprechend sei der Bauantrag gestellt worden und der Versicherungsnehmer der Berufungsklägerin habe die Unterlagen auf diesem Stand erhalten. Wenn dies in dem besagten Schriftsatz möglicherweise nicht klar genug zum Ausdruck komme oder ein gewisses Informationsdefizit zwischen den Beklagten und dem Unterzeichner bestanden habe, lasse dieses sich auf Grund des langen Zeitablaufs heute nicht mehr klären.

Dass der Plan keine Küche vorsehe, schlage letztlich nicht durch. Auch in einen vorhandenen Wohnraum könne ohne Probleme eine einfache Küchenzeile eingebaut werden. Dies sei bei Einliegerwohnungen sehr häufig der Fall. Eine Detailplanung sei den Unterlagen nicht zu entnehmen gewesen. Auch bänden die landgerichtlichen Feststellungen zu diesem Punkt des Berufungsgericht.

Nach den Ausführungen des Sachverständigen könne den Beklagten nicht vorgeworfen werden, sie hätten um die schalltechnische Problematik der durchgehenden Sparren gewusst. Wenn tatsächlich eine solche Bauausführung schallschutztechnisch unmöglich gewesen sei, so hätte der Fachingenieur hierauf ausdrücklich hinweisen müssen. Von den Beklagten könne nicht erwartet werden, dass sie ihre eigene Planung im Rahmen der Statikerleistungsprüfung abänderten. Unterstelle man ihnen Kenntnis dieser Problematik, so hätte man ihnen von vornherein eine andere Planung abverlangen müssen. Ein etwa gegebenes Mitverschulden trete hinter dem Verschulden des Statikers vollständig zurück.

Hätte der Statiker eine Trennung der Sparren und eine stärkere Mauerdichte in seiner Planung ausgeführt, wäre es nicht zu dem nun vorliegenden Problem gekommen. Die Ausführungen der Berufung zu diesem Thema seien verspätet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens im zweiten Rechtszug wird auf die im Berufungsverfahren bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschrift vom 24.01.2008 Bezug genommen. Der Schriftsatz der Klägervertreter vom 28.01.2008 gibt keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Landgericht hat den erhobenen Regressanspruch, welchen die Berufungsklägerin aus unstreitig übergegangenem Recht geltend macht, zutreffend verneint. Nach dem der Entscheidung zugrunde zu legenden Sachverhalt kommt allein ein Gesamtschuldnerausgleichsanspruch - vormals - des Statikers gegen die Beklagten in Betracht. Dessen Voraussetzunge liegen jedoch nicht vor.

1.

Hat der Bauherr mit dem Statiker und mit dem Architekten - wie im vorliegenden Fall - selbständige Verträge abgeschlossen, so haftet jeder von beiden ihm gegenüber nur für die Erfüllung der von ihm in seinem Vertrag übernommenen Verpflichtungen (BGH, Urteil vom 10.07.2003 - VII ZR 329/02 - NZBau 2003, 567, 569 m.w.N.; obiter dictum in BGH, Urteil vom 04.07.2002 - VII ZR 66/01 - bei Juris Rz. 12). Im Einzelfall kann ein Gesamtschuldverhältnis von Architekten und Sonderfachmann gegeben sein, wenn beide mangelhafte Leistungen erbringen und diese zu einem Mangel am Bauwerk führen (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 12. Aufl. [2008]), Rdnrn. 1991 ff., m. w. N.). Besteht zwischen Architekt und Statiker eine Gesamtschuld, so kann nach § 426 Abs. 1 BGB jeder Gesamtschuldner von dem anderen Ausgleich in Höhe des Anteils seiner Mitverantwortung verlangen.

2.

Eine Gesamtschuld setzt zwei gleichgerichtete Schadensersatzansprüche des Bauherren gegen Statiker und Architekten voraus.

a)

Der Anspruch des Bauherren gegen den Tragwerksplaner (Statiker) steht nach dem Urteil des Landgerichts Ulm vom 01.03.2006 im Verfahren 6 O 23/04 (die Berufung zum Az. 2 U 62/06 wurde zurückgenommen), in welchem den Architekten der Streit verkündet worden war, zwischen den Parteien fest und ist nicht im Streit.

b)

Jedoch bestand kein gleichgerichteter Anspruch des Bauherren gegen die Architekten. Ein solcher hätte einen für den im Urteil des Landgerichts Ulm vom 01.03.2006 (Az.: 6 O 23/04; dort GA 163/172) festgestellten Schaden mitursächlichen, von jenen zu vertretenden Vertragsverstoß der Architekten vorausgesetzt, also einen Planungs- oder einen Überwachungsfehler. Einen solchen hat das Landgericht verfahrensfehlerfrei verneint. Die Angriffe der Berufung vermögen seine Feststellungen nicht in Zweifel zu ziehen.

aa)

Zutreffend hat das Landgericht einen Planungsfehler der Beklagten verneint.

aaa)

Legt der Architekt seinen Plan einem Sonderfachmann als Grundlage für dessen Planung vor, so obliegt es ihm aus seinem Vertragsverhältnis zu seinem Auftraggeber, eine unmissverständliche Planung vorzulegen. Denn nur so stellt er sicher, dass das zu errichtende Bauwerk mangelfrei entstehen kann. Daraus ist freilich nicht abzuleiten, dass er - wie die Berufung meint - jede erdenkliche Information in seinen Plan aufnehmen müsste, welche einen zusätzlichen Hinweis auf das Gewollte gäbe. Insoweit unterliegt der Architekt nicht dem Optimierungsgebot, welches er bei seiner Planung gegenüber den Wünschen und Zielvorstellungen seines Auftraggebers beachten muss. Der Umfang vertraglicher Pflichten bemisst sich, sofern die Parteien keine ausdrückliche Vereinbarung treffen, nach den aus dem Vertragszweck folgenden Erfordernissen. Die planerische Darstellung war vorliegend nicht selbst Zweck des Architektenwerkes, sondern nur Hilfsmittel, um dieses Werk entstehen zu lassen. Als solches richtete sie sich an Fachleute (eine etwaige Erläuterungsobliegenheit gegenüber der Bauherrschaft kann vorliegend unbeachtet bleiben). In Bezug auf den Statiker war deshalb eine eindeutige Plangestaltung geboten aber auch ausreichend, welche für ihn als Sonderfachmann die ihm gestellte Aufgabe zweifelsfrei erkennen ließ.

bbb)

Mit ihrem Berufungsangriff, die dem Statiker vorgelegten Pläne seien nicht eindeutig gewesen, setzt die Berufungsklägerin lediglich ihre eigene Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des Landgerichts. Damit kann sie keinen Erfolg haben. Zu den Berufungsangriffen in Einzelnen:

(1)

Eine verdeckte Gehörsrüge erhebt die Berufungsklägerin mit ihrem Angriff, aus Sicht der Beklagten sei es nicht darum gegangen, die Trennwand als Schallschutzwand im Sinne einer Wohnungstrennwand auszubilden, was dem Landgericht aus den beigezogenen Akten zum Az. 6 OH 6/96 (dort Vortrag im Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 18. August 1998) hätte auffallen müssen. Diese geht schon im rechtlichen Ansatz fehl. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, Sachvortrag aus beigezogenen Akten, zumal nicht aus Beweisakten, herauszusuchen, sondern Aufgabe der Partei im laufenden Verfahren, die entscheidungserheblichen Tatsachen vorzutragen. Das Gericht kann, auch weil schon nicht sicher ist, ob eine Partei an dem früheren Vortrag festhalten darf (vgl. § 138 Abs. 1 ZPO), nicht davon ausgehen, dass Vortrag, der in anderen Akten gehalten wurde, erneut gehalten werden solle. Und es kann wegen seiner Neutralitätspflicht nicht nachfragend anregen, diesen Vortrag ggf. in das laufende Verfahren einzuführen.

Dass das Landgericht zur früheren Sichtweise der Beklagten im vorliegenden Verfahren gehaltenen Vortrag übergangen habe, macht die Berufung nicht geltend.

Infolgedessen stützt sie diesen Berufungsangriff auf neues Vorbringen i.S.d. §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 ZPO, welches von den Beklagten bestritten wird und im Berufungsverfahren nicht mehr zu berücksichtigen ist.

(2)

Dass der Plan in den fraglichen Räumlichkeiten keine Küche aufwies, schlägt nicht durch. Gerade in kleinen Wohnungen ist ein eigener Küchenraum nicht unbedingt zu erwarten.

(3)

Auch der Umstand, dass die durchlaufenden Sparren nicht den Schallschutzvorgaben entsprachen, gab dem Statiker keinen Anlass, dem sonstigen Planinhalt zuwider anzunehmen, dass keine eigenständigen Wohneinheiten entstehen sollten. Diese Planung konnte, wie vom Landgericht ausgeführt, aus einem kostenbedingten Kompromiss entstanden sein. Den sonstigen Planinhalt zu übergehen, konnte der Plan aber nicht nahelegen. Auf eine Nachfrageobliegenheit des Statikers kommt es daher nicht an.

(4)

Ergänzend ist anzufügen, dass schon im Vorprozess der Zeuge Bauunternehmer Götz-Kottmann angegeben hatte, für ihn habe der Plan ein Appartement ausgewiesen (Urteil des LG Ulm in Sachen 6 O 23/04, S. 5 und 7).

bb)

Gleichfalls ohne Erfolg bringt die Berufung vor, der mangelnde Schallschutz beruhe auf den durchlaufenden Sparren und der zu geringen Dichte der Steine; dies sei aber kein spezifisch rechnerisches Problem des Tragwerkplaners.

aaa)

Die Mauerdichte ist eine vom Statiker vorzugebende Größe.

bbb)

Dass nach den Ausführungen des Sachverständigen ein Architekt wissen müsse, dass durchgehende Sparren bei einer Wohnungstrennwand nicht zulässig seien, wäre grundsätzlich geeignet, einen Schadensersatzanspruch des Bauherren zu begründen, wenn diese Bauausführung nicht mit dem Bauherren nach hinreichender Aufklärung abgesprochen war (wozu das Landgericht ungerügt keine Feststellungen getroffen hat). Dieser Anspruch wäre aber von seinem Inhalt her nicht identisch mit demjenigen, den der Bauherr des vorliegenden Bauvorhabens im Vorprozess gegen den Statiker erhoben hat. Er wäre nach § 249 BGB im Zuge der Naturalrestitution auf eine Trennung der Sparren gerichtet, derjenige gegen den Statiker aus dem Verfahren 6 O 23/04 ging auf einen normgerechten Schallschutz der Wand selbst. Das Landgericht hat in jenem Urteil vom 01.03.2006 (GA 163/172) nur Beträge ausgeurteilt, die erforderlich waren, den fehlenden Schallschutz der Wand auszugleichen. Die Sparren sollten dazu nicht getrennt werden. Allenfalls könnte durch eine schalltechnische Entkoppelung der Wand von den Sparren dieser zweite Mangel mitbeseitigt und die Beklagten könnten damit von einer Verbindlichkeit befreit worden sein, die aber auf einem anderen Mangel als der planwidrigen Wandberechnung durch den Statiker beruhte und deshalb nicht ins Gesamtschuldverhältnis fiel. Außerdem fehlen dazu sowohl Feststellungen des Landgerichts wie auch ein Vortrag der insoweit darlegungsbelasteten Berufungsklägerin zu Anspruchsgrund und -höhe. Schon von daher besteht keine Gesamtschuld zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits.

cc)

Daneben moniert die Berufungsklägerin ein Fehlverhallten der Beklagten bei der Überprüfung der Statikerleistung. Das Landgericht hat hierzu jedoch verfahrensfehlerfrei festgestellt, es sei nicht ersichtlich gewesen, dass die Architekten den Berechnungen des Statikers ohne Weiteres hätten entnehmen können, dass diese falsch seien bzw. nicht den planerischen Vorgaben entsprochen hätten. Darauf gestützt hat es einen Anspruch gegen die Architekten aus diesem Gesichtspunkt zutreffend verneint; die Berufungsangriffe ziehen das Ergebnis der Beweisaufnahme auch insoweit nicht in Zweifel.

aaa)

Die Arbeit des Statikers als Sonderfachmann im Detail zu überprüfen, oblag den Architekten nicht. Zu ihren Vertragspflichten gegenüber dem Bauherren gehörte die Überprüfung, ob die Planung des Statikers keine grundlegenden Mängel aufwies (vgl. BGH, Urteil vom 10.07.2003 - VII ZR 329/02 - NZBau 2003, 567, 568). Ein solch grundlegender Mangel ist nur anzunehmen, wenn er auch ohne fachspezifische Kenntnisse zu erkennen ist (Werner/Pastor, a.a.O., Rn. 1991 u.H. auf BGH NJW-RR 1996, 404). Sind Sonderfachleute vom Bauherren beauftragt, so obliegt dem Architekten die Überwachung dieser Sondergewerke nicht (vgl. nur das Leistungsbild des § 73 HOAI, dort Leistungsphase 8). Von vornherein beinhaltet die Aufsicht/Überwachung nicht die Begutachtung/Überprüfung der Planung anderer fachlich Beteiligter. Eine solche Überprüfung der Planung eines Sonderfachmanns am Bau durch den allgemeinen Architekten kann sich daher allenfalls auf offensichtliche Fehler beziehen (OLG Karlsruhe NZBau 2007, 451, 453; vgl. auch OLG Brandenburg NZBau 2006, 720. S. außerdem Neuenfeld NZBau 2006, 741, 742 f. und Vetter NZBau 2006, 682, 683 f.).

Die Spezialkenntnisse, eine statische Berechnung zu überprüfen, sind von einem Architekten nicht zu erwarten (vgl. BGH BauR 1971, 265, 267). Deshalb trifft ihn keine besondere Prüfungspflicht. Er ist jedoch verpflichtet, die statischen Berechnungen einzusehen und festzustellen, ob der Statiker offensichtlich von den gegebenen tatsächlichen Verhältnissen und den entsprechenden technischen Vorgaben abgewichen ist. Stellt er dabei Fehler fest, hat er seine Bedenken gegenüber dem Bauherren anzumelden (vgl. Werner/Pastor, a.a.O., Rdnr. 1994 m. w. N. zu überwiegend älterer Rechtsprechung).

bbb)

Die diesbezüglichen Angriffe der Berufung greifen nicht durch. Denn dass aus dem Schallschutznachweis offensichtlich zu entnehmen gewesen wäre, dass keine Wohnungstrennwand berechnet worden war, ist weder den landgerichtlichen Feststellungen zu entnehmen, noch legt es die Berufung substantiiert dar.

Darauf, ob die Beklagten - wie die Berufungsklägerin ohne Anknüpfungspunkt in den landgerichtlichen Feststellungen, ohne Verfahrensrüge und nach §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 ZPO unbeachtlich als bloße Möglichkeit in den Raum stellt - den Schallschutznachweis überhaupt nicht zur Kenntnis genommen haben, kommt es somit nicht entscheidend an.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 47 Abs. 1, 43 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG.

Ein Grund, die Revision zuzulassen (§ 543 Abs. 2 ZPO), besteht nicht.

Ende der Entscheidung

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