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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 11.04.2007
Aktenzeichen: 2 Ws 41/07
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 153 a Abs. 1
Aus Gründen des Vertrauensschutzes entsteht bei einer vorläufigen Verfahrenseinstellung durch die Staatsanwaltschaft gemäß § 153 a Abs. 1 StPO auch dann ein bedingtes Verfahrenshindernis, wenn die Staatsanwaltschaft die erforderliche Zustimmung des Gerichts nicht einholt.

Das bedingte Verfahrenshindernis wird nicht dadurch beseitigt, dass die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren vor Ablauf der dem Beschuldigten zur Einfüllung der Auflagen bzw. Weisungen gesetzten Frist fortsetzt. Setzt der Beschuldigte die Erfüllung zunächst im Hinblick auf das rechtswidrige Vorgehen der Staatsanwaltschaft aus, kann er auch noch nach Ablauf der ursprünglichen Frist das endgültige Verfahrenshindernis herbeiführen.


Oberlandesgericht Stuttgart - 2. Strafsenat - Beschluss

Geschäftsnummer: 2 Ws 41/07

vom 11. April 2007

in der Strafsache

wegen Betruges u. a.

Tenor:

Die Beschwerde des Angeschuldigten gegen den Arrestbeschluss des Landgerichts Stuttgart vom 11. Januar 2007 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die Höhe der Arrestforderung auf 481.960,48 € herabgesetzt wird. Durch Hinterlegung eines Geldbetrages in dieser Höhe wird die Vollziehung des Arrestes gehemmt und der Angeschuldigte berechtigt, die Aufhebung des vollzogenen Arrestes zu beantragen.

Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

Gründe:

I.

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat am 29. September 2006 Anklage gegen den Angeschuldigten bei der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Stuttgart erhoben. Ihm werden 191 Fälle des gemeinschaftlichen Betruges im besonders schweren Fall im Zeitraum Mai 2002 bis Juni 2003 zur Last gelegt, jeweils tateinheitlich mit einem verbotenen Bankgeschäft, strafbar gemäß §§ 263 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB, 54 Abs. 1 Nr. 2, 32 Abs. 1 S. 1, 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 Kreditwesengesetz (KWG), 25 Abs. 2, 52, 53 StGB. Er soll - zusammen mit getrennt verfolgten Mittätern - das Lastschrift-Einzugsverfahren der Banken missbraucht haben, indem er sich als Kreditgeber bzw. Vermittler an einem System der sogenannten "Lastschriftreiterei" beteiligte, um sich zu Lasten der Bank der Kreditnehmer (Inkassostelle) zu bereichern. Mit Erhebung der Anklage hat die Staatsanwaltschaft beantragt, hinsichtlich der vom Angeschuldigten betrügerisch erlangten Zinsen und Provisionen gemäß §§ 73 Abs. 1 Satz 2, 73 a StGB den Verfall des Wertersatzes in Höhe von 304.960,48 € und hinsichtlich der als Tatmittel verwendeten Darlehensbeträge gemäß §§ 74 Abs. 1, 74 c StGB die Einziehung des Wertersatzes in Höhe von 393.978,20 € anzuordnen, insgesamt 698.938,68 €.

Die Wirtschaftsstrafkammer hat über die Eröffnung des Hauptverfahrens noch nicht entschieden. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 11. Januar 2007 ordnete sie den dinglichen Arrest in Höhe von 698.938,68 € zur Sicherung des staatlichen Anspruchs auf Verfall des Wertersatzes sowie Einziehung des Wertersatzes in das Vermögen des Angeschuldigten an.

Ebenfalls am 11. Januar 2007 erließ die Strafkammer in Vollziehung des dinglichen Arrestes 22 Pfändungsbeschlüsse, mit denen Geschäftsanteile, Mietforderungen sowie Forderungen aus Bankverbindungen des Angeschuldigten gepfändet wurden.

Der Angeschuldigte hat über seinen Verteidiger die Tatvorwürfe bestritten. Es liege weder ein Betrug noch ein Verstoß gegen das KWG vor. Überdies habe der Angeschuldigte nur an 27 der verfahrensgegenständlichen Geschäfte mitgewirkt, der weit überwiegende Anteil sei seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau zuzurechnen. Er habe im guten Glauben an die Rechtmäßigkeit der Geschäfte gehandelt, die nicht "bankmäßig" abgewickelt, sondern im Rahmen privater Vermögensverwaltung getätigt worden seien. Es fehle auch an einer gewerbsmäßigen Vorgehensweise. Der Angeschuldigte habe Verluste erlitten, die zu berücksichtigen seien. Eine Prüfung der Vorschriften der §§ 73 c und 74 d StGB sei unterblieben. Der Angeschuldigte habe im Rahmen eines gemäß § 153 a StPO vorläufig eingestellten Verfahrens Zahlungen geleistet, die bei der Arrestsumme zu berücksichtigen seien, ebenso wie ein durch die Ehefrau des Angeschuldigten seinerzeit hinterlegter Geldbetrag. Schließlich liege auch kein Arrestgrund vor.

Der Senat hat im Beschwerdeverfahren auch im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen ergänzende Stellungnahmen der Staatsanwaltschaft eingeholt. In Bezug auf die Verfügung des Vorsitzenden vom 28. März 2007 hat die Staatsanwaltschaft in ihrer letzten Stellungnahme vom 29. März 2007 erklärt, dass sie - sollten die angeklagten Taten gänzlich oder jedenfalls teilweise nicht (mehr) verfolgbar sein - insoweit den Verfall des Wertersatzes und die Einziehung des Wertersatzes im Wege der selbständigen Anordnung gemäß § 76 a Abs. 3, Abs. 1 StGB beantragen werde. Die Beschwerde des Angeschuldigten sei zu verwerfen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nur teilweise begründet. Es sind Gründe für die Annahme vorhanden, dass die Voraussetzungen des Verfalls von Wertersatz in Höhe von 304.960,48 € und der Einziehung von Wertersatz in Höhe von 177.000,- €, insgesamt 481.960,48 €, vorliegen, so dass der dingliche Arrest in das Vermögen des Angeschuldigten in dieser Höhe nach §§ 111 b Abs. 2, 111 d, 111 e Abs. 1 StPO in Verbindung mit §§ 73 Abs. 1, 73 a, 74, 74 c, 76 a StGB angeordnet werden kann. Weder ein Verfahrenshindernis gemäß § 153 a Abs. 1 Satz 5 StPO steht der Anordnung entgegen, noch die Vorschriften in §§ 73 c und 74 b StGB . Der nach § 111 d Abs. 2 StPO in Verbindung mit § 917 ZPO erforderliche Arrestgrund liegt vor. Es bestehen keine Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den zu beachtenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz .

Hierzu im einzelnen:

1. Tatverdacht

Der Angeschuldigte ist der ihm in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Stuttgart vom 22. September 2006 zur Last gelegten Taten verdächtig. "Gründe" im Sinne von § 111 b Abs. 2 StPO liegen bereits vor, wenn eine gewisse, auf Tatsachen gestützte Wahrscheinlichkeit besteht, dass unter Berücksichtigung der Ermessensregelungen namentlich in § 74 Abs. 1 StGB und unter Beachtung der Härteklauseln in § 73 c und 74 b StGB die genannten Rechtsfolgen verhängt werden oder, im Falle der Rückgewinnungshilfe, nur deshalb nicht verhängt werden, weil Ansprüche des Verletzten im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 der Anordnung des Verfalls entgegenstehen (LR-Schäfer, StPO, 25. Aufl., § 111 b RdNr. 16).

Der Verdacht gegen den Angeschuldigten beruht auf den bisherigen polizeilichen Ermittlungen und den Angaben der getrennt verfolgten S. und E., die zur Anklage durch die Staatsanwaltschaft Stuttgart geführt haben. Danach war der Angeschuldigte als Kreditgeber und Vermittler über einen Zeitraum von etwas mehr als einem Jahr in ein sogenanntes "Lastschriftkarussell" als Mittäter eingebunden, bei dem die Banken der jeweiligen Kreditnehmer (erste Inkassostelle) konkludent darüber getäuscht wurden, dass der Lastschrifteinreichung durch die Kreditnehmer nicht ein übliches Umsatzgeschäft, sondern ein kurzfristiges Darlehen mit einem deutlich erhöhten Risiko des Widerrufs zu Grunde lag und dass der Zahlungsempfänger (= Kreditnehmer) im Zeitpunkt der Rücklastschriften, zahlungsunfähig war (vgl. BGH NJW 2005, 3008, 3010). Strafbar sind hierbei nicht nur die Kreditnehmer, sondern auch die Kreditgeber und die jeweiligen Vermittler als Mittäter. Angesichts des Umfangs und der Dauer der vom Angeschuldigten getätigten Geschäfte (Gesamtvolumen der mittels Lastschriften ausgereichten Darlehen: 2.316.837,20 €) besteht auch der Verdacht eines gewerbsmäßigen Vorgehens gemäß § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB sowie eines jeweils tateinheitlich begangenen Verstoßes gegen das KWG. Bezeichnend dafür, dass beim Angeschuldigten ein Unrechtsbewusstsein in Bezug auf den Verstoß gegen das KWG vorlag, ist die auch im Ermittlungsbericht der Polizei (Bl. 23 LO EO1) aufgeführte Aussage des anderweitig verfolgten K., nach der der Angeschuldigte ihm gegenüber - im Spaß - geäußert haben soll: "Wenn die Geschäfte so weiterlaufen, müssten wir noch eine Bank gründen". Der vom Angeschuldigten betriebene buchhalterische Aufwand ergibt sich aus seinen Aufzeichnungen (Beweismittelordner 3, Register 3).

2. Verfall von Wertersatz

Der Angeschuldigte hat aus den Geschäften insgesamt 40.183,50 € an Zinsen und 264.776,98 € an Provisionen erlangt. Dies ergibt sich nicht unmittelbar aus der dem angefochtenen Beschluss und der Anklageschrift zugrundeliegenden Tabelle von Lastschriftvorgängen, sondern bedurfte der Aufarbeitung anhand der Gesamtauflistung aller Zahlungsvorgänge. Der Senat hat die von der Staatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 08. März 2007 als Anlage 1 vorgelegte Auflistung (Bl. 194 - 197 GA) überprüft und kommt zu dem Ergebnis, dass auch die Zahlungen des "Kunden" Z. einzubeziehen sind, da diese eindeutig mit der Bezeichnung "Rendite" für die Monate Juni - September erfolgten (Beweismittelordner 2 Register 1 Bl. 3 -6). Eine Kürzung der Summe von 264.776,98 € um 10.000,- € ist daher nicht vorzunehmen. Die Provisions- und Zinszahlungen unterliegen dem Verfall des Wertersatzes gemäß §§ 73 a, 73 StGB auch insoweit, als sie auf Konten geflossen sind, die nicht ausschließlich dem Angeschuldigten zuzuordnen sind. Nach dem bisherigen Ergebnis der Ermittlungen war es aus dem Kreis der hinsichtlich der inkriminierten Konten Berechtigten ausschließlich der Angeschuldigte, der in das System der "Lastschriftreiterei" direkt eingebunden und somit derjenige war, der aus den Geschäften etwas erlangt hat. Hierfür spricht insbesondere auch die Aussage des getrennt verfolgten S., nach der der Angeschuldigte sein alleiniger Ansprechpartner gewesen und von E. bereits im Jahr 2001 in das System "eingeweiht" worden sei (vgl. Ermittlungsbericht EO 1 Bl. 21 mit Nachweisen). Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen, der Angeschuldigte habe mit den Geschäften auch Verluste erlitten und Provisions- und Zinszahlungen wiederum zur Vergabe weiterer Kredite verwendet, ist auf das seit 1992 geltende Bruttoprinzip hinzuweisen, nach dem der Zugriff nicht nur auf Tatgewinne, sondern auf das Erlangte insgesamt erfolgt (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 54. Aufl., § 73 RdNr. 3; (auch) zur steuerlichen Berücksichtigung BGH NJW 2006, 2500 ff.).

3. Einziehung des Wertersatzes

Die vom Angeschuldigten zur Kreditvergabe eingesetzten Gelder unterliegen als Tatmittel der Einziehung des Wertersatzes gemäß §§ 74, 74 c StGB, da sie zur Durchführung der Straftaten gebraucht wurden. Nach den Ermittlungen hat der Angeschuldigte zwar insgesamt 2.316.837,20 € an Darlehen vergeben, wobei er eine Vielzahl von Konten benutzte. Nur die Konten Kreissparkasse Ludwigsburg 8913333 und LB Baden-Württemberg 8150787 sind ihm indes allein zuzuordnen. Hinsichtlich des letztgenannten Kontos ergibt sich dies - entgegen dem ergänzenden Beschwerdevorbringen des Verteidigers in dem heute eingegangenen Schriftsatz vom 04. April 2007 - eindeutig aus der Auskunft der LB BW vom 10. Oktober 2005 (LO EO 3 Bl. 4 bis 7). Hinsichtlich aller anderen Konten war der Angeschuldigte allenfalls Mitkontoinhaber oder lediglich Bevollmächtigter.

Die bisherigen Ermittlungen rechtfertigen es nicht, die Einziehung auf die nicht dem Angeschuldigten allein zuzuordnenden Konten auszudehnen (§ 74 Abs. 2 Nr. 1 StGB). Hinsichtlich der Konten, bei denen allein andere Personen Kontoinhaber sind, ergibt sich dies direkt aus der genannten Vorschrift. Beim Vorliegen von Gesamthands- oder Miteigentum (gemeinsame Konten und Konten der GbR) ist eine Einziehung zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen, kommt aber nur in Betracht, wenn alle Berechtigten an der Tat beteiligt waren, zumindest aber um die Tatverstrickung des Gegenstandes wussten und dies billigten (Schönke/Schröder-Eser, StGB, 27. Aufl., § 74 RdNr. 23). Die bisherigen Ermittlungen ergeben keine genügenden Anhaltspunkte dafür, dass bei den in Frage kommenden E.M., K. M. und U. M.-R. eine solche Tatbeteiligung bzw. -billigung vorliegt. Zwar sprechen die von der Staatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 08. März 2007 aufgeführten Gesichtspunkte dafür, dass diese Personen Kenntnis von finanziellen Transaktionen des Angeschuldigten hatten. Ein ausreichender Nachweis dafür, dass sie positiv von den Straftaten des Angeschuldigten - unter Zuhilfenahme der (auch) ihnen zustehenden Konten - wussten, liegt jedoch bislang nicht vor.

Der Einziehung unterliegen somit nur die von den allein dem Angeschuldigten zuzuordnenden Konten geflossenen Darlehensbeträge. Bei der Berechnung sind nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 24. August 2005 (5 StR 221/05, zitiert nach <juris>) nicht die aufaddierten insgesamt ausgezahlten Beträgen zugrunde zu legen, maßgebend ist vielmehr der maximale zum gleichen Zeitpunkt ausgereichte Betrag (Höchststand des Kapitaleinsatzes). Vorliegend beträgt dieser, wie die Staatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 29. März 2007 nachvollziehbar dargelegt hat (Aufstellung in der Anlage 1 Bl. 6), 177.000,- €.

4. Ein Verfahrenshindernis steht der Anordnung nicht entgegen

a) Ausgangsverfahren hinsichtlich eines Großteils der dem Angeschuldigten zur Last gelegten Taten war das Verfahren Staatsanwaltschaft Hannover 5524 Js 24910/03 gegen die Beschuldigten S. und Dr. H.. Unter dem Aktenzeichen 4131 Js 43828/03 wurde am 02. Juni 2003 von der Staatsanwaltschaft Hannover ein Ermittlungsverfahren gegen S. M. eingeleitet. Dieses Verfahren wurde mit Verfügung vom 30. September 2003 an die Staatsanwaltschaft Heilbronn abgegeben (Bl. 122 LO EO1) und von dieser unter dem Aktenzeichen 64 Js 27813/03 übernommen. Mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Heilbronn vom 26. Januar 2004 (Bl. 218 LO EO1) wurde das Verfahren gegen den Angeschuldigten gem. § 153 Abs. 1 S. 2 in Verbindung mit § 153a Abs. 1 StPO gegen die Auflage, einen Betrag in Höhe von 5000,- € an die Staatskasse zu zahlen, vorläufig eingestellt (die erforderliche Zustimmung des Angeschuldigten, erklärt in einem Schriftsatz seines damaligen Verteidigers, ging am 04. Februar 2004 bei der Staatsanwaltschaft Heilbronn ein). Dem Angeschuldigten wurde gestattet, den Betrag in Höhe von 5000,- € in einem Betrag oder zumindest in fünf gleich hohen monatlichen Raten ab 20. Februar 2004 bis 20. Juni 2004 zu zahlen. In der Folge bezahlte der Angeschuldigte (zumindest) im Februar 2004 zwei Raten zu je 500,- € und im April/Mai 2004 eine weitere Rate, die von der LOK entsprechend gebucht wurden. Das Verfahren der Staatsanwaltschaft Heilbronn gegen E. M. (Aktenzeichen ebenfalls 64 Js 27813/03) wurde mit Verfügung vom 19. April 2004 endgültig eingestellt, nachdem am 1. März 2003 der ihr auferlegte Betrag von 500,- € bezahlt worden war und die Staatsanwaltschaft die Zahlungsanzeige ihrem Verfahren zugeordnet hatte (LO E. M. Bl. 140, 142 d. A.).

Das Verfahren gegen den Angeschuldigten S. M. wurde sodann von der Staatsanwaltschaft Stuttgart am 22. April 2004 nach einer Abgabeverfügung der Staatsanwaltschaft Heilbronn vom 19. April 2004 zu dem Verfahren 150 Js 82783/03 übernommen. Aus einem Schreiben der Staatsanwaltschaft Stuttgart an die LOK vom 04. Juni 2004 (Bl. 231 LO EO1) ergibt sich, dass "die Einstellung gem. § 153a Abs. 1 StPO zurück- und die Ermittlungen wieder aufgenommen" wurden und dass "demnach keine weiteren Zahlungen mehr des Herrn Mönckert zu leisten" seien.

b) Mit der Zustimmung des Angeschuldigten zu einer Verfahrenserledigung gemäß § 153a StPO entstand ein bedingtes Verfahrenshindernis (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 49. Aufl., § 153a RdNrn. 45, 52; KK-Schoreit, StPO, 5. Aufl., § 153a RdNr. 39). Dieses besteht nach der Auffassung des Senats zur Zeit fort.

Die vorläufige Einstellung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft Heilbronn ist wirksam. Zwar hätte sie wohl der Zustimmung des Gerichts bedurft, weil die Voraussetzungen für das Vorgehen gemäß § 153a Abs. 1 Satz 7 in Verbindung mit § 153 Abs. 1 Satz 2 StPO nicht vorgelegen haben dürften. Das Fehlen der gerichtlichen Zustimmung steht der Entstehung des Verfahrenshindernisses aber aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht entgegen (Meyer-Goßner, a.a.O. RdNr. 9 mit Hinweis auf die Aufsätze Karl NStZ 95,535 und Schroeder NStZ 96, 319; KMR-Plöd, StPO, § 153a RdNr. 45 (Stand 28. Juli 2001); Krehl in HK-StPO, § 153a RdNr. 21; KK-Schoreit, a.a.O., vgl. auch OLG Karlsruhe NStZ 1987, 42 zum Vertrauensschutz bei fehlender Zustimmung der Staatsanwaltschaft;).

Die mit der wirksamen vorläufigen Einstellung verbundene bedingte Sperrwirkung entspricht grundsätzlich der endgültigen Sperrwirkung nach § 153a Abs. 1 Satz 5 StPO, d.h. die Taten können nicht mehr als Vergehen verfolgt werden. Es bleibt lediglich offen, ob die Sperrwirkung wegen Nichterfüllung der Auflagen und Weisungen wieder wegfällt (LR-Beulke, StPO, § 153 a RdNr. 94, siehe auch RdNr. 91 m. w. N.). Diese Wirkung besteht hier fort.

Der Angeschuldigte hat sich bezüglich der erteilten Auflagen rechtstreu verhalten. Nach der Gewährung von Ratenzahlungen durch die Staatsanwaltschaft Heilbronn hatte er bis 20. Juni 2004 Zeit, die restlichen Raten zu zahlen, um ein endgültiges Verfahrenshindernis zu schaffen. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat das Verfahren aber bereits am 22. April 2004 übernommen und fortgeführt, also zu einem Zeitpunkt, als die Frist zur Bezahlung der restlichen Raten noch nicht abgelaufen war. In einem Anschreiben der Staatsanwaltschaft Stuttgart vom 04. Mai 2004 (LO EO1 Bl. 267 ff. d. A.) an die LPD Stuttgart I - DW ist ausgeführt: "Vorliegend wurde das Verfahren - unter dem Gesichtspunkt der Schwerpunktzuständigkeit von der Staatsanwaltschaft Heilbronn übernommen, die das Verfahren gegen die (ehemalige) Beschuldigte E. M. bereits endgültig, gegen den Angeschuldigten S. M. vorläufig nach § 153a StPO eingestellt hat. Ich habe das Verfahren insoweit wieder aufgenommen." Am 25. Mai 2004 erfolgten Durchsuchungsmaßnahmen u. a. beim Beschuldigten. Spätestens ab diesem Zeitpunkt musste der Angeschuldigte davon ausgehen, dass die Ermittlungen - trotz der zuvor erfolgten vorläufigen Einstellung - fortgesetzt würden. Die Staatsanwaltschaft teilte am 04. Juni 2004 der LOK selbst mit, dass der Angeschuldigte keine weiteren Zahlungen zu leisten habe. Dass dieser vor diesem Hintergrund dann tatsächlich auch keine weiteren Zahlungen mehr leistete, kann ihm nicht zum Nachteil gereichen.

Die Fortsetzung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft Stuttgart war unter diesen Umständen unberechtigt. Zwar sind weitere Ermittlungen und ggf. Maßnahmen der Beweissicherung auch während der Schwebezeit möglich (vgl. LR- Beulke, a.a.O. RdNr. 95), eine Fortsetzung des Ermittlungsverfahrens als solches war jedoch aufgrund der bedingten Sperrwirkung ausgeschlossen. Die dem Angeschuldigten seinerzeit durch die Verfügung der Staatsanwaltschaft Heilbronn eingeräumte Rechtsposition konnte nicht einseitig durch die Verfügung der Staatsanwaltschaft Stuttgart rückgängig gemacht werden, da der Vertrauensschutz Verfassungsrang hat (vgl. Schroeder NStZ 1996, 320). Nach Auffassung des Senats hat es der Angeschuldigte immer noch in der Hand, das endgültige Verfahrenshindernis durch Zahlung der restlichen 3500,- € herbeizuführen. Aus Gründen der Rechtsklarheit wird dem Angeschuldigten hierzu in entsprechender Anwendung von § 153a Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 4 StPO durch die zuständige Strafkammer eine neue Frist zu setzen sein.

Die bedingte Sperrwirkung erfasst - auch bei Anwendung der Vorschrift durch die Staatsanwaltschaft - die gesamte prozessuale Tat (LR-Beulke, a.a.O. RdNr. 97) und somit sämtliche dem Verfahren der Staatsanwaltschaft Heilbronn zugrundeliegenden Tatvorwürfe (vgl. Thüringer Oberlandesgericht 1. Strafsenat, Beschluss vom 14. Februar 2006, 1 Ss 211/04, zitiert nach <juris>; OLG Düsseldorf StV 1997, 344). Der Gegenstand des Verfahrens war dem Angeschuldigten zum Zeitpunkt der vorläufigen Einstellung dadurch bekannt, dass dem Verteidiger zuvor Akteneinsicht gewährt worden war. Deshalb ist unschädlich, dass in der Verfügung selbst eine nähere Beschreibung der eingestellten Taten fehlt.

c) Im Beschwerdeverfahren über die Anordnung des Arrestes bedarf es jedoch keiner abschließenden Klärung, ob alle 191 angeklagten Taten von der Sperrwirkung der vorläufigen Einstellung erfasst werden, da die Staatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 29. März 2007 mitgeteilt hat, dass sie je nach Umfang der Sperrwirkung Verfall und Einziehung des Wertersatzes gemäß § 76 a Abs. 3, Abs. 1 StGB beantragen werde. Die selbständige Anordnung nach dieser Vorschrift ist sowohl im subjektiven als auch im objektiven Verfahren möglich (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 54. Aufl., § 76 a RdNr. 11; Schönke/Schröder-Stree, StGB, 27. Aufl., § 76 a RdNr. 12). Auch kann das subjektive in ein objektives Verfahren übergehen (BGHSt 6, 62). Maßnahmen nach § 111 b ff. StPO sind auch zulässig, wenn Einziehung und Verfall lediglich in einem objektiven Verfahren zu erwarten sind (KK-Nack, StPO, 5. Aufl., § 111 b RdNr. 7).

5. §§ 73 c, 74 b StGB

Bei der Anordnung des dinglichen Arrestes gemäß §§ 111 b Abs. 2, 111 d StPO handelt es sich um eine vorläufige Maßnahme, bei der zum Zeitpunkt der Anordnung noch nicht feststeht, ob es am Ende zu einer Einziehung oder zum Verfall, zum Opferzugriff oder gar zur Aufhebung und zur Freigabe zugunsten des Beschuldigten kommen wird (LR-Schäfer, StPO, 25. Aufl., § 111 b RdNr. 1 c). Das Gericht hat jedoch auch bei der Anordnung der vorläufigen Maßnahme hinsichtlich des Verfalls des Wertersatzes die Härtevorschrift des § 73 c StGB und hinsichtlich der Einziehung des Wertersatzes den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (§ 74 b StGB) zu beachten.

a) Ausgehend von dem Betrag von insgesamt 304.960.48 € (40.183,50 € an Zinsen und 264.776,98 € an Provisionen), der dem Verfall des Wertersatzes unterliegt, ist auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens das Vorliegen einer unbilligen Härte gemäß § 73 c StGB nicht zu erkennen. Der Angeschuldigte hat sich zu den finanziellen Umständen, in denen er lebt, bislang nicht geäußert. Soweit sein Verteidiger im Beschwerdeverfahren vorgetragen hat, es habe ein Gespräch mit Mitarbeitern des Finanzamtes Ludwigsburg am 15. Dezember 2006 stattgefunden, dessen Inhalt er in einem Aktenvermerk wiedergibt (Bl. 155 GA), ist nicht ersichtlich, inwieweit das vom Angeschuldigten Erlangte der Besteuerung unterliegt (vgl. Tröndle/Fischer, a. a. O., § 73 c RdNr. 4 a). Eine nur voraussichtliche Besteuerung führt noch nicht zum Wegfall des Erlangten (vgl. BGH StV 2005, 22, 23).

b) Hinsichtlich des Betrages in Höhe von 177.000,- €, der der Einziehung des Wertersatzes unterliegt, vermag der Senat keinen Verstoß gegen den in § 74 b StGB normierten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu erblicken. Angesichts des Umfangs und der Dauer der vom Angeschuldigten verübten Taten steht dieser Betrag nicht außer Verhältnis. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass der Angeschuldigte nach den bislang vorgenommen Finanzermittlungen der Polizei, die dem Senat vorliegen, über nicht unerhebliches Immobilienvermögen verfügt.

c) Die Höhe der Arrestforderung ist nicht um den am 14. Juni 2004 von der Ehefrau des Angeschuldigten, E. M., bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts Stuttgart (HL 172/04) hinterlegten Betrag in Höhe von 49.435,40 € zu ermäßigen. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist nur die Anordnung des Arrestes, nicht dessen Vollziehung. Die am 14. Juni 2004 durch Hinterlegung geleistete Sicherheit wirkt sich nicht auf die Höhe der Arrestforderung aus, sondern betrifft nur auf die Frage, in welchem Umfang die Vollziehung des Arrestes erforderlich und verhältnismäßig ist. Es kann deshalb dahinstehen, ob nach Aufhebung des Arrestes aus dem Arrestbeschluss des Amtsgerichts Stuttgart vom 21. Mai 2004 (30 Gs 247/04) durch den Beschluss desselben Gerichts vom 16. Juni 2004 (30 Gs 299/04) die Rückzahlung bei der Hinterlegungsstelle verlangt werden kann.

6. Arrestgrund

Der gemäß § 111 d Abs. 2 StPO in Verbindung mit § 917 ZPO erforderliche Arrestgrund liegt vor. Nach den Finanzermittlungen besteht die Besorgnis, dass ohne die Anordnung des Arrestes die Vollstreckung zumindest erschwert werden würde. Die Besorgnis besteht schon deshalb, weil sich der Angeschuldigte Vermögensvorteile durch Straftaten beschafft hat (OLG Frankfurt a. M. NStZ-RR 2005, 111, 112 m. w. N.). Darüber hinaus liquidiert der Angeschuldigte auch nach dem Beschwerdevorbringen derzeit zumindest das Malergeschäft, so dass ein Transfer von Vermögenswerten naheliegt. Schließlich konnten von der ermittelnden Polizei zwei nicht unerhebliche Abhebungen von Konten des Angeschuldigten im Zeitraum 21. September 2006 bis 18. Dezember 2006 festgestellt werden (Ordner Arrest/Pfändung Bl. 19).

Die Anordnung der Lösungssumme beruht auf §§ 111 d Abs. 2 StPO, 923 ZPO.

7. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

Der im Wege einer Gesamtbetrachtung nochmals zu beachtende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit steht der Anordnung des Arrestes nicht entgegen. Der Senat verkennt nicht, dass das Bundesverfassungsgericht strenge Anforderungen an die Anordnung eines dinglichen Arrestes stellt (NStZ 2006, 639 ff.). Danach ist eine Abwägung zwischen dem Eigentumsrecht des Angeklagten und dem Sicherstellungsinteresse des Staates bzw. der Geschädigten vorzunehmen. Wie die Verteidigung zu Recht bemerkt, erfolgte die Maßnahme zu einem relativ späten Zeitpunkt nach Anklageerhebung und führt zu erheblichen Einschränkungen insbesondere bei der Verwaltung seiner Immobilien. Es liegen jedoch vorliegend keine Anhaltspunkte dafür vor, dass aufgrund der vorläufigen Sicherungsmaßnahme in Höhe von 481.960,48 € das gesamte oder ein Großteil des Vermögens der Verfügungsbefugnis des Angeschuldigten entzogen wird. Entsprechendes wird auch vom Verteidiger nicht vorgetragen. Insgesamt überwiegt deshalb trotz des Zeitablaufs das Sicherungsinteresse die grundgesetzlich geschützte Eigentumsposition des Angeschuldigten.

III.

Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf §§ 473 Abs. 1 StPO.

Trotz des Teilerfolgs der Beschwerde hält es der Senat nicht für unbillig, den Angeschuldigten mit den vollen Rechtsmittelkosten zu belasten. Bei der Beurteilung dieser Frage kommt es entscheidend darauf an, ob Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Angeschuldigte die angefochtene Entscheidung hingenommen hätte, wenn sie entsprechend der heutigen Entscheidung gelautet hätte (BGH NStZ-RR 1998, 70). Dies ist nach dem Beschwerdevorbringen ausgeschlossen.

Ende der Entscheidung

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