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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 26.07.2000
Aktenzeichen: 20 U 18/2000
Rechtsgebiete: BGB, GesO, KO, InsO


Vorschriften:

BGB § 394
BGB § 1273
BGB § 1274
GesO § 2 Abs. 4
GesO § 7 Abs. 5
GesO § 12
KO § 54
InsO § 95

Entscheidung wurde am 28.06.2004 korrigiert: Orientierungssatz in die richtige Reihenfolge gesetzt
1)

Ein an einem Auseinandersetzungsanspruch bestelltes Pfandrecht entsteht erst mit Ausscheiden des Gesellschafters aus der Gesellschaft. Es ist daher nicht insolvenzfest, wenn die Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses auf der Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen des Schuldners beruht.

2)

Eine Gesellschaft, deren Forderungen gegen einen Gesellschafter bereits vor Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über dessen Vermögen fällig geworden sind, kann gegen den erst mit Verfahrenseröffnung entstehenden Auseinandersetzungsanspruch des Gesellschafters aufrechnen. §§ 54 KO, 95 InsO sind insoweit im Gesamtvollstreckungsverfahren entsprechend anwendbar.


Geschäftsnummer: 20 U 18/2000 26 O 318/99 LG Stuttgart

Oberlandesgericht Stuttgart - 20. Zivilsenat -

Im Namen des Volkes Urteil

In Sachen

Verkündet am: 26.07.2000

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle Schrimpf JS`in

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart unter Mitwirkung

des Präsidenten des OLG Stilz,

des Richters am OLG Dr. Würthwein und

des Richters am OLG Kaulig

auf die mündliche Verhandlung vom 12.07.2000

für Recht erkannt

Tenor:

I.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 26. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 11.02.2000 wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von DM 13.000,- abwenden, sofern die Beklagte vor der Vollstreckung nicht Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Berufungsstreitwert und Beschwer des Klägers 210.512,68 DM

Tatbestand:

Der Kläger wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Dresden mit Wirkung vom 01.05.1998 zum Verwalter im Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der Fa. Autoteile GmbH (nachstehend: Schuldnerin) bestellt (Anl. K 1), nachdem am 10.02.1998 bereits die Sequestration über das Vermögen dieser Gesellschaft angeordnet worden war (Anl. K 7).

Die Schuldnerin war aufgrund Beitrittserklärung vom 01.08.1991 (Anl. B 1) Kommanditistin der Beklagten, die ein Großhandelsunternehmen im Bereich des Kraftfahrzeugersatzteilhandels betreibt. Ihr Geschäftszweck ist daneben darauf gerichtet, ihren Kommanditisten, bei denen es sich wie bei der Schuldnerin um Kraftfahrzeugersatzteilhändler oder um Kraftfahrzeugwerkstätten handelt, die Teilnahme an einem agenturmäßig betriebenen Gemeinschaftseinkauf von Kraftfahrzeugersatzteilen zu günstigen Einkaufskonditionen zu ermöglichen (§ 2 des Gesellschaftsvertrags, Anl. K 3). Im Rahmen dessen bestellte die Schuldnerin bei in Geschäftsbeziehungen zur Beklagten stehenden Herstellern Ware, die Beklagte übernahm das Delkredere und die Zentralregulierung der dadurch begründeten Zahlungsverpflichtungen.

Gemäß § 17 des Gesellschaftsvertrags scheidet ein Gesellschafter mit rechtskräftiger Eröffnung des Konkurs- oder Vergleichsverfahrens aus der Gesellschaft aus, ohne dass es einer Kündigung bedarf.

Im Blick darauf macht der Kläger Abfindungsansprüche in Höhe von insgesamt 210.512,68 DM geltend.

Der Beklagte hält dem "vorinsolvenzrechtliche" Gegenansprüche aus Warenlieferungen und Ansprüche aus der Übernahme des Delkrederes in Höhe von 286.915,12 DM entgegen. Sie hat mit diesen die Aufrechnung erklärt und beruft sich darüber hinaus auf ein ihr im Gesellschaftsvertrag zur Sicherheit für ihre Ansprüche eingeräumtes Pfandrecht an den Ansprüchen der Schuldnerin aus dem Gesellschaftsverhältnis.

Im einzelnen:

Nach § 4 der Satzung der Beklagten werden für jeden Gesellschafter neben dem Kapitalkonto ein Darlehenskonto, ein sog. Verfügungskonto sowie ggf. ein Verlustkonto geführt. Dem Darlehenskonto werden 50 % der dem Gesellschafter zugewiesenen Gewinnanteile sowie darauf entfallende Zinsen gutgebracht. Der Rest der Gewinnanteile sowie Lieferantenboni werden auf dem Verfügungskonto verbucht und dieses ebenfalls verzinst.

Die dem Kommanditisten aus diesen beiden Konten zustehenden Guthaben können von ihm nicht entnommen werden, sondern sind nur zusammen mit der Gesellschafterstellung kündbar. Ausnahmen sind bezüglich des Darlehenskonto durch Gesellschafterbeschluss mit 75 %-iger Mehrheit möglich, beim Verfügungskonto bei Freigabe durch den Aufsichtsrat.

Bei Ausscheiden aus der Gesellschaft erhält der Kommanditist neben dem dann fällig werdenden Guthaben aus den beiden genannten Konten gem. § 20 der Satzung eine Abfindung. Diese errechnet sich aus dem Buchwert sowie aus zwei sich aus dem Durchschnitt der Gewinne der letzten fünf Jahre ergebenden Gewinnanteilen. Die Abfindung ist in vier gleichen Halbjahresraten auszuzahlen.

Der streitige Betrag von 210.512,08 DM setzt sich vor diesem Hintergrund wie folgt zusammen:

1. Darlehenskonto:|14.658,25 DM|2. Verfügungskonto:|41.279,03 DM|3. Abfindungskonto gem. § 20 (von den Parteien auch als Kapitalkonto bezeichnet)|154.575,40 DM

Die Ansprüche der Beklagten aus ihren Leistungen und Leistungen sind gem. § 20a des Gesellschaftsvertrags wie folgt gesichert:

§20a

Aufrechnungs-, Pfand- und Zurückbehaltungsrechte

(1) Die gegenseigen vermögensrechtlichen Ansprüche der Gesellschaft und der Gesellschafter - gleich aus welchem Rechtsgrund - können - soweit nachstehend nichts anderes geregelt ist - nur durch Aufrechnung erfüllt werden. Dies gilt auch für künftige, für bedingte und für befristete Forderungen. Bei Fälligkeit beiderseitiger Forderungen können sowohl die Gesellschaft wie die Gesellschafter die Aufrechnung erklären. Die Gesellschaft kann auch noch nicht fällige eigene Forderungen gegen noch nicht fällige Gesellschafterforderungen aufrechnen, wenn die Gefahr besteht. daß die Erfüllung der Forderung der Gesellschaft bei Fälligkeit nicht gesichert ist. Ob diese Gefahr vorliegt, entscheidet unanfechtbar die Gesellschaft nach pflichtgemäßem Ermessen.

(2) Eine anderweitige Erfüllung und eine Abtretung von Forderungen ist erst zulässig, wem alle nach vorstehendem Absatz (1) aufrechenbaren Forderungen aufgerechnet sind, also nur für die überschließenden Forderungen. Die Abtretbarkeit von Forderungen der Gesellschafter gegen die Gesellschaft wird bis zum Vollzug der in vorstehendem Absatz (1) vorgesehenen vollständigen gegenseitigen Verrechnung durch Aufrechnung hiermit ausdrücklich ausgeschlossen.

(3) Die Gesellschaft hat wegen der sonstigen ihr gegenüber einem Gesellschafter obliegenden Leistungen gleich aus welchem Rechtsgrunde - solange ein Zurückbehaltungsrecht bis ihre bis dahin jeweils fälligen Forderungen erfüllt sind. Die Gesellschaft hat dieses Zurückbehaltungsrecht auch für noch nicht fällige sowie für künftige für befristete und für bedingte Forderungen, wenn die Gefahr besteht, daß die Forderungen nicht erfüllt werden. Die Gesellschaft entscheidet unanfechtbar nach pflichtgemäßem Ermessen, ob diese Gefahr vorliegt.

(4) Jeder Gesellschafer verpfändet hiermit der Gesellschaft seine Ansprüche gegen die Gesellschaft. Insbesondere die Ansprüche auf Auszahlung der Guthaben auf den Darlehens- und Verfügungskonten und des Abfindungsguthabens. Die Verpfändung dient zur Sicherung aller gegenwertigen und künftigen - auch bedingten und befristetet Forderungen der Gesellschaft gegen den Gesellschafter, gleich aus welchem Rechtsgrund.

Die Gesellschaft kann ihre eigenen und die verpfändeten Forderungen jederzeit fällig stellen und einziehen, ohne daß es eines vorhergehenden Titels bedarf.

Am 19.03.1996 (Anl. K 12) trat die Schuldnerin ihre mit 200.600,-- DM bezifferte Forderung "auf Kommanditeinlage, fällig nach Kündigung" in Höhe eines erstrangigen, als auflagenfrei bezeichneten Teilbetrags von 100.000,- DM an die Volksbank als Sicherheit für einen von dieser gewährten Kredit ab und legte dies am 19.3.1996 der Beklagten offen. Diese Teilabtretung hat die Beklagte in ihrer Auseinandersetzungsabrechnung dadurch berücksichtigt, dass sie beim Kapitalkonto statt 154.575,40 DM nur 54.575,40 DM angesetzt hat (Bl.34).

Der Kläger hat geltend gemacht,

die Beklagte sei zur Zahlung des Abfindungsguthabens an ihn verpflichtet. Einer Aufrechnung durch die Beklagte stehe entgegen, dass es sich bei dem Auseinandersetzungsanspruch um einen Anspruch handele, der erst mit dem Ausscheiden der Schuldnerin aus der Gesellsschaft, also der Eröffnung de Gesamtvollstreckungsverfahrens, entstanden sei. Die Forderungen der Parteien hätten sich vor Verfahrenseröffnung daher nicht aufrechenbar gegenübergestanden, so dass die Aufrechnungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 5 GesO nicht gegeben seien. Eine entsprechende Heranziehung der eine weitergehende Aufrechnung gestattenden Vorschriften des § 54 KO und des § 95 InsO komme im Gesamtvollstreckungsverfahren nicht in Betracht.

Auch die Aufrechnungsvereinbarung des § 20a Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags ermögliche der Beklagten eine Aufrechnung nicht, da die gesetzliche Regelung der Aufrechnung in § 7 Abs. 5 GesO abschließenden Charakter habe und unabdingbar sei.

Hilfsweise fechte er die Aufrechnungsvereinbarung an. Die Gesellschafter der Schuldnerin hätten die Beklagte bereits im März 1998 über die Anordnung der Sequestration und den Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens informiert. Im Zeitpunkt des Eintritts der Aufrechnungslage, am 01.05.1998, seien deshalb die Anfechtungsvoraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 4 GesO gegeben gewesen.

Auch auf das in § 20 a Abs. 4 des Gesellschaftsvertrags der Beklagten eingeräumte Pfandrecht könne sich diese nicht berufen. Ein Pfandrecht an der Auseinandersetzungsforderung habe erst in dem Zeitpunkt, in dem diese entstanden sei, begründet werden können, also erst mit Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens. Zu diesem Zeitpunkt sei die Schuldnerin jedoch nicht mehr Rechtsinhaberin des Auseinandersetzungsanspruchs gewesen, so dass das Pfandrecht nicht mehr habe entstehen können.

Der Kläger hat Klage in Höhe von 180.512,92 DM erhoben, sie jedoch in Höhe von 70.000,24 DM in der mündlichen Verhandlung wieder zurückgenommen im Hinblick auf die Erklärung der Beklagten, das Gesamtguthaben der Schuldnerin betrage unter Berücksichtigung der Teilabtretung des Kapitalkontos an die Volksbank W nur 110.512,68 DM.

Unter Berücksichtigung dessen, dass der Anspruch nur ratenweise fällig wird, hat der Kläger beantragt:

1.

Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 82.884,51 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 01.05.1998 zu zahlen;

2.

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger am 01.05.2000 weitere 27.628,17 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 01.05.1998 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat der Klage entgegengehalten, die Forderung sei durch Aufrechnung erloschen. Zwar handele es sich bei dem Auseinandersetzungsanspruch der Schuldnerin um einen Erst nach Verfahrenseröffnung entstandenen Anspruch.

Da der Rechtsgrund für ihn jedoch bereits mit Abschluss des Gesellschaftsvertrags gelegt worden sei, sei gem. § 54 Abs. 1 KO eine Aufrechnung auch gegen diesen Anspruch möglich. Entsprechend regele den Fall in § 95 auch die Insolvenzordnung. Diese Vorschriften seien im Verfahren der Gesamtvollstreckungsordnung, die keine erschöpfende, sondern in § 7 Abs. 5 nur eine fragmentarische, nicht abschließende Regelung der Aufrechnung beinhalte, entsprechend heranzuziehen.

Darüber hinaus sei die Aufrechnung auch deshalb zulässig, weil § 20a Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags über die Gesetzeslage hinaus Aufrechnungen gegen noch nicht fällige und bedingte befristete Forderungen für zulässig erkläre.

Eine Anfechtung der Aufrechnungsvereinbarung komme nicht in Betracht, da diese bereits im August 1991 mit Abschluss des Beitrittsvertrags zustande gekommen sei. Unabhängig davon sei ihr vor Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin und die Sequestration nicht bekannt gewesen.

Darüber hinaus scheitere der Anspruch des Klägers auch daran, dass ihr gem. § 20a Abs. 4 des Gesellschaftsvertrags ein Pfandrecht an den Ansprüchen der Klägerin eingeräumt worden sei. Die Verpfändung künftig entstehender Ansprüche sei wie deren Abtretung mit Wirkung im Gesamtvollstreckungsverfahren möglich, wenn - wie hier durch den Gesellschaftsvertrag - der Rechtsgrund der Forderung vorher gelegt sei und der Pfandrechtsgläubiger dadurch eine einem Anwartschaftsrecht entsprechende Rechtsposition erlangt habe. Diese habe dazu geführt, dass das Pfandrecht mit Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens ohne Durchgangserwerb der Schuldnerin bzw. des Klägers direkt bei ihr zum Vollrecht erstarkt sei.

Durch Urteil vom 11.02.2000 hat der Einzelrichter de 26. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe wirksam ein Pfandrecht an der vom Kläger geltend gemachten Forderung erlangt, das der Klage als rechtsvernichtende Einwendung entgegenstehe. Es sei aufgrund der der Beklagten eingeräumten Rechtsposition ohne Durchgangserwerb des Klägers mit Entstehen des Abfindungsanspruchs zum Vollrecht erstarkt.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger das bisherige Klagziel weiter und erhöht die Klage um 100.000,-- DM.

Er ergänzt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag und macht darüber hinaus geltend:

Nach § 20a Abs. 2 der Satzung sei eine Abtretung der Forderungen des Gesellschafters und damit auch die des Auseinandersetzungsanspruchs erst zulässig, wenn sämtliche aufrechenbaren Gegenforderungen der Beklagten auch tatsächlich aufgerechnet worden seien. Eine Abtretung sei der Schuldnerin daher nicht möglich gewesen. Gemäß § 1274Abs. 2 BGB, wonach nicht abtretbare Forderungen auch nicht verpfändbar seien, führe dies dazu, dass auch die Verpfändung des Auseinandersetzungsguthabens ins Leere gegangen sei.

Das Landgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass das Pfandrecht an dem Abfindungsanspruch mit dessen endgültigem Entstehen ohne Durchgangserwerb zum Vollrecht der Beklagten erstarkt sei. Ein Direkterwerb komme nur bei der Übertragung eines Anwartschaftsrechts aus bedingter Übereignung in Betracht. Bei dem Anspruch auf ein Auseinandersetzungsguthaben handele es sich jedoch nicht um einen aufschiebend bedingten, sondern lediglich um einen "im Kern bereits entstandenen" Anspruch. Als ,Minderrecht" gegenüber einem Anwartschaftsrecht führe dies nur zu einer rechtlich schwächeren Position des Pfandrechtsgläubigers mit der Folge eines Durchgangserwerbs bei der Schuldnerin.

Hilfsweise berufe er sich auch hinsichtlich der Entstehung eines Pfandrechts auf den Anfechtungstatbestand des § 10 Abs. 1 Nr. 4 GesO. Für die Kenntnis der Beklagten im Rahmen der Anfechtung sei der Zeitpunkt des Ausscheidens der Schuldnerin als Kommanditistin, mit dem der Abfindungsanspruch entstanden sei, maßgebend. Da der Ausschluss aufgrund der Kenntnis um die Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens erfolgt sei, habe die Beklagte auch um diese gewußt.

Da die vorhandene Masse zur Befriedigung der Gläubiger, nicht ausreiche, sei auch eine objektive Gläubigerbenachteiligung gegeben. Allein im Rang des § 17 Abs. 3 Nr. 4 GesO seien Forderungen in Höhe von 3.963.174,73 DM festgestellt worden.

Bei Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens habe die Beklagte bei der Position "Kapitalkonto: 54.575,40 DM" den an die Volksbank W abgetretenen Teilbetrag von 100.000,-- DM zu Unrecht in Abzug gebracht. Um diesen sei die Klage zu erhöhen. Er sei hinsichtlich dieses Betrags unabhängig von der Wirksamkeit der Abtretung aktivlegitimiert, da es sich bei etwaigen Ansprüchen der Volksbank um der Absonderung unterfallende Ansprüche handele. Die - vor dem Landgericht Bautzen anhängige - Auseinandersetzung zwischen ihm und der Volksbank hinsichtlich dieses Betrags sei für das Streitverfahren unerheblich.

Die Klagerweiterung sei zulässig, da sich der Erhöhungsbetrag auf den gleichen Lebenssachverhalt beziehe.

Der Kläger stellt den Antrag,

das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 01.02.2000, AZ: 26 O 318/99, aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 210.512,68 DM zzgl. 5 % Zinsen seit dem 01.05.1998 zu zahlen.

Die Beklagte stellt den Antrag,

die Berufung zurückzuweisen.

In Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vortrags verteidigt sie das Urteil des Landgerichts insbesondere unter Bezugnahme auf die in § 20a Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags getroffene Verrechnungsabrede. § 20a Abs. 2 verbiete entgegen der Ansicht des Klägers nicht die Abtretung von Ansprüchen. Es werde nur klargestellt, dass alle wechselseitigen Ansprüche kontokorrentmäßig eingebunden seien und der Gesellschafter nur über einen etwaigen Überschussverfügen könne. Die Vorschrift solle lediglich eine Auszahlung des Abfindungsguthabens verhindern, solange noch offene Ansprüche der Gesellschaft gegen den Gesellschafter bestünden.

Wie das Landgericht richtig gesehen habe, habe das Abfindungsguthaben als künftig entstehender Anspruch wirksam verpfändet werden können. Da die Forderung in ihrem Kern bereits vor Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens angelegt gewesen sei, habe ein Durchgangserwerb nicht stattgefunden.

Die Pfandrechtsbestellung unterliege auch nicht der Anfechtung, da die Schuldnerin sich durch ihren Beitritt ausdrücklich mit den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags einverstanden erklärt habe. Von der Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens habe sie im Zeitpunkt der Anspruchsentstehung keine Kenntnis gehabt, sondern erst nachträglich davon erfahren.

Die Klagerhöhung sei unzulässig.

Der Kläger habe Zahlungsklage erhoben, ohne sich zuvor Gewissheit über die Höhe des Abfindungsguthabens zu verschaffen. Anschließend habe er die Klage reduziert, um sie jetzt wieder zu erhöhen. Bei dieser Sachlage sei der Vortrag zur Klagerweiterung als verspätet zurückzuweisen.

Aufgrund wirksamer Verfügung der Schuldnerin könne der Kläger Auszahlung der an die Volksbank Westlausitz abgetretenen Beträge nicht verlangen. Auch der Volksbank Westlausitz stünden indes Auszahlungsansprüche nicht zu, weil die von ihr, Beklagter, zur Aufrechnung gestellten Gegenansprüche das Gesamtauszahlungsguthaben der Schuldnerin überstiegen.

Wegen des Parteivorbringens im einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die vorgelegten Unterlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Soweit der Kläger seine Ansprüche auf die auf dem Darlehenskonto sowie dem Verfügungskonto angesammelten Guthaben stützt, steht dem das der Beklagten gem. § 20a Abs. 4 des Gesellschaftsvertrags insoweit eingeräumte Pfandrecht entgegen.

Gegen das auf dem Kapitalkonto ausgewiesene Auseinandersetzungsguthaben kann sich die Beklagte hingegen nicht darauf berufen, dieser Anspruch sei ihr verpfändet. Die Pfandrechtsbestellung ist insoweit nicht insolvenzfest.

Dieser Anspruch steht dem Kläger grds. zu und zwar auch insoweit, als er am 16.03.1996 an die Volksbank W abgetreten worden ist. Die Forderung ist jedoch durch wirksame Aufrechnung der Beklagten erloschen.

A.

Die Klage ist in Höhe des in der ersten Instanz verfolgten Betrags von 110. 512,68 DM, hinsichtlich dessen eine Abtretung "an die Volksbank W nicht in Rede steht, unbegründet.

Hinsichtlich des in diesem Betrag enthaltenen, auf das Kapitalkonto gestützten Teilbetrags von 54.575,40 DM scheitert die Klage entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht an der in § 20a Abs. 4 erfolgten Pfandrechtsbestellung.

Es greift jedoch die von der Beklagten erklärte Aufrechnung.

1.

Bei dem Anspruch eines Gesellschafters auf das Auseinandersetzungsguthaben handelt es sich um einen Anspruch, der zwar bereits mit Abschluss des Gesellschaftsvertrags angelegt ist, jedoch erst mit dem Ausscheiden aus der Gesellschaft entsteht. Dies war, ohne dass es einer Kündigung bedurfte, gem. § 17 des Gesellschaftsvertrags mit Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens mit Wirkung vom 01.05.1998 der Fall. § 17 erwähnt zwar nur die Eröffnung des Konkurs- oder gerichtlichen Vergleichsverfahrens. Die Vorschrift gilt jedoch, wovon beide Parteien zu Recht als selbstverständlich ausgehen, auch bei Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens entsprechend.

Bis zum 01.05.1998 handelte es sich somit (nur) um einen künftigen Anspruch.

Ein solcher kann zwar gem. § 398 BGB abgetreten und somit gem. §§ 1273, 1274 BGB auch verpfändet werden, und zwar wie hier auch an den Schuldner selbst (Staudinger/Wiegand, BGB, 13. Bearb., Rn. 6 zu § 1279 BGB).

Nach ständiger Rechtsprechung entsteht der Auseinandersetzungsanspruch jedoch lediglich dann endgültig in der Hand des Abtretungsempfängers bzw. des Pfandrechterwerbers, wenn die Rechtsgrundlage für die Abtretung bzw. die Verpfändung auch im Zeitpunkt der Anspruchsentstehung, hier also dem Ausscheiden aus der Gesellschaft, noch besteht. Da der Auseinandersetzungsanspruch Ausfluss der Gesellschafterstellung und der Inhaberschaft am Gesellschaftsanteil ist, muss der Verfügende bei Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses noch Gesellschafter und über das Stammrecht verfügungsbefugt sein. Ist dies nicht der Fall und hat der Gesellschafter seinen Anteil etwa nach der Verfügung über den Auseinandersetzungsanspruch an einen Dritten veräußert und damit die "Quelle" des vorausabgetretenen Anspruchs aus der Hand gegeben, so wird die Vorausverfügung hinfällig. Der Auseinandersetzungsanspruch steht daher - trotz zeitlicher Priorität der Abtretung oder Verpfändung - dem Anteilserwerber zu (BGHZ 88, 205 ff.; BGHZ 104, 351 ff; BGH NJW 1997,= 3370; zustimmend Müller, ZIP 1994, 342 ff; Münzberg, JZ 1989, 352; Staudinger/Busche, BGB, 13. Bearb., Rn. 75 zu § 398; Westermann, Handbuch der Personengesellschaften 1, 650 ff; Erman/Westermann, BGB, 10. Aufl., Rn. 11, 11 a, 12 zu § 398; a.A. OLG Braunschweig, WM 1997,487; kritisch Marotzke, ZIP 1988,1509 ff.).

Dies gilt auch dann, wenn der Pfandrechtsbesteller sein Verfügungsrecht an dem Gesellschaftsanteil durch dessen Pfändung oder wie hier durch die Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens und die dieser vorausgegangenen Sequestration gem. § 2 Abs. 3 GesO verliert und dieser damit in die Masse fällt (BGHZ 104, 351 ff, 355 in korrigierender Klarstellung zu BGHZ 88; 205 - insoweit nur abgedruckt in WM 1983, 1235, 1237; vgl. auch Staudinger/Busche und Erman/VVestermann, je a.a.O.).

Die Beklagte hatte also aufgrund der Verpfändung keine bereits gesicherte, insolvenzfeste Rechtsposition im Sinne eines Anwartschaftsrechts, die mit Entstehung des Auseinandersetzungsanspruch zum Rechtserwerb bei ihr im Wege des Direkterwerbs geführt hätte ( dazu Müller, ZIP 1994, 342, der die Rechtsprechung des BGH, insbesondere auch unter Berücksichtigung der verwendeten Terminologie, analysiert; dazu auch BGH NJW 1955, 544; Kuhn/Uhlenbruck, KonkO, 11. Aufl., Rn. 10h zu § 15 KO).

Soweit das Landgericht aus der Entscheidung BGH NJW 1989, 453 auf einen Direkterwerb schließen will, kann dem nicht gefolgt werden. Diese Entscheidung bezieht sich nicht auf die Abtretung oder Verpfändung, sondern auf die Aufrechnungsmöglichkeit des Konkursgläubigers gem. § 54 KO. Für diese genügt eine weniger starke Rechtsposition (s.h. dazu unten 11.). Die diesbezügliche Rechtsprechung kann daher nicht auf Abtretung und Verpfändung des Auseinandersetzungsanspruchs übertragen werden.

2.

Der Anspruch des Klägers ist jedoch durch die von der Beklagten erklärte Aufrechnung erloschen.

a)

Auch wenn der künftige Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben nicht die Qualität eines Anwartschaftsrechts hat, handelt es sich bei ihm doch um einen solchen, der "dem Kein nach" bereits seit Abschluss des Gesellschaftsvertrags bzw. dem Beitritt der Schuldnerin vorhanden ist. Diese Rechtsposition ist nach ständiger Rechtsprechung einem aufschiebend bedingten Anspruch im Sinne von § 54 KO gleichzustellen. Im Geltungsbereich der Konkursordnung kann der Konkursgläubiger mit seinen Ansprüchen daher gegen erst mit oder nach Konkurseröffnung entstehenden Auseinandersetzungsansprüchen der Gemeinschuldnerin bzw. des Konkursverwalters aufrechnen (BGH NJW1989, 453; BGH NJW 1997, 3370; BGH NJW 1978, 699; BGHZ 89, 189, 192; OLG Celle, NJW-RR 1986, 663; Kuhn/Uhlenbruck, a.a.O., Rn. 6 zu § 54; Kilger/K. Schmidt, Insolvenzgesetze, 17. Aufl., Rn. 4 zu § 54; Hess, KO, 5. Aufl., Rn. 17a zu § 54).

b)

Die hier anzuwendende Gesamtvollstreckungsordnung enthält eine Regelung zur Aufrechnung lediglich in § 7 Abs. 5 GesO, wonach die Aufrechnung noch erklärt werden kann, wenn ein Gläubiger bereits zum Zeitpunkt der Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens zur Aufrechnung berechtigt war, sich die Forderungen also schon vorher aufrechenbar gegenüber gestanden haben.

Dies war hier zwar nicht der Fall, da die Forderung der Schuldnerin erst mit Verfahrenseröffnung entstanden ist.

§ 54 KonkO ist jedoch für die hier gegebene Fallkonstellation, in der dem Konkursgläubiger vor der Insolvenz fällig gewordene Forderungen zustehen und die Gegenforderung erst nach oder mit Verfahrenseröffnung entsteht, entsprechend heranzuziehen.

aa)

Die Gesamtvollstreckungsordnung, ein Gesetz mit nur 23 Paragraphen, beansprucht keine vollständige Behandlung aller insolvenzrechtlichen Fragen. Sie wurde für die neuen Bundesländer 1990 vor denn Hintergrund geschaffen, dass die in der Bundesrepublik geltende Konkursordnung als reformbedürftig empfunden wurde und ihre Ersetzung durch eine neue lnsolvenzordnung geplant war. Die als überholt angesehene Konkursordnung sollte daher in den neuen Bundesländern nicht mehr in Kraft treten. Die vom Gesetzgeber, bewußt in Kauf genommene Lückenhaftigkeit der GesO zwingt jedoch dazu, bei der Entscheidung von Einzelfragen auf die detaillierten Bestimmungen der Konkursordnung zurückzugreifen, jedoch mit der Maßgabe, dass deren schon seinerzeit als reformbedürftig empfundene Vorschriften nicht herangezogen werden können. Stattdessen kann in derartigen Fragen bereits die Insolvenzordnung mitberücksichtigt werden, soweit deren Regelungen bereits in den im Jahre 1990, dem Zeitpunkt der Verabschiedung der Gesamtvollstreckungsordnung, vorliegenden Referentenentwurf zur Insolvenzordnung eingegangen waren (vgl. zum Ganzen BGHZ 137, 267 ff, 290; BGHZ 129, 236, 244; BGHZ 133, 307; Landfermann, Festschrift für Franz Merz, 1992, S. 367 ff.).

bb)

Der Bundesgerichtshof (BGHZ 137, 267, ff, 290) hat die entsprechende Heranziehung von § 54 KO im Gesamtvollstreckungsverfahren verneint, da diese Vorschrift in Abweichung von § 387 BGB eine erweiterte Zulassung der Aufrechnungsmöglichkeiten im Konkurs enthalte, durch die in systemwidrigen Widerstreit zum Grundsatz der gleichmäßigen Befriedigung aller Konkursgläubiger Gläubiger bevorzugt würden, die außerhalb des Konkurses nicht zur Aufrechnung befugt seien. Die Vorschrift sei daher bei Verabschiedung der GesO reformbedürftig gewesen und im Gesamtvollstreckungsverfahren nicht übernahmefähig (so bereits LG Stuttgart, ZIP 1995, 1035 in einem Fall, in dem wie hier eine KG mit Forderungen aus Warenlieferungen gegen das Auseinandersetzungsguthaben des Kommanditisten, über den das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet worden war, aufrechnen wollte; zustimmend Hess/Binz/Wienberg, Gesamtvollstreckungsverordnung, Rn. 90 zu § 7).

Bisher hatte der Bundesgerichtshof (zuletzt BGHZ 140, 270) jedoch nur Fälle zu entscheiden, in denen die Anwendung von § 54 KO dem Konkursgläubiger, der fälligen Forderungen des Gemeinschuldners ausgesetzt ist, die Möglichkeit gegeben hätte, mit vor dem Gesamtvollstreckungsverfahren noch nicht fälligen eigenen Gegenforderungen aufzurechnen. Dies hätte er bei ordnungsgemäßer Erfüllung seiner Verpflichtungen nicht gekonnt, da eine Aufrechnung gegen künftige oder aufschiebend bedingte Ansprüche außerhalb der Konkursordnung unzulässig ist (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 59. Aufl., Rn. 12 zu § 387; BGHZ 103, 367). Die Vorschrift des § 54 KO erscheint für diese Fallgestaltung in der Tat rechtspolitisch fraglich und reformbedürftig.

cc)

Hat jedoch wie hier die Beklagte als Gläubigerin einen vor Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens fälligen Anspruch und ist nur die Gegenforderung des Gesamtschuldners noch nicht fällig; so gelten diese Bedenken nicht. Es wäre nicht einsehbar, wenn in diesem Fall der Konkursgläubiger voll leisten müsste, jedoch bezüglich seiner Gegenforderung auf die Quote angewiesen wäre. Vielmehr durfte er davon ausgehen, hinsichtlich seiner fälligen Forderungen durch die Möglichkeit der Aufrechnung gegen künftige, jedoch bereits im Kern bestehende Gegenforderungen des Gemeinschuldners gesichert zu sein.

Im Hinblick darauf gestattet auch die Insolvenzordnung in § 95 die Aufrechnung gegen noch nicht fällige und aufschiebend bedingte Forderungen des Gemeinschuldners, wenn die Aufrechnungslage im Laufe des Insolvenzverfahrens eintritt. § 95 Abs. 1 Satz 3 schließt die Aufrechnung lediglich aus, wenn die Forderung des Insolvenzschuldners fällig oder unbedingt wird "bevor die" Aufrechnung erfolgen kann". Sie wird also dann versagt, wenn die Forderung der Schuldnerin vor der Gegenforderung des Insolvenzgläubigers aufrechenbar wird (vgl. Eckardt, ZIP 1995, 1146, 1150 unter Bezugnahme auf die Gesetzesbegründung; BGHZ 137, 267 ff, 291). Im umgekehrten Fall, also dann, wenn wie hier die Forderung des Insolvenzgläubigers vor der des Insolvenzschuldners aufrechenbar wird, läßt die Insolvenzordnung somit die Aufrechnung zu.

Für diese Fälle wurde § 54 KO somit nicht als reformbedürftig, Erachtet, so dass seiner Heranziehung nach den Auslegungsgrundsätzen des Bundesgerichshofs nichts entgegensteht. Die in § 95 InssO eingegangene Regelung war in §§ 107, 108 auch bereits Gegenstand des bei Verabschiedung der GesO vorliegenden Referentenentwurfs zur Insolvenzordnung, so dass auch deren Anwendung in Betracht kommt (so Eckardt, a.a.O.; Landfermann, a.a.O., S. 385; 386; Smid, Gesamtvollstreckungsordnung, 3. Aufl., Rn. 106 zu § 7, OLG Hamm, ZIP 1994, 1198; a.A. Hess/Binz/Wienberg, a.a.O., Rn. 90 ff, 90u zu § 7 der BGH hat die Frage bisher nicht entschieden, in BGHZ 137, 267 ff, 291 hat er sie angesprochen, konnte sie im Ergebnis jedoch offenlassen).

dd)

Dem kann nicht entgegengehalten werden, es fehle an der erforderlichen Auslegungslücke, da § 7 Abs. 5 GesO eine abschließende Regelung beinhalte (so aber Hess/Binz/Wienberg, a.a.O.).

In den Text dieser Vorschrift kann nicht, worauf die Gegenansicht hinausläuft, das Wort "nur" hineingelesen werden. Nachdem die Gesamtvollstreckungsordnung schon vom Impetus des Gesetzgebers her nur ein fragmentarisches, in vielen Punkten zu ergänzendes Gesetzeswerk darstellt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Aufrechnungsproblematik, die sowohl in der Konkursordnung als auch in der Insolvenzordnung detaillierte Regelungen erfahren hat, in nur einem Absatz einer Vorschrift eine abschließende Regelung hat erfahren sollen. Auch erscheint es bei der umschriebenen Gesetzesgeschichte der GesO ausgeschlossen, dass der Gesetzgeber einhellig als unbedenklich und rechtspolitisch sachgerecht empfundene Aufrechnungsmöglichkeiten, die sowohl in der Konkursordnung anerkannt waren als auch in die Entwürfe der Insolvenzordnung und schließlich in diese selbst eingegangen sind, für den Bereich der Gesamtvollstreckungsordnung aussparen wollte.

ee)

Soweit der BGH aus § 2 Abs. 4 GesO, wonach gegen den Schuldner eingeleitete andere Vollstreckungsmaßnahmen vorläufig einzustellen sind, i.V.m. § 394 Satz 1 BGB grundsätzlich ein Aufrechnungsverbot nach Eingang eines zulässigen Antrags auf Eröffnung der Gesamtvollstreckung ableitet ( BGH WM 1999, 781 ff, 782; BGHZ 137, 267 ff, 268, 290; BGHZ 130, 76 ff; BGH ZIP 1996, 1015), steht dies hier nicht entgegen. Eine Ausnahme zu diesem Verbot besteht nach der Rechtsprechung des BGH kraft der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung des § 7 Abs. 5 GesO für Forderungen, die sich bereits vorher aufrechenbar gegenüber gestanden haben. Diese Vorschrift gehe als Spezialregelung § 2 Abs. 4 vor.

Dies muss auch für die in entsprechender Anwendung von § 54 KO und § 95 InsO eröffneten weitergehenden Aufrechnungsmöglichkeiten gelten.

3. Darauf, ob § 20a Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags der Beklagten weitergehende Aufrechnungsmöglichkeiten gestattet, kommt es danach nicht an. Die Vorschrift schränkt das gesetzliche Recht zur Aufrechnung jedenfalls nicht ein.

Der Senat neigt allerdings dazu, dass die Satzung keine zusätzlichen Aufrechnungsmöglichkeiten bietet, die eine Aufrechnung auch dann gestatten würden, wenn der Anwendbarkeit von § 54 KO und § 95 InsO nicht zu folgen wäre.

Es handelt sich nicht um einen antizipierten Aufrechnungsvertrag, der eine Aufrechnungserklärung im Einzelfall ersparen würde. Ermöglicht wird lediglich eine Aufrechnung unter erleichterten Voraussetzungen, gem. § 20 Abs. 1 Satz 2 insbesondere mit noch nicht fälligen Forderungen. Bei dem Auseinandersetzungsanspruch handelt es sich jedoch nicht um einen (nur) nicht fälligen, sondern um einen lediglich dem Kern nach vorhandenen Anspruch, der einem aufschiebend bedingten Anspruch gleichzustellen ist. Für aufschiebend bedingte Ansprüche ermöglicht jedoch § 20 Abs. 1 Satz 2 keine Aufrechnung.

Insoweit sieht § 20 Abs. 1 Satz 1 zwar vor, dass eine Erfüllung nur durch Aufrechnung erfolgen kann. Dies stellt aber nur eine schuldrechtliche Erfüllungsabrede dar, die ebenso wie das in § 20a Abs. 3 normierte Zurückbehaltungsrecht nicht insolvenzfest ist und mit Eröffnung des Verfahrens hinfällig wird (Palandt/Heinrichs, a.a.O. Rn. 20 zu § 273; Staudinger/Selb, a.a.O. Rn. 41 zu § 273; Kuhn/Uhlenbruck, a.a.O., Rn. 24 zu § 49 KO).

Ob § 20 a Abs. 1 im Rahmen der Gesamtvollstreckung gegenüber dem Kläger wirksam ist und insoweit § 94 InsO, der Aufrechnungsvereinbarungen grundsätzlich auch mit Wirkung für das Insolvenzverfahren zuläßt, im Rahmen der Gesamtvollstreckungsordnung entsprechend herangezogen werden kann, kann bei dieser Sachlage dahinstehen (kritisch zu dieser Vorschrift: Häsemeyer, Insolvenzrecht, 2. Aufl., Rn. 19.27, insbesondere 19.30; Nerlich/Römermann/Wittkowski, InsO, Rn. 17 zu § 94).

An den Forderungen aus dem Darlehenskonto in Höhe von 14.658,25 DM und dem Verfügungskonto über 41.279,03 DM hat die Beklagte wirksam ein insolvenzfestes Pfandrecht erworben. Das hieraus gem. § 12 GesO resultierende Absonderungsrecht steht der Klage angesichts der unstreitigen Gegenansprüche der Beklagten daher entgegen.

Bei den Guthaben dieser Konten handelt es sich um in den Vorjahren angesammelte Gewinnansprüche nebst Zinsen sowie um Lieferantenboni, also um Ansprüche, die - anders als der unter I. erörterte "echte" Abfindungsanspruch bereits vor Verfahrenseröffnung entstanden waren. Dass bei ihnen ein Auszahlungsanspruch ebenfalls erst mit dem Ausscheiden aus der Gesellschaft gegeben ist, hindert das Entstehen dieser Ansprüche nicht. Es stellt sich lediglich als Hinausschieben der Fälligkeit im Sinne einer "zwangsweisen" Stundung dar.

Diese Ansprüche standen der Schuldnerin bereits vor Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens zu. Sie konnten damit der Beklagten auch mit Wirkung für das Insolvenzverfahren verpfändet werden. Sie waren nicht mehr vom Gesellschaftsanteil als Stammrecht abhängig, weshalb auch im geschäftlichen Verkehr nicht erwartet wird, dass sie mit diesem noch verbunden sind.

Die vertragliche Einschränkung der Abtretbarkeit der Ansprüche gem. § 20 a Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags steht der Verpfändung an die Beklagte nicht entgegen, nachdem diese ausdrücklich in § 20 Abs. 4 normiert ist.

In Höhe von insgesamt 55.937,28 DM scheitert die Klage daher am Bestehen eines Pfandrechts.

Sollte dem nicht gefolgt werden, so ist auch hier aus den unter I 2 genannten Gründen die Forderung jedenfalls durch Aufrechnung erloschen.

III.

Die vom Kläger hilfsweise sowohl der Aufrechnung als auch der Pfandrechtsbeteilung gem. § 10 Abs. 1 Satz 4 GesO entgegengehaltene Anfechtung hat keinen Erfolg.

1.

Dass die Aufrechnung von der Beklagten erst nach Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens und in deren Kenntnis erklärt werden konnte, (liegt in der Natur der Sache und kann, obwohl grundsätzlich auch Rechtshandlungen des Gläubigers als anfechtbare Rechtshandlungen in Betracht kommen (BGH ZIP 2000, 364 und ZIP 2000, 504), nicht schon für sich allein dazu führen, dass der Anfechtungstatbestand erfüllt ist. Auch insoweit sind § 7 Abs. 5 GesO und die oben umschriebenen, im Wege der Analogie zu § 54 KO und § 95 InsO der Beklagten zustehenden weiteren Aufrechnungsmöglichkeiten als Spezialregelungen zu § 10 Abs. 1 Satz 4 GesO zu sehen. Ansonsten würde diese Vorschrift jeder Aufrechnung nach Verfahrenseröffnung entgegenstehen und insbesondere § 7 Abs. 5 GesO leerlaufen.

Eine Anfechtung kommt daher nicht in Betracht, wenn wie hier die Forderungen der Beklagten schon vor Einleitung des Gesamtvollstreckungsverfahrens fällig waren und vor Antrag auf Eröffnung des Verfahrens auch für die Gegenforderungen des Schuldners zumindest dder Grund gelegt und damit die Grundlage für die Möglichkeit der Aufrechnung geschaffen war.

Die Voraussetzungen für andere Anfechtungstatbestände hat der Kläger nicht dargetan.

2.

Entsprechendes gilt auch für die insolvenzfest erfolgte Verpfändung der Guthaben auf dem Darlehens- und dem Verfügungskonto.( siehe unter II ). Diese Forderungen sind bereits vor Einleitung des Insolvenzverfahrens entstanden.

B.

Auch hinsichtlich des mit der Klagerhöhung geltend gemachten weiteren Klagbetrags von 100.000,- DM scheitert die Klage an der auch insoweit vom Beklagten wirksam erklärten Aufrechnung.

I.

Die Klagerweiterung ist gem. §§ 523, 264 ZPO sachdienlich. Es handelt sich bei dem Klagerhöhungsbetrag um die Restförderung des mit der Klage geltend gemachten Anspruchs aus dem Kapitalkonto ( siehe oben A I ). Die Ansprüche beruhen somit auf gleicher Tatsachen- und Rechtsgrundlage.

Eine Verfahrensverzögerung wird durch die Zulassung nicht bewirkt, da die Klage auch insoweit entscheidungsreif ist.

III.

1.

Der insoweit streitige Betrag wurde an die Volksbank W abgetreten.

Die Abtretung steht der Aktivlegitimation des Klägers selbst dann nicht entgegen, wenn sie im Verhältnis zu ihm wirksam sein und deshalb der Betrag der Volksbank W zustehen sollte. Bei der von der Volksbank in Anspruch genommenen Abtretung zur Sicherheit handelt es sich um ein Absonderungsrecht. Die abgetretenen Ansprüche gehören daher zur Klasse und sind vom Verwalter ungeachtet der Abtretung zu dieser zu ziehen und ggf. dann der Volksbank auszukehren (BGH ZIP 1996, 1307).

2.

Die von der Beklagten erklärte Aufrechnung greift jedoch auch hier. Sie scheitert weder daran, dass diese Forderung materiell der Volksbank zustehen und es deshalb an einem aufrechenbaren Gegenanspruch des Klägers fehlen würde, noch daran, dass der Volksbank an der Auseinandersetzungsforderung ein in diesem Verfahren relevanter Vorrang einzuräumen wäre, der dazu führen würde, dass der Beklagten die Aufrechnung verwehrt wäre.

a)

Die Abtretung der Forderung an die Volksbank vorn 16.03.1996 ist aus den selben Gründen unwirksam bzw. durch die Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens "hinfällig" wie die vorher erfolgte Verpfändung dieses Anspruchs an die Beklagte. Auch bei dem an die Volksbank abgetretenen Anspruch handelt es sich (nur) um eine nicht insolvenzfeste künftige Forderung. Wegen der Begründung wird auf die Ausführungen oben unter A 1. verwiesen. Wäre man insoweit anderer Ansicht, wäre das der Beklagten eingeräumte Pfandrecht wegen zeitlicher Priorität vorrangig gegenüber der Abtretung bzw. die an die Volksbank abgetretene Forderung mit dem Pfandrecht belastet.

Der Auseinandersetzungsanspruch ist damit auch insoweit mit dem Gesellschaftsanteil in die Masse gefallen und steht dem Kläger zu. Dies hat zur Folge, dass die Beklagte mit ihren Forderungen gegen ihn aufrechnen kann. Aus den unter A. I 2 genannten Gründen steht der Aufrechnung der Beklagten auch hier wegen der gebotenen entsprechenden Heranziehung der §§ 54 KO, 95 InsO nichts entgegen.

Der Erwerb von Rechten an Massegegenständen nach Verfahrenseröffnung ist dabei nicht nur im Verhältnis zum Verwalter oder den übrigen Konkursgläubigern relativ unwirksam, sondern gegenüber jedermann, soweit es im Interesse der Konkursgläubiger liegt. Dies ist hier der Fall, da die Masse durch diese Ansprüche - jedenfalls zunächst - gestärkt wird (vgl. dazu Kilger/K. Schmidt, Rn. 8 zu § 15 KO i.V.m. Rn. 3a zu § 7 KO; Kuhn/Uhlenbruck, a.a.O., Rn. 6, 6a, 6b zu § 7 KO).

b) Dass die Beklagte hierdurch - läßt man die Pfandrechtsbestellung außer Betracht - u.U. besser gestellt wird als bei Wirksamkeit der Abtretung, steht diesem Ergebnis nicht entgegen.

Wäre die Abtretung wirksam, hätte die Beklagte gegen die Forderung des Klägers nach § 406 BGB nur mit eigenen Forderungen, die bereits vor Kenntnis der Abtretung am 19.3.1998 entstanden waren, aufrechnen können.

Dies führt nicht dazu, dass die Beklagte dem Kläger gegenüber trotz Bestehens einer Aufrechnungslage an der Aufrechnung gehindert wäre. Die Masse wird durch eine ihr gegenüber unwirksame Abtretung nicht besser gestellt als wenn gar keine Abtretung erfolgt wäre. Entsprechend wäre es aus Sicht der Beklagten nicht nachvollziehbar, würde ihr eine insolvenzfeste Aufrechnungsmöglichkeit durch eine Forderungsabtretung genommen, die keine Wirkungen zugunsten des Abtretungsempfängers zu zeitigen vermag und die im Gesamtvollstreckungsverfahren als hinfällig zu betrachten ist.

Die ggfs. sich ergebende Besserstellung der Beklagten ist Ausfluss dessen, dass wie gezeigt im Gesamtvollstreckungsverfahren an die Aufrechnungsvoraussetzungen geringere Anforderungen zu stellen sind als an den Erwerb einer künftigen Forderung.

Die Abtretung einer künftigen Forderung geht der Aufrechnungsmöglichkeit im Blick auf § 406 BGB daher nur solange vor, als die Forderung vor Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens entsteht. Ist dies nicht der Fall und entsteht die Forderung erst später, ist die Abtretung hinfällig, so dass der Insolvenzgläubiger über das ihm dann zustehende Recht zur Aufrechnung wieder den Vorrang hat.

c)

Unerheblich ist daher, ob und ggf. in welcher Höhe die Forderungen der Beklagten vor der Anzeige der Abtretung entstanden sind.

Ob der Volksbank gegen die Beklagte hinsichtlich des von dieser gegenüber dem Kläger aufgerechneten Forderungsbetrags ein Ausgleichsanspruch unter Heranziehung der Grundsätze des § 406 BGB oder aufgrund möglicher individueller Absprachen zusteht, ist nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits und kann dahinstehen.

Ebenso bedarf keiner Erörterung, wie in diesem Zusammenhang ggf. die Tatsache zu bewerten wäre, dass die der Volksbank abgetretene Forderung mit einem zuvor zugunsten der Beklagten bestellten Pfandrecht belastet worden ist.

Schließlich kann auch unentschieden bleiben, ob die Abtretung gegenüber der Volksbank ggf. (auch) unter dem Gesichtspunkt unwirksam ist, dass eine solche nach § 20a Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags ausgeschlossen ist, solange der Gesellschaft Gegenforderungen zustehen, und ob es sich hierbei um ein dingliches Abtretungsverbot im Sinne von § 399 BGB oder nur um ein schuldrechtliches handelt.

Aus diesen Gründen war die Klage insgesamt abzuweisen und damit das Urteil des Landgerichts zu bestätigen.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die. Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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