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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 29.09.2005
Aktenzeichen: 4 Ws 231/05
Rechtsgebiete: GKG, StVollzG, StPO


Vorschriften:

GKG § 65 Abs. 1
GKG § 66 Abs. 6
GKG § 68 Abs. 1
StVollzG § 116 Abs. 1
StVollzG § 121 Abs. 4
StPO § 464 Abs. 1 Satz 1
Der Strafsenat des Oberlandesgerichts entscheidet über die Beschwerde gegen die Festsetzung des Geschäftswertes im Beschluss der Strafvollstreckungskammer nach § 115 StVollzG in der Besetzung mit drei Richtern. Sie ist nur dann statthaft, wenn auch die Hauptentscheidung mit der Rechtsbeschwerde angefochten wird und diese gemäß § 116 StVollzG zulässig ist.
Oberlandesgericht Stuttgart - 4. Strafsenat - Beschluss

Geschäftsnummer: 4 Ws 231/05

vom 29. September 2005

in der Strafvollzugssache

wegen Urlaubs im Maßregelvollzug

Tenor:

Die Beschwerde der Verteidigerin des Antragstellers gegen den im Beschluss des Landgerichts - Strafvollstreckungskammer - Ravensburg vom 15. Juni 2005 festgesetzten Geschäftswert wird als unzulässig verworfen.

Die Entscheidung ergeht gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Das Landgericht Ravensburg gab mit Beschluss vom 15. Juni 2005 dem Antrag des Verurteilten auf gerichtliche Entscheidung statt und verpflichtete das Zentrum für Psychiatrie B., ihm die Verlängerung einer außerklinischen Erprobung zu gewähren. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Untergebrachten wurden der Staatskasse auferlegt. Den Geschäftswert setzte die Strafvollstreckungskammer auf 250,00 € fest. Gegen die letztgenannte Entscheidung hat die Verteidigerin des Antragstellers Beschwerde eingelegt. Der Geschäftswert sei zu niedrig bemessen. Das Landgericht hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Der Senat entscheidet nicht durch den Einzelrichter, sondern in der Besetzung mit drei Richtern. Er würde nur dann mit einem Richter besetzt sein, wenn die Strafvollstreckungskammer "durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter" entschieden hätte (§§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 6 Satz 1 GKG). Dies ist nicht der Fall, denn diese hat - wie in § 65 Satz 1 GKG vorgesehen - über den Geschäftswert zusammen mit der Hauptsache in einem Beschluss befunden. Damit war sie nicht mit einem Einzelrichter im Sinne der §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 6 Satz 1 GKG, sondern gemäß § 78 b Abs. 1 Nr. 2 GVG besetzt. Unerheblich ist, dass auch § 78 b Abs. 1 Nr. 2 GVG die Entscheidung durch einen Richter vorsieht, denn dies ist nicht der "Einzelrichter" im Sinne der genannten Bestimmungen des GKG.

Das Rechtsmittel ist nicht statthaft.

Die Verteidigerin ist zwar beschwerdebefugt (§ 32 Abs. 2 RVG; vgl. Hartmann, KostG, 35. Aufl., § 68 GKG Rdnr. 5). Auch übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 € (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG). Jedoch sind Nebenentscheidungen nicht in einem weiteren Umfang anfechtbar als die Hauptentscheidung selbst. Dies bestimmt § 464 Abs. 3 Satz 1 2. HS StPO - auch für das Strafvollzugsrecht (§ 121 Abs. 4 StVollzG) - für die Kostenentscheidung ausdrücklich. Somit kann diese nur dann angefochten werden, wenn die Rechtsbeschwerde gemäß § 116 Abs. 1 StVollzG zulässig ist. Gleiches gilt, wenn die Hauptentscheidung (§ 115 StVollzG) gar nicht angefochten wird, denn dann kann über die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde nicht befunden werden (vgl. OLG Hamburg MDR 1984, 963; 1985, 256; OLG Koblenz bei Matzke NStZ 1997, 430 Nr. 46. Arloth/Lückemann, StVollzG, § 121 Rdnr. 5, Callies/Müller-Dietz, StVollzG, 10. Aufl., § 121 Rdnr. 3 und Schuler in Schwind/Böhm/Jehle, StVollzG, 4. Aufl., § 121 Rdnr. 7 stellen darauf ab, ob die Rechtsbeschwerde zulässig wäre). Ebenso wenig können die "isolierte" Kostenentscheidung nach Erledigung der Maßnahme gemäß § 121 Abs. 2 Satz 2 StVollzG und die Kostenentscheidung im Fall der Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde im Bußgeldverfahren (§§ 79 Abs. 1 Satz 2, 80 Abs. 1 und 2 OWiG) einer Überprüfung durch das Beschwerdegericht zugeführt werden ( zu § 121 StVollzG vgl. etwa OLG Düsseldorf NStZ-RR 2000, 31; OLG Jena NStZ-RR 1996, 254; OLG Karlsruhe NStZ 1994, 456; Arloth-Lückemann aaO § 121 Rdnr. 5; a.A. KG NStZ-RR 2002, 62 und Schuler aaO. Zu §§ 79, 80 OWiG vgl. etwa Senatsbeschluss vom 15. März 1985 - 4 Ss 190/85; OLG Stuttgart, Beschluss vom 29. Oktober 1993 - 1 Ss 492/93/ 1 Ws 248/93; OLG Köln NZV 2003, 437. Zu beidem s. Meyer-Goßner, StPO, 48. Aufl., § 464 Rn. 17 m.w.N.).

Der Grundsatz der eingeschränkten Anfechtbarkeit der Nebenentscheidungen muss auch für die Festsetzung des Geschäftswertes nach §§ 60, 65 GKG gelten. Es wäre ungereimt, wenn insoweit die Kostenentscheidung nicht anfechtbar ist, jedoch der Geschäftswert der Überprüfung durch das Beschwerdegericht unterliegt. Zwar enthält § 68 GKG, der die Beschwerde gegen die Festsetzung des Geschäftswertes eröffnet, eine solche Einschränkung nicht. Insoweit wird er jedoch durch die strafvollzugsrechtliche Sonderregelung überlagert (ebenso OLG Hamburg MDR 1984, 963; 1985, 256; OLG Koblenz NStZ 1982, 48; Senatsbeschluss vom 16. April 1985 - 4 Ws 124/85 - für den Fall des § 121 Abs. 2 Satz 2 StVollzG; a.A. OLG Hamm NStZ 1989, 459 sowie Beschluss vom 18. Mai 2004 - 1 Vollz (Ws) 75/04 - und AK-StVollzG-Volckart, StVollzG, 4. Aufl., § 121 Rdnr. 12, wonach die Beschwerde stets zulässig ist. Callies/Müller-Dietz a.a.O. § 121 Rdnr. 3 und Arloth/Lückemann a.a.O. § 121 Rdnr. 1 stellen ebenso wie bei der Anfechtbarkeit der Kostenentscheidung darauf ab, ob die Rechtsbeschwerde zulässig wäre). An dieser Rechtslage hat sich infolge der Neufassung des Gerichtskostengesetzes durch das Kostenrechtsmodernisierungsgesetz vom 05. Mai 2004 (BGBl. I S. 718) nichts geändert.

Die Entscheidung betreffend Kosten und Gebühren ergibt sich aus § 68 Abs. 3 GKG.

Ende der Entscheidung

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