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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 11.12.2008
Aktenzeichen: 7 U 155/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 428
BGB § 472
Ist das Vorkaufsrecht an einem Grundstück mehreren Berechtigten eingeräumt, so kann es in der Regel auch von einem Berechtigten allein ausgeübt werden. Dies gilt insbesondere, wenn das Vorkaufsrecht als Gesamtberechtigung nach § 428 BGB eingeräumt ist.
Oberlandesgericht Stuttgart 7. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 7 U 155/08

Verkündet am 11. Dezember 2008

In dem Rechtsstreit

wegen negativer Feststellung

hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 20. November 2008 unter Mitwirkung von

Vors. Richter am Oberlandesgericht Gramlich Richter am Oberlandesgericht Rieger Richter am Landgericht Barthelmess

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Streithelferin gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 27.06.2008 (12 O 482/07) wird zurückgewiesen.

2. Die Streithelferin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Streithelferin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert in beiden Instanzen: 950.000,-- €

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der Ausübung eines Vorkaufsrechts.

Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks W. Straße 12 in S.-B. C.. Zugunsten des Beklagten und seines Vaters ist im Grundbuch ein im Jahr 1978 eingeräumtes Vorkaufsrecht eingetragen, das den Berechtigten "als Gesamtberechtigte nach § 428 BGB" zusteht. Der Vater des Beklagten trat bei der Bestellung des Vorkaufsrechts als Generalbevollmächtigter des Beklagten auf. Die Kläger verkauften das Grundstück am 15.09.2006 mit notariellem Kaufvertrag zu einem Kaufpreis von 1,9 Mio € an die Streithelferin. Auf der Verkäuferseite wurde der Kaufvertrag durch die Generalbevollmächtigte Krauß abgeschlossen. Durch Schreiben des Notars vom 04.10.2006 wurde der Abschluss des Kaufvertrages den Vorkaufsberechtigten mitgeteilt. Der Zeitpunkt des Zugangs der Schreiben ist streitig. Dem Vater des Beklagten ging das Schreiben am 06.10.2006 oder 07.10.2006 zu. Der Beklagte erhielt das Schreiben am 09.10.2006 oder 07.11.2006. Mit Schreiben vom 06.12.2006 erklärte der Beklagte die Ausübung seines Vorkaufsrechts. Eine Kopie des Schreibens ging der Zeugin K. am 06.12.2006 zu. Außerdem wurde ihr am 07.12.2006 eine schriftliche Erklärung über die Ausübung des Vorkaufsrechts des Zeugen R. übergeben, der die Kopie einer Vollmacht und erneut eine Kopie des Schreibens vom 06.12.2006 beigefügt war.

Die Kläger und die Streithelferin haben in erster Instanz beantragt, festzustellen, dass die Kläger nicht verpflichtet sind, das Eigentum an dem Grundstück Gemarkung B. C., Flurstück 1., W. Straße 12, Hof- und Gebäudefläche, Auskragung; Überdachung, Unterkellerung, Teil auf Flurstück 1., Teil auf Flurstück 1., 12a 81m² - eingetragen im Grundbuch von S.-B. C., Heft M 77, Abt. I Nr. 7 -auf den Beklagten zu übertragen. Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Beklagte habe sein Vorkaufsrecht rechtzeitig innerhalb der gesetzlichen Frist von zwei Monaten ausgeübt. Er sei zur alleinigen Ausübung des Vorkaufsrechts, die formfrei möglich sei, berechtigt gewesen.

Gegen das landgerichtliche Urteil hat nur die Streithelferin Berufung eingelegt. Sie macht geltend, die Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts beginne entgegen der Auffassung des Landgerichts mit der Mitteilung beim einzelnen Vorkaufsberechtigten, nicht mit der Mitteilung beim letzten Berechtigten. Das Vorkaufsrecht des Vaters des Beklagten sei durch die Ausübung des Vorkaufsrechts durch den Beklagten nicht zum Erlöschen gebracht worden. Es handele sich um ein gemeinschaftliches Vorkaufsrecht, das nur im Ganzen ausgeübt werden könne, nicht um mehrere Vorkaufsrechte. Zwar könne ein gemeinschaftlich Berechtigter sein Recht allein ausüben, wenn das Recht des anderen Berechtigten erloschen ist oder dieser sein Recht nicht ausübt. Diese vom Gesetz vorgesehenen Tatbestände seien aber nicht erfüllt, weil der Beklagte sein Vorkaufsrecht allein und ausschließlich für sich ausgeübt habe, als auch seinem Vater das Vorkaufsrecht formal noch zugestanden habe. Die Regelung in § 428 BGB sei nicht einschlägig, weil sie nur dem Schuldner das Recht gebe, an einen der Gesamtgläubiger zu erfüllen, aber nicht die Rechtsbeziehungen der Gesamtgläubiger regele. Auch insoweit leide die Ausübung des Vorkaufsrechts an einem Rechtsmangel, nachdem der Beklagte sein alleiniges Recht nicht aufschiebend bedingt durch das Erlöschen des Rechts seines Vaters ausgeübt habe. Zwar könne das Vorkaufsrecht formlos ausgeübt werden, die Fotokopie einer Erklärung ohne eigenhändige Unterschrift genüge aber nicht.

Die Streithelferin beantragt:

Das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 27.06.2008, AZ: 12 O 482/07, wird abgeändert und der Klage stattgegeben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Vertiefung seines Vorbringens.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, auf das landgerichtliche Urteil sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Feststellungsantrag der Kläger ist unbegründet, weil der Beklagte sein Vorkaufsrecht wirksam nach § 464 BGB (entspricht § 505 a. F. BGB) i.V.m. § 1098 Abs. 1 BGB ausgeübt hat.

1.

Die Ausschlussfrist zur Ausübung des Vorkaufsrechts von zwei Monaten gemäß § 469 Abs. 2 BGB (§ 510 Abs. 2 a. F. BGB) wurde gewahrt.

a) Die Frist begann für den Beklagten frühestens am 09.10.2006. Die Ausschlussfrist wird erst in Lauf gesetzt, wenn dem Vorkaufsberechtigten der richtige und vollständige Inhalt des das Vorkaufsrecht auslösenden Kaufvertrags mitgeteilt worden ist (BGH NJW-RR 2006, 1449). Das Notarschreiben vom 04.10.2006 mit dem Kaufvertrag ist dem Beklagten aber jedenfalls nicht vor dem 09.10.2006 zugegangen.

aa) Dahinstehen kann, ob bei mehreren Berechtigten die Frist für alle Berechtigte gemeinsam beginnt, wenn der letzte die Mitteilung erhält (MüKo/Westermann, BGB, 2008, § 472, Rn. 2; Faust in Bamberger/Roth, Beck'scher Online-Kommentar, § 472, Rn. 3 m.w.N.). Die Mitteilung erfolgte gegenüber dem Vater des Beklagten jedenfalls vor dem 09.10.2006, weshalb für den Fristbeginn auch insoweit der 9.10.2006 als frühester Zeitpunkt heranzuziehen wäre.

bb) Auf den Zeitpunkt der Zustellung der Mitteilung beim Vater des Beklagten am 06. oder 07.10.2006 kann nicht abgestellt werden. Zwar verfügte der Vater des Beklagten seit 1973 über eine notarielle Generalvollmacht des Beklagten (K 3), ohne dass vom Beklagten deren Erlöschen nach § 168 BGB behauptet wird. Auch wurde die Generalvollmacht im Rahmen der Bestellung des Vorkaufsrechts im Jahr 1978 verwendet, weshalb angenommen werden kann, dass sie auch Mitteilungen, die das Vorkaufsrecht betreffen, umfasst. Der Vater des Beklagten wäre mithin als Empfangsvertreter anzusehen (§ 164 Abs. 3 BGB).

Es fehlt aber an den Voraussetzungen für einen Zugang der Mitteilung nach § 130 Abs. 1 BGB. Eine schriftliche Erklärung ist nur dann abgegeben im Sinne dieser Regelung, wenn sie mit dem Willen des Erklärenden zielgerichtet auf einen bestimmten Erklärungsempfänger in den Verkehr gelangt ist (BGH NJW 1979, 2032). Dabei muss darauf abgestellt werden, wie sich die Lage einem objektiven Erklärungsempfänger unter den gegebenen Umständen nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte darstellt (BGH DNotZ 1983, 624). Das Schreiben des Notars an den Vater des Beklagten enthält zwar der Hinweis, dass dieser bei bestehender Vollmacht die Vorkaufsanzeige für den Beklagten entgegen nehmen und gegebenenfalls eine Verzichtserklärung abgeben "kann". Für die Annahme einer zielgerichteten Erklärung genügt dies aber nicht. Aus dem Schreiben des Notars an den Vater des Beklagten geht weiter hervor, dass eine entsprechende Mitteilung dem Beklagten gesondert zugesandt wird. Die Beifügung einer Kopie dieses weiteren Schreibens diente erkennbar der Information. Es kann daher nicht auf den Zugang dieser Kopie beim Vater des Beklagten abgestellt werden.

Dahinstehen kann, dass es sich bei der Mitteilung an den Vorkaufsberechtigten um eine - ohne Rechtsfolgenwillen abgegebene - Wissenserklärung handelt (BGH WM 1985, 1446). Auf eine Wissenserklärung ist die Regelung für den Zugang nach § 130 Abs. 1 BGB entsprechend anzuwenden (Staudinger-Mader, BGB, 2004, § 469, Rn. 13).

b) Der Beklagte hat sein Vorkaufsrecht nach den zutreffenden Feststellungen des Landgerichts spätestens am 07.12.2006 ausgeübt und damit die Frist von zwei Monaten eingehalten. Die Ausübungserklärung des Beklagten wurde spätestens zu diesem Zeitpunkt der Bevollmächtigten der Kläger, der Zeugin K., zugeleitet.

aa) Dass die schriftliche Erklärung des Beklagten am 06.12.2006 nur in Kopie zuging, steht der Abgabe einer wirksamen Willenserklärung nicht entgegen. Nach § 464 Abs. 1 Satz 2 BGB (§ 505 Abs. 1 S. 2 a. F. BGB) bedarf die Erklärung über die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht der für den Kaufvertrag bestimmten Form. Insofern ist auch die Einhaltung insbesondere der Schriftform nach § 126 BGB, die eine eigenhändige Namensunterschrift erfordern würde, nicht notwendig. Es reicht jede Willensäußerung aus, die auf eine Rechtsfolge gerichtet ist. Hierzu genügt auch die Kopie einer im Original unterschriebenen schriftlichen Erklärung, die nach den Umständen als Willenserklärung dienen soll. Eine solche Kopie kann unter besonderen Umständen sogar zur Wahrung der vereinbarten Schriftform genügen (BGH NJW 1999, 596).

Außerdem wurde der Bevollmächtigten der Kläger am 07.12.2006 ein unterzeichnetes Schreiben des Bevollmächtigten des Beklagten übergeben, in dem nochmals die Ausübung des Vorkaufsrechts des Beklagten erklärt wurde. Die insoweit bestehende Vollmacht ergibt sich aus dem in Kopie beigefügten Schreiben des Beklagten.

bb) Zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass die Zeugin K. Empfangsbevollmächtigte der Kläger im Sinne der §§ 164 Abs. 3, 130 BGB war. Die Kläger hatten der Zeugin Generalvollmachten für ihr in der Bundesrepublik befindliches Vermögen erteilt. Diese Vollmachten berechtigte die Zeugin unstreitig zum Abschluss des streitgegenständlichen Kaufvertrages. Von der Vollmacht wird daher erst recht die Entgegennahme der formlosen Erklärung über die Ausübung des Vorkaufsrechts umfasst. Der Vertreterwille ergibt sich bei der passiven Stellvertretung schon aus der Entgegennahme einer an den Vertreter gerichteten Erklärung (Palandt-Heinrichs, BGB, 67. Aufl., § 164, Rn. 17). Dies gilt auch, soweit in einem Fall eine vollmachtlose Vertretung vorlag, die im Nachhinein genehmigt wurde.

c) Nachdem die Generalbevollmächtigte der Kläger bereits am 06.12.2006 einen Brief mit der Erklärung des Beklagten über die Ausübung seines Vorkaufsrechts erhielt, wäre im Übrigen die Ausübung des Vorkaufsrechts selbst dann rechtzeitig erfolgt, wenn auf den Zugang der Mitteilung beim Vater des Beklagten am 06.10.2006 abzustellen wäre.

2.

Der Beklagte hat sein Vorkaufsrecht wirksam ausgeübt.

a) Er war nach § 428 BGB zur alleinigen Ausübung des Vorkaufsrechts berechtigt.

aa) Ausweislich der Bestellung vom 04.10.1978 (K 1) wurde das Vorkaufsrecht dem Beklagten und dessen Vater ausdrücklich als Gesamtberechtigte nach § 428 BGB eingeräumt. Danach kann jeder der Berechtigten die gesamte Leistung fordern, der Verpflichtete ist aber nur zu einer einmaligen Leistung verpflichtet, so dass er an jeden der Berechtigten leisten kann. Dies hat zur Folge, dass schon die Übertragung des Eigentums an einen der Gesamtgläubiger schuldbefreiend wirkt (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl., Rn. 1406). Wäre dies nicht vereinbart, könnte der Verpflichtete, da eine unteilbare Leistung vorliegt (§ 472 BGB), nur an alle Berechtigten leisten, ein Berechtigter nur Leistung an alle fordern (§ 432 BGB).

bb) Eine solche Regelung ist zulässig. Gesamtberechtigungen gemäß § 428 BGB können auch an dinglichen Rechten bestehen, sie müssen wegen § 47 GBO nur entsprechend gekennzeichnet sein (Palandt-Heinrichs, a.a.O., § 428, Rn. 4). Zwar bestimmt § 472 Satz 1 BGB (§ 513 Satz 1 a. F. BGB), dass ein mehreren gemeinschaftlich zustehendes Vorkaufsrecht nur "im Ganzen" ausgeübt werden kann. Dies soll verhindern, dass der Verpflichtete - bei nur teilweiser Ausübung des Vorkaufsrechts - wider seinen Willen in eine Gemeinschaft gezwungen wird (Staudinger-Mader, BGB, 2004, § 472, Rn. 2). Nicht geregelt ist in § 472 BGB hingegen die Frage, ob die gemeinschaftlich Vorkaufsberechtigten - wie zum Beispiel bei einer Erbengemeinschaft nach § 2034 BGB - nur gemeinschaftlich das Vorkaufsrecht ausüben können oder auch in der Weise, dass einem allein das Recht zusteht, das unteilbare Vorkaufsrecht auszuüben, und ob in einem solchen Fall er allein oder alle gemeinsam Berechtigten in den Kaufvertrag eintreten und die Übertragung des Eigentums verlangen können. Dann steht die Regelung des § 428 BGB aber nicht im Widerspruch zu § 472 BGB, denn § 428 BGB ermöglicht nicht die Ausübung des Vorkaufsrechts nur zu einem Bruchteil. Übt ein Berechtigter das dingliche Vorkaufsrecht aus, wird das gesamte Grundstück von der Ausübung des Vorkaufsrechts erfasst (OLG Frankfurt DNotZ 1986, 239).

cc) Danach bleibt für die Regelung in § 472 Satz 2 BGB (§ 513 Satz 2 a. F. BGB) vorliegend kein Anwendungsbereich. Sie befreit von der erforderlichen gemeinschaftlichen Rechtsausübung aller Mitberechtigten, wenn das Vorkaufrecht für einen der Berechtigten erloschen ist oder einer von ihnen sein Recht nicht ausübt. Ist eine Gesamtberechtigung im Sinne von § 428 BGB vereinbart, ergibt sich die Befugnis zur alleinigen Rechtsausübung jedes Berechtigten aber schon aus dieser Bestimmung.

b) Aber selbst wenn man annehmen würde, dass sich das Recht des einzelnen Berechtigten im Sinne von § 428 BGB, das Vorkaufrecht für sich allein verlangen zu können, nach § 472 Satz 2 BGB richtet, hat der Beklagte sein Vorkaufsrecht wirksam geltend gemacht. Die Voraussetzungen für die Befreiung von der notwendigen Rechtsausübung durch alle Mitberechtigten sind gegeben. Der Vater des Beklagten hat sein Vorkaufsrecht durch Verstreichen lassen der Ausschlussfrist nicht ausgeübt. Die Notwendigkeit einer Erklärung über die Nichtausübung des Vorkaufsrechts, etwa ein Verzicht, sieht die Regelung in § 472 Satz 2 BGB nicht vor.

Entgegen der Auffassung der Berufung kann der Einzelberechtigte das Vorkaufsrecht nicht erst dann ausschließlich für sich ausüben, wenn Vorkaufsrechte anderer Berechtigten nicht mehr bestehen. Vielmehr ist in einem solchen Fall die Ausübung des alleinigen Vorkaufsrechts aufschiebend bedingt durch die Nichtausübung der Vorkaufsrechte durch andere Beteiligte wirksam (BGH NJW 1982, 330; Staudinger/Mader, a.a.O., § 472, Rn. 7; Schöner/Stöber, a.a.O.). Der Anspruch des ausübenden Berechtigten auf Auflassung erstreckt sich auf den Anteil des Mitberechtigten, der das Vorkaufsrecht nicht (mit-) ausgeübt hat oder bei dem es erloschen ist. Diese folgt unmittelbar aus der Ausgestaltung des Vorkaufsrechts durch § 472 BGB (BGH NJW 1997, 3235).

Problematisch wird die alleinige Ausübung des Vorkaufsrechts zugunsten nur eines Berechtigten erst dann, wenn andere Mitberechtigte ebenfalls das Recht für sich alleine ausüben wollen. Nur in diesem Fall kann es geboten erscheinen, das Vorkaufsrecht in erster Linie für sich und andere Berechtigte gemeinsam, hilfsweise, falls sich der andere Berechtigte nicht anschließt, für sich allein auszuüben. Ob dies zur Folge hat, dass der Vertrag zwischen dem ersten Berechtigten und dem Verpflichteten auch dann zustande kommt, wenn der zweite Berechtigte sich nicht anschließt, sondern erklärt, er übe das Recht nur für sich alleine aus (Soergel/Huber, BGB, 12. Aufl., § 513 Rn. 4; a. A. MüKo/Westermann, a.a.O, § 472, Rn. 3; Ermann/Grunewald, BGB, 2004, § 472, Rn 3), kann vorliegend aber dahinstehen. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Die noch weiter gehende Auffassung der Berufung, dass eine abgestufte Ausübung des Vorkaufrechts immer erforderlich ist, weil die Berechtigung zur alleinigen Ausübung zum Zeitpunkt der Ausübung noch nicht besteht, findet weder im Gesetz noch in der Rechtsprechung (BGH NJW 1982, 330) eine Stütze.

c) Zutreffend weist die Berufung zwar darauf hin, dass eine vom Landgericht zitierte Fundstelle (Selb, Handbuch des Schuldrechts, Mehrheiten von Gläubigern und Schuldnern, Seite 253) sich auf die Bestellung mehrerer dinglicher Vorkaufsrechte im gleichen Rang bezieht. Insbesondere soll nach der dort in Bezug genommenen Entscheidung des Amtsgerichts Gemünden die Eintragung mehrerer dinglicher Vorkaufsrechte im gleichen Rang jedenfalls dann zulässig sein, wenn diese Vorkaufsrechte gemäß ihrer inhaltlichen Ausgestaltung bei der Ausübung nicht kollidieren können (AG Gemünden MitBayNot. 1974, 145). Letztlich kann dies hier aber ebenso dahinstehen, wie die Frage, ob bei möglicherweise kollidierenden gleichrangigen Vorkaufsrechten eine Prioritäts- oder Ausgleichstheorie Anwendung finden kann. Vorliegend geht es lediglich um die Ausübung eines gemeinsamen Vorkaufsrechts, was das Landgericht in seiner Entscheidung auch beachtet hat.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Nachdem nur die Streithelferin Berufung eingelegt hat und sich die unterstützte Hauptpartei an der Berufung nicht beteiligte, sind die Kosten des Berufungsverfahrens allein der Streithelferin aufzuerlegen. (BGHZ 139, 214; OLGR Köln 1994, 83; OLGR Celle 1996, 84; Zöller/Herget, ZPO, 27. Auflage, § 101, Rn. 4). Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht erfüllt, da der Rechtsstreit weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.

IV.

Der Streitwert ist nach den §§ 3 ZPO, 48 Abs. 1 GKG zu bemessen. Maßgeblich ist das gemäß § 3 ZPO zu schätzenden Interesse der Kläger an der begehrten Feststellung (Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 3, Rn. 2). Bei einer Rechtsstreitigkeit über ein Vorkaufsrecht bietet zwar grundsätzlich der Wert des Gegenstandes, auf den sich das Vorkaufsrecht bezieht, einen Anhaltspunkt für das zu bewertende Interesse (BGH WM 1997, 643). Allerdings kann der durch den Kaufpreis indizierte volle Wert des Grundstücks vorliegend nicht in Ansatz gebracht werden. Dieser Wert entspricht dem Interesse des Vorkaufsberechtigten oder des Dritten, also dem Interesse des Beklagten oder der Streithelferin. Beim Interesse der Kläger ist zu berücksichtigen, dass diese in jedem Fall verpflichtet sind, das Grundstück zu übereignen. Fraglich ist nur, ob dies Verpflichtung gegenüber dem Beklagten oder gegenüber der Streithelferin besteht. Der Senat sieht daher hier die Hälfte des Grundstückwerts als angemessen an. Nachdem es sich um eine negative Feststellungsklage handelt, ist ein Abschlag in Höhe von 20 % nicht vorzunehmen. Die Beschwerden der Kläger und der Streithelferin gegen den Streitwertbeschluss des Landgerichts 27.06.2008 sind damit erledigt.

Ende der Entscheidung

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