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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 25.06.2001
Aktenzeichen: 6 U 37/2001
Rechtsgebiete: HTWG, ZPO


Vorschriften:

HTWG § 1 I Nr. 1-3
HTWG § 1 Abs. 1 Ziff. 1
HTWG § 1
ZPO § 543 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 713
Leitsatz:

Zum Begriff der "mündlichen Verhandlungen" i.S. des § 1 I Nr. 1-3 HTWG.


Oberlandesgericht Stuttgart - 6. Zivilsenat - Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 6 U 37/2001 5 O 196/2000 LG Ellwangen

Verkündet am: 25.06.2001

In Sachen

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart unter Mitwirkung auf die mündliche Verhandlung vom 05.06.2001

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Ellwangen vom 26.01.2001 - Geschäftszeichen - wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.

III. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert in zweiter Instanz und Beschwer des Klägers: 26.572,66 DM.

Von der Darstellung des Tatbestands wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch nicht zu.

Das Landgericht hat daher die Klage mit zutreffender Begründung, der der Senat in allen Punkten folgt und auf die gem. § 543 Abs. 1 ZPO Bezug genommen wird, zurecht abgewiesen.

Der Berufungsvortrag rechtfertigt keine andere Beurteilung. Ein Widerruf der auf Abschluß des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung nach dem HTWG scheidet aus, weil die entsprechende Erklärung nicht im Rahmen einer "Haustürsituation" gem. § 1 Abs. 1 Ziff. 1 HTWG abgegeben worden ist.

Die ursprünglichen Darlehensnehmer, das Ehepaar haben zum Abschluß des Anlagevertrages vielmehr den Vermittlers aufgesucht und dort den Anlagevertrag abgeschlossen. Auf einen solchen Vertragsschluß ist das HTWG nicht anwendbar. Das gilt auch dann, wenn der Vertragsschluß in der Wohnung des Vermittlers - und nicht in seinem Büro - vorgenommen worden wäre (BGH MDR 2000, 15).

Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn die ursprünglichen Darlehensnehmer bereits vor dem Besuch des Anlageberaters in einer Haustürsituation vom Vermittler auf den Abschluß des Anlagevertrages angesprochen worden wären und diese Kontaktaufnahme zumindest mitursächlich für den späteren Vertragsschluß gewesen wäre.

Das läßt sich vorliegend aber - wie bereits das Landgericht zutreffend dargelegt hat - nicht feststellen.

Zwar trifft es zu, daß die Eheleute den Anlagevertrag beim Vermittler sicher nicht abgeschlossen hätten, wenn sie diesen nicht zuvor als Anlagevermittler auf der Party des befreundeten Ehepaares kennengelernt hätten. Dies allein genügt aber zur Feststellung einer (mit-)kausalen Verhandlung im Rahmen einer Haustürsituation nicht. Erforderlich ist vielmehr, daß in einer solchen Haustürsituation Verhandlungen stattgefunden haben, die zumindest in irgendeiner Form (mit-)bestimmend für den späteren Vertragsschluß waren. Das setzt zumindest voraus, daß über Anlagemöglichkeiten im allgemeinen, wenn nicht gar im speziellen, geredet worden sein muß. Andernfalls liegen keine Verhandlungen im Sinne des § 1 HTWG vor. Beratungs- und Informationsgespräche sind keine Verhandlungen im Sinne des HTWG (vgl. Fischer/Machunsky HTWG 2. Aufl. § 1 Rn. 75).

Die Beweisaufnahme hat aber lediglich ergeben, daß der Vermittler die ursprünglichen Anleger auf der Party über seinen Beruf informiert hat und ihnen angeboten hat, bei Interesse an Anlagemöglichkeiten ihn gegebenenfalls aufzusuchen. Dabei wurde vom Vermittler weder das Interesse der ursprünglichen Darlehensnehmer und Anleger an einer Geldanlage geweckt, noch konkret oder allgemein über Anlagemöglichkeiten gesprochen.

Beim Ehepaar war vielmehr das allgemeine Interesse an Geldanlagen bereits vorhanden. Auch ein Termin zu evtl. weiterführenden Gesprächen wurde zwischen den Eheleuten und Herrn bei der Familie nicht abgesprochen. Nach alledem steht fest, daß der Kontakt zwischen Familie und Herrn auf der Party bei Familie für den späteren Abschluß des Anlagevertrages nicht mitursächlich im oben dargelegten Sinne, war.

Der Kläger kann sich zur Stützung seiner Rechtsauffassung auch nicht auf die Entscheidung des BGH vom 16. Januar 1996 (XI ZR 116/95) berufen. Dort war, im Unterschied zum vorliegenden Fall, der Anlegerin an ihrer Arbeitsstelle konkret eine Beteiligung an einer BGB-Gesellschaft als Kapitalanlage empfohlen worden. Es fanden also, im Unterschied zum vorliegenden Sachverhalt, an der Arbeitsstelle bereits konkrete Gespräche über die Anlageform statt. Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof auch in den Entscheidungsgründen (IV 2 D) darauf abgehoben, daß die mündlichen Verhandlungen am Arbeitsplatz jedenfalls mitbestimmend für die spätere Vertragserklärung waren.

Gerade daran fehlt es im vorliegenden Fall.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711 und 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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